1710/AB XXIII. GP
Eingelangt am 20.12.2007
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung

Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMGFJ-11001/0196-I/A/3/2007
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 2075/J der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde wie folgt:
Frage 1:
Zu der in der Einleitung der gegenständlichen Anfrage genannten Zahl von 8.000 bis 9.000 pro Jahr an die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse gerichteten Anträgen auf Kostenerstattung ist vorab festzuhalten, dass diese generell nicht darauf zurückzuführen ist, dass die „e-card“ im Ausland nicht akzeptiert wurde. Wie die namentlich zitierte Oberösterreichische Gebietskrankenkasse dem Hauptverband mitgeteilt hat, beruht die Darstellung offenbar auf einer Presseaussendung dieser Kasse. Dazu dürfte es ein Missverständnis gegeben haben. In der Presseaussendung wird ausdrücklich festgehalten:
„Eine statistische Abgrenzung jener Fälle, in denen eine Nichtakzeptanz der EKVK, eine gezielte Ausreise zum Zwecke der Krankenbehandlung oder aber auch das "Zuhause-Vergessen der Karte“ dem Antrag zugrunde liegt, gibt es nicht. Nur in Fällen, in denen OÖGKK-Versicherte diesbezüglich schriftlich, telefonisch oder persönlich die OÖGKK kontaktieren, kommen dahinterliegende Motive zum Vorschein, z.B. auch dann, wenn wir zur Bearbeitung des Vorganges Informationen vom Versicherten benötigen, erfahren wir Details.“
Gründe für Probleme im Zusammenhang mit dem Versuch, mittels EKVK eine Krankenbehandlung im Ausland zu erlangen sind etwa auch:
· weil Patient/inn/en - u. U. mangels ausreichender Sprachkenntnisse - die nationalen bzw. lokalen Usancen nicht bekannt und/oder nicht vermittelbar sind;
· weil Patient/inn/en mangels ausreichender Ortskenntnisse nicht in der Lage (oder nicht gewillt) sind, statt einem/einer näher situierten Privatarzt/-ärztin eine/n Vertragsarzt /-ärztin aufzusuchen;
· weil Patient/inn/en (z. B. nach einem Unfall) keine Dispositionen treffen können und von der Rettung zu einer nicht mit dem nationalen Krankenversicherungssystem in Vertragsbeziehung stehenden Behandlungseinrichtung (Arzt/Ärzitn, Sanitätsstation oder Krankenhaus) gebracht werden;
· weil Patient/Inn/en die EKVK im Hotel (oder gar in Österreich) gelassen haben und sich diese erst besorgen (oder erst nachsenden lassen) müssen;
· weil die vom Patienten/von der Patientin mitgeführte e-card auf der Rückseite keine gültige EKVK trägt und der/die Patient/in sich vor Ausreise nicht im Inland darum gekümmert hat (siehe die Ausstellungsregeln für die EKVK in den §§ 7 ff. MKO 2007, wobei aber, um dem Anspruch auf Ausstellung einer EKVK auch bei kurzfristiger Vorbeschäftigung nachzukommen, die Ausstellung von Ersatzbelegen möglich ist);
· weil der/die mit einem nationalen Träger in Vertragsbeziehung stehende Leistungserbringer/in unzureichend informiert ist oder dies behauptet/vorschützt, um vom Patienten/von der Patientin Privathonorare verlangen zu können.
Aus diesen Ausführungen ergibt sich auch, dass die Anzahl der Anträge auf Kostenrückerstattung, die durch ungerechtfertigte Verweigerung der Akzeptanz der EKVK durch ein/e ausländische/n Behandler/in erforderlich geworden sind, wie dies in der gegenständlichen Anfrage gewünscht wird, nicht darstellbar ist.
Wenn ein Antrag auf Kostenerstattung nach einer Behandlung im Ausland gestellt wird, wird von Gebietskrankenkassen jedenfalls der österreichische Kostenerstattungsbetrag ausbezahlt. Es ist auch eine Tarifanfrage an die ausländische Versicherung möglich, wenn der Patient/die Patientin das Recht hat, im Ausland den Versicherten der ausländischen Versicherung gleichgestellt zu sein. Patient/inn/en sind nach europäischem Recht in einem anderen Mitgliedstaat dem Grundsatz nach so zu behandeln, als ob die betreffende Person in diesem Mitgliedstaat wohnen würde. Bei der Wiener Gebietskrankenkasse etwa lag in den Jahren 2005, 2006 und 2007 die Zahl der Tarifanfragen bei 1120, 1750 und 1972.
Dass Annahmeverweigerungen bei der EKVK vorkommen, ist jedoch unbestritten.
Ohne näher auf die vielen Vorteile der EVKVK einzugehen – wie Entfall administrativer Formulare und damit leichteren Zugang zu medizinischen Leistungen sowie Erschwernis von Missbrauch - ist zunächst festzuhalten, dass die erwähnten Probleme nicht mit EU‑Mitgliedstaaten bestehen, sondern auf Akzeptanzproblemen, aber auch Missverständnissen, bei einzelnen Behandler/inne/n bzw. Krankenanstalten beruhen.
Generell ist zu betonen, dass im Ausland nicht die „e-card“, sondern die „Europäische Krankenversicherungskarte (EVKVK)“ die Grundlage für Behandlungen ist. Diese Karte befindet sich nach österreichischer Version grundsätzlich auf der Rückseite der e-card. Die EKVK wird auch als „European Health Insurance Card - EHIC“ bezeichnet. Nur die EKVK und ihr Erscheinungsbild („blaue Karte“) sind europaweit einheitlich. Sie ist derzeit nur optisch lesbar.
