1476/AB XXIII. GP

Eingelangt am 23.11.2007
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BM für Gesundheit Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGFJ-11001/0155-I/A/3/2007

Wien, am      21. November 2007

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 1557/J der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Barbara Rosenkranz und weiterer Abgeordneter wie folgt:

 

Zu den folgenden Ausführungen ist festzuhalten, dass der Beantwortung eine Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträ­ger zugrundeliegt.

 

Frage 1:

Die in der Anfrage verlangte Aufgliederung nach Bundesländern ist nicht ohne weiteres möglich, weil die e-cards bundesweit gleichermaßen verwendbar sind und nicht immer bekannt sein kann, in welchem Bundesland ein Missbrauchsfall seinen Ausgang genommen hat (z.B. durch Diebstahl einer Karte, ungerechtfer­tigte Weitergabe usw.).

 

Weiters sind Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung der Europäischen Kran­kenversicherungskarte (Rückseite der e-card), die im Ausland stattfinden, kei­nem österreichischen Bundesland zuordenbar.

 

Der Begriff „Missbrauch“ ist nicht definiert:

Es kann durchaus sein, dass jemand, der „mit der falschen Karte zum Arzt geht“, ohnedies auch mit der eigenen Karte einen (vielleicht sogar den gleichen) An­spruch gehabt hätte. Aus den in der Folge geschilderten Sachverhalten dürfen daher nicht von vornherein zwingende Schlüsse auf Schadensbeträge gezogen werden.

Ob tatsächlich ein mit konkretem Schaden verbundener Missbrauch vorliegt, ist im Regelfall – wenn überhaupt – erst Monate später festzustellen. Die entspre­chenden Nachforschungen der Versicherungsträger konzentrieren sich daher eher auf Fälle, in denen größere Beträge betroffen sind.

 

Im Einzelnen liegen mir folgende von den Krankenversicherungsträgern berich­tete Fälle vor:

 

Wien: Eine Person wollte unter Vorlage einer e-card in einem Gesundheits­zentrum behandelt werden. Das aufgedruckte Geburtsdatum stimmte jedoch nicht mit dem offensichtlichen Alter der anwesenden Person überein, weshalb die Entgegennahme der e-card abgelehnt wurde.

Steiermark: Es wurden fünf Fälle gemeldet.

Kärnten: Der KGKK sind außer dem Fall mit der gestohlenen e-card auch 5 Fälle eines vermeintlichen e-card-Betruges bekannt. Diesbezügliche Erhebungen durch die Kriminalpolizei haben bis dato kein Ergebnis gebracht.

Salzburg: siehe unten.

 

Nach den Mitteilungen der anderen Versicherungsträger sind keine Fälle bekannt geworden.

 

Zur Missbrauchsthematik im Bereich der Europäischen Krankenversicherungs­karte:

·       Im Bereich der Salzburger Gebietskrankenkasse sind bis dato 5 Missbrauchsfälle bekannt geworden. Es handelt sich ausschließlich um Fälle, bei denen die EKVK im Ausland verwendet wurde, obwohl der KV-Schutz bereits erloschen war.

·       Bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse liegt bisher ein Fall vor. Es wurden 20.596,90 € mit Bescheid  am 8. 5. 2007 rückgefordert.

·       Die Kärntner Gebietskrankenkasse teilte mit, dass ihr bisher 2 Fälle einer missbräuchlichen Verwendung der EKVK bekannt sind: 1 Kostenforderung von Slowenien (383,29 €) und eine Kostenforde­rung von Polen (45,00 €).

·       Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse berichtet von 5 Fällen.

·       Die Tiroler Gebietskrankenkasse teilt mit, dass bisher 1 Fall bekannt ge­worden ist, in dem eine EKVK missbräuchlich verwendet wurde. Die Schadenshöhe betrug 177,54 €.

 

Fragen 2 und 3:

Jeweils aktuelle Personendaten und deren Änderungen könnten von den Stan­desämtern direkt an die Sozialversicherung im Sinne eines die Leistungsfeststel­lung erleichternden Hinweises übermittelt werden. Die dafür notwendige Rechts­grundlage besteht (§ 360 Abs. 5 ASVG und die Personenstandsdatenverordnung, BGBl. II 2004/239). Dieser Hinweis enthebt aber die Krankenversicherungsträger nicht davon, eigene Erhebungen im Zuge der Feststellung von Leistungsansprü­chen, Anwartschaften oder deren Veränderungen anzustellen (§ 360 Abs. 6 ASVG).

