1669/AB XXIII. GP
Eingelangt am 18.12.2007
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-12.500/0009-I/PR3/2007 DVR:0000175
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer
Parlament
1017 W i e n
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1667/J-NR/2007 betreffend „spacig“ aufwendiger Event zum 20-Jahr-Jubiläum des Beitritts Österreichs zur European Space Agency (ESA), die die Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde am 18. Oktober 2007 an mich gerichtet haben, darf ich Ihnen folgende Beantwortung durch Frau Staatssekretärin Kranzl mitteilen:
„Frage 1:
Welche Mehrkosten waren mit der in Format und Verpackung höchst aufwendig gestalteten Einladung von Staatssekretärin Kranzl zum Festakt anlässlich des ESA-Beitritts-Jubiläums im Vergleich zu einer Einladung in konventionellem Format und konventioneller Verpackung verbunden?
Antwort:
Es entstanden keine Mehrkosten zu vergleichbaren Einladungen in vergleichbarer Mengenbestellung.
Fragen 2 und 3:
Welche Assoziationen zwischen dem diese Einladung zierenden Bild eines Raumfahrzeugs, das scheinbar das Regierungsviertel in der Wiener Innstadt Richtung luftleeren Raum verlässt, und dem Wirken der derzeitigen Bundesregierung sind beabsichtigt?
Welche Assoziationen zwischen der aufwendigen Verpackung der Einladung zum ESA-Beitritts-Jubiläums-Festakt aus mit Silbertalmi überzogener „Luftblasen“-Folie und dem Wirken der derzeitigen Bundesregierung sind beabsichtigt?
Antwort:
Anlass des Festaktes war das 20-Jahres-Jubiläum des Beitritts Österreichs zur Europäischen Raumfahrtagentur unter Teilnahme des Herrn Bundespräsidenten. Der österreichische Beitritt zur zwischenstaatlichen Europäischen Raumfahrtbehörde ESA (Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Weltraumorganisation über den Beitritt der Republik Österreich zum Übereinkommen der Europäischen Weltraumorganisation sowie die Bedingungen und Modalitäten dieses Beitritts; Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Weltraumorganisation samt Anlagen NR: GP XVI RV 1072 AB 1093 S 159) erfolgte per Nationalratsbeschluss BGBL. Nr. 95/1987 ST0037.
Einladung und Verpackung sind gestalterische Sujets, die zukunftsorientierte Assoziationen ermöglichen.
Frage 4:
Welche konkreten Lösungen – nicht Analyse- und Monitoringtools oder technische Hilfsmittel – bietet die Raumfahrt im Bereich Verkehr?
Antwort:
Die Europäische Kommission und Österreich sehen die Raumfahrt für die Zukunft von strategischer Bedeutung, weil sie Instrumente zur Bewältigung zahlreicher Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bietet. Raumfahrtsysteme und Satelliten werden als Schlüsselinfrastrukturen bei der europäischen Bewertung globaler Probleme gesehen und tragen zu deren Überwindung bei. Auch das tägliche Leben ist stark von Raumfahrtsystemen beeinflusst. Daten satellitengestützter Navigationssysteme können dazu beitragen, Verkehrsflüsse – sei es im Privatverkehr, der Luftfahrt, im Öffentlichen Personen- und Güterverkehr und vor allem im Bereich des Transports gefährlicher Güter – besser d.h. effizienter und umweltschonender zu gestalten.
Konkretes Beispiel mit österreichischer Beteiligung:
Besonders im Bereich Verkehr sind Ortungs- und Navigationssysteme eine wichtige Informationsquelle. Ein kleines Testsystem finanziert über das Österreichische Weltraumprogramm ASAP des BMVIT installiert auf einer ganzen Taxiflotte liefert nun aktuelle Informationen über Stauzonen in Wien, die Rückschlüsse auf die aktuelle Verkehrsbelastung ermöglichen. Dadurch werden Verkehrsstromanalysen und Reisezeiterfassung in Echtzeit ermöglicht, die jedem Verkehrsteilnehmer auf der Homepage der Bundeshauptstadt - www.wien.gv.at - zugute kommen. Bei diesem Beispiel ist ersichtlich, wie ein Forschungsprojekt finanziert durch das BMVIT wirtschaftlich durch eine Taxiflotte für eine verbesserte Routenplanung genutzt wird und volkswirtschaftlichen Nutzen für die Gemeinde Wien bringt, die Information über das aktuelle Verkehrsaufkommen zur Verfügung hat und der Öffentlichkeit via Internet bereitstellt.
