1557/AB XXIII. GP

Eingelangt am 28.11.2007
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Frau                                                                                               

Präsidentin des Nationalrates                                                     (5-fach)

Parlament                                                                                     

1010 Wien                                                                                    

                                                                                                       

 

 

 

                                                                                                       

                                                                                                       

GZ: BMSK-10001/0266-I/A/4/2007                                          Wien,

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1545/J der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde wie folgt:

Die Pflege und Betreuung älterer Menschen ist aus guten Gründen zu einem zentralen Thema in der österreichischen Sozialpolitik geworden: Derzeit beziehen mehr als 385.000 Frauen und Männer, das sind immerhin fast 5% der österreichischen Bevölkerung, ein Pflegegeld nach dem Bundes- oder einem Landespflegegeldgesetz. Diese Zahl wird infolge der demografischen Entwicklung und der erfreulicherweise steigenden Lebenserwartung in den nächsten Jahren weiter zunehmen.

Dabei ist allerdings zu beachten, dass rund 80% bis 85% der pflegebedürftigen Menschen zuhause von ihren Angehörigen gepflegt werden und diese damit große Belastungen auf sich nehmen und einen gesellschaftspolitisch äußerst wertvollen Beitrag leisten.

Vor diesem Hintergrund ist es mir sehr wichtig, die pflegenden Angehörigen als eine der tragenden Säulen des österreichischen Pflegevorsorgesystems bei ihrer schwierigen Tätigkeit weiterhin bestmöglich zu unterstützen und zu entlasten sowie deren Position zu stärken. Gerade dort, wo eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung notwendig ist, wurde und wird aber vermehrt zur Unterstützung der Pflege zuhause auch auf unselbstständig oder auch selbstständig tätige Betreuungskräfte zurück gegriffen.

Im Spätsommer 2006 wurde vor diesem Hintergrund eine intensive Diskussion zur Pflegethematik aufgrund einiger Anzeigen im Rahmen des Ausländerbeschäftigungsrechtes gegen illegal tätig gewesene Pflegepersonen, die aus östlichen Nachbarländern stammten, ausgelöst.

Allgemeiner Tenor in dieser Diskussion war, dass weder die pflegebedürftigen Menschen noch ihre Angehörigen kriminalisiert werden dürfen.

Aus diesem Grunde wurde zunächst als Sofortmaßnahme mit Wirkung vom 1. November 2006 eine Novelle zur Ausländer-Beschäftigungsverordnung in Kraft gesetzt (BGBl. II Nr. 405/2006), mit der eine Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsrecht in bestimmten Fällen - insbesondere für Angehörige der neuen EU-Mitgliedstaaten - verhindert wird.

Wesentliche Kriterien sind:

Da diese Maßnahme aber nur den Rechtsbereich der Ausländerbeschäftigung erfasste, wurde durch das „Pflege-Übergangsgesetz“, BGBl. I Nr. 164/2006, eine Reihe weiterer Bereiche im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht befristet bis 30. Juni 2007 abgedeckt, wobei bis zu diesem Zeitpunkt Verwaltungsstrafbestimmungen nach den bereits zur Ausländer-Beschäftigungsverordnung genannten Kriterien ausgesetzt wurden. Diese so genannte „Amnestie-Regelung“ wurde sodann noch einmal bis Ende 2007 verlängert.

In der Folge wurde als eine weitere wesentliche Maßnahme im Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz entsprechend dem Regierungsprogramm für die XXIII. Legislaturperiode am 26. Februar 2007 eine Arbeitsgruppe zur Neugestaltung der Pflegevorsorge, die leistbare Pflege und Betreuung sichern soll, zu ihrer konstituierenden Sitzung einberufen, der u.a. VertreterInnen von Bund, Ländern und Gemeinden, aber auch der Sozialpartner und Interessenvertretungen angehören.

Mit der Neugestaltung der Pflegevorsorge sollen dabei Lösungen im Interesse einer bestmöglichen Zufriedenheit der betroffenen Menschen gefunden werden, die alle Bereiche des österreichischen Systems der Pflegevorsorge betreffen. Als am dringendsten einer Lösung harrender Problembereich wurde in der Arbeitsgruppe „Neugestaltung der Pflegevorsorge“ zunächst als erster Schritt versucht, den Bedarf einer bis zu 24-Stunden-Betreuung, insbesondere vor dem Hintergrund einer nicht unerheblichen Anzahl „illegaler“ Beschäftigungsverhältnisse, aufzuarbeiten.

Daraufhin wurden dann die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine legale, leistbare und qualitätsgesicherte bis zu 24-Stunden-Betreuung zuhause geschaffen.

