1275/AB XXIII. GP
Eingelangt am 06.09.2007
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer Wien, am 6. September 2007
Parlament
1017 Wien GZ: BMF-310205/0080-I/4/2007
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1224/J vom 6. Juli 2007 der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beteiligung Österreichs am umstrittenen Riesenstaudammprojekt Ilisu beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:
Zu 1. und 2.:
Die Beteiligung Österreichs am Projekt Ilisu wurde vor der Entscheidungsfindung auch unter eingehender Beratung im Beirat äußerst sorgfältig geprüft. Das Wasserkraftwerk Ilisu soll mit einer Leistung von 1.200 MW und einer Kapazität von 3.800 GWh jährlich einen gerade in Zeiten der globalen Erwärmung wichtigen Beitrag zur Erzeugung von erneuerbarer Energie leisten. Weiters werden damit Arbeitsplätze in einem für die österreichische Industrie wichtigen Sektor abgesichert, ebenso trägt es zur nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung der unterentwickelten Region Südostanatolien bei. Zusätzlich wurde mit der für die Errichtung des Kraftwerkes verantwortlichen türkischen Seite ein umfangreicher Auflagenkatalog vereinbart, dessen Einhaltung über einen Sanktionsmechanismus und ein entsprechendes Monitoring sichergestellt wird. Daher halte ich es für vertretbar und verantwortungsvoll, eine Exportgarantie für das vom türkischen Staat in Auftrag gegebene Projekt Ilisu zu kommerziellen Bedingungen herauszugeben. Die rechtlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme einer Haftungszusage liegen nicht vor. Diese bleibt schließlich auch aus Gründen der Rechtssicherheit für die Garantienehmer und der Vertragstreue gegenüber den türkischen Partnern und den Exportkreditinstituten aus Deutschland und der Schweiz aufrecht.
Zu 3. und 8.:
Eine offizielle Delegation Österreichs, Deutschlands und der Schweiz bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Exportkreditversicherungen und der zuständigen staatlichen Stellen hat die Projektregion im August 2006 besucht. An dieser Reise haben dabei unter anderem Vertreterinnen und Vertreter des gemäß den Bestimmungen des AusfFG gebildeten Beirats und Vertreterinnen und Vertreter der Oesterreichischen Kontrollbank Aktiengesellschaft sowie internationale Expertinnen und Experten teilgenommen. Auch nationale und internationale NGOs waren vertreten.
Im Rahmen dieses Besuchs wurde in mehr als 25 Meetings mit mehr als 25 verschiedenen Stakeholdergruppen gesprochen. Zu den wichtigsten Stakeholdergruppen gehörten das Ministerium für Landwirtschaft, das Umweltministerium, das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, das Kulturministerium, das Energieministerium, das für Umsiedlung zuständige Ministerium (Ministry for Public Works and Resettlement), der Gouverneur der Provinz Diyarbakir, der Gouverneur der Provinz Mardin, der Gouverneur der Provinz Sanliurfa, der Bürgermeister von Diyarbakir, der Bürgermeister von Hasankeyf, die NGO Initiative to Keep Hasankeyf Alive, die NGO Göc-Der Diyarbakir, die NGO Diyarbakir Women Problems Research and Implementation Centre Association, die NGO Doga Dernegi, die NGO Human Rights Associations, die NGO Erklärung von Bern, die Kammer für elektrische Ingenieure und Architekten, die Ärztekammer, die Kammer für Architekten, NGOs für Kultur, Archäologie und Erziehung sowie die Vertretungen der Bevölkerung in Batman, in Diyarbakir, in Hasankeyf, in Birecik, in Halfeti, Ilisu und in mehreren kleinen Bergdörfern zwischen Hasankeyf und Ilisu.
Bei dieser Vor-Ort-Mission wurde entgegen anders lautender Meldungen ein guter Informationsstand über das Projekt in der Bevölkerung festgestellt. Die Bewohner der Region, welche im Laufe der Ilisu Vor-Ort Reise angetroffen wurden, wussten über das Projekt Ilisu Bescheid. Der hohe Informationsstand wird darauf zurückgeführt, dass die Bevölkerung im Rahmen des Mikrozensus, im Zuge der Erstellung der Umsiedlungsstudien, bei mehr als 100 öffentlichen Informationstreffen und im für alle zugänglichen Informationsbüro in Batman informiert wurde. So wurden zum Beispiel allein im Zuge der Interviews im Rahmen der Umsiedlungsstudie 8500 Befragungen durchgeführt. Der dabei verwendete Fragebogen ist im Umsiedlungsplan URAP im Anhang D.1 abgebildet. Weiters sind auf der Website www.ilisu-wasserkraftwerk.com alle wesentlichen Dokumente inklusive jener, die im Rahmen der Projektprüfung durch die Exportkreditagenturen erarbeitet wurden, verfügbar, und zwar auch in türkischer Sprache.
