1621/AB XXIII. GP

Eingelangt am 07.12.2007
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BM für Wissenschaft und Forschung

Anfragebeantwortung

 

 

                                            GZ: BMWF-10.000/0195-C/FV/2007

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Wien, 6. Dezember 2007

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1605/J-NR/2007 betreffend Erleichterung des Universitätszugangs für bildungsferne Schichten, die die Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen am 9. Oktober 2007 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Zu Fragen 1 und 2:

Es ist und bleibt eine wichtige Aufgabe des Staates, soziale Benachteiligungen durch geeignete Fördermaßnahmen abzuschwächen oder auszugleichen. Was meinen Zuständigkeitsbereich betrifft, lassen sich Veränderungen in der sozialen Zusammensetzung der Studierenden durch die so genannte Rekrutierungsquote darstellen. Diese sagt aus, auf wie viele Personen mit einem bestimmten Bildungsabschluss in der Elterngeneration wie viele Studienanfängerinnen und Studienanfänger kommen. Hier zeigt sich, dass die Überrepräsentanz von Kindern aus bildungsnahen Schichten vom Vierfachen im Jahr 1990 auf den Faktor 2,7 im Jahr 2005 zu­rückgegangen ist. Hauptgrund hierfür ist die Expansion des Fachhochschulsektors, dessen soziale Zusammensetzung ausgewogener ist als jene an Universitäten. Dies ist ein Ergebnis der „Studierenden-Sozialerhebung 2006“ (www.bmwf.gv.at/submenue/publikationen_und_materia-
lien/wissenschaft/universitaetswesen/studierendensozialerhebung/), die im Auftrag meines Ministeriums durchgeführt wurde.

 

Aus der Hochschulforschung ist bekannt, dass innerhalb des universitären Systems weniger soziale Selektionsprozesse existieren als generell im Bildungssystem. Das heißt auch, dass das Risiko eines Studienabbruchs bei Kindern aus bildungsfernen Schichten nicht größer ist als bei Kindern aus bildungsnahen Schichten (vgl. Kolland, Ursachen und Bedingungen, Bewertungen und Wirkungen des Studienabbruchs, 1999).  Dies zeigt sich unter anderem darin, dass sich die soziale Zusammensetzung von Studierenden im Doktoratsstudium kaum von der von Studierenden im Erststudium unterscheidet; der Anteil von Studierenden im Doktoratsstudium aus sozial niedriger Schicht ist sogar etwas höher als im Erststudium (vgl. Studierenden-Sozialerhebung 2006, S 239ff).

 

Zu Frage 3:

Zur Erleichterung und Förderung des Zuganges bildungsferner Schichten zu Universitäten und Fachhochschulen dienen vor allem Maßnahmen der Studienförderung und der Studienberatung. Näheres  wird in der Beantwortung der folgenden Fragen ausgeführt.

 

Zu Frage 4:

Das Studienförderungsgesetz wurde bereits zu Beginn dieser Legislaturperiode novelliert, mit dem Ziel die Studienbeihilfen anzuheben. Mit der Anhebung um 12% aller ausbezahlten Studienbeihilfen werden in Absolutbeträgen vor allem die Studierenden aus einkommens­schwachen Familien besonders gestärkt.

 

Die zweite Novelle des Studienförderungsgesetzes dieser Legislaturperiode, deren Inkrafttreten für das Studienjahr 2008/09 geplant ist, hat eine Reihe von Schwerpunkten, die eng mit den Ergebnissen der Umfrage zur sozialen Lage der Studierenden zusammenhängt. Besondere Verbesserungen der Förderung betreffend Studierende mit Kinderbetreuungspflichten (An­hebung der Studienbeihilfen, Verlängerung der Förderungsdauer, Anhebung der Altersgrenze), Studierende mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Verlängerung der Förderungsdauer, Anhebung der Altersgrenze und Verbesserung der Berechnung), die Berücksichtigung der Bologna-Architektur (leichterer Übergang vom Bakkalaureat zum Masterstudium, Anhebung der Altersgrenze), Anhebung und Vereinheitlichung der Zuverdienstgrenze für Studierende, Verein­heitlichung des Studienerfolges auf Basis des ECTS-Systems, Verbesserung im Verfahren zur Erlangung von Studienbeihilfe, schließlich Ausweitung der Einkommensgrenzen für den Bezug von Studienbeihilfe und Studienzuschuss.

