1681/AB XXIII. GP
Eingelangt am 18.12.2007
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-13.000/0016-I/PR3/2007 DVR:0000175
An die
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
Wien, 14. Dezember 2007
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1936/J-NR/2007 betreffend Solaranlagen als Lärmschutzwände, die die Abgeordneten Peter Haubner und KollegInnen am 9. November 2007 an mich gerichtet haben, beehre ich mich nach Auskunft bei der ASFINAG wie folgt zu beantworten:
Fragen 1 bis 4:
Gibt es in Österreich Lärmschutzwände, die gleichzeitig als Solaranlagen genutzt werden?
Wo gibt es diese Einrichtungen und in welchen Bereichen (Bahn, Autobahnen, Bundesstraßen, Flughäfen und sonstigen) werden diese genützt?
Von wem wurden sie geplant und errichtet?
Wer betreibt diese Einrichtungen?
Antwort:
Im Bereich Gleisdorf entlang der A2 Süd Autobahn wurde im Jahr 2002 eine multifunktionale Solarlärmschutzwand errichtet, welche damals die größte Photovoltaik-Anlage Österreichs war. Die Photovoltaik-Lärmschutzanlage Gleisdorf befindet sich zwischen der Anschlussstelle Gleisdorf Süd (km 157) und der Anschlussstelle Gleisdorf West (km 161) der A2 Süd Autobahn an der Richtungsfahrbahn Graz. Die Photovoltaik-Lärmschutzanlage Gleisdorf wurde von der ASFINAG geplant, errichtet und wird auch von ihr betrieben.
Eine weitere Photovoltaik-Lärmschutzwand anderer Konzeption besteht in Wien entlang des Gürtels beim Theodor Körner-Hof.
Ausgeführt wurde unter der Bauführung der MA 29 eine abgestufte fünffeldrige Lärmschutzwand mit einer Länge von rund 150 Metern und einer Höhe von mehr als 18 Metern. Als innovativer Partner konnte zusätzlich Wien Energie - Wienstrom gewonnen werden, die für die Photovoltaik-Anlage zuständig ist.
Eine weitere Photovoltaik-Anlage (40 kWp) besteht seit 1991 entlang der A1 bei Seewalchen, jedoch ist dies, obwohl sie unmittelbar neben und entlang der A1 errichtet wurde, keine direkte Lärmschutzmaßnahme. Betreiber ist die Energie AG.
Entlang von Eisenbahnstrecken wurden bislang keine Lärmschutzwände mit Solaranlagen ausgestattet.
Frage 5:
Sind dies Versuchseinrichtungen oder Serieneinrichtungen?
Antwort:
Diese Anlagen können durchwegs als Versuchsanlagen bezeichnet werden.
Fragen 6 und 7:
Wie sind die Erfahrungen mit diesen Projekten?
Wie hoch ist der Nutzungsgrad und wie groß ist die Wirtschaftlichkeit?
Antwort:
Die Lärmschutzpilotanlage Gleisdorf wurde über mehrere Jahre fachlich begleitet und evaluiert. Der maximale Stromertrag dieser Lärmschutzphotovoltaikanlage in Gleisdorf beträgt 81.000 kWh/Jahr, wobei der durchschnittliche Ertrag seit dem Jahr 2002 rund 70.000 kWh/Jahr beträgt. Der Einspeisetarif ins öffentliche Netz der Feistritz-Werke ist mit 0,3634 Euro pro kWh festgelegt. Die Amortisation der Errichtungskosten von rund 1 Mio. Euro unter Berücksichtigung der durch die Photovoltaikelemente substituierten Lärmschutzelemente liegt nach heutiger Sicht bei 27 Jahren.
Die Anlage am Theodor Körner Hof wurde erst Ende August 2007 eröffnet.
Frage 8:
Welche technischen Probleme weisen diese Anlagen auf?
Antwort:
Bis zu diesem Zeitpunkt sind noch keine technischen Probleme bekannt.
Frage 9:
Wo gibt es Verbesserungsmöglichkeiten?
Antwort:
Um die Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten, ist die Amortisationszeit auf 15 Jahre zu reduzieren.
Frage 10:
Wie ist die Haltbarkeit dieser Anlagen im Vergleich zu herkömmlichen Lärmschutzwänden aus Glas, Holz oder Beton?
Antwort:
Dazu ist grundsätzlich anzumerken, dass die Solarelemente auf eine bestehende Konstruktion aufgesetzt werden. Den Photovoltaikpanelen heutiger Produktion werden Lebensdauern von zumindest 30 bis 40 Jahren vorausgesagt.
Frage 11:
Wie hoch ist der Absorbationswert bzw. Dämpfungswert einer Lärmschutzwand aus Solarelementen im Vergleich zu herkömmlichen Lärmschutzwänden aus Glas, Holz oder Beton?
Antwort:
Die Absorption von Photovoltaikelementen ist aufgrund der schallharten Oberfläche wie bei Glas nicht gegeben, sondern es werden die auftreffenden Schallwellen reflektiert. Der Schalldurchgangswert, welcher jedoch maßgebend für den Schallschutz der hinter der Lärmschutzwand wohnenden Anrainer ist, liegt wie bei allen anderen herkömmlichen Lärmschutzwänden aufgrund der technischen Vorgaben über 25 Dezibel.
Frage 12:
Gibt es laufende Bewilligungsverfahren für weitere Einrichtungen dieser Art oder sind solche in naher Zukunft geplant?
