1551/AB XXIII. GP

Eingelangt am 27.11.2007
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-10.000/0039-I/PR3/2007     DVR:0000175

 

 

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

 

Parlament

1017   W i e n

 

Wien, am       .  November 2007

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1548/J-NR/2007 betreffend Brenner-Basistunnel, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 28. September 2007 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Fragen 1 und 3:

Wann wird das Finanzierungskonzept für den BBT präsentiert?

 

Wie hoch werden die tatsächlichen Kosten – gerechnet inkl. Finanzierungskosten, 18% Risiko (vgl. Rechnungshofempfehlungen bei Großbaumaßnahmen im Tunnelbereich) und Inflation – für das österreichische Budget sein?

 

Antwort:

Die derzeitige Kostenermittlung der BBT SE für die Errichtung des Brenner Basistunnels weist einen Betrag von 6 Mrd. Euro auf (Preisbasis 31.12.2006), darin ist auch eine dem Projektstand entsprechende Risikovorsorge enthalten.

 

In beiden Ländern werden bereits Gelder aus der Querfinanzierung für den Basistunnel angespart. In Österreich wird seit 1. Jänner 2006 ein 25%iger Mautzuschlag auf dem Autobahnabschnitt Innsbruck – Brenner für den BBT eingehoben.

 

Am 18. Juli 2007 wurden termingerecht die Ansuchen für eine europäische Finanzierung im Rahmen der TEN-Projekte in Brüssel abgegeben.

Der aktuelle Vorschlag von Verkehrskommissar Jacques Barrot sieht für den Brenner Basistunnel 786 Mio. Euro vor, was nahezu dem höchstmöglichen TEN-Zuschuss entspricht.

Nachdem dieser Vorschlag aber noch von den entsprechenden Gremien abgesegnet werden muss und auch das Ausmaß der Einbeziehung des privaten Sektors in Form eines PPP Projektes noch nicht feststeht, ist auch der tatsächliche Beitrag Österreichs noch nicht bestimmt.

 

Frage 2:

Trifft es zu, dass PPP im Zusammenhang mit dem BBT-Gesamtprojekt nun nicht mehr realistisch ist, wie seitens der EU kürzlich festgehalten?

 

Antwort:

Die private Beteiligung in Form einer öffentlich privaten Partnerschaft ist nach wie vor aktuell. Fraglich ist, in welchem Ausmaß sich ein PPP-Projekt beim Brenner Basistunnel sinnvoll verwirklichen lässt. Die eingesetzte Expertengruppe erstellt derzeit eine Risikoanalyse für zwei PPP-Varianten, wobei eine Variante nur die eisenbahntechnische Ausstattung des Tunnels betrifft und in einer zweiten Variante auch die Einbeziehung von Teilen des Rohbaus in ein PPP-Modell untersucht werden.

 

Frage 4:

Auf welche Weise ist dafür budgetär Vorsorge getroffen?

 

Antwort:

Betreffend den aktuell zu finanzierenden Probestollen, der zur Hälfte von der EU und dessen Rest von Österreich und Italien finanziert wird, wobei den Anteil Österreichs je zur Hälfte das Land Tirol und die Republik trägt, ist im Budget 2007/2008 des BMVIT vorgesorgt. Darüber hinaus stehen bereits Querfinanzierungsmittel zur Verfügung (s.o.).

 

Frage 5:

Sind bzw. wären BBT-Schulden der Republik Österreich maastricht-relevant, wenn ja in welcher Weise, wenn nein warum nicht?

 

Antwort:

Da die Entscheidung über den Bau des BBT noch nicht getroffen wurde und noch nicht alle Projektdetails vorliegen, ist eine Aussage derzeit nicht möglich. Im Übrigen darf ich auf die Zuständigkeit des Bundesministers für Finanzen verweisen.