 

Zu Frage 5:

Die Einführung von neuen Kreditsystemen ist nicht geplant. Dies deckt sich auch mit den Forderungen der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft. Derzeit gibt es die Möglichkeit, Studienbeiträge über günstige Kredite zu finanzieren, wobei das Bundes­ministerium für Wissenschaft und Forschung die Zinszahlungen übernimmt; etwa 1000 Studierende nehmen diese Möglichkeit in Anspruch.

 

Zu Fragen 6 und 7:

Geplant ist die flächendeckende Beratung von Schülerinnen und Schülern in den vorletzten Klassen der zur Matura führenden Schulen mit professioneller Studienberatung. Diese soll so­wohl die, komplexen Studienmöglichkeiten transparent machen, als auch den Schülerinnen und Schülern helfen, ihre eigenen Potenziale für den weiteren Ausbildungsweg nach der Matura besser zu definieren und zu nützen. Da eine derartige Beratung derzeit nur rudimentär und unsystematisch besteht, liegt das Ziel zunächst in einer umfassenden Information und Beratung an Schulen. Die Ausweitung in den nichtschulischen Bereich kann in Angriff genommen werden, wenn Erfahrungen aus der erstmaligen Durchführung dieses großen Projektes an Schulen vor­liegen. Weiters werden wir verstärkt das Konzept der „Kinder-Unis“ bewerben und unterstützen. Es ist mir wichtig, bereits im Pflichtschulalter Barrieren und Berührungsängste abzubauen und Neugierde zu wecken.

 

Zu Fragen 8, 10 und 11:

Zu den von Ihnen aufgestellten Behauptungen ist Folgendes festzustellen:

Derzeit kommt fast jeder Zweite über die Hauptschule zur Universitätsreife. Weiters zeigen die österreichischen Bemühungen im Ausbau des tertiären Sektors Wirkung:

 

·         Die Absolvent/innen/zahlen sind im Zeitraum 2001 bis 2006 von 19.100 auf 27.100 Absolventinnen und Absolventen um rund 42% gestiegen.

 

·         Bei den Erstzugelassenen verzeichnen wir Steigerungen im Zeitraum 2001 bis 2006 von 31.500 auf 43.100 Studierende, damit hat sich die Zahl der Erstzugelassenen um rund 38%  erhöht.

 

·         Die Erstzulassungszahlen an den Universitäten (Fachhochschulen noch nicht verfügbar) für das Wintersemester 2007/08 ergeben eine weitere Steigerung um 2,5% von 33.515 auf 34.346 Studierende. Die Anzahl der Gesamtstudierenden erhöht sich im Wintersemester 2007 von 224.063 auf 230.721, das entspricht einem Plus von 3%.

 

·         Die OECD weist für 2005 für Österreich eine tertiäre Zugangsquote von 37% aus (Erstzuge­lassene an Unis/FHs eines Altersjahrganges). Diese Quote wird sich nach den vorliegenden Erstzulassungszahlen auch weiter erhöhen. Diese gesteigerten Zugangsquoten werden sich langfristig positiv auf die so genannte Akademikerquote (spiegelt den Bildungsgrad der 25- bis 64-Jährigen wider) auswirken.

 

·         Neben der Matura gibt es mit der Studienberechtigungsprüfung und der Berufsreifeprüfung bewährte Instrumente, die Hochschulreife zu erreichen. Seit heuer gibt es über 10.000 Personen, die die Berufsreifeprüfung absolviert haben.

 

Zu Frage 9:

Zwecks Förderung der erstsemestrigen Studierenden wird die Ausbildung der Anfänger­tutorinnen und Anfängertutoren durch Subventionen des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung unterstützt. Hier ist ein neuer Vertrag mit der Österreichischen Hoch­schülerinnen- und Hochschülerschaft in Vorbereitung, um dieses erfolgreiche System zu stärken. Drop-out ist mitunter auch eine Frage der richtigen Studienwahl. Dahingehend braucht es mehr Information und Beratung, wie oben bereits ausgeführt, durch „Kinder-Unis“ und flächendeckende Studienberatung in den maturanahen Klassen.

 

 

Der Bundesminister:

 

Dr. Johannes Hahn e.h.