Siehe auch: http://www.wien.gv.at/verkehr/vema/verkehrslage/projekt.htm
Frage 5:
Welche konkreten Lösungen – nicht Analyse- und Monitoringtools oder technische Hilfsmittel – bietet die Raumfahrt im Bereich Umwelt?
Antwort:
Erdbeobachtungsdaten von Satelliten bieten in Kombination mit Bodendaten, wertvolle Informationen, um Aussagen über großräumige Veränderungen des Umweltzustandes zu treffen und bieten dadurch eine wichtige Grundlage für Umweltkontrolle. Diese Instrumente werden jetzt schon konkret auch von österreichischen Nutzern verwendet: Das österreichische Umweltbundesamt verwendet Erdbeobachtungsdaten im Rahmen mehrerer Projekte der Europäischen Raumfahrtagentur ESA (und daher finanziert durch Beiträge des BMVIT) und des 6. EU Rahmenprogramms für Forschung und Technologische Entwicklung in den Bereichen Naturschutz, Raumordnung, Atmosphäre/Klima und Wald. Es zählt europaweit zu den aktivsten Nutzern im Rahmen des GMES - Global Monitoring for Environment and Security[1]. GMES soll Werkzeuge zur genauen Überwachung der Implementierung internationaler Protokolle und Übereinkommen liefern und auf lokaler Ebene bereitstellen und dabei helfen, besser auf Gefahren und Katastrophen (Hochwasser, Murenabgänge, Lawinen, Waldbrände, hohe Luftschadstoff-Konzentrationen, hohe UV Einstrahlung am Boden) reagieren zu können.
Konkretes Beispiel mit österreichischer Beteiligung:
Das CORINE-Programm (Coordination of Information on the Environment) ist ein von der Europäischen Union im Jahr 1985 gegründetes Programm. Bis zu diesem Zeitpunkt fehlten vergleichbare, umweltrelevanten Daten. Ziel der Europäischen Union war daher eine Vereinheitlichung der Erfassung von Umweltdaten und in der Folge zusammenhängende Umweltdatensätze. Seit diesem Zeitpunkt werden digitale Bilder von Satelliten einheitlich erfasst und ausgewertet. Diese Daten sind eine wichtige Informationsquelle für Landnutzung und deren Veränderung sowie für umweltrelevante Fragestellungen. Die Daten aus den ersten zwei Aufnahmen (1990 und 2000) stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung. Die derzeit laufende Wiederholungsaufnahme mit dem Referenzjahr 2006 wird erstmalig auch mit höher auflösenden Daten kombiniert und wird 2008 abgeschlossen werden. Derzeit wird das CORINE Programm im Rahmen von GMES (Global Monitoring for Environment and Security) als sog. Fast Track Service durchgeführt. Dabei werden die Standard-CORINE Land Cover Daten kombiniert mit hoch auflösenden Auswertungen zu Siedlung und Verkehr.
Das CORINE-Landcover Projekt wird von der Europäischen Umweltagentur mit Sitz in Kopenhagen betreut und von den einzelnen Staaten selbständig umgesetzt. Mit der Durchführung in Österreich ist das Umweltbundesamt betraut. Die Daten werden in Form eines Geographischen Informationssystems (GIS) aufbereitet und stehen für kommerzielle und nicht kommerzielle Zwecke zur Verfügung.
http://www.umweltbundesamt.at/umweltschutz/raumordnung/flaechenentwicklung/grundlagen/erdbeobachtung/
Frage 6:
Welche konkreten Lösungen – nicht Analyse- und Monitoringtools oder technische Hilfsmittel – bietet die Raumfahrt im Bereich Klimaschutz?
Antwort:
Neben der Entwicklung und Implementierung energieeffizienteren Technologien wird in Zukunft auch die Fähigkeit, die Auswirkungen dieser Maßnahmen auch entsprechend zu evaluieren, zu monitoren und zu prognostizieren, ein höheres Maß an Bedeutung erlangen. Daher werden auf internationaler Ebene verstärkt Möglichkeiten des Einsatzes modernster Sensortechnologien unterstützt und zu operationellen Infrastrukturen entwickelt. Als Beispiel sei hier die Zusammenführung von In-Situ, luftgestützte und Messdaten der Weltrauminfrastruktur im erwähnten europäischen Projekt GMES (Global Monitoring of Environment and Security) – das auch Europas Beitrag zu einem globalen Satellitensystem (GEOSS) sein wird - angeführt. Diese weltraumbasierten europäischen Infrastrukturen sollen in den angesprochenen Bereichen unabhängigere, genauere und vor allem aktuellere Daten liefern, um damit eine bessere Entscheidungsbasis zu ermöglichen.
