1723/AB XXIII. GP
Eingelangt am 21.12.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Morak, Kolleginnen und Kollegen haben am 30. Oktober 2007 unter der Nr. 1708/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend zukünftige Maßnahmen bei der Digitalisierung des Rundfunks gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Ø Vor welchen mittelfristigen Herausforderungen steht Österreich im Bereich der Rundfunkdigitalisierung Ihrer Meinung nach?
Zentrale Herausforderung ist aus meiner Sicht die Sicherstellung eines raschen, aber kostengünstigen Umstiegs vom analogen auf den digitalen Rundfunk, der insbeson-dere im Fernsehbereich im Gleichklang mit der internationalen Entwicklung einher-geht. Zu den aktuellen Herausforderungen zählen die Einführung des mobilen terres-trischen Fernsehens (DVB-H) in einem für die österreichischen Konsument/innen und die österreichischen Marktteilnehmer/innen geeigneten Modell, die Etablierung von digital-terrestrischen Multiplex-Plattformen für lokale und regionale Programmveranstalter, darüber hinaus die Einführung von HDTV insbesondere auf den Plattformen Kabel und Satellit sowie die zeitgerechte Strategieentwicklung und Vorbereitung auf den Start von digitalem Hörfunk.
Eine weitere höchst sensible Thematik in diesem Zusammenhang ist die zum Teil sehr kontroversielle Debatte um die sogenannte "Digitale Dividende", also jene Rundfunkfrequenzen, die durch die Digitalisierung des Fernsehens frei werden. Auf EU-Ebene gibt es ja zum Teil Forderungen nach einer Versteigerung dieses Spek-trums für andere Anwendungen (z.B. Internet, Mobilfunk). Ich gehe aber doch davon aus, dass in Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung von Medienvielfalt sowie kultu-reller Eigenständigkeit ein wesentlicher Teil dieser "Digitalen Dividende" in Österreich für Rundfunkdienste zur Anwendung kommen wird. Es wird daher Aufgabe der Medi-enpolitik der nächsten Jahre sein, etwa im Rahmen des Digitalisierungskonzepts un-ter Einbeziehung aller Beteiligten über die konkrete Nutzung zu entscheiden. Einer einseitigen Vorgabe durch die Europäische Kommission stehe ich aber - soweit ich weiß gemeinsam mit einigen meiner Ministerkolleginnen und -kollegen auf europäi-scher Ebene - höchst skeptisch gegenüber. Dieses Thema wird uns mittelfristig si-cher sehr stark beschäftigen.
Zu Frage 2:
Ø Welche konkreten Strategien und Pläne gibt es von Seiten des Bundesministeri-ums für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst hinsichtlich der Digitalisierung von Rundfunkangeboten?
Wie hinreichend bekannt sein dürfte, ist die Ausarbeitung der konkreten Strategien zur Rundfunkdigitalisierung entsprechend den Bestimmungen des Privatfernsehge-setzes eine der zentralen Aufgaben der Kommunikationsbehörde Austria (KommAus-tria). Ihr zur Seite steht die RTR-GmbH sowie die rund 300 Expert/innen der Arbeitsgemeinschaft „Digitale Plattform Austria". Die KommAustria ist derzeit mit der Umsetzung des „Digitalisierungskonzeptes 2007" befasst, auf dessen Basis schwerpunktmäßig digital-terrestrische Multiplex-Plattformen für lokales und regionales Fernsehen sowie mobiles terrestrisches Femsehen im Standard DVB-H realisiert werden. Gerade für letzteres Vorhaben haben wir große Anstrengungen unternommen, da mobiles Fernsehen einer Änderung des Privatfernsehgesetzes bedurfte, die im Juli dJ beschlossen wurde. Im internationalen Vergleich sind wir damit einer der Vorreiter. Dienstseitig stellt mobiles Femsehen einen wesentlichen Mehrwert im Vergleich zum Status Quo dar. Aber auch was das Interesse an einer Regionalisierung im Bereich des digitalen terrestrischen Fernsehens betrifft, hat die KommAustria wie in § 23 PrTV-G vorgesehen in engster Abstimmung mit den
Expert/innen meines Hauses den Bedarf zutreffend vorhergesehen. Diese Regionalisierung bietet einen weiteren Anreiz für eine Ausdifferenzierung des Angebots und leistet damit einen entscheidenden Beitrag zur Meinungsvielfalt. Das System der im PrTV-G vorgesehenen Kooperation zwischen Branchenvertreter/innen, Regulierungsbehörde und Bundeskanzleramt hat sich jedenfalls bisher bestens bewährt.
