1330/AB XXIII. GP

Eingelangt am 07.09.2007
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0157-III/4a/2007

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

             Wien, 6. September 2007

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1248/J-NR/2007 betreffend 8000 Schulab­brecherInnen jährlich und deren weitere Chancen in Ausbildung und Beruf, die die Abg. Dieter Brosz, Freundinnen und Freunde am 6. Juli 2007 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 bis 4:

Zum Schulerfolg im Schuljahr 2005/06 stehen im Ressort derzeit nur Rohdaten der öffentlichen Schulen zur Verfügung. Privatschulen melden direkt an die Bundesanstalt „Statistik Österreich“, von der bis dato noch keine Zahlen zum Schulerfolg publiziert wurden. Zur groben Hochrech­nung über die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit negativem Schulerfolg nach Schulstufen ist ausdrücklich anzumerken, dass dafür keine umfassende Qualitätssicherung vorgenommen werden konnte und diese Zahlen daher mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind. Eine Auswertung aus den aktuell verfügbaren Rohdaten der öffentlichen Schulen zeigt hochge­rechnet folgende vorläufigen Ergebnisse:

 

-     In der 9. Schulstufe wurde das Schuljahr 2005/06 von ca. 12.500 Schülerinnen und Schülern mit einem oder mehr Nicht Genügend abgeschlossen. Von diesen konnten ca. 15% die jeweilige Ausbildung im darauffolgenden Schuljahr ohne Schullaufbahnverlust in der nächsten Schulstufe fortsetzen, ca. 32% der negativen Schülerinnen und Schüler haben die Klasse wiederholt.

 

-     In der 10. Schulstufe wurde das Schuljahr 2005/06 von ca. 10.500 Schülerinnen und Schülern mit einem oder mehr Nicht Genügend abgeschlossen. Von diesen konnten ca. 22% die jeweilige Ausbildung im darauffolgenden Schuljahr ohne Schullaufbahnverlust in der nächsten Schulstufe fortsetzen, ca. 50% der negativen Schülerinnen und Schüler haben die Klasse wiederholt.

 

-     In der 11. Schulstufe wurde das Schuljahr 2005/06 von ca. 7.500 Schülerinnen und Schülern  mit einem oder mehr Nicht Genügend abgeschlossen. Von diesen konnten ca. 30% die jeweilige Ausbildung im darauffolgenden Schuljahr ohne Schullaufbahnverlust in der nächsten Schulstufe fortsetzen, ca. 45% der negativen Schülerinnen und Schüler haben die Klasse wiederholt.

 

-     In der 12. Schulstufe wurde das Schuljahr 2005/06 von ca. 5.500 Schülerinnen und Schülern mit einem oder mehr Nicht Genügend abgeschlossen. Von diesen konnten ca. 33% die jeweilige Ausbildung im darauffolgenden Schuljahr ohne Schullaufbahnverlust in der nächsten Schulstufe fortsetzen, ca. 35% der negativen Schülerinnen und Schüler haben die Klasse wiederholt.

 

Die oben ausgewiesenen Zahlen von Repetentinnen und Repetenten beinhalten nur jene Schülerinnen und Schüler, die an derselben Schule in derselben Ausbildung ein Schuljahr wiederholen.

 

Über die Schuljahre 2003/04 und 2004/05 liegt derzeit noch keine entsprechend auswertbare Datenbasis vor, die die verlässliche Darstellung von Entwicklungen zulassen würde.

 

Zu Fragen 5 bis 7:

Die Nachholung von Bildungsabschlüssen stellt einen besonderen Förderschwerpunkt des Ressorts im Bereich der Erwachsenenbildung dar. Die Umsetzung erfolgt in Form von Projekten – vorwiegend im Rahmen von Programmen des Europäischen Sozialfonds. In den Kursjahren 2003/2004 bis 2005/06 haben 4.800 Personen an den Vorbereitungslehrgängen zum Haupt­schulabschluss und an Vorfeldmaßnahmen zur Basisbildung/Alphabetisierung teilgenommen. 6,69 Mio. Euro an Ressort- und ESF-Mitteln wurden in diesem Zeitraum zur Verfügung gestellt. Die Teilnehmerinnen- und Teilnehmerzahlen der Vorbereitungslehrgänge auf die Berufsreife­prüfung an Einrichtungen der Erwachsenenbildung haben sich vom Kursjahr 2003/04 bis 2005/06 von 8.000 auf 9.000 erhöht. Entsprechende Projekte wurden mit 4,0 Mio. Euro an Ressort- und ESF-Mitteln finanziell unterstützt (einschließlich der Angebote zur Studien­berechtigungsprüfung).

