1369/AB XXIII. GP

Eingelangt am 09.11.2007
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGFJ-11001/0144-I/A/3/2007

Wien, am      5. November 2007

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 1459/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen wie folgt

 

Fragen 1 und 2:

Die Studie von Chavarro et al. „A prospective study of dairy intake and anovulatory infertility“ ist bekannt. Aus dieser Studie könnte der Schluss gezogen werden, das Frauen beim Verzehr von “Light-Produkten“ ein erhöhtes Risiko für anovulatorische Zyklen im Vergleich zum Konsum von fettreichen Nahrungsmitteln haben. Weniger Fettgehalt soll dem Körper eine Mangelsituation signalisieren, sodass die Fruchtbarkeit reduziert wird.

 

Die Diagnose einer anovulatorischen Infertilität bedarf einer aufwändigen Abklärung, die Hormonbestimmungen im Serum einschließt. Dies wurde im vorliegenden Patientenkollektiv anscheinend nicht durchgeführt. Es erscheint fraglich, ob auf Grund der Beantwortung von Fragebogen eine solche Diagnose gestellt werden kann. Die gleichen Einschränkungen hinsichtlich Genauigkeit der Datenerhebung gelten für die Überprüfung der Ernährungsgewohnheiten.

 

Die Prävalenz der Infertilität liegt in der internationalen Literatur bei 10-15%. Dies würde für das untersuchte Kollektiv von 18555 Frauen eine Mindestantzahl von 1800 infertilen Frauen erwarten lassen. Die tatsächlich beobachtete Anzahl von 438 Frauen liegt jedoch deutlich darunter.

 

Unfruchtbarkeit ist ein breit gefächerter Begriff. Aus umfangreicher Literatur ist bekannt dass Lebensalter, Body-Mass-Index, Zigaretten-, Kaffee- und Alkoholkonsum einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben und dementsprechend

 

mitberücksichtigt werden müssen. Weiters ist fraglich inwiefern amerikanische Ernährungsgewohnheiten generell auf Europäer übertragen werden können. Problematisch erscheint auch die Empfehlung zur Steigerung der Fruchtbarkeit fettarme durch fettreiche Nahrungsmittel zu ersetzten.

 

Die in  der Studie getätigten Aussagen stellen derzeit ein Einzelergebnis dar, das mehrfach zu hinterfragen ist. Die Ergebnisse weiterer Studien bleiben abzuwarten.      

 

Frage 3:

Die zitierte Studie ist bekannt. Es handelt sich um eine auf Laborexperimenten mit Ratten basierende Arbeit, deren Schlussfolgerungen nicht auf den Menschen übertragen werden können, da beim Menschen auch andere Faktoren die Nahrungsaufnahme beeinflussen. 

 

Frage 4:

Zur Beschreibung einer Ernährungsweise basierend auf dem Fettgehalt (= prozentueller Anteil an Fett bezogen auf die Gesamtenergieaufnahme) gibt es unterschiedliche Einteilungen. Im deutschsprachigen Raum wird zumeist folgende Einteilung getroffen: Als „fettmoderat“ wird eine Ernährungsweise mit einem Fettgehalt zwischen 25 und 35 % bezeichnet. Kostformen mit weniger als 25 % Fett werden als „fettarm“, mit weniger als 15-20 % Fett als „sehr fettarm“ bezeichnet. 

 

Experten empfehlen eine kohlenhydrat-betonte Ernährungsweise, deren Fettgehalt im Bereich einer fettmoderaten Ernährung (25 – 35 % Fett) liegt. Angaben bezüglich einer Mindestfettaufnahme sind in den

aktuellen Empfehlungen zur Nährstoffzufuhr nicht enthalten.

 

Der Verzehr von Lebensmitteln mit niedrigem Fettgehalt ist in der Regel mit einer niedrigeren Gesamtenergieaufnahme assoziiert, was wiederum eine Gewichtsabnahme bzw. Gewichtsstabilisierung begünstig. Sowohl fettmoderate als auch fettarme Kostformen sind häufig reich an Obst, Gemüse und Getreide und sind somit auch reich an Vitaminen und Mineralstoffen.

 

Sehr fettarme Diäten können allerdings nicht uneingeschränkt empfohlen werden, da etwa bei Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels unerwünschte Effekte nicht auszuschließen sind. Aufgrund des zusätzlichen Energiebedarfs in der Wachstumsphase ist eine fettarme Ernährung für Kinder und Jugendliche ebenfalls nicht empfehlenswert.

 

Fragen 5 und 6:

Populationen, in denen die durchschnittliche Fettaufnahme weniger als 15 % der Gesamtenergieaufnahme ausmacht, sind heute ausgesprochen selten. In Österreich beträgt die Fettaufnahme der erwachsenen Bevölkerung durchschnittlich 35 – 40 % der Gesamtenergiezufuhr.

Fettarme Ernährungsformen sind nur noch in Subpopulationen (ethnische oder religiose Gruppen) zu finden, deren Kostform als so genannte Außenseiterdiäten bezeichnet werden, wie z.B. Veganismus und Makrobiotik. Es gibt daher nur wenige Studien, die sich mit der Wirkung fettarmer Ernährung befassen. Die meisten epidemiologischen Studien, die den Zusammenhang zwischen

Fettkonsum und Krankheitsrisiko untersuchen, vergleichen die Veränderung des Krankheitsrisikos bei niedriger und hoher Fettaufnahme. Aber selbst bei niedriger Aufnahme entspricht die Fettaufnahme meistens nicht der einer fettarmen Ernährungsweise. Die meisten Studien zu fettarmer Ernährung werden im Rahmen von Gewichtsreduktions- oder Präventionsprogrammen durchgeführt und somit eignen sich deren Ergebnisse nur sehr beschränkt für allgemeine ernährungspolitische Aussagen.

 

Frage 7:

Da die Studien keine sicheren Aussagen zulassen, sollte eine panik-machende Information der Bevölkerung unterbleiben.

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Dr. Andrea Kdolsky

Bundesministerin