Zu 4.:
Die wichtigsten Quellen sind der Environmental Impact Assessment Report (UEIAR) inklusive dem Amendment zum UEIAR und ergänzenden Dokumenten der unabhängigen Consultant-Gruppe Ilisu Environment Group (IEG), der Umsiedlungsplan (URAP) inklusive dem Kulturgüterteil und Ergänzungen der Firma Encon, die Unterlagen des Baukonsortiums vor allem der Firma VA Tech Hydro und der türkischen Firma Nurol, die von den Exportkreditagenturen in Auftrag gegebenen Gutachten der internationalen Expertinnen und Experten zu den Themen Umsiedlung, Umwelt und Archäologie, Berichte der NGOs wie Weed, die Erklärung von Bern, ECA-Watch, Amnesty International, Doga Dernegi, EAWAG Aquatic Research, Kurdish Human Rights Project, Initiative to Keep Hasankeyf Alive und zahlreiche weitere Berichte von NGO-Vertretern sowie der Bericht zu den Ergebnissen des Dialoges mit der Bevölkerung vor Ort. Hinsichtlich weiterer Details verweise ich auf die Homepage des Projektes (www.ilisu-wasserkraftwerk.com), auf welcher eine umfangreiche Dokumentation im Ausmaß von mehreren tausend Seiten in den Sprachen Deutsch, Englisch und Türkisch zu finden ist.
Zu 5.:
Das in Rede stehende Projekt wurde im Dezember 2005 zur Prüfung eingereicht. Eine Finanzierung durch die Weltbank hätte von der Türkei beantragt werden müssen, was jedoch nicht erfolgt ist, weshalb es zum konkreten Vorhaben auch keine ablehnende Entscheidung durch die Weltbank geben kann. Im Rahmen der Souveränität eines Staates hat sich die Türkei für eine lokale Finanzierung sowie – ganz bewusst auch im Ansehen der strengen internationalen Standards – hinsichtlich des Importteiles für durch die Exportkreditagenturen gedeckte Finanzierungen entschieden. Da dabei nach den mir vorliegenden Informationen weder bei schwedischen, noch bei britischen oder italienischen Firmen angefragt wurde, können sich diese Firmen auch nicht aus dem vorliegenden Projekt zurückgezogen haben.
In diesem Zusammenhang weise ich allerdings darauf hin, dass die Durchführung und Finanzierung des Projektes auch vor dem Hintergrund der umfangreichen Auflagen für das Projekt und der eingebauten Kontrollmechanismen zu sehen ist: Die konkreten Auswirkungen wurden in Anlehnung an die Standards der Weltbank geprüft. Basierend auf diesen Ergebnissen wurden flankierende Maßnahmen im Verlauf der Projektsdurchführung definiert, deren substantielle Nichteinhaltung massive Auswirkungen auf den garantierten Exportkredit haben kann. Damit konnte der Türkei, anders als dies bei einer allenfalls alternativ gewählten Finanzierung durch Nicht-EU- und Nicht-OECD-Staaten insbesondere aus Schwellenländern wie China, Indien, Brasilien oder Russland möglich gewesen wäre, für das gegenständliche Projekt die Beachtung von EU-Standards näher gebracht werden.
Zu 6.:
Das gegenständliche Projekt erfüllt auch nach Meinung der internationalen Expertinnen und Experten für Umsiedlungen die Voraussetzungen für die Einhaltung der Menschenrechte. Von den Rechten, die durch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) beziehungsweise ihre Zusatzprotokolle geschützt werden, berührt das Staudammprojekt Ilisu samt den vorgesehenen Umsiedlungsmaßnahmen in erster Linie das Recht auf Eigentum. Im 1. Zusatzprotokoll zur EMRK ist das Recht auf Eigentum verankert; Eingriffe aus öffentlichem Interesse sind zulässig. Nach der Judikatur des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes besteht bei Enteignungen grundsätzlich Entschädigungspflicht. Im Umsiedlungsplan und in den mit den drei Garantieinstituten Österreichs, Deutschlands und der Schweiz vereinbarten „Terms of Reference“ hat sich der türkische Bauherr zur Leistung angemessener Entschädigungen verpflichtet. Durch das Monitoring-Verfahren und mit Hilfe der vorgesehenen Project Implementation Unit wird es den drei Garantieinstituten möglich sein, die Umsetzung des Projekts hinsichtlich der Einhaltung des Rechts auf Entschädigung und aller anderen relevanten Menschenrechte zu überwachen.
Zu 7.:
Der letzte mir bekannte Bericht von Amnesty International beurteilt die Projektdokumentation, wie sie im November 2005 auf der Ilisu-Website veröffentlicht wurde. Dieser Bericht berücksichtigt weder die im Laufe des Jahres 2006 vorgenommenen Erweiterungen zum Umsiedlungsplan, noch die Terms of Reference, noch die Einsetzung des internationalen Committee of Experts, in dem international anerkannte Expertinnen und Experten den Umsiedlungsplan aktiv mitgestalten sowie den Umsiedlungsprozess überwachen werden. Zu diesen Umsiedlungsexperten gehört unter anderem Prof. Michael Cernea, welcher in der ersten Dokumentationsphase des Projektes ebenfalls ein von den NGOs im Auftrag gegebenes kritisches Gutachten zu den Menschenrechten verfasst hat. Prof. Cernea hat den Gesamtprozess jedoch positiv beurteilt und möchte in seiner Rolle als Experte auch weiterhin aktiv an weiteren Projektverbesserungen mitwirken.
