1617/AB XXIII. GP
Eingelangt am 07.12.2007
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung

Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMGFJ-11001/0172-I/A/3/2007
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 1674/J der Abgeordneten Laura Rudas und GenossInnen wie folgt:
Fragen 1 bis 9:
Im Anschluss an den Weltkindergipfel 2002 hat die Bundesregierung einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Rechte der Kinder und Jugendlichen (NAP) erstellt.
In einem sehr offenen Prozess haben Vertreter/innen der Ministerien und der Landesregierungen sowie von Sozialpartnern und zahlreichen Nichtregierungsorganisationen in vier Arbeitskreisen zu den Themenbereichen Schutz, Versorgung, Partizipation und Grundsätzliches die wesentlichen Aspekte der Konvention über die Rechte des Kindes (KRK) diskutiert.
Kinder und Jugendliche waren über die Österreichischen Kinderfreunde und die Katholische Jungschar Österreichs am Prozess beteiligt. Um die Meinungen möglichst vieler Kinder in altersadäquater Form zu erfassen, wurden die Kinder- und Jugendorganisationen eingeladen, im Auftrag des Ressorts Projekte durchzuführen. 17.000 Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren in ganz Österreich haben dabei die Rechte der Kinder kennen gelernt und die daraus resultierenden Anliegen in den NAP-Prozess eingebracht. Die in diesem Anhörungsverfahren gewonnenen 25.000 Kinderstimmen wurden am 24. März 2004 den Jugendsprechern der vier Parlamentsparteien im Parlament präsentiert.
Der aus diesem Prozess entstandene Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der Rechte der Kinder und Jugendlichen wurde am 23. Nov. 2004 vom Ministerrat
angenommen. Ein Bericht über die Umsetzung der etwa 200 Maßnahmen wurde von der Bundesregierung in der Sitzung des Ministerrates am 21. November 2007 angenommen. Er fasst jene Maßnahmen zusammen, die die Bundesregierung seit dem Weltkindergipfel 2002 gesetzt hat, um Österreich noch kinderfreundlicher zu machen.
Der Nationale Aktionsplan für die Rechte von Kindern und Jugendlichen – NAP wurde allen am Prozess beteiligten Institutionen und Personen übermittelt und auf der Website des Ressorts sowie auf der speziellen Kinderrechteseite des Ressorts www.kinderrechte.gv.at publiziert.
Ein weiterer wichtiger Schritt betrifft den Bereich der Arzneimittelgesetzgebung: Mit der Europäischen Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 über Kinderarzneimittel, die am 26. Jänner 2007 in Kraft getreten ist, stellt die Europäische Union erstmals Kinder in den Mittelpunkt der Arzneimittelgesetzgebung und räumt diesen einen besonderen Stellenwert bei der Entwicklung von Arzneimitteln ein.
Diese Verordnung hat das Ziel, neue Arzneimittel gezielt für Kinder und Jugendliche zu entwickeln. Außerdem sollen schon zugelassene Arzneimittel stärker auf ihre Wirkung an jungen Patientinnen und Patienten getestet werden. Der in Entwicklung befindliche Organismus funktioniert anders als der des Erwachsenen – das Spektrum spezifischer Stoffwechselunterschiede reicht von Frühgeborenen über Kleinkinder bis zu Jugendlichen.
Klinische Studien an jungen Patient/inn/en bringen erhöhte ethische, methodische, organisatorische und finanzielle Anforderungen mit sich.
Mein Ressort hat im Rahmen einer Sitzung des ständigen Beirates der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) am 7. Mai 2007 vorgeschlagen, einen Arbeitskreis für Arzneimittel im Kindesalter zu gründen.
Mit dieser Initiative meines Ressorts soll dazu beigetragen werden, Sicherheit und Effektivität der medikamentösen Behandlung von Kindern und Jugendlichen zu erhöhen und den Kernauftrag der Europäischen Union in Bezug auf pädiatrische Arzneimittel, nämlich „Ermöglichung der Durchführung von Arzneimittelstudien einschließlich Vorbeugung, Diagnose und Behandlung“ auf österreichischer Ebene umzusetzen.