 

Fragen 6, 7 und 8:

Das IBE (Benützungsentgelt auf der Schiene/Schienenmaut) für den BBT muss die Investitionskosten berücksichtigen. Es droht deshalb sehr hoch zu werden, was die Auslastungschancen senkt. Zusätzlich könnten die bis dahin realisierten Tunnelprojekte der Schweiz für den alpenquerenden Verkehr billiger verfügbar sein. Wie hoch wird das IBE zu kalkulieren sein?

 

Wenn es dafür noch keine Berechnungen gibt, warum nicht?

 

In welcher Relation sollte Ihrer Meinung nach das IBE zwischen Bestands- und Tunnelstrecke stehen, damit es einen „unwiderstehlichen“ Verlagerungsanreiz für den Güterverkehr Richtung Tunnel gibt?

 

 

Antwort:

Im Zuge der Erstellung der dem TEN Antrag zugrunde liegenden Tarifstudie wurden bereits Überlegungen hinsichtlich der Höhe des IBE angestellt und mehrere Varianten ausgearbeitet. Dabei gilt es abzuwägen, inwieweit die Einsparungen beim Betrieb aufgrund des vorhandenen BBT (kürzere Strecke, zweite Lok nicht notwendig) auf das IBE umgeschlagen werden, um ein vernünftiges Verhältnis zwischen Finanzierung und Konkurrenzfähigkeit zu gewährleisten.

 

Dasselbe gilt auch für das Verhältnis zwischen der Bestandsstrecke und der Neubaustrecke mit dem Brenner Basistunnel, bei der ein ausgeglichenes Preisniveau hergestellt werden muss. Auf alle Fälle wird Österreich auf rahmenpolitische Maßnahmen entlang des Brennerkorridors drängen, damit der Schwerverkehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird. Dazu werden im Rahmen der neu gegründeten „Brenner Corridor Platform“, wo Koordinator Karel van Miert, die BBT-SE, die fünf Länder und die drei Eisenbahnbetreiber entlang des Brennerkorridors eingebunden sind, auch entsprechende Vorschläge ausgearbeitet.

 

Frage 9:

Der Ausbau des Unterinntals bis Kufstein erfordert nach unseren Schätzungen noch 2 Mrd. Euro an Investitionen; EU-rechtlich wäre seit längerem eine Anhebung der Straßenmaut um 25% zur Querfinanzierung möglich. Wann werden Sie diese Querfinanzierungs-Regelung konkret umsetzen?

 

Antwort:

Der offizielle Antrag auf Einhebung eines Querfinanzierungszuschlag auf der A 12 Inntalautobahn (zusätzlich zu dem bereits im Dezember 2006 eingebrachten Antrag auf Einhebung eines Querfinanzierungszuschlags in der Höhe von 25% auf der A 13 Brenner Autobahn) wird nach Vorliegen der aktualisierten Projektunterlagen der BBT-SE und Erfüllung aller in der Richtlinie 2006/38/EG genannten Voraussetzungen bei der Europäischen Kommission eingebracht werden.

 

Fragen 10 und 11:

Warum gehen Sie das Wagnis der Nichtauslastung des BBT bzw. Null-Verlagerung ein, da Sie vor Baubeginn nicht für die erforderlichen Rahmenbedingungen sorgten?

a) Reform der Wegekostenrichtlinie,

b) sektorale Fahrverbote,

c) Ausbaumaßnahmen auf den Zulaufstrecken in Deutschland und Italien (inkl. Umschlagknoten Verona) und

d) strenge Kontrollen

 

Warum gehen Sie dieses Wagnis insbesondere ein, obwohl der EU-Koordinator in seinem jüngsten Fortschrittsbericht unmissverständlich festhält, dass der Tunnel ohne die nördlichen und südlichen Zulaufstrecken (Zitat) „nicht realisiert“ werden kann?