Zu 9.:
Das gegenständliche Projekt in Ilisu zeichnet sich durch hohe Transparenz aus. Die wesentlichen Projektinformationen auf der Ilisu-Website waren seit November 2005 öffentlich zugänglich, die türkischsprachigen Übersetzungen seit 2006 (UEIAR Jänner 2006, URAP März 2006). Das Informationsbüro in Batman war während der umfangreichen Untersuchungen zur Umsiedlung von März bis Juli 2005 geöffnet. Die Betroffenen und Beteiligten wurden rechtzeitig informiert und hatten ausreichend Gelegenheit, Kommentare und Stellungnahmen zum Projekt abzugeben. Diese Kommentare und Meinungen wurden im Prüfprozess berücksichtigt und auch der weitere Projektablauf ist auf diesem Dialog aufgebaut.
Zu 10.:
In der Tat ist ein Großteil der landwirtschaftlichen Fläche im Projektgebiet Ilisu im Staatseigentum, wodurch der Entschädigungsprozess vereinfacht wird. Die laut Gesetz vorgeschriebenen Entschädigungen sollen allen Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern zugute kommen, auch den Großgrundbesitzerinnen und Großgrundbesitzern. Daneben gibt es, wie in den Terms of Reference unter anderem unter R-10 und R-18 bis
R-23 festgehalten ist, für die Betroffenen ohne Grundbesitz Unterstützungsprogramme wie beispielsweise Schulungsmaßnahmen, Jobangebote im Kraftwerksbau und Hilfe bei der Übersiedlung.
Zu 11. und 16.:
Für Entschädigungszahlungen sind USD 567 Mio. vorgesehen, für Umsiedlungskosten sind USD 263 Mio. geplant.
Zu 12.:
Hauptbetroffen ist die Gruppe jener, deren Flächenbesitz die genannte 5 Hektar-Grenze unterschreitet. Daher müssen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Einkommen gezielt auf diese Gruppe zurechtgeschnitten werden. In den detaillierten Umsiedlungsplänen, welche im Laufe der Bauphase erstellt werden müssen, werden die aktuellen Daten erhoben werden.
Zu 13.:
Die Entschädigungssumme für Agrarflächen pro Hektar hängt von der jeweiligen Bodengüte des Landes ab, weiters von der Lage des Landes und vom aktuellen Beurteilungsjahr. Sie kann daher nicht einheitlich angegeben werden. Zur Orientierung geht man jedoch von einer Größenordnung von etwa USD 11.000,-- pro Hektar bei trockenem Farmland oder von etwa USD 30.000,-- je Hektar für Flächen mit Obst- oder Gemüseanbau aus.
Zu 14.:
Im gegenständlichen Ilisu-Projekt sollen über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende höhere Entschädigungszahlungen geleistet werden. Auch Mieterinnen und Mieter, Pächterinnen und Pächter sowie auch landlose Personen sollen für Investitionen wie beispielsweise Häuser oder Obstbäume, welche sie auf den gemieteten, gepachteten oder sogar illegal besetzten Grundstücken errichtet haben, entschädigt werden.
Zu 15.:
Durch das angesprochene türkische Gesetz wird ein Stichtag festgelegt, vor dem die Familien mindestens 3 Jahre in der Region gelebt haben müssen, um sich für eine staatliche Umsiedlung zu qualifizieren. Damit soll verhindert werden, dass kurz vor dem Beginn der Umsiedlungen weitere Familien in die Region ziehen und dann vom Staat umgesiedelt werden müssen. Diese zeitliche Einschränkung gilt jedoch nicht für die rechtlich vorgesehene Entschädigung. Diese gebührt auch dann, wenn diese Besitztümer erst innerhalb der Dreijahresfrist erworben wurden.
Zu 17.:
Etwa 18.000 Menschen, wovon jedoch ein Drittel nicht mehr in der Region lebt, sind vom Ilisu-Projekt direkt betroffen und werden dementsprechend Entschädigungsleistungen erhalten. Weitere rund 40.000 Menschen, wovon ein Viertel nicht mehr in der Region lebt, sind teilweise betroffen. Dazu gehören auch Familien, bei denen weder das Haus noch ein Teil des Grundstücks überflutet wird, die jedoch trotzdem ein Recht auf Entschädigung haben, wenn sie in einem Dorf wohnen, in dem mehr als 60 % der Fläche enteignet wird. Dieses Recht begründet sich auf der Erklärung, dass der Familie eventuell die Lebensgrundlage entzogen wird, wenn zu viel Fläche eines Dorfes wegfällt.
Zu 18.:
Es werden alle Menschen entschädigt, welche Besitztümer in der entsprechenden Region haben. Für Arbeiterinnen und Arbeiter werden neue Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt. So sollen mindestens 50 % der im Zusammenhang mit den Maßnahmen im Kulturgüterbereich des Ilisu-Projektes beschäftigten Personen aus der betroffenen Region kommen. Beim Kraftwerksbau sollen mindestens 60 % der Beschäftigten aus der betroffenen Bevölkerung stammen. Weiters gibt es Trainings- und Schulungsprogramme und Unterstützungen für den Umstieg in neue Berufe.
Zu 19.:
Die Grundlage für die Entschädigungen liegt unter anderem im türkischen Enteignungsgesetz und im türkischen Umsiedlungsgesetz. Darin sind für die Betroffenen die Möglichkeiten des Einspruchs und der Beschwerde vorgesehen. Zusätzlich wurde im Projekt Ilisu auch noch ein umfangreicher Beschwerdemechanismus vereinbart, der es den Menschen ermöglicht, leichter in den Prozess einzugreifen und aktiv zur Prozesssteuerung beizutragen. Die Beschwerden der Menschen werden auch vom internationalen Expertenkomitee beurteilt und bearbeitet. So soll zur besseren Planung des weiteren Umsiedlungsprozesses beigetragen werden.