Die Europäische Kommission hat am 23. Oktober 2007 in ihrem Arbeitsprogramm für 2008 GMES als Priorität dargestellt. Im Paragraph über ein „nachhaltiges Europa“ wird auf Klimaschutz als eine der großen Prioritäten der Kommission in 2008 verwiesen, um nachhaltigen Wohlstand für Europa sicherzustellen. Die Kommission sieht darin die Notwendigkeit, die öffentlichen Politiken mit Blick auf den Klimawandel zu betrachten, um eine Anpassung an die neuen Realitäten zu unterstützen. Die Implementierung von GMES wird – so das Papier - ein wichtiges Instrument darstellen, um die EU-Politiken anzupassen.
Konkretes Beispiel mit österreichischer Beteiligung:
In PROMOTE (PROtocol MOniToring for the GMES Service Element), einem ESA-Projekt zur Beobachtung der Erdatmosphäre mit Schwerpunkt Ozon, UV-Strahlung, Luftqualität und Treibhausgase, fungiert das österreichische Umweltbundesamt als Datennutzer, wobei in dieser Rolle atmosphärische Produkte evaluiert, aber auch aktiv mitgestaltet werden können und koordiniert die Evaluierung aller Produkte und Dienstleistungen.
Die Entwicklung eines verlässlichen Langzeit-Beobachtungssystems der Atmosphäre zur Überwachung der Einhaltung der internationalen Richtlinien im Bereich Klima-Atmosphäre erfordert einen koordinierten und internationalen Einsatz. Darüber hinausgehend ist es notwendig, Vorhersagemodelle der Atmosphäre zu entwickeln, die die Bevölkerung vor möglichen negativen Einflüssen warnen können.
Ziel von PROMOTE ist es, ein zuverlässiges und nachhaltiges GMES-Service zur Unterstützung der Umweltpolitik im Bereich Atmosphäre und Klima zu entwickeln. Insbesondere soll ein operationelles Service bis zum Jahr 2008 aufgebaut werden, das vergleichbar mit der Wettervorhersage entsprechende Dienste im Bereich der Atmosphärenforschung anbietet.
Derzeit wird im Rahmen von PROMOTE das deutsche Luftqualitäts-Vorhersagemodellierungs-System EURAD für Österreich implementiert. EURAD wird die Luftqualität in Österreich mit einer Auflösung von 5 km für den heutigen Tag, sowie für den nächsten und den übernächsten Tag modellieren und vorhersagen. Die Ergebnisse werden nach einer Evaluierung und Validierung der Ergebnisse online zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse von diesem Projekt werden in den von im 7. EU Rahmenprogramm finanzierten europäischen Atmosphärendienst einfließen.
http://www.umweltbundesamt.at/umweltschutz/raumordnung/flaechenentwicklung/grundlagen/erdbeobachtung/gmes/promote/
Frage 7:
Welche konkreten Lösungen – nicht Analyse- und Monitoringtools oder technische Hilfsmittel – bietet die Raumfahrt im Bereich Entwicklungshilfe?
Antwort:
Satellitenbasierte Systeme können insbesondere in der Entwicklungszusammenarbeit Länder im Bereich Meteorologie, Ressourcenmanagement, Umweltmonitoring, Bekämpfung der Wüstenbildung und Satellitennavigation und Kommunikation, sowie seit mehreren Jahren verstärkt im Bereich Katastrophenmanagement Unterstützung bieten. Österreich unterstützt seit Beginn die Arbeiten der Vereinten Nationen zur Nutzung der Raumfahrt in der Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen des Programms der Vereinten Nationen über Raumfahrtanwendungen (http://www.unoosa.org/oosa/sapidx.html). So auch heuer wieder durch finanzielle und inhaltliche Unterstützung des seit 30 Jahren gemeinsam von den Vereinten Nationen, Österreich und der Europäische Raumfahrtbehörde organisierten Symposiumsreihe zu Themen der Nutzung der Raumfahrt vom 11. – 14. September 2007 in Graz zum Thema „Raumfahrt – Instrumente und Lösungen für Atmosphärenmonitoring zur Unterstützung von nachhaltiger Entwicklung“.