 

Antwort:

Die Schaffung verkehrspolitischer Rahmenbedingungen mit dem Ziel der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene ist die entscheidende Frage für den Erfolg des Brenner Basistunnels aus österreichischer Sicht. Diese Herausforderung wurde in zahlreichen Gesprächen auf höchster Ebene mit der Europäischen Kommission und den Verkehrsministern vor allem Italiens und Deutschlands diskutiert, in welchen auf die Dringlichkeit hingewiesen wurde. Aufgrund zahlreicher Initiativen meines Ressorts in den verschiedenen Arbeitsgruppen ist in den für die TEN-Finanzierung erarbeiteten Studien und Unterlagen eindeutig verankert, dass die Errichtung des BBT nur gemeinsam mit den erforderlichen verkehrspolitischen Rahmenbedingungen zur gewünschten Verkehrsverlagerung und damit auch zur wirtschaftlich sinnvollen Nutzung führt. 

 

Am 10. Juli 2007 wurde gemeinsam mit den Verkehrsministern Österreichs und Italiens sowie den Landeshauptleuten Tirols, Südtirols und der Provinz Trient mit Unterstützung des Deutschen Verkehrsministers und der Europäischen Kommission ein Memorandum of Understanding (MoU) betreffend den Ausbau des TEN Vorhabens Nr. 1 „Berlin-München-Innsbruck-Bozen-Verona-Rom-Messina-Palermo“ unterzeichnet.

 

Im unterzeichneten MoU wird die Bedeutung des Brenner-Basistunnels sowie die dadurch erwartete Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene festgehalten, für die auf EU-Ebene die Schaffung entsprechender verkehrspolitischer Rahmenbedingungen, wie etwa die Verwirklichung einer dem Verursacherprinzip Rechnung tragenden Kostenanlastung sowie der Internalisierung der externen Kosten des Straßengüterverkehrs, eingefordert werden. Darüber hinaus bekennen sich die unterzeichnenden Parteien zur Verpflichtung, die nördlichen und südlichen Zulaufstrecken bedarfs- und termingerecht auszubauen. - Ich möchte darauf hinweisen, dass Österreich derzeit einen wesentlichen Teil der nördlichen Zulaufstrecke durch das Unterinntal bereits selbst zwischen Kundl/Radfeld und Baumkirchen (Abzweigung in die Umfahrung Innsbruck und später weiter in den BBT) realisiert. Die Inbetriebnahme dieser Strecke ist mit 2012 geplant. - Die oben genannten Partner bekunden ausdrücklich das gemeinsame Ziel, den Brenner-Basistunnel bis 2022 auszubauen. Da auch schon während der Realisierungsphase verkehrspolitische Maßnahmen notwendig sind, wurde u.a. die volle Ausschöpfung der derzeitigen Wegekostenrichtlinie vereinbart.

 

Im MoU wird festgehalten, dass bis zur tatsächlichen Bauentscheidung und während der Realisierung des BBT eine weitere Konkretisierung der enthaltenen verkehrspolitischen und finanziellen Rahmenbedingungen erfolgen wird.

 

Fragen 12 bis 14:

Welche Vorstöße unternehmen Sie auf EU-Ebene im Zuge der Reform der Eurovignette/WegekostenRL, damit auf raschestem Wege der Vorschlag für eine Änderung der Eurovignette/WegekostenRL mit konkretem Anlastungsbetrag auf Basis der EU-Studie über externe Kosten entwickelt und an den Ministerrat weitergeleitet wird (ein Vorschlag existiert eigentlich bereits seit 1998!)?

 

Wird dazu im Sinne der großen verkehrs- und umweltpolitischen Bedeutung dieses Dossiers für Österreich eine task-force-Gruppe in Ihrem Ressort und in der Österreichischen Repräsentanz in Brüssel eingerichtet? Wenn nein, warum nicht?

 

Der Expertenvorschlag über Anlastung externe Kosten (vgl. 1998) muss nach Vorlage der entsprechenden Studie von Kommission und Rat beschlossen werden. Dies kann frühestens unter slowenischer EU-Ratspräsidentschaft erfolgen. Haben Sie bereits Schritte unternommen, um den Expertenvorschlag auf die Tagesordnung der Ministerräte unter der slowenischen Präsidentschaft zu reklamieren, wenn ja, welche? Wenn nein, wann wird dies erfolgen und welche Schritte haben sie im einzelnen geplant?

