1708/AB XXIII. GP
Eingelangt am 20.12.2007
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung

Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMGFJ-11001/0186-I/A/3/2007
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 1975/J der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein und weiterer Kollegen wie folgt:
Ich darf vorerst darauf hinweisen, dass nur eine Richtlinienkompetenz des Bundes besteht. Die Aufsichtspflicht für die in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Spitäler liegt bei den Ländern. Diese haben die Möglichkeit, auf Grund allfälliger Meldungen der Bezirkshauptmannschaften an das Land, raschest einen Überblick zu gewinnen.
Weiters darf ich klarstellen, dass im Rahmen der Fachaufsicht es die Länder sind, die Befunde erheben. Auffällige Befunde ohne Patientenbezug sind nicht meldepflichtig. Allfällige Mängel auf diesem Gebiet können daher nicht zu einem Versäumnis des Bundes bzw. meines Ressorts uminterpretiert werden.
Frage 1:
Nein, nach der Statistik der Nationalen Referenzzentrale für Legionella-Erkrankungen liegt der Prozentsatz der krankenhauserworbenen Infektionen 2007 im Durchschnitt der letzten Jahre.
Frage 2:
Nein; die Vollziehung auf dem Gebiet der Heil- und Pflegeanstalten (damit auch der Bereich der Spitäler) fällt gemäß Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG in die Zuständigkeit der Länder. Fachliche Richtlinien, die von meinem Ressort erarbeitet wurden ("Checkliste für Krankenhaushygiene") sehen eine Überprüfung auch der hygienischen Überwachung des Warmwassers auf Legionellen vor.
Fragen 3 und 5:
Die Zahl der in Österreich registrierten Fälle von Legionärskrankheit ist 2006 auf 69 gestiegen und wird 2007 ca. 100 Fälle betragen. Die kontinuierliche Steigerung ist in erster Linie auf die verbesserte Diagnostik mittels Legionella-Harn-Antigentest zurückzuführen.
Die Inzidenz von Legionärskrankheit (Zahl der registrierten Fälle pro 100.000 Einwohner) betrug 2006 in Österreich 0,83 und lag damit deutlich unter jener in anderen europäischen Ländern, wie den Niederlanden, Dänemark, der Schweiz oder Frankreich, wo die Inzidenz bei zwei Fällen pro 100.000 Einwohnern lag. Es ist davon auszugehen, dass in diesen Ländern die Legionärskrankheit nicht häufiger ist, sondern die Diagnostik von Lungenentzündungen intensiver betrieben wird.
Frage 4:
Der Jahresbericht 2006 der Referenzzentrale für Legionella-Infektionen erschien im Oktoberheft der Mitteilungen der Sanitätsverwaltung und ist unter www.ages.at im Internet abrufbar.
Frage 6:
In den Jahren 1996 – 2006 wurden insgesamt 34 Krankenanstalten und andere Gesundheitseinrichtungen in fast allen Bundesländern mit krankenhauserworbenen Legionella-Infektionen in Verbindung gebracht.
Es werden regelmäßige Routinekontrollen durch die Krankenanstalten durchgeführt. Dabei treten nur in einem kleinen Prozentsatz positive Befunde auf.
Frage 7:
In der Krankenanstalt Rudolfstiftung werden sowohl das Wasserleitungssystem, als auch die Kühltürme auf dem Dach regelmäßig auf Legionellen untersucht. Bei der routinemäßigen Beprobung im April und Mai des heurigen Jahres waren, wie auch in den Jahren davor, in keinem der Kühltürme Legionellen nachzuweisen. Auch die routinemäßigen Proben aus dem Warmwassersystem waren legionellenfrei.
Um bei Pneumonien sofort die richtige Therapie einleiten zu können, besteht in der Krankenanstalt Rudolfstiftung seit vielen Jahren die Empfehlung, alle Patienten mit einer klinisch schweren Pneumonie (Fine-Score III-V) auf Legionellen zu untersuchen. Dies ist auch in der Therapieempfehlung des Krankenhauses ausdrücklich vermerkt. Aus diesem Grunde wurden auch in diesem Jahr, sowie in den vorausgegangenen Jahren, Legionellenerkrankungen sofort entdeckt. So wurden im Jahre 2003 bei 4, im Jahre 2004 bei 1, im Jahre 2005 bei 2 und im Jahre 2006 bei 4 Patienten eine Reise-assoziierte Legionellenerkrankung entdeckt.