Zu 20.:
Die von der bereits erwähnten internationalen Delegation besuchten neuen Siedlungen entsprachen internationalen Standards und wiesen einen wesentlich höheren Qualitätsstandard als die besuchten alten Dörfer auf. Darüber hinaus soll die betroffene Bevölkerung beim gegenständlichen Ilisu-Projekt noch enger in die Projektplanung eingebunden werden, um Fehler zu vermeiden. Durch den vorgesehenen Sanktionsmechanismus und den Monitoringprozess wird gewährleistet, dass die konkrete Umsetzung auch in diesem Punkt internationale Standards erfüllen wird.
Zu 21.:
Das türkische Landwirtschaftsministerium hat für das Projekt Ilisu explizit bestätigt, dass für jede Familie, welche eine „Land zu Land“-Umsiedlung wählt, die entsprechende Fläche in vergleichbarer Qualität zur Verfügung stehen wird. Diese neuen landwirtschaftlichen Flächen sollen entweder in der Nähe des Projektgebietes angeboten werden oder zum Beispiel auf der staatlichen Ceylanpinar Farm, welche eine Fläche von 176.000 Hektar aufweist und somit ausreichend groß ist.
Zu 22.:
Für das gegenständliche Ilisu-Projekt wurde keine gesonderte Verordnung erlassen, da die erforderlichen Regelungen im bestehenden Umsiedlungsgesetz enthalten sind. Die Betroffenen haben ein Recht auf eine ordnungsgemäße Umsiedlung. Darüber hinaus wird das bereits genannte internationale Expertenkomitee den Ablauf der Umsiedlungen nach internationalen Standards überwachen.
Zu 23. und 24.:
Im betroffenen Gebiet herrschte in den letzten Jahrzehnten eine sehr starke Landflucht, daher sind sehr viele Dörfer, Häuser und Grundstücke verlassen. Diese Betroffenen besitzen jedoch ebenfalls wie die jetzt noch im Projektgebiet wohnenden Menschen das gleiche Recht auf Entschädigungszahlungen. Dieser Umstand wird im aktuellen Umsiedlungsplan der jeweiligen Dörfer berücksichtigt werden.
Zu 25. und 26.:
Wie auch dem Executive Summary des Umsiedlungsplanes URAP entnommen werden kann, werden in der Hauptphase des Baus bis zu 3500 Arbeitsplätze und während der Betriebsphase des Kraftwerks laut Angabe des Konsortiums etwa 400 Arbeitsplätze geschaffen.
Zu 27. und 28.:
Im Rahmen des gegenständlichen Ilisu-Kraftwerkprojektes sind nach den vorliegenden Informationen keine neuen Bewässerungsanlagen geplant, was mit der Topographie des Projektgebietes zusammenhängen dürfte.
Zu 29.:
Nach den mir vorliegenden Informationen wurde Hasankeyf in der römischen Kaiserzeit am Tigris angelegt und ist daher entgegen anders lautender Meldungen nicht 11.000 Jahre sondern etwa 2.000 Jahre alt. Die noch erhaltenen und größtenteils in sehr schlechtem Zustand befindlichen Monumente in Hasankeyf stammen aus dem Mittelalter. Die geplante Überflutung eines etwa 20 Prozent der Fläche der Stadt betragenden Teils von Hasankeyf steht darüber hinaus, wie durch den türkischen Kulturminister bestätigt wurde, im Einklang mit den türkischen Gesetzen.
Dennoch wird bei der in unmittelbarer Nähe zur Stadt Hasankeyf geplanten neuen Ansiedlung unter Beaufsichtigung von renommierten Spezialisten ein Kulturpark geschaffen werden. Weitere, zum Teil auch prähistorische Funde werden im Rahmen eines seriösen, von Archäologen erarbeiteten und auch begleiteten Programms im Zeitraum bis zur Flutung des Reservoirbereiches (rund 7 Jahre ab Baubeginn) erforscht und dokumentiert werden. Diese Vorgangsweise steht im Einklang mit der internationalen Praxis. Außerdem wird auf die anerkannte wissenschaftliche Meinung verwiesen, dass Kulturgüter, welche sich unter einer schützenden Deckschicht von mind. 70 cm Tiefe befinden, durch eine Überflutung langfristig vor dem Verfall geschützt sind. Bisher unerforschte Kulturgüter sind daher mit der Flutung des betroffenen Gebiets nicht für immer für die Menschheit verloren, sondern können zu gegebener Zeit mit dann vielleicht sogar besser geeigneten Methoden erforscht werden.
Zu 30. und 32.:
Die Bedeutung Hasankeyfs ist aus den bereits genannten historischen Gründen keinesfalls mit der von Ephesus, Ninive oder Babylon gleichzusetzen. Auch ist Hasankeyf weder UNESCO Weltkulturerbe noch befindet es sich – was für diesbezügliche Bestrebungen Grundvoraussetzung wäre, ohne welche sich auch die Frage nach einer Unterstützung eines solchen Bestrebens gar nicht stellen kann – auf der Vorschlagsliste der Türkei.