 

Frage 4:

Alle technischen Möglichkeiten, die es jeweils für die Verwendung von Chipkarten gibt: Passfotos, Fingerabdruckscanner, elektronisch lesbare grafische Codes usw. Die Koppelung mit solchen Möglichkeiten würde allerdings Arztbesuche deutlich erschweren bzw. hohe administrative Hürden errichten, deren Auswirkungen in Summe wohl in keinem Verhältnis zu Verhinderungserfolgen allfälliger Missbräuche stünden.

 

Frage 5:

Der Vertragsarzt hat alle Möglichkeiten, die ihm das Zivilrecht für den Abschluss von Behandlungsverträgen bietet, d.h. die Behandlung kann von der Vorlage amtlicher Unterlagen usw. abhängig gemacht werden. Zu erwähnen sind freilich auch die ärztliche Berufspflicht, in Fällen drohender Lebensgefahr die erste Hilfe nicht zu verweigern und überdies auch das strafrechtliche Verbot der Unterlassung einer Hilfeleistung (§ 95 StGB).

 

Frage 6:

Im Vertragspartnerrecht sind Bestimmungen über die Pflicht der Patient/inn/en, ihre Berechtigung nachzuweisen, enthalten. In den Krankenordnungen der So­zialversicherungsträger ist in diesem Sinn auf Basis der Musterkrankenordnung des Hauptverbandes vorgeschrieben, dass die e-card oder bei Verwendung der Europäischen Krankenversicherungskarte die EKVK und die entsprechende Pa­tientenerklärung vorzulegen ist. In dieser Erklärung sind auch Angaben über den Identitätsnachweis des Patienten/der Patientin zu machen, siehe § 5 Abs. 1 und Anhang 3 zur Musterkrankenordnung MKO, www.avsv.at, Nr. 130/2006. Über­dies lautet § 5 Abs. 1 des bundesweiten e-card-Vertrages wie folgt:

 

„(1) Erscheint der Patient ohne e-card in der Arztpraxis, kann der Arzt (die Grup­penpraxis) im Ausnahmefall die Anspruchsberechtigung online durch Eingabe der Sozialversicherungsnummer und - falls bekannt - des zuständigen Sozialversi­cherungsträgers prüfen, wobei der Patient auf einem vom Arzt (der Gruppenpra­xis) unter Verwendung der Sozialversicherungsnummer erzeugten Beleg durch Unterschrift den Arztkontakt sowie den Anspruch zu bestätigen hat. Die Belege sind vom Vertragsarzt (von der Gruppenpraxis) bis zum Ende der Einspruchsfrist aufzubewahren und dem Krankenversicherungsträger auf Anforderung zur Verfü­gung zu stellen.“

 

Frage 7:

Solche Unterschiede sind in Formulierungen vorhanden, doch selbst wenn die Vertragstexte unterschiedlich formuliert sind, ist der Effekt bundesweit der glei­che: Identitätsprüfung im Zweifel bzw. bei Unbekanntheit als Mittel für den Arzt, Unstimmigkeiten aufzuklären.

 

·       Die entsprechende Bestimmung bei der Versicherungsanstalt für Eisen­bahnen und Bergbau (§ 14 Abs. 2) lautet: Der Vertragsarzt soll im Zweifelsfall nach Möglichkeit die Identität des Patienten aufgrund der Versicherungskarte oder auf sonst geeignete Art und Weise (z. B. Rei­sepass, amtlicher Lichtbildausweis) prüfen.

·       Bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft steht im § 15 Abs. 2: Der Vertragsarzt soll im Zweifelsfall nach Möglichkeit die Identität des Patienten auf Grund eines Personalausweises prüfen.

·       Der Gesamtvertrag für die Salzburger §-2-Kassen sieht in diesem Zu­sammenhang vor, dass sich der Patient ausweisen muss, wenn er dem Arzt nicht bekannt ist.

 

Frage 8:

Eine Änderung ist im Hinblick auf die obigen Ausführungen nicht geplant. Nicht erforderliche bürokratische Tätigkeiten für Ärztinnen und Ärzte sind auf jeden Fall zu vermeiden.

 

Frage 9:

Es gibt Überlegungen, auf die e-card ein Lichtbild aufzubringen, wofür vorhandene Datenbestände (z.B. Führerscheinbehörde) dienen könnten.

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Dr. Andrea Kdolsky

Bundesministerin