 

Zu Fragen 8 und 9:

Die Fragen nach Schulungsmaßnahmen des AMS auf Basis des Arbeitsmarktservicegesetzes bzw. nach Vermittlung von Lehrlingen und die integrative Berufsausbildung auf Basis des Berufsausbildungsgesetzes betreffen keinen Gegenstand der Vollziehung des Ressorts und können daher nicht beantwortet werden.


Zu Frage 10:

Diesbezüglich wird beispielsweise auf die an der Oberstufe der allgemein bildenden höheren Schulen durchgeführten Schulversuche zur Modularisierung hingewiesen, die zu einer gewissen Individualisierung der Bildungsverläufe führen soll. Im Fall eines negativen Abschlusses muss nur das betreffende Modul wiederholt werden, nicht die ganze Klasse. Im Bereich der techni­schen Schulen werden für die in Arbeit befindliche neue Lehrplangeneration modulare Systeme mit Kolloquiensystem diskutiert, um die Aufstiegsmöglichkeiten flexibler zu gestalten und die Drop-out-Rate zu senken. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 11 und 12 ver­wiesen.

 

Zu Fragen 11 bis 13:

Das Ressort setzt bereits derzeit mit Erfolg Maßnahmen wie Frühwarnsystem, Intensivierung der Förderung, Verbesserung der Grundkompetenzen, individualisierende schulische Maß­nahmen um, die insgesamt betrachtet die Problematik der frühzeitigen Schulabgängerinnen und Schulabgänger zu reduzieren helfen soll.

 

Im Rahmen der Aktivitäten zur Umsetzung des „Benchmark 1“ (Bis 2010 soll ein EU-Durch­schnittswert von höchstens 10% frühzeitiger Schulabgängerinnen und -abgängern erreicht werden – Strukturindikator; nach der internationalen Definition ist darunter eine Person im Alter von 18-24 Jahren zu verstehen, die keinen weiterführenden Bildungsabschluss hat, also ledig­lich über Vorschul-/Grundschulbildung oder einen Abschluss der Sekundarstufe I verfügt - ISCED-Bereiche 0-2 und auch nicht an einer Aus- oder Weiterbildung teilnimmt) werden und wurden – um auf Basis dieser Grundlagen weitere zielgenaue Maßnahmen zu entwickeln – Erhebungen zum Bereich frühzeitige Schulabgängerinnen und Schulabgänger (auch im APS-Bereich) durchgeführt:

 

-     Das ZSE Graz führte gemeinsam mit der Karl-Franzens-Universität Graz eine Studie zu „Schulschwänzen- Verweigern – Abbrechen“ durch, die 2006 abgeschlossen wurde (Bd. 19 der Publikation „Bildungsforschung des BMUKK“, Studienverlag, http://www.faireschule.at/neues/77).

 

-     Derzeit wird eine Studie des IHS (M. Steiner, L. Lassnigg) mit dem Titel „DROPOUTS - Strategien zur Reintegration von frühzeitigen Bildungsabbrecher/innen“ durchgeführt, deren Ziel es ist, ein Strategiepapier zur Reintegration von frühzeitigen Bildungsabbrecherinnen und -abbrechern in Ausbildung und Arbeitsmarkt zu entwickeln, das einerseits auf wissen­schaftlichen Analysen bereits durchgeführter Erhebungen aufbaut, sich andererseits aber auch aus den Praxiserfahrungen der relevanten Akteurinnen und Akteure im Zusammen­hang mit Dropouts speist. Durch die Einbindung der Akteurinnen und Akteuren aus Instituti­onen wie BMWA, BMSG, BMUKK, AMS, AK usw. in einem Workshop, der am Beginn des Forschungsprojekts stand (und gegen Ende wiederholt wird), soll sichergestellt werden, dass das Ergebnis auch Umsetzungsrelevanz aufweist und idealer Weise von diesen auch mitge­tragen wird.