Zu Frage 3:
Ø Welche konkreten Überlegungen gibt es von Seiten des Bundesministeriums für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst angesichts der einleitend beschriebenen Entwicklungen zur weiteren Förderung von DVB-T-Set-Top-Boxen?
Die derzeit laufende Förderung von DVB-T-Endgeräten wird - wie Sie wissen - aus Mitteln des bei der RTR-GmbH eingerichteten Digitalisierungsfonds finanziert und basiert auf einem entsprechenden Förderantrag der Digitales Fernsehen Förder GmbH (DFFG), eines mit der Förderabwicklung betrauten Tochterunternehmens des DVB-T-Plattformbetreibers ORS GmbH & Co KG.
Die Förderrichtlinien des Digitalisierungsfonds sind entsprechend den gesetzlichen Vorgaben plattformneutral ausgestaltet, um so eine Wettbewerbsverzerrung durch Bevorzugung einzelner Plattformen zu vermeiden. Nur so konnten wir eine Geneh-migung durch die Europäische Kommission erreichen. Aus Mitteln des Digitalisie-rungsfonds werden daher Projekte auf allen Plattformen, die sich für die Verbreitung von digitalem Rundfunk eignen, gefördert. Konkret funktioniert die Gewährung von Mitteln aus dem Digitalisierungsfonds antragsgesteuert, was bedeutet, dass Förde-rungen nur auf Basis eines entsprechenden Förderantrags (z.B. eines Plattformbe-treibers oder eines Rundfunkveranstalters) zugesprochen werden können. Zukünf-tige Fördermaßnahmen hängen damit maßgeblich von diversen Projektanträgen der Marktteilnehmer/innen ab, deren Förderfähigkeit die RTR-GmbH in der Folge zu prüfen hat. Auch für zukünftige technische Entwicklungen ist es aber eine nicht wegzudenkende Vorgabe, dass ausschließlich europäische Standards gefördert werden dürfen.
Hinsichtlich der verwendeten Technologien zur Verbreitung digitaler Inhalte verweise ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfragen 1392/J und 1365/J, in de-
nen ich bereits Fragen zu MHP und zu DVB-T2 ausführlich erörtert und beantwortet habe.
Zu Frage 4:
Ø Wann wird die Digitalisierung des Rundfunks abgeschlossen sein?
In diesem Zusammenhang gilt es, eine differenzierte Betrachtung der unterschiedli-chen Plattformen einerseits sowie des Hörfunks und des Fernsehens andererseits anzustellen. Die Digitalisierung des terrestrischen Antennenfernsehens wird in Öster-reich bis spätestens 2010 abgeschlossen sein. Der Grad der Digitalisierung des Sa-tellitenempfangs liegt bereits jetzt bei mehr als 60% und wird voraussichtlich bis 2012 abgeschlossen sein. Anders die Digitalisierung des Fernsehens über Kabelnetze: hier ist aus heutiger Sicht kein exakter Termin für das Ende der analogen Verbrei-tung zu erkennen. Zum heutigen Tag sind jedenfalls rund 45% der österreichischen TV-Haushalte digital - eine aus internationaler Sicht sehr schnell erreichte, sehr ho-he Penetration.
Bezüglich der Digitalisierung des Hörfunks befindet sich Österreich noch in der Vor-bereitungsphase. Eine Abschaltung der heute genutzten analogen UKW-Frequenzen in einem absehbaren Zeitraum - innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre - ist je-doch nirgendwo in Europa ein Thema.
Zu den Fragen 5. 6. 7 und 14:
Ø Gibt es Maßnahmen zur Förderung bzw. Unterstützung von digitalem Satelliten-, bzw. Kabelempfang?
Ø Die Richtlinien der RTR-GmbH über die Förderung von Projekten durch den Digi-talisierungsfonds sprechen mehrfach von Technologie- und Plattformneutralität bei der Vergabe von Förderungen. Welche digitalen Übertragungsplattformen außer DVB-T werden derzeit gefördert?
Ø Jüngsten Zeitungsmeldungen zufolge plant die RTR-GmbH für 2008 neben DVB-T auch digitalen Satellitenrundfunk zu fördern. Gibt es bereits konkrete An-sätze zu dieser Förderung?