Das mit BGBl. I Nr. 33/2007 am 1. Juli 2007 in Kraft getretene Hausbetreuungsgesetz (HBeG) sowie die ebenfalls mit BGBl. I Nr. 33/2007 am 1. Juli 2007 in Kraft getretene Novelle zur Gewerbeordnung 1994 schaffen die arbeits- und gewerberechtliche Grundlage für eine legale bis zu 24-Stunden-Betreuung in privaten Haushalten, und zwar sowohl in Form eines unselbstständigen Betreuungsverhältnisses mit
Arbeitsvertrag als auch in Form eines selbstständigen Betreuungsverhältnisses mit Werkvertrag.

In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass die Begründung eines legalen
unselbstständigen Betreuungsverhältnisses mit Arbeitsvertrag im Sinne des HBeG durch die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung des Arbeitsverhältnisses bei der zuständigen Gebietskrankenkasse seitens des Arbeitgebers erfolgt.

Ein legales selbstständiges Betreuungsverhältnis im Sinne des HBeG und der §§ 159 und 160 der Gewerbeordnung 1994 wiederum wird durch die Anmeldung des freien Gewerbes Personenbetreuer seitens der Betreuungskraft bei der für den Gewerbestandort zuständigen Gewerbebehörde - Bezirkshauptmannschaft, Magistrate der Städte mit eigenem Statut - begründet, wodurch auch die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung dieser Gewerbetätigkeit bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft seitens der Gewerbebehörde bewirkt wird.

An dieser Stelle sei ferner angemerkt, dass die Schaffung der Grundlagen für eine Legalisierung der 24-Stunden-Betreuung in Privathaushalten sowohl im Interesse der betreuungsbedürftigen Menschen als auch der bislang illegal tätig gewesenen Betreuungskräfte gelegen ist, da durch die Ermöglichung legaler 24-Stunden-Betreuungsverhältnisse einerseits die Gefahr einer Anzeige und Verhängung einer Strafe für die betreuungsbedürftigen Menschen als - vormals möglicherweise illegal beschäftigende - Arbeitgeber entfällt und andererseits die Betreuungskräfte nunmehr auch sozialversicherungsrechtlich abgesichert sind.

Durch die seitens des Sozialministeriums erarbeiteten Novellen zum Bundespflegegeldgesetz, BGBl. I Nr. 34/2007 und BGBl. I Nr. 51/2007, wodurch ein Fördermodell zur 24-Stunden-Betreuung geschaffen wurde, das ebenfalls mit 1. Juli 2007 in Kraft trat, ist es gelungen, einen weiteren wichtigen Schritt zur Verbesserung der Situation pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen in Österreich zu setzen sowie einen zusätzlichen Anreiz zur Begründung legaler 24-Stunden-Betreuungsverhält-nisse zu bieten.

Nähere Bestimmungen zur Unterstützung der 24-Stunden-Betreuung wurden in den gemäß § 21b Abs. 4 BPGG erlassenen Richtlinien festgelegt, vor deren Erlassung der Bundesbehindertenbeirat in seiner Sitzung am 19. Juni 2007 dazu gehört wurde. Die Richtlinien sind am 1. Juli 2007 in Kraft getreten; mit der Durchführung wurde das Bundessozialamt betraut.

Die Förderung der 24-Stunden-Betreuung durch den Bund im Rahmen des neuen § 21b BPGG ist eine bemerkenswerte sozialpolitische Neuerung. Der Bund finanziert erstmals eine Sachleistung im Bereich der ambulanten Pflege und Betreuung (mit), was bisher den Ländern und Gemeinden vorbehalten war. Im Bundesfinanzgesetz 2007 ist für diese Mitfinanzierung eine Überschreitungsermächtigung in Höhe von 18,5 Mio. Euro (für das 2. Halbjahr 2007) und im Bundesfinanzgesetz 2008 eine
Überschreitungsermächtigung in Höhe von 34 Mio. Euro vorgesehen.

In diesem Zusammenhang sei festgehalten, dass das im Rahmen der Legalisierung der 24-Stunden-Betreuung entwickelte Fördermodell das Ziel verfolgt, der pflegebedürftigen Person oder der/m Angehörigen einer pflegebedürftigen Person in einer pauschalen Form die Mehrkosten aus Mitteln der öffentlichen Hand zur Verfügung zu stellen, die sich aus der Legalisierung ergeben. Die in den vom Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz auf der Basis des § 21b des Bundespflegegeldgesetzes erlassenen Richtlinien vorgesehene Höhe der Zuschüsse aus dem
Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung orientiert sich daher bei der
unselbstständigen Beschäftigung von Betreuungskräften an den vom Arbeitgeber zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträgen und bei der selbstständigen Ausübung an den vom Gewerbetreibenden zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträgen.