Derzeit sind die mittelalterlichen Monumente in Hasankeyf von der Zerstörung durch Witterung und Vandalismus bedroht. Im Rahmen des Projektes Ilisu wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket in der Höhe von € 25 Mio. allein für Hasankeyf geschnürt, um die Monumente Hasankeyfs vor dem Verfall zu retten. Im Übrigen wird die Lebensdauer des Staudamm-Projektes auch in NGO-Studien mit 100 bis 400 Jahren angenommen und deckt sich daher nicht mit der in der Anfrage genannten Erwartung einer Lebensdauer von 60 bis 80 Jahren.
Zu 31.:
Im Gegensatz zu Hasankeyf handelt es sich bei der Altstadt von Salzburg wie auch jener Wiens um ein UNESCO Weltkulturerbe. Auch aus diesem Grund schließe ich die in der Anfrage hoffentlich nur zu dramatischen Vergleichszwecken angedachte Flutung dieser österreichischen Städte aus, wobei allerdings zu bemerken ist, dass der Fortschritt und die Veränderung auch in diesen Städten nicht stillstehen: auch hier findet Bautätigkeit statt und den Bürgerinnen und Bürgern wird eine dem 21. Jahrhundert angemessene Lebensweise ermöglicht. Im Übrigen verweise ich hinsichtlich der Gründe für die Beteiligung Österreichs am Projekt Ilisu in Form der Herausgabe einer Exportgarantie unter anderem auf die Beantwortung der Fragen 1., 2. und 5. der gegenständlichen schriftlichen parlamentarischen Anfrage, aber auch auf die zahlreichen bereits bei anderer Gelegenheit dem Parlament übermittelten Aussagen und Informationen wie etwa zuletzt im Zusammenhang mit den nach dem Ausfuhrförderungsgesetz übermittelten Berichten. Die dabei jeweils zum Ausdruck gebrachte Haltung wird im Übrigen auch von Herrn Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer mitgetragen, welcher in der zuletzt im Nationalrat abgehaltenen Fragestunde ebenfalls zum hier angesprochenen Projekt entsprechend Stellung bezogen hat.
Zu 33., 34. und 36. bis 38.:
Vorweg darf festgehalten werden, dass sich laut Auskunft des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten weder im letzten Fortschrittsbericht zum Beitrittswerber Türkei noch in anderen einschlägigen Dokumenten irgendeine Bezugnahme auf Ilisu finden lässt.
Das gegenständliche Projekt und dessen konkrete Auswirkungen wurden in Anlehnung an die Standards der Weltbank auf die Konformität mit internationalen Standards hin geprüft. Basierend auf diesen Ergebnissen wurden flankierende Maßnahmen im Verlauf der Projektdurchführung in Form von Auflagen definiert, deren substantielle Nichteinhaltung massive Auswirkungen auf den garantierten Exportkredit haben kann. Die gestellten Auflagen entsprechen den internationalen Standards für Umwelt, Kultur und Umsiedlungen. Zur Berücksichtigung des umweltpolitischen Acquis der EU, gerade bei einem bereits weitgehend durchgeplanten Projekt, sind jedoch weder die Exportkreditagenturen noch die Türkei verpflichtet.
Die Übereinstimmung des Projektes Ilisu mit internationalen Standards kann mit Hilfe folgender Dokumente überprüft werden:
- Umweltstudie UEIAR (Updated Environmental Impact Assessment Report),
- Ergänzungen zur Umweltstudie,
- Amendment zum UEIAR,
- TORs (Terms of Reference) zu den Umweltthemen und
- Expertenberichte zu den Umweltthemen.
Zu 35. und 59.:
Im Rahmen der Projektplanung wurden mehrere Alternativen zum derzeitigen Projekt geprüft, insbesondere eine Variante am Tigris bei Ilisu mit drei kleineren Staudämmen (Umweltstudie UEIAR Kapitel 2 und Amendment zum UEIAR Question 73). Dies geschah im Rahmen einer umfangreichen Umweltprüfung im Jahr 2005 und 2006, deren Ergebnisse auf der Homepage des Projektes www.ilisu-wasserkraftwerk.com einsehbar sind. Die Bürgerinnen und Bürger von Hasankeyf, Ilisu und der umliegenden Dörfer wurden ebenfalls in die Projektplanung einbezogen.
Der Nachteil dieser geprüften Varianten ist jedoch, dass eine ganzjährige Wasserspeicherung und daraus folgend eine ganzjährige Stromerzeugung nicht möglich ist. Die wenig geeigneten Alternativen wurden daher von türkischer Seite nicht weiterverfolgt. Der Bauherr hat sich im Rahmen der Güterabwägung – nicht zuletzt wegen der höheren Speicherkapazität und Stromausbeute – für die vorliegende Variante entschieden.
Zu 39. und 40.:
Generell erscheint es sinnvoll, den Gastländern österreichischer Investitionen EU-Standards näher zu bringen. Bei der Haftungsübernahme müssen dabei allerdings die Einflussmöglichkeiten der Kunden der Ausfuhrförderung (Exporteure, Investoren) und das globale wie auch das lokale Umfeld beachtet werden. Dies betrifft auch Umweltstandards, Sozialstandards oder rechtliche Standards, und ist auch im internationalen Kontext, nämlich vor dem Hintergrund der Konkurrenz durch Nicht-EU- und Nicht-OECD-Staaten insbesondere aus Schwellenländern wie China, Indien, Brasilien oder Russland, zu sehen. Darüber hinaus sind staatliche Exportkreditversicherungssysteme an die geltenden OECD- und EU-Vorgaben gebunden.
