1363/AB XXIII. GP

Eingelangt am 09.11.2007
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend

 

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGFJ-11001/0135-I/A/3/2007

Wien, am      6. November 2007

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 1363/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen wie folgt:

 

Frage 1:

Die AGES wurde im Oktober 2006 von meinem Ressort beauftragt, eine wissenschaftlich fundierte Risikobewertung zu erstellen. Die Risikobewertung der AGES stellt eine Gesamtbewertung dar, in der alle dem LMSVG unterliegenden Warengruppen beachtet wurden. Sie wurde unter Zugrundelegung aktualisierter Verzehrsdaten und Heranziehung des von der EFSA festgelegten TDI’s (tolerierbare Tagesdosis) erstellt und basiert unter anderem auf Ergebnissen einer durch mein Ressort konzipierten Monitoringaktion sowie von der Wirtschaft und der AGES bereitgestellten Untersuchungsergebnissen.

 

Die AGES kommt in der Risikobewertung zu dem Schluss, dass zwischen häufig bzw. regelmäßig (Frühstückscerealien, Milchdesserts etc.) und gelegentlich bzw. saisonal verzehrten Lebensmitteln, wie z.B. Lebkuchen und Zimtsternen, unterschieden werden muss und hat Vorschläge für Höchstwerte unterbreitet, die der Europäischen Kommission im Rahmen der Beratungen über eine EU-Aromenverordnung vorgelegt wurden.

 

Frage 2:

Dazu teilte die AGES Folgendes mit:

 

Die Vermutung, dass Zubereitungen aus der Rinde des chinesischen Zimts (Cinnamomum cassia) in Dosierungen, die weit über jene hinausgehen, die als Gewürz üblich sind, den Blutzuckerspiegel bei Patient/inn/en mit Diabetes

mellitus Typ II senken können, beruht primär auf einer einzigen Studie, in die allerdings lediglich 60 Personen eingeschlossen wurden (Khan A et al (2003)). Die Ergebnisse von darauf aufbauenden Studien lieferten widersprüchliche Aussagen (z.B. Vanschoonbeek K et al (2006), Pham AQ et al (2007)). Es ist nicht bekannt, welche Inhaltsstoffe für einen möglichen Effekt verantwortlich sein könnten, ebenso fehlen Informationen zum Wirkmechanismus.

 

Die Übersicht über die publizierten Daten lässt den Schluss zu, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Nachweis noch nicht erbracht wurde, dass Zimt den Blutzuckerspiegel positiv beeinflusst.

 

Fragen 3 und 4:

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Zulassung von Arzneispezialitäten entsprechend dem Arzneimittelgesetz nur auf Antrag eines Zulassungswerbers erfolgen kann. Mit diesem Zulassungsantrag sind umfangreiche Unterlagen vorzulegen, durch die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der zur Zulassung beantragten Arzneispezialität zu belegen sind.

 

Die negative Beantwortung der Frage 2 schließt nicht aus, dass Präparate aus Zimt gemäß § 9 AMG als Arzneimittel zugelassen werden könnten, da ein Antragsteller auch nicht publizierte Daten aus eigenen Studien vorlegen kann.

Der Antragsteller hätte neben der umfassenden Dokumentation der Qualität des Produktes Ergebnisse umfangreicher toxikologischer und klinischer Studien vorzulegen, welche die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Produktes belegen müssen. Da verschiedene etablierte therapeutische Möglichkeiten zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ II zur Verfügung stehen, müsste ein neues pflanzliches Arzneimittel zumindest die therapeutische Gleichwertigkeit in dieser Indikation oder ein vermindertes Risiko für unerwünschte Wirkungen oder Interaktionen belegen können.

Eine vereinfachte Registrierung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel gemäß § 12 AMG scheidet aufgrund der Indikation aus, da die Behandlung von Diabetes mellitus Typ II ärztliche Begleitung benötigt.

 

Frage 5:

Cumarin wurde im Jahr 2004 von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet. In ihrer Stellungnahme vom Oktober 2004 kommt die EFSA zu dem Schluss, dass einerseits der Kanzerogenität kein genotoxischer Wirkungsmechanismus zugrunde liegt, andererseits jedoch Cumarin bei sensiblen Personen zu Leberschäden führen kann. Auf Basis der Lebertoxizität wurde ein TDI-Wert (tolerierbare tägliche Aufnahmemenge) von 0,1 mg/kg Körpergewicht festgelegt. Die Stellungnahme des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung stützt sich in ihrer Risikobewertung über die Cumarinaufnahme der Verbraucher/innen auf die Schlussfolgerungen der EFSA.