In diesem Zusammenhang ist zu sagen, dass auch vor der Einführung der Europäischen Krankenversicherungskarte die Umsetzung internationaler Behandlungsbelege nicht immer möglich war.
An der Tatsache, dass man als Patient/in im Ausland einen Nachweis über die Versicherung verlegen muss, hat sich nichts geändert. Früher musste man noch teilweise eigens mit einem Formular (E 111) in der jeweils zuständigen ausländischen Stelle einen Betreuungsbeleg besorgen. Das hing von Entfernungen, Öffnungszeiten usw. ab und war für ohnedies erkrankte Menschen oder deren Begleitpersonen nicht immer einfach. Danach musste man eine/n Vertrags- oder sonstige/n Partner/in (Behandlungsstelle) der ausländischen Krankenversicherung aufsuchen, was voraussetzte, dass man einschlägige Informationen einholte bzw. einholen konnte, wer ein/e solche/r Partner/in ist und wo er/sie sich befindet. Heute entfällt der Amtsweg zur ausländischen Versicherung. Das Formular ist weggefallen, stattdessen gibt es die EKVK. Die Ermittlung eines Partners/einer Partnerin der ausländischen Versicherung ist aber nach wie vor notwendig. Die österreichischen Krankenkassen können hier keine Hilfe leisten, weil ihnen darüber keine Informationen zur Verfügung stehen.
Frage 2:
Die Akzeptanz der EKVK hängt letztlich von der Kooperationsbereitschaft der behandelnden Ärzte/Ärztinnen ab. Das hat sich im Vergleich zu früher (mit dem Formular E 111) nicht geändert. Wenn ein/e Patient/in bei Eintritt einer akuten Erkrankung oder nach einem Unfall von den örtlichen Krankentransportunternehmen gezielt in eine örtliche Privatklinik transportiert wird, die eine Privathonorierung verlangt, obwohl eine Behandlung auch über die EKVK gegen Direktverrechnung möglich gewesen wäre, kann dagegen nicht immer erfolgreich aufgetreten werden.
Wenn Schwierigkeiten bekannt werden, versuchen die österreichischen Krankenversicherungsträger, in direkten Kontakten mit den ausländischen Stellen (bis hin zur Einschaltung der diplomatischen Vertretungen) für die Patient/inn/en befriedigende Lösungen zu erreichen. Erforderlichenfalls sind derartige Probleme auch Gegenstand von Verbindungsstellenbesprechungen.
Die einschlägigen Informationen, Schulungsveranstaltungen usw. können nicht von der österreichischen Sozialversicherung durchgeführt werden. In der Verordnung (EG Nr. 631/2004, ABl. EU L 100, vom 6.4.2004) wurde im Artikel 4 Folgendes festgelegt: „Zur Durchführung dieser Verordnung stellen die Träger des Aufenthaltsstaates sicher, dass alle Leistungserbringer umfassend über die Kriterien gemäß Artikel 22 Abs.1 Buchstabe a) Ziffer i) der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 unterrichtet sind.“
Grundsätzlich wäre es auch der österreichischen Sozialversicherung (allenfalls namens eines Patieten/einer Patientin) möglich ist, im Ausland selbst einschlägige Schritte zu setzen, dies wäre aber (Prozessführung im Ausland) mit hohen Kosten verbunden und wird zumindest derzeit nicht als vorrangige Lösungsmöglichkeit gesehen.
Wichtig erscheint auch, dass die Versicherten über die Möglichkeit der Inanspruchnahme ausländischer ärztlicher Hilfe mittels EKVK hinreichend informiert sind. Der Hauptverband hat dazu neben dem einschlägigen Internetangebot einen Informationsfolder aufgelegt, der im laufenden Jahr im Zusammenhang mit Auslandsreisen verteilt wurde.
Eine Verbesserung der Situation wird darin bestehen, dass eine elektronische Form der EKVK geschaffen wird. Diese ist bereits in Arbeit.
Das Projekt NETC@RDS arbeitet einerseits daran, bestehende nationale Versicherungs-Chipkarten kompatibel (interoperabel) zu machen. Andererseits werden auch Lösungsmöglichkeiten zur elektronischen Erfassung der Daten der EKVK sowie die Anbindung von nicht-kartenorientierten Systemen angeboten.
Österreich ist mit dem Institut für Pflege- und Gesundheitssystemforschung (IPG) der Universität Linz und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (vertreten durch die Tochtergesellschaft des Hauptverbandes nach § 31b ASVG – die SVC) seit 2002 im Projekt NETC@RDS aktiv. Im Zuge eines Pilotbetriebes in 10 Ländern („Phase A”) ist jeweils ein NETC@RDS‑Portal eingerichtet worden, welches der Kommunikation mit Partnerländern dient. Das österreichische Portal wird derzeit vom Hauptverband betrieben. Weiters wurden in Krankenanstalten in den teilnehmenden Ländern Arbeitsplätze mit der NETC@RDS-Software ausgestattet, welche ein Auslesen unterschiedlicher nationaler Krankenversicherungskarten ermöglicht. Derzeit werden Chipkarten aus Deutschland, Frankreich, Italien, Slowenien und Österreich sowie EKVKs aus allen Partnerländern unterstützt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andrea Kdolsky
Bundesministerin