Satellitenbasierte Kommunikation kann Menschen in abgelegenen Gebieten vor Katastrophen warnen, sowie von Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Überschwemmungen und Ölkatastrophen betroffene Regionen mit der Außenwelt verbinden. Satellitenbasierte Erdbobachtung kann Schadenspotentiale bewerten und Navigations- und Positionssysteme ermöglichen Positionsinformationen von Ereignissen.
Konkrete Beispiele mit österreichischer Beteiligung:
Im Rahmen der 1999 in Wien abgehaltenen UNISPACE III Konferenz haben sich die führenden Raumfahrtagenturen (die Europäische Raumfahrtagentur ESA, sowie die Agenturen aus Kanada, Frankreich, Indien, USA, Argentinien, Japan und China) zur Internationalen Charter für Raumfahrt und Katastrophen (International Charter Space and Major Disasters) zusammengeschlossen, um im Katastrophenfall kostenlose Satellitendaten zur Verfügung zu stellen.
http://www.disasterscharter.org/main_e.html
Die 61. Generalversammlung der Vereinten Nationen hat in der Resolution 61/110 vom 14. Dezember 2006 die Einrichtung von UN-SPIDER als „Plattform der Vereinten Nationen für raumfahrtgestützte Information für Katastrophenmanagement und Emergency Response“ als Programm im Rahmen der Vereinten Nationen angenommen, wodurch das Programm in 2007 etabliert werden konnte. Das Programm soll als „one-stop shop“ alle bestehenden Initiativen und Akteure im satellitenbasierten Katastrophenmanagement zusammenfassen, um insbesondere den Entwicklungsländern Zugang zu satellitengestützten Informationen bzw. Kapazitätsaufbau zur Nutzung raumfahrtbasierter Information zu bieten. Dies wird durch eine 24/7 zur Verfügung stehende Hotline verwirklicht. Gleichzeitig sollen in den Entwicklungsländern Kapazitäten aufgebaut werden, wie Daten und Informationen erhältlich und nutzbar sind. Es wird der gesamte Managementzyklus von Katastrophen unterstützt, insbesondere die Schadensprävention.
Österreich unterstützt das Programm, das vom Büro für Raumfahrtangelegenheiten der Vereinten Nationen in Wien implementiert wird. Das BMVIT unterstützt das Programm finanziell und mit technischer Expertise.
http://www.unoosa.org/oosa/unspider/index.html
Im Rahmen der GMES Initiative werden nicht nur Informationsdienste für europäische Nutzer und Politikbereiche bereitgestellt, sondern ist dies auch der europäische Beitrag zu der globalen Bemühungen zur nachhaltigen Entwicklung und den Millennium-Entwicklungs-Zielen der Resolution 55/2, die in der 55. Generalversammlung der Vereinten Nationen am 18. September 2000 angenommen wurden. In ihrer Mitteilung COM(2005) 489 final vom 12. Oktober 2005 werden satellitenbasierte Erdbeobachtung und Satellitenkommunikation als zentrale Instrumente zur Unterstützung von Afrika in seiner nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung bezeichnet. Im Rahmen des 7. EU Rahmenprogramms für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration mit einer Laufzeit von 2007 – 2013 ist Afrika als Zielregion für Datenaustausch im Bereich des Umweltmonitoring und hier insbesondere im Bereich Klimawandel explizit angeführt. Unter portugiesischer Präsidentschaft wird nun ein intensiver Dialog mit Nutzern dieses Kontinents begonnen mit dem Ziel zu einem Aktionsplan zur Ausweiterung der europäischen GMES-Diensten nach Afrika mit entsprechendem Kompetenzaufbau zu gelangen.“
Mit freundlichen Grüßen
Werner Faymann
[1] GMES ist eine im Jahr 1998 von der Europäischen Kommission und der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA (European Space Agency) gemeinsam ins Leben gerufene Initiative, bei der moderne Erdbeobachtungs- und Informationstechnologien zum Schutz der Umwelt und für die europäische Sicherheit eingesetzt werden sollen. Ziel ist, die unterschiedlichen Aktivitäten in den Bereichen Erdbeobachtung und Fernerkundung in Europa zu integrieren sowie bis zum Jahr 2008 ein operationelles Service an Erdbeobachtungsprodukten zu entwickeln und aufzubauen.