 

Antwort:

 

Die Kommission arbeitet derzeit an diesem allgemein anwendbaren Modell zur Bewertung der externen Kosten. Das Modell inklusive einer Analyse der Auswirkungen der Internalisierung der externen Kosten für alle Verkehrsträger und einer Strategie zur schrittweisen Umsetzung muss spätestens bis 10. Juni 2008 vorliegen.

 

Das BMVIT bemüht sich in diesem Zusammenhang intensiv und auf allen Ebenen, mit den Mitgliedsstaaten der EU, und hier insbesondere mit den anderen Alpenländern, eine Koalition zu bilden, die fordert, dass das vorzulegende Modell gleich auch von einem konkreten Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie begleitet wird, der die Möglichkeit einer künftigen Internalisierung externer Kosten schafft. Dabei setzten wir weniger auf formalisierte „task forces“ als vielmehr auf das insbesondere auch auf informeller Ebene bestehende gute Netzwerk zu den zuständigen Vertretern der Mitgliedsstaaten, zu den europäischen Institutionen in Brüssel, aber auch zu den NGOs und Interessenvertretungen. Auch wurde die Thematik bereits mehrmals aufgrund der Initiative Österreichs in Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, sowie bei Ratstagungen des Verkehrsministerrates thematisiert.

 

Ein derartiger offizieller Vorschlag der Kommission ist jedenfalls eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Rat Verhandlungen über eine Änderung der geltenden Wegekostenrichtlinie aufnehmen kann.

 

Frage 15:

Die Finanzierungs-Zusagen der EU sind mit 1 Milliarde Euro gedeckelt und betragen daher nur ca. 8 Prozent der insgesamt 12 Milliarden Baukosten (gerechnet inkl. Finanzierungskosten, Risikozuschlag und Inflation). Nach derzeitigem Stand gilt diese Finanzierungszusage auch, wenn ein Tunnel für unbemannten Güterverkehr errichtet wird, der in Summe um vieles billiger käme. Warum beschränken Sie sich nicht – u.a. im Sinne eines seriöser darstellbaren Finanzierungskonzepts – auf den Bau eines mit unbemannten Zügen betriebenen Gütertunnels?

 

Antwort:

Die bahntechnische Ausrüstung des Tunnels beträgt nach derzeitiger Kostenschätzung etwa € 900 Mio. Das sind ca 15% der Errichtungskosten. Auch bei einem reinen Gütertunnel wären sämtliche Schieneneinbauten z.B. Ventilation und Signalisierungssysteme notwendig, weshalb man sich laut Expertenmeinung bei einem reinen Gütertunnel max. 3-5% der Gesamtkosten sparen könnte.

 

Frage 16:

Wird es eine UVP zum Probestollen geben?

 

Antwort:

Derzeit ist zur Frage der UVP-Pflicht für den Erkundungsstollen ein Verfahren im Ministerium anhängig. Bisher wurden zwei Sachverständigengutachten eingeholt, die zusammen mit den Antragsunterlagen öffentlich zur Stellungnahme aufgelegt wurden. Ansonsten ist der Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten.

 

Frage 17:

Wie lange wird eine UVP zum Probestollen dauern?

 

Antwort:

Die Dauer eines UVP-Verfahrens hängt im wesentlichen von der Vollzähligkeit und der Qualität der dem Verfahren zugrunde gelegten Dokumente ab. Nachdem derzeit kein UVP Verfahren zum Probestollen des BBT im BMVIT anhängig ist und dementsprechend auch keine Dokumente vorliegen, kann diese Frage nicht beantwortet werden.

 

Frage 18:

Wann rechnen Sie mit dem Beginn der Bauarbeiten für den Probestollen zum BBT?

 

Antwort:

Die Bauarbeiten in Italien haben bereits am 20. August 2007 begonnen und jene in Österreich können nach Einholung aller notwendigen Genehmigung – voraussichtlich 2008 - begonnen werden.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Werner Faymann