Die EFSA Bewertung war für die RIB der AGES nachvollziehbar und wird grundsätzlich nicht in Frage gestellt.

 

Frage 6:

Durch die Richtlinie 88/388/EG ist festgelegt, dass Cumarin Lebensmitteln nicht als solches zugesetzt werden darf und für zusammengesetzte Lebensmittel allgemein ein Höchstwert von 2mg/kg gilt (Ausnahmen: Karamel-Süßwaren

10mg/kg, Kaugummi 50mg/kg, alkoholische Getränke 10 mg/kg).

Der in der Richtlinie derzeit festgelegte Höchstwert von 2 mg Cumarin/kg stammt aus einer 40 Jahre alten Empfehlung des Europarates. Damals wurde davon ausgegangen, dass Cumarin ein genotoxisches Kanzerogen wäre. Im Jahr 2004 hat die EFSA eine Stellungnahme veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass Cumarin kein genotoxisches Kanzerogen ist. Demnach konnte auf Grund der Hepatotoxizität ein TDI-Wert von 0,1 mg/kg festgelegt werden. Dem in der Richtlinie angeführten Wert liegt somit keine aktuelle wissenschaftlich begründbare Risikobewertung zugrunde. Aufgrund der Feststellung, dass Cumarin kein genotoxisches Kanzerogen ist, war für Cumarin im Entwurf der Europäischen Kommission für eine EU-Aromenverordnung kein Höchstwert mehr vorgesehen (ich verweise auch auf die Ausführungen zu den Fragen 8 und 10).

 

Frage 7:

Im Herbst 2006 wurden im Rahmen eines Monitorings zum Cumaringehalt zimthaltiger Lebensmittel (A 55/2006) 102 Proben zimthaltiger Lebensmittel untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass unter Zugrundelegung des von der EFSA festgelegten TDI`s der Großteil der zimthaltigen Lebensmittel auch für Kinder kein Risiko darstellt. Einige Produkte, wie Frühstückscerealien und Milchreis, die das ganze Jahr über verzehrt werden, könnten sich für High Consumer als kritisch erweisen. Basierend auf diesen Monitoringdaten und auf Konsumdaten zu zimthaltigen Lebensmitteln wurde die AGES von mir beauftragt, eine Risikobewertung durchzuführen.

 

Fragen 8 und 10:

Beginnend mit Oktober 2006 werden von meinem Ressort laufend Stakeholderdialoge zu diesem Thema abgehalten. Im Zuge dieser Gespräche haben sich die Produzenten bzw. Vertreiber der kritischen Produktgruppen unter anderem verpflichtet, Minimierungskonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Diese Minimierungskonzepte umfassen auch die Änderung der Rezepturen einschließlich der Prüfung, inwieweit Cassia-Zimt durch Ceylonzimt ersetzt werden kann. Limitierende Faktoren für einen höheren Einsatz von Ceylon-Zimt sind (lt. Darstellung der Wirtschaft) die derzeit schlechte Verfügbarkeit am Weltmarkt und die Geschmackspräferenz der Konsument/inn/en für Cassia-Zimt.

 

Im Rahmen der Beratungen zu einer EU-Aromenverordnung habe ich mich für die Festlegung eines Höchstwertes für Cumarin eingesetzt und eine gemeinsame Vorgangsweise der Gemeinschaft gefordert. Cumarin wurde nunmehr - vorerst noch ohne Grenzwerte - in den Verordnungsentwurf aufgenommen.

 

Die in der AGES–Risikobewertung vorgeschlagenen wissenschaftlich fundierten Höchstwerte für Cumarin wurden von mir an die zuständige Dienststelle der EK übermittelt. Derzeit werden auf Kommissionsebene anhand der von den Mitgliedstaaten übermittelten Daten neue Grenzwerte für Cumarin erarbeitet.

 

Über die Routinekontrollen hinausgehende Kontrollaktionen halte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht erforderlich.

 

Frage 9:

Im Rahmen eines von mir in Auftrag gegebenen Expertengutachtens über die Aufnahme von Gewürzen durch traditonelle Speisen wurden vom Department für Ernährungswissenschaften der Universität Wien Verzehrsdaten für zimthaltige Speisen getrennt nach Altersgruppen erhoben. Diese Daten waren unter anderem auch Grundlage für die Risikobewertung der AGES.

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Dr. Andrea Kdolsky

Bundesministerin