Antwort:
Von Seiten der ASFINAG wurden in den letzten Jahren im Zuge der Planung von neuen Lärmschutzwänden mit Energieversorgungsunternehmen intensive Gespräche über die Implementierung und Nutzung der Lärmschutzwände mit Photovoltaikelementen geführt. Sowohl bei einem großen Lärmschutzprojekt an der A2 im Wörtherseebereich als auch bei der Lärmschutzwand an der A22 im Bereich der Alten Donau scheiterte die Umsetzung der Lärmschutzwand mit Photovoltaikelementen an dem zu geringen Einspeisetarif. Trotz des großen Engagements der ASFINAG konnte bis dato aufgrund des mangelnden Umsetzungsinteresses der Energieversorgungsunternehmen keine weitere Solarlärmschutzwand errichtet werden. Derzeit laufen viel versprechende Verhandlungen für die Installation von Photovoltaikkollektoren an einer Lärmschutzwand entlang der A12 Inntal Autobahn.
Frage 13:
Gibt es Förderungen für diese Art der Solarkraftwerke?
Antwort:
Grundsätzlich ja. Sowohl seitens der Länder (bisher) als auch im Entwurf zum neuen Ökostromgesetz sind keine derartigen Ausschlusskriterien angeführt.
Frage 14:
Welche baulichen Voraussetzungen müssen gegeben sein?
Antwort:
Grundsätzlich können Solarkollektoren konventionell in eine standardmäßig gerade Lärmschutzwand als Elemente eingesetzt werden. Je nach Ausrichtung der Photovoltaikpanele kann die Energieausbeute erhöht werden, jedoch bedarf es dazu zusätzlicher Konstruktionselemente. Photovoltaikelemente können auch auf bestehende Lärmschutzwände aufgesetzt werden, sodass die Schallabschirmung der bestehenden Wand erhöht wird. Photovoltaikpanele können natürlich auch vor bzw. an der Rückseite von Lärmschutzwänden montiert werden, wobei jedoch der wirtschaftliche positive Effekt, dass das Photovoltaikelement die Kosten für das konventionelle Lärmschutzelement substituiert, nicht genutzt werden kann.
Frage 15:
Wie groß sind die Flächen entlang der österreichischen Verkehrsinfrastruktur, die für solche Projekte genutzt werden können?
Antwort:
Rund ein Drittel der derzeitig bestehenden Lärmschutzwände entlang des Autobahnen- und Schnellstraßennetzes könnte solartechnisch mit Photovoltaikelementen genutzt werden. Dies ist eine nutzbare Fläche von rund 830.000 m². Des Weiteren könnten pro Jahr rund 40.000 m² zusätzliche Photovoltaikflächen an Lärmschutzwänden neu errichtet werden.
Bei der Eisenbahn wäre eine Nutzung der vorhandenen Lärmschutzwände von rund 10% aller aufgestellten Wände möglich (Ausrichtung zur Sonne). Jedoch hat die Eisenbahn kein Interesse am Betrieb einer solchen Anlage, da diverse Studien gezeigt haben, dass sich daraus keine Wirtschaftlichkeit ergibt. Auf der Gleisseite ist eine Montage nicht möglich, da bestehende Lichtraumprofile einzuhalten sind und die schräg zu stellenden Paneele zu weit in den Gleisbereich hereinragen und weiters durch Reflexionen des Zuges Störungen auftreten würden. Weiters kann der Strom nicht direkt von der Bahn genutzt werden, er müsste gepuffert und ins allgemeine Netz gespeist werden.
All dies ist nicht in der Kernkompetenz der Bahn. Wenn ein Energiebetreiber eine solche Anlage betreiben möchte (Errichtung, Instandhaltung, Einspeisung, …), dann sind die ÖBB gerne zu Gesprächen bereit.
Frage 16:
Wie hoch wäre der theoretische Output, wenn alle diese Flächen genutzt werden?
Antwort:
Nimmt man für eine grobe Abschätzung an, dass die bestehenden etwa 1000 km Schallschutzwände an Autostrassen bezüglich Orientierung gleich verteilt ausgerichtet sind, so stehen im gut geeigneten Bereich (zwischen SO und SW) 50% der Flächen zur Verfügung, dies unter der weiteren Annahme, dass diese sowohl zur Straße gewandt als auch abgewandt (angebaut auf bestehende Lärmschutzwände) eingesetzt werden können. Nimmt man die Erträge der Photovoltaik-Lärmschutzanlage Gleisdorf als Referenzwert (65 MWh pro km und Jahr) so ergäbe das grob etwa 65 GWh pro Jahr, was dem Strombedarf von knapp 20.000 Haushalten entspricht.
Frage 17:
Wie hoch wären die Kosten für diesen Ausbau?
Antwort:
Die Kosten für die Installierung von 830.000 m² Photovoltaikpanelen würden sich zwischen 300 bis 400 Mio. Euro belaufen.
Frage 18:
Wie viele Tonnen CO2 könnten damit eingespart werden?
Antwort:
Wie viel CO2 dadurch eingespart werden kann hängt davon ab, mit welchem Kraftwerk der Vergleichsstrom erzeugt wird (dazu kann keine detaillierte Aussage getroffen werden).
Frage 19:
Gibt es von Seiten des BMVIT gezielte Projekte, die sich mit dem Dualnutzen von Lärmschutzwänden als Solarkraftwerke beschäftigen?
Antwort:
Wie ich bereits in meiner Beantwortung zu Fragepunkt 12 ausgeführt habe, konnte trotz des großen Engagements der ASFINAG bis dato mangels des zu geringen Einspeistarifes keine weitere Solarlärmschutzwand als jene in Gleisdorf errichtet werden. Jedoch besteht großes Interesse die Lärmschutzwand als Mehrfachnutzung auch photovoltaisch zu nützen. Derzeit laufen, wie auch oben angesprochen, Verhandlungen für eine Installierung von Photovoltaikkollektoren an einer Lärmschutzwand entlang der A12 Inntal Autobahn.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Faymann