Zu 41.:
Das Projekt Ilisu wurde gegen die Weltbankstandards für Staudammprojekte geprüft, wobei eine Entsprechung festgestellt wurde. Die Einhaltung der Standards ist in den folgenden Dokumenten ersichtlich:
- Environmental Impact Assessment Report (UEIAR) inklusive Amendment zum UEIAR, Umsiedlungsplan (URAP) inklusive Kulturgüterteil und Amendment,
- TORs und
- Berichte der internationalen Expertinnen und Experten.
Diese Dokumente sind auf der Homepage des Projektes Ilisu unter www.ilisu-wasserkraftwerk.com einsehbar.
Zu 42.:
Grundsätzlich halte ich fest, dass die Weltbank bei der Umweltprüfung ein sogenanntes „Environmental Impact Assessment“ vorsieht. Es wurde daher vor Abschluss der Verträge eine umfangreiche Umweltprüfung gemeinsam mit den Exportkreditagenturen Deutschlands (Euler Hermes) und der Schweiz (SERV) durchgeführt, deren Ergebnisse im Internet verfügbar sind. Dieses Assessment diente als Basis für die Prüfung durch die Oesterreichische Kontrollbank Aktiengesellschaft. Es kann daher nicht von einem Bruch der Weltbankstandards gesprochen werden.
Bei den hier angesprochenen Umweltstudien während der Bauphase handelt es sich offenbar um jene Ergänzungen zur Umweltstudie, welche die Oesterreichische Kontrollbank Aktiengesellschaft festgeschrieben hat. Im Übrigen verweise ich auf meine Beantwortung der Fragen 33., 34. und 36. bis 38.
Zu 43.:
Auch für die unfreiwilligen Umsiedlungen wurde, anders als in der vorliegenden Fragestellung angesprochen, bereits im Jahr 2005 eine umfangreiche Studie durchgeführt, deren Ergebnisse als Umsiedlungsplan (URAP – Resettlement Action Plan) im Internet – unter anderem auch in türkischer Sprache – verfügbar sind. Diese Umsiedlungsstudie war Grundlage für die Prüfung durch die Oesterreichische Kontrollbank Aktiengesellschaft, womit der relevante Weltbankstandard erfüllt ist.
Zu 44.:
Im gegenständlichen Ilisu-Projekt ist vorgesehen, dass es den Betroffenen durch Entschädigungen und durch umfangreiche Maßnahmen zur Wiederherstellung des Einkommens ermöglicht wird, den Lebensstandard, den sie vor der Umsiedlung hatten, zu verbessern oder zumindest auf dem Niveau vor der Umsiedlung zu halten. Diesbezügliche Details zu den Entschädigungen und zu den Maßnahmen sind im Umsiedlungsplan (Resettlement Action Plan – URAP), im Amendment zum Umsiedlungsplan und in den Terms of Reference zur Umsiedlung ersichtlich.
Zu 45.:
Das Projekt Ilisu wurde selbstverständlich auf die OECD–Standards (Council Recommendation on Common Approaches on the Environment and Officially Supported Export Credits) geprüft und entspricht diesen Standards. Die Einhaltung der Standards ist in allen auf der Homepage des Projektes Ilisu unter www.ilisu-wasserkraftwerk.com veröffentlichten Dokumenten ersichtlich.
Zu 46.:
Neben den angeführten Weltbankstandards, hier insbesondere den Safeguard Policies der Weltbank wie vor allem OP 4.01 Environmental Assessment, OP 4.11 Cultural Property, OP 4.12 Involuntary Resettlement, OP 4.37 Safety of Dams und OP 7.50 International Waterways, sind unter sonstigen internationalen Standards jene der OECD zu verstehen, welche auch in den Fragen 42. und 43. angesprochen werden. Die erarbeiteten Projektauflagen, die Terms of Reference, zielen ebenfalls auf diese Standards ab.
Zu 47. und 48.:
Selbstverständlich müssen die Ergebnisse der auch in meiner Beantwortung der Frage 42. angesprochenen weiteren Umweltstudien in die zukünftige Planung einfließen, wie zum Beispiel bei der Ausgestaltung der neuen Lebensräume von vom Projekt betroffenen Tieren oder bei der Aufzucht von Fischen im Reservoir. Für den Fall, dass die Ergebnisse der weiteren Umweltstudien in der Bauphase inakzeptable negative Umweltauswirkungen, welche nicht durch entsprechende Milderungsmaßnahmen abgefedert werden können, belegen, ist in den Verträgen ein Mechanismus vorgesehen, der eine frühzeitige Fälligstellung des Kredites zulässt.
Zu 49.:
Da ein hier angesprochener Kriterienkatalog vor Beginn des Projektes niemals alle möglichen Ergebnisse noch erfolgender weiterer Studien vollständig abdecken könnte, wird ein internationales Expertenkomitee die gesamte Bauphase monitoren, um bei signifikanten Abweichungen von internationalen Standards eingreifen zu können. Um Missverständnissen vorzubeugen, weise ich bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass in den TORs Zusatzmaßnahmen und Zusatzkriterien definiert sind; die grundlegenden Kriterien sind jedoch im UEIAR, im URAP, in den nationalen Gesetzen und in den internationalen Standards enthalten und in den TORs nicht nochmals angeführt.