 

Ein positives Schulklima sowie die Durchführung von Maßnahmen im Bereich „Soziales Lernen“ und Peer-Mediation als präventive Maßnahmen steigern bekanntermaßen die Bildungs­motivation und helfen somit frühzeitigen Abgang zu verhindern. Bd. 20 der Publikation „Bildungsforschung des BMUKK“, Studienverlag mit dem Titel „Das Befinden von Kindern und Jugendlichen in der österreichischen Schule“, von Univ.-Prof. Ferdinand Eder, Universität Salz­burg, gibt umfassende Hinweise, welche Indikatoren zB. die Bildungsmotivation und die Bindung an die Schule beeinflussen (Kurzfassung unter http://www.faireschule.at/neues/78). Das bundesweit und schulartenübergreifend wirksame ÖZEPS (Österreichisches Zentrum für Persönlichkeitsbildung und soziales Lernen), zahlreiche Tagungen und Lehrerinnen- bzw. Lehrerfortbildungsmaßnahmen sowie zwei abgeschlossene bundesweite Lehrgänge für Traine­rinnen bzw. Trainer im Bereich Sozialkompetenzen unterstützen diese Herangehensweise.

 

Darüber hinaus wurde 2006 ein Leitfaden zur Peer-Mediation an Schulen herausgegeben (http://www.bmukk.gv.at/schulen/unterricht/ba/peer-mediation.xml). Über 6.000 Lehrkräfte haben den Leitfaden bereits bestellt und erhalten. Unterstützend wurden/werden im heurigen und nächsten Schuljahr mindestens sechs bundesweite Lehrgänge sowie mehrere in den einzelnen Bundesländern zur Ausbildung von Lehrkräften als Peer-Coaches und zur Implementierung von Peer-Mediation an Schulen angeboten, die dazu beitragen, verstärkt eine Kultur der konstruk­tiven Kommunikation und Konfliktlösung zu etablieren.

 

Im Zusammenhang mit der Umsetzung des aktuellen Regierungsprogramms im Punkt „Klassenwiederholungen reduzieren“ soll das Wiederholen von Schulstufen durch pädagogische sowie organisatorische Maßnahmen so weit wie möglich vermieden werden. Zur Unterstützung dieser Zielsetzung sind auch psychologische Maßnahmen notwendig. Folgende Initiativen dazu sind in den Jahren 2007 und 2008 geplant:

 

1.   Pädagogisch-psychologische Informationen zum richtigen Lernen für alle Schulpartner:

-     Aktualisierung und Erweiterung von Broschüren der Schulpsychologie-Bildungsberatung zum Thema Lernen für verschiedene Altersstufen und Zielgruppen. Im Herbst 2007 wird ein neu gestaltetes Materialienpaket präsentiert werden.

-     Erstellung einer neuen Website im Rahmen der Homepage der Schulpsychologie-Bildungsberatung zum Thema Lernen (www.schulpsychologie.at).

 

2.   Individuelle Beratung durch Schüler- und Bildungsberaterinnen bzw. -berater an den Schulen:

-     An allen Sekundarschulen stehen Schüler- und Bildungsberaterinnen bzw. -berater für alle Fragen rund ums Lernen als kompetente erste Ansprechpersonen allen Schülerinnen und Schülern zur Verfügung.

 

3.   Schulpsychologische Beratung:

-     Individuelle psychologische Beratung kann in vielen Fällen die entscheidende Hilfe­stellung für Schülerinnen und Schüler sein, um aus dem Kreislauf schulischer Misser­folge herauszufinden und zu einem positiven Abschluss eines Schuljahres bzw. einer gesamten Ausbildung zu gelangen.

-     Besonders hilfreich ist hier die Unterstützung durch die Schulpsychologinnen und Schul­psychologen der Landesschulräte, da diese besonders gut psychologisches Expertinnen- und Expertenwissen mit fundiertem Wissen und Erfahrungen mit der schulischen Praxis verbinden können und so besonders gut in der Lage sind, eine Vermittlungsfunktion zwischen schulinternen und schulexternen Sichtweisen einzunehmen.

 

Weiters wäre auf die nationale Lifelong-Guidance-Strategie aufmerksam zu machen. Im Rahmen der Umsetzung der gemeinsam mit dem BMWA, dem AMS und den Sozialpartnern erarbeiteten nationalen Strategie für Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf ist geplant, die verschiedenen schulischen und außerschulischen Angebote zur Bildungs- und Berufsberatung auszubauen und stärker zu vernetzen (www.schulpsychologie.at/guidance).