Zum Schutz und Wohle der jungen Patient/inn/en wurden unter anderen folgende Ziele des Arbeitskreises für pädiatrische Arzneimittel definiert:
Fragen 10 und 12 bis 14:
Die Umsetzung der KRK ist eine kontinuierliche Aufgabe und hat auf aktuelle Probleme und Bedürfnisse zu reagieren. Die kinderrechtlichen Schwerpunkte der Bundesregierung sind im Regierungsprogramm festgehalten.
Zentrale Themen meines Ressorts sind die Prävention von Kinderarmut durch Familienleistungen, die gefährdete Gruppen wie Familien mit mehreren Kindern, Alleinerzieher/innen und Jungfamilien finanziell besser absichern.
Mit dem forcierten Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, der mit Bundesmitteln beschleunigt wird, wird einerseits die leichtere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und damit ebenfalls die Prävention von Kinderarmut angestrebt. Andererseits sollen mit der frühkindlichen Förderung die Startchancen von allen Kindern im Bildungsweg verbessert werden.
Mit der Novelle zum Jugendwohlfahrtsgesetz (seit 10. Juli 2007 in Kraft), die Lehrer/innen dazu verpflichtet, Kindeswohlgefährdungen dem Jugendwohlfahrtsträger zu melden, soll der Informationsfluss zwischen Schulen und dem Jugendwohlfahrtsträger verbessert werden.
Um die Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen im Umgang mit Neuen Medien zu stärken, fördert mein Ressort entsprechende medienpädagogische Projekte, die Impulse für den außerschulischen Bereich setzen sollen und auf breiter Basis seitens der Bundesländer aufgegriffen und weitergeführt werden können.
Darüber hinaus stellt die Information und Aufklärung der Kinder, Jugendlichen und Eltern eine zentrale Aufgabenstellung im Sinne des Kinderschutzes in diesem Bereich dar. Neben der Kooperation mit der Initiative saferinternet.at, welche entsprechende Maßnahmen umsetzt, wurde im Jugendministerium die "Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen", kurz: BuPP, eingerichtet. Ziel der BuPP ist es, Eltern und Pädagog/inn/en eine Orientierungshilfe für die Auswahl von Computerspielen zu geben sowie Hintergrundinformationen und didaktische Materialien zur Verfügung zu stellen. Gemäß dem Regierungsübereinkommen wird die BuPP weitergeführt und kontinuierlich ausgebaut.
Um den Alkoholmissbrauch von Jugendlichen zu reduzieren, wurden bewusstseinsbildende Aktivitäten zur umfassenden Aufklärung von Kindern und Jugendlichen über die Gefahren von Alkoholmissbrauch gesetzt. Jugendpolitischer Schwerpunkt in der Thematik ist die Unterstützung eines sinnvollen Umgangs mit dem Alkohol sowie die Weiterbildung von Multiplikator /innen der Jugendarbeit.
So wurde für das Jahr 2007 ein Schwerpunkt der Bundes-Jugendförderung (bei Projektanträgen) im Bereich Prävention von legalen Drogen (Alkohol und Nikotin) gelegt. Ziel ist die Entwicklung und Durchführung von Projekten der außerschulischen Jugendarbeit, die sich mit den Ursachen für Alkohol- und Nikotinkonsum bei Jugendlichen auseinandersetzen, sowie diesem Konsum vorbeugen bzw. den schädlichen Gebrauch verhindern.
Geförderte Projekte sollen über die Wissensvermittlung ("wie wirken Drogen") hinausgehende personenbezogene bzw. strukturelle Maßnahmen beinhalten. Sie sollen die soziale Kompetenz und Selbstkontrolle erhöhen, eine intensive Auseinandersetzung mit (Konsum)Verhalten unterstützen und eine aktive Einbindung der Jugendlichen in die Informations- und Beratungstätigkeit zu Themen und Inhalten der Prävention bieten.
Um die Qualität der Prävention in der außerschulischen Jugendarbeit zu fördern werden insbesondere auch Projekte anerkannt, die sich der Weiterbildung von freiwilligen und hauptamtlichen Mitarbeiter/innen widmen, wobei entsprechende Fachkräfte in die Konzeption und Durchführung miteingebunden werden müssen.
Nach dem Motto „Nichts für die Jugend ohne die Jugend“ werden in erster Linie Projekte unterstützt, die Jugendliche in die Erstellung und Durchführung des Projekts aktiv mit einbinden.