Da die Inkubationszeit einer Legionellenerkrankung sich in einem Bereich von 2 bis meistens 10 Tagen, in einigen Fällen jedoch auch bis zu 28 Tagen bewegt, ist es genau so gut denkbar, dass diese Patienten bereits inkubiert aufgenommen wurden und diese Legionellenerkrankungen sich erst im Rahmen des stationären Aufenthaltes manifestiert haben.
Frage 8:
Wie bereits bei Frage 7 beschrieben, ist es möglich, dass bereits inkubierte Patienten aufgenommen wurden und die Erkrankung sich erst während des Krankenhausaufenthaltes manifestiert hat.
Durch die hauseigene Strategie der intensiven Diagnostik mittels Harnantigen und der unverzüglichen Verständigung des Hygieneteams vor Einleitung einer spezifischen Antibiotikatherapie konnten die Patientenisolate gesichert werden. Somit konnte nachgewiesen werden, dass mindestens 3 Patienten mit Stämmen infiziert waren, die bei der molekularbiologischen Untersuchung nicht voneinander unterscheidbar waren. Dies ist ein Hinweis, dass diese Patienten die Infektion, vermutlich ausgehend von einer gemeinsamen, außerhalb des Spitals gelegenen Quelle, bereits mitgebracht haben.
Frage 9:
Thermische Desinfektionsmaßnahmen von Warmwasserversorgungsanlagen können dann erfolgreich sein, wenn die Anlagen technisch saniert und die Zirkulationsleitungen einreguliert sind. An solchen technischen Maßnahmen, die aufwändig und teuer sind, wird in vielen Spitälern seit Jahren gearbeitet.
Natürlich ist es bekannt, dass die Spülung mit Heißwasser für eine anhaltende Dekontamination des Wasserleitungssystems nicht ausreichend ist. Aus diesem Grunde sind seit 2003 in der Krankenanstalt Rudolfstiftung 5 Anlagen für die anodische Oxidation unter großem finanziellen Aufwand installiert worden. Dieses System der anodischen Oxidation gewährleistet - im Gegensatz zum periodischen Aufheizen - eine kontinuierliche Entkeimung des Warmwassersystems.
Obwohl es nicht den geringsten Hinweis auf ein technisches Problem gab, wurde bis zum Vorliegen der Wasserproben (Dauer: 7 bis 10 Tage!) das gesamte Wasserleitungssystem zusätzlich thermisch desinfiziert. Wie die Wasserproben im Nachhinein gezeigt haben, gab es keine Legionellenkontamination. Im Interesse der Sicherheit der Patienten wurde diese Maßnahme vorsorglich durchgeführt, um bis zum Vorliegen der Resultate der Wasserproben im Falle eines möglicherweise nicht rasch entdeckbaren technischen Defektes jegliches Risiko für die Patienten auszuschließen.
Frage 10:
Bei thermischen Desinfektionsmaßnahmen von Warmwasserversorgungsanlagen in Krankenanstalten muss durch das Personal sichergestellt werden, dass es nicht zu Verbrühungen kommt. Die Feststellung, dass die Warmwassertemperatur von 35°C nicht überschritten werden darf, ist unrichtig. Es gibt jedoch in Wien ein Landesgesetz, das besagt, dass an öffentlich zugänglichen Entnahmestellen das Wasser nicht heißer als 55°C sein darf. Dieses Gesetz sollte jedoch aufgehoben werden, da es den legionellensicheren Betrieb von Warmwasserversorgungsanlagen behindert und nicht kompatibel mit der neuen ÖNORM B 5019 ist.
Die thermische Desinfektion der Wasserleitung ist sehr wohl durchführbar, auch unter Wahrung des gesetzlich vorgeschriebenen Verbrühungsschutzes. Selbstverständlich wird die Wassertemperatur in der Krankenanstalt Rudolfstiftung auf der vorgeschriebenen Temperatur gehalten. Die thermische Desinfektion erfolgt nach Öffnen der Sicherung bei jedem einzelnen Wasserauslass, wie auch in der ÖNORM B 5019 vorgesehen. Anschließend erfolgt
das Durchspülen des Wasserauslasses mit heißem Wasser, danach wird die Sicherung für den Verbrühungsschutz wieder aktiviert. Die wissenschaftliche Effizienz der thermischen Desinfektion ist eindeutig dokumentiert. Dieses Verfahren kommt in der Krankenanstalt Rudolfstiftung jedoch nur als Zweitmaßnahme und in Ausnahmefällen zur Anwendung, da die kontinuierlich arbeitende anodische Oxidationsanlage für alle Bereiche des Warmwassersystems installiert ist.