Die Förderung beträgt bei Vorliegen von zwei Betreuungsverhältnissen zu unselbstständigen Betreuungskräften mit höchstzulässiger Arbeitszeit 800 €; liegen zwei Werkverträge mit selbstständig erwerbstätigen Betreuungskräften mit einer Einsatzzeit im Sinne des im Hausbetreuungsgesetz genannten Mindestausmaßes vor, können 225 € an finanzieller Unterstützung geleistet werden. Bei einem unselbstständigen Beschäftigungsverhältnis können unter den obigen Voraussetzungen höchstens 400 € und bei einem selbstständigen Betreuungsverhältnis 112,50 € geleistet werden.

In den Erläuterungen zur Novelle des BPGG wird von 4.000 bis 8.000 Personen, die für eine Förderung in Frage kommen könnten, ausgegangen. Aufgrund der erst nach und nach wirksam gewordenen und sich als unumgänglich notwendig erweisenden Maßnahmen der Informationskampagne zur Förderung der 24-Stunden-Betreuung (bis dato verzeichnete die eigens eingerichtete Hotline über 4.200 Anrufe) ist es anfangs zu zaghafter Inanspruchnahme des Fördermodells gekommen.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die Verlängerung der „Amnestie-Regelung“ bis Ende 2007 sicherlich dazu geführt hat, dass das Fördermodell bisher noch nicht so stark in Anspruch genommen wurde, wie ich es mir wünschen würde.

Fragen 1 bis 9:

Insgesamt wurden in den ersten beiden Monaten rund 50 Anträge auf Gewährung von Zuwendungen für die 24-Stunden Betreuung beim Bundessozialamt eingebracht, die durch eine hohe Komplexität der Sachverhalte gekennzeichnet sind.
Innerhalb des kurzen Zeitraumes wurden vier Ansuchen positiv abgeschlossen.

Bei 90% der Anträge bezieht die pflegebedürftige Person Pflegegeld nach den Bestimmungen des Bundespflegegeldgesetzes. Ebenso überwiegen die Förderungsansuchen für die Beschäftigung unselbstständiger Betreuungskräfte gegenüber jenen, die für die Beschäftigung selbstständiger Betreuungskräfte eingebracht werden.

Insgesamt wurden in den ersten beiden Monaten € 1.913,40 an Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung ausbezahlt.

Aufgrund der Verlängerung der Amnestieregelung (Novellierung des Pflege-Übergangsgesetzes) bis 31. Dezember 2007 ist davon auszugehen, dass mit den zur Verfügung stehenden Mitteln das Auslangen gefunden werden kann. Allenfalls nicht verbrauchte Mittel verbleiben im Bundeshaushalt.

Unter Zugrundelegung meiner bisherigen Ausführungen ersuche ich um Verständnis, dass ich keine seriösen Schätzungen über die bis Ende Dezember 2007 zu erwartenden Förderanträge und die daraus resultierenden Aufwendungen bzw. die für das Fördermodell von Juli bis Ende Dezember 2007 zu erwartenden Gesamtkosten abgeben kann. Dies gilt auch in Bezug auf die Antragsentwicklung für das Jahr 2008 und die damit verbundenen Kosten.

Frage 10:

Hinsichtlich der Kosten für Inserate verweise ich auf die Beantwortung der Frage 1 der parlamentarischen Anfrage Nr. 1185/J des Abgeordneten Öllinger betreffend „Kosten, Inhalt und Aufmachung der Jubelkampagne zur 24-Stunden-Betreuung“. Die Kosten der dort angeführten Inserate haben sich bei der Abrechnung um 160 € verringert. Danach sind noch Kosten für zusätzliche Inserate in der Höhe von 28.028,70 € angefallen.

Durch Schaltungen in Hörfunkmedien sind Kosten in der Höhe von 7.254,60 € entstanden.

Hinsichtlich der Aufwendungen für die Website www.pflegedaheim.at und die Telefon-Hotline verweise ich auf die Beantwortung der Frage 4 der bereits erwähnten parlamentarischen Anfrage Nr. 1185/J.

Frage 11:

 

Ich plane weitere Informationsmaßnahmen, deren Kosten noch nicht vorliegen.

Fragen 12 bis 16:

Kostenschätzungen über 84 Mio. Euro liegen meinem Ressort nicht vor. Im soeben abgeschlossenen Finanzausgleich für die Periode 1. Jänner 2008 bis 31. Dezember 2013 wird von Gesamtkosten für die 24-Stunden-Betreuung von jährlich höchstens 40 Mio. Euro ausgegangen, wobei der Anteil der Länder und Gemeinden maximal 16 Mio. Euro pro Jahr beträgt.

Frage 17:

Bisher wurden keine Zahlungen eingestellt.

 

 

Mit freundlichen Grüßen