Ø Wird der Digitalisierungsfonds auch über die Einführung von DVB-T hinaus zur Förderung digitaler Übertragungstechniken und digitaler Anwendungen auf Basis europäischer Standards im Zusammenhang mit Rundfunkprogrammen bestehen?
Die Plattformneutralität der Fördermittelvergabe bedingt, dass der RTR-GmbH För-dermittel aus dem Digitalisierungsfonds auch für die Förderung von Endgeräten für DVB-C und DVB-S zur Verfügung stehen, was auch dem Konzept für die Mittelver-
gabe aus dem Digitalisierungsfonds der RTR-GmbH für den Zeitraum 2006 bis 2010 entspricht. Wie bereits erwähnt, setzt die Vergabe von Fördermitteln einen Antrag voraus. Ausgehend von entsprechenden Förderanträgen zahlreicher österreichischer Kabelnetzbetreiber läuft seit April 2007 eine Endgeräteförderaktion für digitales Ka-belfernsehen, an der zahlreiche österreichische Kabelnetzbetreiber beteiligt sind. Auch hier darf ich wieder betonen, dass es auch für zukünftige technische Entwick-lungen eine nicht wegzudenkende Vorgabe der Genehmigungsentscheidung der Eu-ropäischen Kommission darstellt, dass ausschließlich europäische Standards geför-dert werden dürfen.
Im Bereich Satellitenfernsehen gab es bis jetzt keine Anträge auf Förderung von Endgeräten aus Mitteln des Digitalisierungsfonds. Jedoch wurde in einer Veranstal-tung im Rahmen der Arbeitgemeinschaft „Digitale Plattform Austria" zum Thema „DVB-S2 - die neue Generation des Satellitenfernsehens" seitens der RTR-GmbH klar gestellt, dass grundsätzlich Fördermittel für eine Endgeräteförderung im Satelli-tenbereich reserviert sind. Auch hier bedarf es aber eines konkreten Antrages z.B. eines Plattformbetreibers oder eines Rundfunkveranstalters.
Zu Frage 8:
Ø Sollen angesichts der in den Förderrichtlinien festgemachten Unabhängigkeit von technischen Plattformen auch IP-TV oder mobile TV Angebote gefördert werden?
Die hier maßgeblichen Richtlinien über die Förderung von Projekten durch den Digi-talisierungsfonds sind - basierend auf den Vorgaben des KommAustria Gesetzes -offen und erlauben die Nutzbarmachung verschiedener Mechanismen zur Förderung digitaler Übertragungstechniken und digitaler Anwendungen. Wieder möchte ich da-rauf verweisen, dass in diesem Zusammenhang entscheidend ist, dass bei Förderun-gen von Übertragungstechniken und Anwendungen europäische Standards, d.h. of-fene und nicht proprietäre Standards verwendet werden, was im Sinne der Interope-rabilität von geradezu existentieller Bedeutung ist.
Zu den Fragen 9 und 11 bis 13:
Ø Werden auch in der Dekade 2010 bis 2020 noch Mittel zur Digitalisierung des Rundfunks benötigt werden?
Ø Es ist immer wieder davon die Rede, dass die Mittel aus dem Digitalisierungs-fonds in den Fernsehfilmförderungsfonds und in die neu zu schaffende Medien-
förderung überführt werden sollen. Werden dennoch finanzielle Mittel für den Digitalisierungsfonds zur Verfügung stehen?
Ø Wird es in Zukunft noch einen Digitalisierungsfonds geben?
Ø Wenn ja, wie hoch wird die Dotierung des Fonds nach der vollständigen Umstel-lung auf DVB-Tsein?
Ob und in welcher Form es Fördermittel für die Digitalisierung des Rundfunks für den Zeitraum nach 2010 bedarf, hängt wesentlich von der Entwicklung des digitalen Rund-funkmarktes ab. Im gegebenen Zeitpunkt werden wir gemeinsam mit Expert/innen der Digitalen Plattform und mit Expert/innen der Branche Gespräche führen. Klar ist, dass Mittel nur dort und insoweit eingesetzt werden, wo die Marktkräfte allein nicht für das nachhaltige Entstehen von Märkten für bestimmte digitale Dienste ausreichen bzw. wo es zweckmäßig erscheint, im Bereich der Forschung und Entwicklung digitaler Techniken Schwerpunkte durch Fördermaßnahmen zu setzen. Aus heutiger Sicht erachte ich es als zielführend, Fördermittel für die Einführung von digitalem Hörfunk sicher zu stellen, wenngleich sich die in- und ausländischen Expert/innen über den technischen Standard und den Zeitpunkt der Marktfähigkeit digitalen Hörfunks höchst uneinig sind. Jetzt schon eine konkrete Zahl an Fördermitteln zu nennen, die weiterhin im Digitalisierungsfonds verbleiben, halte ich für unseriös.