Frage 11:
Die Annahmen, dass chemische Desinfektionsmaßnahmen teurer seien als thermische und dass thermische Desinfektionsmaßnahmen vom Warmwasserverteilungssystemen sinnlos seien, sind unrichtig.
Heiße Wasserspülung mit der entsprechenden Temperatur und Durchflusszeit ist als eine Möglichkeit zur Desinfektion auch in der ÖNORM B5019 angeführt und somit keinesfalls sinnlos. Im Gegenteil, laut ÖNORM B 5019 sollte einer thermischen Desinfektion gegenüber einer chemischen immer der Vorzug gegeben werden!
Da jedoch in der Krankenanstalt Rudolfstiftung für den laufenden Betrieb das Verfahren der anodischen Oxidation im gesamten Haus installiert ist, ist der Beweis gegeben, dass keinesfalls auf den Rücken von Patienten oder Personal gespart wird.
Frage 12:
Der Legionella-Harn-Antigen-Test ist ein sehr wichtiges Werkzeug zur Diagnose von Fällen von Legionärskrankheit und dessen Einsatz wird für alle Spitäler bei Patienten mit Lungenentzündungen empfohlen.
Die Durchführung eines Schnelltests auf Legionellen ist im Wiener Krankenanstaltenverbund keineswegs ungewöhnlich, sondern nur ein Ausdruck für die hohe Qualität der Diagnostik. Jeder Arzt sollte wissen, dass die Legionellendiagnostik mittels Kultur viel zu lange dauert, um damit eine Therapiesteuerung durchführen zu können. Es ist daher für die Diagnosestellung und damit für die Initiierung einer korrekten Antibiotikatherapie die Durchführung des Legionellenschnelltestes Stand des medizinischen Wissens. Weiters erlaubt die Durchführung dieses Schnelltestes auch, sofort die Patatientenisolate zu sichern und damit eine Typisierung durchzuführen, um Infektionsquellen zu identifizieren. Der seit vielen Jahren bewährte Legionellenschnelltest hat sich in dieser Situation neuerlich bewährt und wird daher auch weiterhin durchgeführt werden. Da damit natürlich auch Kosten verbunden sind, ist dies eine zusätzliche Investition in die Sicherheit von Patienten. Mit diesem Test konnte mittlerweile ein weiterer Patient mit einer mitgebrachten Legionellenpneumonie identifiziert, sofort korrekt therapiert und mittlerweile auch schon wieder entlassen werden.
Frage 13:
Die Referenz-Zentrale propagiert den Einsatz des Legionella-Harn-Antigen-Tests seit Jahren. In Wiener Spitälern hat es sich weitgehend durchgesetzt, dass dieser Test bei schweren Pneumonien eingesetzt wird.
Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass der Schnelltest in allen anderen österreichischen Spitälern ebenfalls durchgeführt wird, weil er die rasche Diagnose von Legionellenerkrankungen ermöglicht und somit die Heilungschancen verbessert.
Frage 14:
Der Einsatz des Legionella-Harn-Antigen-Tests kann nicht in Zusammenhang mit dem Vorkommen von Legionellen im Wasserleitungssystem eines Krankenhauses gesehen werden, denn 85% der Fälle von Legionärskrankheit sind nicht krankenhauserworben.
Die Frage, ob es billiger ist die Schnelltests zu finanzieren oder eine gründliche chemische Spülung vorzunehmen, stellt sich nicht. Wie in allen Bauten mit ausgedehnten Wasserleitungsystemen besteht auch in Krankenhäusern die Möglichkeit einer Kontamination mit Legionellen. Um diese Kontamination des Warmwassersystems hintanzuhalten, wird die kontinuierliche Dekontamination des Warmwassers mittels anodischer Oxydation durchgeführt.
Es kommen jedoch immer wieder Patienten mit einer mitgebrachten Legionellenpneunomie zur stationären Betreuung. Daher ist parallel zur Prävention von Legionellenerkrankungen auch die sofortige Diagnostik essenziell, um das Überleben der Patienten sicherzustellen. Der Schnelltest ist daher keine Sparmaßnahme, sondern im Gegenteil eine zusätzliche Investition für die Patientensicherheit.
Frage 15:
Die 86jährige Patientin war vor der Übernahme in die Krankenanstalt Rudolfstiftung hier weder ambulant noch stationär behandelt worden. Selbst wenn es eine Infektionsquelle in der Krankenanstalt Rudolfstiftung gegeben hätte, hätte sich daher diese Patientin auf Grund der fehlenden Exposition hier nicht infizieren können.