 

Für den Bereich der berufsbildenden Schulen kann eine Verringerung der Zahl an Schulab­brecherinnen und Schulabbrechern vor allem durch pädagogische Maßnahmen (hier wiederum besonders in den unteren Klassen/Jahrgängen der BMHS) erreicht werden, um den Übertritt in eine weiterführende Schule zu erleichtern, wie zB.

-     Tutoring durch ältere Schülerinnen und Schüler, Coaching;

-     Maßnahmen im Hinblick auf Individualisierung des Unterrichts wie Einsatz von kooperativen offenen Lernformen, Einsatz von Lernplattformen, transparente Lernziele und Leistungs­beurteilungskriterien, Portfolio.

 

Im Rahmen von Q-SYS (Qualitätsmanagement-System für die technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Schulen [HTL] im Rahmen von QIBB - QualitätsInitiative BerufsBildung unter http://www.qibb.at/home/info.html) werden folgende Maßnahmen zur Senkung der Zahl der Schulabbrecherinnen bzw. –abbrecher und Steigerung der Zahl der Abschlüsse getroffen:

-     Teilziel 2.1.3: Einsatz neuer Unterrichts- und Arbeitsformen (Individualisierung, Lernteams, projektorientierter Unterricht, Einsatz zeitgemäßer Kommunikationsmittel, eLearning, …);

-     Ziel 2.2: Weiterentwicklung berufsbegleitender Bildungsangebote (modular aufgebaute Bildungsangebote, adäquate Einstufungspraxis, flexiblere Gestaltung von Lernphasen, Ein­bau von Fernstudienelementen, …);

-     Teilziel 2.3.2: Systematische Weiterentwicklung von Lehr- und Lernmethoden (eLearning Projekte, Teilnahme an Bildungsprogrammen, neue Unterrichtsformen, Kooperationen mit anderen nationalen und internationalen Bildungseinrichtungen);

-     Teilziel 4.1.2: Entwicklung von Standards für Lehrpläne und abschließende Prüfungen, Erstellung von Kompetenzmodellen für Unterrichtsgegenstände;

-     Teilziel 5.1.1: Erstellung von Konzepten für die pädagogische Arbeit auf Klassenebene (Defini­tion von Klassenzielen, gegenstandsübergreifende Koordination der Lernziele, Koor­dinierung der Kriterien für die Beurteilung, …);

-     Teilziel 5.1.2: Stärkung der Schulgemeinschaft (regelmäßiger Austausch mit Eltern und Berück­sichtigung derer Vorschläge, Praktizierung des Frühwarnsystems, …);

-     Ziel 5.2: Transparente Gestaltung des Unterrichtsgeschehens (frühzeitige Bekanntgabe der Lehr- und Lernziele an die Schulgemeinschaft, Nachvollziehbarkeit der Leistungs­beurteilung);

-     Ziel 5.3: Herstellung eines positiven Lehr- und Lernumfeldes (Entwicklung von Unterrichts­modellen für optimales Lernen, Förderung und Unterstützung von sozialem Lernen, geschlechtersensibler Unterricht, Optimierung der Raumnutzung und -gestaltung);

-     Teilziel 6.1.2 und 6.1.3: Sicherstellung der pädagogischen und fachlichen Eignung von Lehr­kräften bei Neuaufnahme und Weiterentwicklung dieser Kompetenzen (Seminare, Betreu­ungsmodelle, Erstellung bedarfsgerechter Angebote, …).


Auch das Förderangebot wird durch Q-SYS forciert:

-     Teilziel 5.1.3: Sicherung eines erfolgreichen Starts durch Beratung und Hilfestellungen (Schnuppertage, Bildungs- und Laufbahnberatung, Klassenelternabende, gezielte Förder­maßnahmen gegen anfängliche individuelle Leistungsschwächen, …)

-     Ziel 5.4: Förderung des Leistungswillens, der Kompetenz und Innovationsfreude von Schüle­rinnen und Schülern (Fördermaßnahmen zur Steigerung der Leistungsbereitschaft, Entwick­lung von Konzepten für Begabtenförderung und Unterstützungsstrukturen für leistungs­schwache Schülerinnen und Schüler, …)

 

Die Bundesministerin:

Dr. Claudia Schmied eh.