Zu 50.:
Die vorliegende Datenbasis war für eine Beurteilung des Projektes ausreichend. Für die weitere Planung von Maßnahmen und für die Schaffung von neuen Lebensräumen sind jedoch die bereits angesprochenen weiteren Studien vorgesehen, welche von der Oesterreichischen Kontrollbank Aktiengesellschaft festgeschrieben wurden. Diese sollen die Grundlage für die optimale Maßnahmensetzung und damit zur Verhinderung des Aussterbens bedrohter Tierarten bilden.
Zu 51.:
Die unterschiedlichen Gutachten verschiedener Vogelschutzgesellschaften wie zum Beispiel der NGO Birdlife aus der Schweiz oder Doga Dernegi aus der Türkei wurden von den internationalen Gutachtern geprüft und mit den Daten des Umweltreports verglichen. Dabei wurde festgestellt, dass die Betrachtungsweise der NGOs zu eingeschränkt und zu sehr auf das Projektgebiet fokussiert ist, ohne die anderen das Projektgebiet umgebenden Habitate in Betracht zu ziehen; darüber hinaus wurden und werden zur Ergänzung der Umweltstudie weitere vertiefende Forschungen angestellt. Diese Ergebnisse wurden aufgenommen und sind in den TORs reflektiert, welche weitere vertiefende Studien zu Fauna und Flora beziehungsweise zur Biodiversität vorschreiben.
Zu 52. und 53.:
Das gegenständliche Ilisu-Projekt entspricht in den wesentlichen Punkten den Empfehlungen der internationalen Weltstaudammkommission. Die Berücksichtigung dieser Empfehlungen ist unter anderem aus folgenden Dokumenten ersichtlich: Environmental Impact Assessment Report (UEIAR) inklusive Amendment zum UEIAR, Umsiedlungsplan (URAP) inklusive Kulturgüterteil und Amendment, TORs und Berichte der internationalen Expertinnen und Experten.
Zu 54.:
Frauenbelange wurden beim gegenständlichen Ilisu-Projekt gesondert und detailliert untersucht. So gab es zahlreiche Fokusgruppenmeetings mit Gruppen bestehend aus Mädchen und Frauen aller Altersgruppen sowie zahlreiche Diskussionen mit Stakeholdern und NGOs aus der Region, die sich für Frauenbelange einsetzen (z.B. SELIS Women Consultancy Center, Diyarbakir; Metropolitan Municipality of Diyarbakir Women Center for Research and Application, Diyarbakir; Women Solidarity Center of Batman, Batman; KAMER Women Center Solidarity, Mardin; Turkish Society of Women, Mardin; Women Platform, Batman). Details dazu können der bereits mehrfach angesprochenen Website zum gegenständlichen Projekt im dort angeführten Umsiedlungsplan (vor allem dem Kapitel 2) entnommen werden. Darin wird auch auf die 2005 durchgeführte sozioökonomische Studie näher eingegangen.
Zu 55.:
Entschädigungen werden an den Besitzer ausbezahlt, welcher in den meisten Familien das männliche Familienoberhaupt ist. Frauen werden ebenfalls entschädigt, wenn sie über Haus, Boden oder andere Besitztümer verfügen. Für Frauen werden spezielle Informationsveranstaltungen und Beratungsservices angebotenen werden. Es ist davon auszugehen, dass der türkische Bauherr bereit ist, Vorschläge von Frauenhäusern auf Kooperation zu prüfen.
Zu 56.:
Das Projekt Ilisu ist das erste Projekt mit einer Exportgarantie der Republik Österreich, bei dem ein internationales Expertenkomitee die gesamte Bauphase, die Aufstauphase und auch eine Monitoringperiode im Ausmaß von mehreren Jahren nach dem Kraftwerksbau begleiten und unterstützen soll. Weiters wird zum ersten Mal eine eigene Project Implementation Unit eingesetzt, die sich mit den Auswirkungen des Projektes auf die Bevölkerung, auf die Umwelt und auf die Kulturgüter befasst und weitere Maßnahmen plant und durchführen lässt.
Zu 57.:
Die zum Teil negativen Erfahrungen anderer Projekte sind mir bekannt und werden in die weitere Projektplanung für Ilisu einfließen, um dies zukünftig zu vermeiden. Weitere Maßnahmen sind das geänderte Umsiedlungsgesetz, weiters die geänderten rechtlichen Grundlagen im Bereich der Kulturgüter, die Einsetzung des internationalen Expertenkomitees, die Einsetzung der Project Implementation Unit und die Errichtung eines umfangreichen Beschwerdemechanismus.
Zu 58. und 71.:
Bereits seit 2005 beziehungsweise 2006 finden zwischen den Vertretern der Türkei, Syrien und dem Irak Gespräche über das Euphrat-Tigris-Becken statt. Beide Anrainerstaaten haben umfangreiche Informationen zum Projekt Ilisu erhalten, wobei die Türkei betont hat, dass die konstruktive Zusammenarbeit und der Dialog auch in Zukunft fortgeführt werden sollen. Darüber hinaus wird im Zuge der Umsetzung des Projekts der Konsultation mit den Unterliegerstaaten besonderes Augenmerk gewidmet werden.