Zu den Fragen 10 und 16:
Ø Wann ist mit einer Digitalisierung des Hörfunks zu rechnen?
Ø Welche Entwicklungen im digitalen Hörfunk sind bereits jetzt absehbar?
Ich beabsichtige, dieses Thema gemeinsam mit der KommAustria und der RTR-GmbH fundiert aufzubereiten. Dazu erscheint es zweckmäßig, durch außenstehende Expert/innen mithilfe von Gutachten die Erkenntnisse wissenschaftlich zu untermauern, um eine für Österreich geeignete Einführungsstrategie für den digitalen Hörfunk zu entwickeln. § 4 des Privatradiogesetzes ermöglicht derzeit die Erprobung digitaler Übertragungstechniken und programmlicher Entwicklungen. Abgesehen von dieser Möglichkeit der Durchführung von Pilotversuchen lässt sich der Start eines Regelbetriebs für digitales Radio zeitlich aber überhaupt noch nicht festmachen.
Wesentlich ist in diesem Zusammenhang das intensive Beobachten der Entwicklung in anderen Ländern Europas aber auch in den USA sowie am asiatischen Markt. Be-zogen auf die Technologie herrscht in Europa eine gewisse Unsicherheit vor. Es gibt einige unterschiedliche technische Systeme für digitale Hörfunkübertragung (DAB,
DAB+, DRM, HD Radio, u.a.), wobei noch nicht feststeht, ob eines dieser Systeme, und wenn ja, welches sich am Markt durchsetzen wird. Aus heutiger Sicht wird das am ehesten DAB+ sein.
Dass einer ausgereiften Strategie wesentliche Bedeutung zukommt, zeigt das Bei-spiel Deutschland. Zwar wurde in den vergangenen Jahren digitaler Hörfunk durch staatliche Mittel in nicht unbeträchtlichem Umfang gefördert, doch wurde damit im Er-gebnis ein nur geringer Verbreitungsgrad im Ausmaß von ein bis zwei Promille der Haushalte erreicht, was einige namhafte Hörfunkveranstalter sogar dazu veranlasste, ihre digitale Verbreitung wegen der geringen Reichweite wieder einzustellen.
Zu Frage 15:
Ø Welche Entwicklungen im Bereich des digitalen Fernsehens sind bereits jetzt ab-sehbar?
Bereits jetzt absehbare Entwicklungen im Bereich des digitalen Fernsehens sind je-denfalls die Einführung von hochauflösendem Fernsehen (HDTV) über Satellit und danach auch im Kabel, die Einführung von mobilem terrestrischem Fernsehen im Standard DVB-H sowie die Entwicklung von Video-On-Demand-Diensten insbeson-dere im digitalen Kabelfernsehen sowie über IP-TV. Weiters werden neue, konver-gente Medienformen auf uns zu kommen, nämlich z.B. Hybridnetze, die die Vorteile aus der Rundfunkwelt mit jenen aus der Telekommunikation (Verknüpfung von DVB-H-Diensten mit UMTS-Anwendungen) verbinden.
Zu Frage 17:
Ø Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Standards DAB (Digital Audio Broadcast) und DVB-T2 verbunden mit HDTVB und seinen Nachfolgestandards?
Generell ist zu sagen, dass vor dem Hintergrund natürlicher Innovationszyklen kein Standard ewig währt. Vielmehr ist die Fernsehübertragungstechnik genauso einem ständigen Fortschritt unterworfen wie die gesamte Elektronikindustrie. DAB ist ein „alter" Standard und inzwischen von DAB+ überholt. Der Standard DVB-T2 ist noch nicht marktfähig. Ich verweise diesbezüglich abermals auf die von mir beantwortete Parlamentarische Anfrage 1365/J zu DVB-T2.