Die Diagnose Legionellenpneumonie ist jedoch erst in der Krankenanstalt Rudolfstiftung gestellt worden, als diese Patientin mit einem beginnenden Multiorganversagen aus einem auswärtigen Spital übernommen wurde, in dem leider kein Legionellenschnelltest durchgeführt worden war - trotz der vielen Medienberichte.
Frage 16:
Die Ö-Norm regelt genau die durchzuführenden Untersuchungen. Diese werden in der Krankenanstalt Rudolfstiftung auch regelmäßig durchgeführt. Es gibt in der Krankenanstalt Rudolfstiftung keinen Test, der zwei Jahre zurückliegt.
Fragen 17 bis 19: (= Fragen 9 bis 11 in der Anfrage)
In Österreich und auch in den meisten anderen europäischen Ländern gibt es seit Jahren in den Monaten Juli bis Oktober eine gesteigerte Zahl von Fällen von Legionärskrankheit, nicht aber eine Häufung von krankenhauserworbenen Fällen. Diese Steigerungen werden einerseits auf verstärkte Reisetätigkeit mit reiseassoziierten Fällen aus Hotels in Mittelmeerländern zurückgeführt, andererseits auf Erkrankungsfälle, die mit nassen Kühltürmen und Kühlaggregaten zu tun haben. Im August 2007 waren zwei Ausbrüche von Legionärskrankheit mit 14 Erkrankungsfällen sehr wahrscheinlich auf solche Kühltürme zurückzuführen.
Durch die sofortige Diagnostik auf Legionellen ist es in der Krankenanstalt Rudolfstiftung gelungen, bei der Mehrzahl der Patienten das Patientenisolat zu gewinnen. Damit konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass mindestens drei der Patienten bereits mit einer bestehenden Pneumonie aufgenommen wurden.
Hohe Temperaturen führen zu einer vermehrten Nutzung von Klimaanlagen. Da diese zwar von Kaltwasser gespeist werden, sonst aber keinen Zusammenhang mit dem Wasserleitungssystem haben, ist es auch logisch, dass dies kein Grund ist, die wasserführenden Systeme dieser Spitäler zu erneuern. Da das wasserführende System der Krankenanstalt Rudolfstiftung mittlerweile bereits mehr als 30 Jahre alt ist, wird aus technischen Gründen bei jedem Stationsumbau eine Erneuerung der Wasserrohre durchgeführt.
Frage 20: (= Frage 12 in der Anfrage)
a) Der Leiter der Wirtschaftsdirektion am Landeskrankenhaus Feldkirch teilt mit, dass die beauftragte Firma im Zuge der Stationssanierungen schriftlich bestätigt hat, dass die Installationen entsprechend der technischen Richtlinie DVGW - Arbeitsblatt W551 ausgeführt wurden. Weiters wurde ein spezialisiertes Unternehmen beauftragt, das Warm- und Kaltwassersystem zu prüfen. Das Ergebnis entspreche weitestgehend den im zitierten Arbeitsblatt aufgeführten Empfehlungen. Weitestgehend deshalb, da der größte Teil der Warm- und Kaltwasserinstallationen des Hauses, welches vor 35 Jahren in Betrieb genommen wurden, im Zuge von laufenden Stations-Sanierungen erneuert wurde und vereinzelt auch Anlagenteile aus dieser Zeit stammen.
Dieser Umstand trifft auch auf den weit überwiegenden Teil Österreichischer Krankenhäuser zu. Deshalb erfolgen auch konsequent die erforderlichen Kontrollen und Probenahmen. Eine letztlich hundertprozentige Sicherheit kann es aber – wie den befassten Medizinern bewusst – offenbar nicht geben.
b): Die zur Verhinderung von Infektionen durch erwärmtes Trinkwasser verfügbaren Regelwerke
· ÖNORM B 5019 "Hygienerelevante Planung, Ausführung, Betrieb, Wartung, Überwachung und Sanierung von zentralen Trinkwasser-Erwärmungsanlagen"
· Leitlinie "Kontrolle und Prävention der reiseassoziierten Legionärskrankheit"
· Technische Regel Arbeitsblatt W 551 "Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen
repräsentieren ausreichend den aktuellen Wissensstand auf diesem Gebiet und entsprechen den Anforderungen an eine moderne, angemessene Legionellenprophyaxe.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andrea Kdolsky
Bundesministerin