Zu 60.:
Dr. Robert Zwahlen arbeitet für das Unternehmen Pöyry Energy, ein weltweit führendes Ingenieur- und Beratungsunternehmen mit einer großen Erfahrung im Umweltbereich. Dr. Robert Zwahlen hat zahlreiche kritische Gutachten verfasst und ist ein Experte im Bereich der Umwelt- und sozialen Auswirkungen von Staudämmen. Unter den anderen Gutachterinnen und Gutachtern befinden sich zum Beispiel unabhängige internationale Expertinnen und Experten für Archäologie und für Umsiedlung sowie Soziales mit jahrelanger Weltbankerfahrung. Seitens der Exportkreditagenturen werden auch eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Projekt überwachen. Details zur Kontrolle und zum Monitoring sind in den auf der Website zum Ilisu-Projekt veröffentlichten TORs enthalten.
Zu 61. bis 63.:
Im Vertragswerk ist eine vorzeitige Fälligstellung verankert. Die Rückzahlungsklausel wird bei wesentlichen, nicht behebbaren Verstößen gegen die nationalen und internationalen Standards wirksam. Ich ersuche um Verständnis, dass es mir aufgrund der besonderen Verschwiegenheitsverpflichtung des § 5 Abs. 6 AusfFG und des Bankgeheimnisses allerdings nicht möglich ist, Details aus den Kredit- und Exportverträgen bekanntzugeben beziehungsweise die involvierten Geschäftsbanken zu benennen. Eine Weitergabe dieser Informationen wäre nur möglich, wenn die betroffenen Geschäftsbanken selbst in die Öffentlichkeit gehen oder einer Veröffentlichung der Geschäftsbeziehung zustimmen. Auch die Refinanzierung von Krediten durch die Oesterreichische Kontrollbank Aktiengesellschaft unterliegt dem Bankgeheimnis, weshalb ich dazu ebenfalls keine Informationen erteilen kann.
Zu 64., 69. und 70.:
Das Wasserkraftwerk Ilisu dient eindeutig zur Erzeugung erneuerbarer Energie und kann daher in die hier angesprochene Kategorie eingereiht werden. Die Kreditrückzahlungsperiode beträgt ab Fertigstellung 15 Jahre.
Zu 65.:
Die in der Fragestellung angeführten Netzverluste sind nach den mir vorliegenden Informationen zu einem wesentlichen Teil durch illegale Stromentnahmen bedingt. Ein scharfes Vorgehen bei diesen Stromabnahmen würde jedoch nur die sozial schwächste Bevölkerungsgruppe treffen und im Endeffekt nicht zu Stromeinsparungen, sondern nur zu höheren Anteilen an legalem Stromverbrauch führen.
Zu 66.:
In Bezug auf den Ausbau der Windkraft hat die Türkei bereits Planungen gesetzt, wobei man allerdings zum Schluss kommen musste, dass es derzeit technisch unmöglich ist, in der gegenwärtigen Netzkonstellation ein Wasserkraftwerk mit einer Kapazität von 1.200 MW durch hunderte von Windkrafträdern zu ersetzen. Sollte dies versucht werden, würde es zu einer dramatischen Instabilität, eventuell sogar zu einem sofortigen Zusammenbruch des gesamten Stromnetzes im Großraum Anatolien kommen.
Selbstverständlich halte ich eine Kooperation des Staates Österreich mit der Türkei auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien aus ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Gründen für vernünftig. Daher befürworte ich ja auch die Beteiligung Österreichs an einem großen Wasserkraftwerk zur Produktion erneuerbarer Energie. Auch darüber hinaus gibt es bilaterale Gespräche mit der Türkei, um das große österreichische Know-how österreichischer Unternehmen auch im Bereich anderer Formen der Nutzbarmachung erneuerbarer Energien anzubieten.
Zu 67. und 68.:
Wie den bereits mehrfach genannten Dokumenten auf der Homepage zum Ilisu-Projekt entnommen werden kann, ist das Wasserkraftwerk Ilisu auf jeden Fall als saubere Energiegewinnungsquelle zu bewerten. Die Auswirkungen auf das Klima sind vernachlässigbar, die Auswirkungen auf das Mikroklima in der Region sind sogar leicht positiv. Da das Überflutungsgebiet äußerst spärlich bewachsen ist, wird es zu keiner signifikanten Entstehung von Treibhausgasen kommen.
Zu 72.:
Das erwähnte völkerrechtliche Gutachten von Prof. Boisson de Chazournes, Prof. Crawford und Prof. Philippe Sands, in dem jedoch weder auf die erstellten TORs, noch auf die 2007 veröffentlichten weiteren Informationen eingegangen wird, liegt mir vor. Auch ich bin der Meinung, dass es wichtig ist, den Dialog zwischen Syrien, Irak und der Türkei fortzusetzen. Die bisher gesetzten und von den Exportkreditagenturen ausdrücklich ermutigten Schritte entsprechen diesen Empfehlungen und weisen in die richtige Richtung. Im Übrigen verweise ich auf meine Ausführungen zu den Fragen 58. und 71.
Zu 73.:
Ich gehe davon aus, dass die Beteiligung der Länder Österreich, Deutschland und der Schweiz einen positiven Einfluss auf eine völkerrechtskonforme Realisierung des Projektes hat. Die dafür erforderlichen Grundlagen wurden jedenfalls, wie unter anderem aus meinen
Ausführungen in Beantwortung der vorliegenden schriftlichen parlamentarischen Anfrage ersehen werden kann, bereits erfolgreich festgelegt.
Mit freundlichen Grüßen