Um Mitarbeiter/innen im Gastgewerbe zu sensibilisieren, erarbeiten zurzeit Expert/inn/en ein Curriculum, das im Jahr 2008 in einer Modellausbildung erprobt wird. Schülerinnen und Schülern von Tourismusschulen sollen dabei Grundlagen des Umgangs mit Alkoholkonsumierenden, Konfliktvermeidungsstrategien und die Wirkungsweise von Alkohol vermittelt werden. Ebenso werden interessante alkoholfreie Alternativangebote bzw. Modelle aufgezeigt, die zur Attraktivität eines Lokals beitragen können.
Mit einer am 1.1.2008 in Kraft tretenden Novelle zur Gewerbeordnung wird das Alkoholverkaufsverbot auf den Handel ausgeweitet und eine verpflichtende Kontrolle fälschungssicherer Ausweise beim Verkauf von alkoholischen Getränken im Sinne des Jugendschutzes eingeführt. Gleichzeitig wird eine Mindeststrafe eingeführt und die Höchststrafe angehoben sowie die Durchsetzung des Gesetzes forciert.
Die Harmonisierung der Jugendschutzgesetze ist mir weiterhin ein wichtiges Anliegen. Im Hinblick auf die Verfassungslage kann ich dieses Vorhaben jedoch nur gemeinsam mit den Ländern umsetzen.
Frage 11:
Hinsichtlich der kinder- und jugendpsychiatrischen Betreuung ist eingangs festzuhalten, dass die Zuständigkeit für den Auf- und Ausbau entsprechender intramuraler Strukturen im Bereich der Bundesländer liegt. Für den extramuralen Bereich ist die Sozialversicherung zuständig.
Im Rahmen der österreichweiten Gesundheitsplanung wurde im Auftrag des (damaligen) Strukturfonds eine Analyse der Versorgungssituation im Jahr 2004 sowie eine Bedarfsschätzung durchgeführt. Demnach wären österreichweit - zusätzlich zu den 2004 vorhandenen 340 akutstationären Behandlungsplätzen für die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung – weitere rund 300 Behandlungsplätze erforderlich. Der Bedarf hängt jedoch eng mit der Situation bzw. Entwicklung im außerstationären Bereich zusammen.
Im niedergelassenen Bereich waren im Jahr 2004 0,4 Fachärzte/-ärztinnen für Kinder- und Jugend(neuro)psychiatrie mit §2-Kassenvertrag je 250.000 Einwohner/innen tätig. Zieht man den deutschen Einwohnerrichtwert (1 Arzt/1 Ärztin je 250.000 EW) heran, würde sich ein mehr als doppelt so hoher Bedarf im niedergelassenen Bereich ergeben.
Diese Analyse und Bedarfsschätzung bildet die Grundlage für entsprechende Festlegungen im Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG). Im ÖSG 2006 ist bereits ein Kapitel mit Planungsfestlegungen und Qualitätskriterien für die Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgesehen. Die Expertenarbeiten dazu sind seit geraumer Zeit abgeschlossen. Es werden Versorgungsstrukturen definiert, Planungsrichtwerte festgehalten sowie Vorgaben zur personellen und infrastrukturellen Ausstattung und zum Leistungsangebot gegeben. Besonderes Augenmerk wird auf eine Verzahnung zwischen stationären und außerstationären Strukturen gelegt. Bislang konnte jedoch die erforderliche Einigung zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung zur Aufnahme dieses Kapitels in den ÖSG noch nicht erzielt werden. In der neuen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (für die Jahre 2008 bis 2013) sind die Vertragspartner allerdings übereingekommen, dass der ÖSG bis Ende 2008 um Planungsaussagen und Qualitätskriterien für weitere – zumindest für die im ÖSG 2006 bereits vorgesehenen – Versorgungsbereiche ergänzt wird.
Frage 15:
Die im Regierungsprogramm vorgesehene Verankerung der Kinderrechte in der Bundesverfassung ist Gegenstand der Beratungen einer von der Bundesregierung eingesetzten Expert/inn/engruppe, die auf den Ergebnissen des Verfassungskonvents aufbauend entsprechende Entwürfe ausarbeitet.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andrea Kdolsky
Bundesministerin