1739/AB XXIII. GP
Eingelangt am 21.12.2007
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung

Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMGFJ-11001/0174-I/A/3/2007
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 1713/J der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter wie folgt:
Fragen 1 bis 11, 36 bis 39:
Zu den Hintergründen und Notwendigkeiten der Bevorratung von Grippeschutzmasken verweise ich auf meine einleitenden Ausführungen in der Beantwortung der Anfrage Nr. 927/J, wo ich sinngemäß bereits ausgeführt habe:
Seit dem Jahr 2000 warnen sowohl die WHO als auch die EK vor einer möglichen weltweiten Influeza-Pandemie, ausgelöst durch die grassierende Tierseuche Vogelgrippe, und empfehlen den Mitgliedsstaaten alle notwendigen Vorkehrungen zum Schutz der Bevölkerung vorzunehmen. Gerade in den letzten Tagen erst hat die WHO wiederum auf einen Fall in China aufmerksam gemacht, wo ein Bub seinen Vater mit H5N1 angesteckt haben könnte, was bislang den vierten Fall der humanen Übertragung des Virus bedeuten würde. Auch in Hausgeflügelbeständen in Rumänien, Polen und Großbritatnien tritt in dieser Winterjahreszeit wieder vermehrt Geflügelpest auf.
Auf
Basis der WHO–Empfehlungen und der Expertise des eigenen
wissenschaftlichen Pandemiebeirates, wurde auch in Österreich vom BMGF(J)
ein Pandemieplan erarbeitet, der im März 2005 fertig gestellt war und im
September 2005 vom Ministerrat als offizielles Planungspapier beschlossen
wurde. Gemäß
B-VG und dessen Kompetenzlage haben die Bundesländer entsprechende
Umsetzungspläne auf Landesebene erarbeitet.
Das BMGFJ ist insbesondere auch aus Gründen des sorgsamen und sparsamen Umgangs mit öffentlichen Mitteln bei der gesamten Vorbereitung einer Grippepandemie in der Planung und Umsetzung davon ausgegangen, dass
Die Bevorratung von Grippeschutzmasken wurde und wird in allen einschlägigen Maßnahmenkatalogen zur Pandemiebekämpfung als wirkungsvolles Instrument für den Schutz der Bevölkerung vor Ansteckung mit Grippeviren betrachtet und wird jedenfalls im österreichischen Pandemieplan empfohlen (vgl. dort 1.5.5. und 2.2.4).
Das war und ist nach wie vor auch der politische Kontext aller EU-weiten und WHO-Expertengremien und insbesondere auch des informellen Gesundheitsministerrates am 20. und 21. Oktober 2005 in Hertfordshire unter der UK-Präsidentschaft, von dem ausgehend meine Amtsvorgängerin den Auftrag gegeben hat, geeignete Maßnahmen für die Bevorratung von Masken einzuleiten.
Allgemeine Empfehlungen zur Bevorratung von Masken gibt es in den Pandemieplänen der Länder und seitens der WHO. Frankreich z.B. hat konkret angekündigt, 1,3 Milliarden Masken zu bevorraten. Mittlerweile hat die Regierung des Vereinigten Königreiches 350 Millionen Masken angekauft. Weiters gibt es eine Empfehlung des Bundesamts für Gesundheitswesen in der Schweiz, durch die alle Schweizer Haushalte aufgefordert werden, 50 Masken pro Person für eine allfällige Pandemie anzukaufen. Auch das US-amerikanische CDC empfiehlt die Bevorratung von Schutzmasken, um möglichst hohe Infektionsbarrieren zu schaffen.
Anfang Jänner 2006 wurden die ersten H5N1-infizierten Vögel in Österreich aufgefunden, in der Türkei – und damit vor den Toren der Europäischen Union – sind erste Todesfälle bei Menschen aufgetreten und kurzfristig, zumindest für die Gesundheitsbehörden wahrnehmbar, war sogar mit einer österreichischen Infektion zu rechnen. Da Gefahr im Verzug gegeben war, waren im Sinne der Wahrnehmung politischer Verantwortung konkrete Handlungen notwendig.
Österreich hat damals in Rahmen seiner EU-Präsidentschaft im Februar 2006 eigens zu einer Sondersitzung der Gesundheitsminister nach Wien eingeladen, um eine möglichst enge europäische Absprache zu diesem Thema zu erreichen.
Vor diesem Hintergrund wurde in der Planung zum Teilthema Masken eine Möglichkeit gesucht, wie die Bevölkerung im Sinne eines wirkungsvollen Zivilschutzes möglichst einfach in eine „Bevorratungs-Aktion“ eingebunden werden kann, ohne dass a priori das BMGF finanziell in Vorlage treten müsse. Als sinnvoller Weg haben sich von Anfang jene Orte angeboten, mit denen ein normaler Haushalt ständig in Berührung kommt, z.B. Lebensmittelgeschäfte oder Tankstellen. Letztere sind im Laufe der Vorbereitungen ausgeschieden, weil die logistischen Platzprobleme in den relativ kleinen Tankstellenkaufgeschäften unüberbrückbar schienen.
Das BMGF war davon ausgegangen, dass im Bewusstsein des oben dargelegten Sachverhalts diese Aktion ein relativ geringes finanzielles Risiko für das BMGF darstellt und die Masken ihre Käufer finden würden. Im Spätherbst/Winter 2005 und Frühjahr 2006, dem Hauptzeitpunkt der Konzeption, war eine solche Annahme vor dem Hintergrund einer sich zuspitzenden Vogelgrippesituation in Österreich realistisch.
Überdies hat das BMGF im November 2005 eine Marktforschung in Auftrag gegeben, aus der eine breite Beteiligung der Bevölkerung (60 Prozent) abzulesen war. Diese hohe Zustimmung ermutigte alle Beteiligten, die Aktion auch tatsächlich durchzuführen, abgesehen von der öffentlichen Wahrnehmung der Vogelgrippe in der ersten Jahreshälfte 2006. Die genauen Kalkulationen über die Stückzahlen für die einzelnen Handelsketten haben diese selber an Hand von realistischen Verkaufsmöglichkeiten vorgenommen. Diese Zahl entsprach aber letztlich auch aus Gründen der Risikoverminderung bei Weitem nicht den Hochrechnungen aus einer potentiellen 60prozentigen Beteiligung der Bevölkerung.
Das BMGF konnte die Verkaufsaktion nur mit dem guten Willen sowohl der Produzenten als auch der Handelsketten (u.a. REWE, SPAR, HOFER, DM, ADEG) planen und durchführen. Kaufmännisch gesehen war es eine Aktion zwischen Produzenten und Handel. Allen Beteiligten war der experimentelle Charakter bewusst, weil hier erstmals das Gesundheitsministerium, Produzenten und Handelsketten in einer Aktion zur Sicherstellung der öffentlichen Gesundheit zusammenwirken wollten. Daher war es auch notwendig, das Risiko für jeden Beteiligten möglichst klein zu halten, wobei das größte Risiko eindeutig bei den Produzenten lag, weil diese die Herstellung von letztendlich etwa 9 Millionen Masken für den österreichischen Markt übernommen haben, was ein Vielfaches der normalen Verkaufszahlen darstellt, weil eine derart große Zahl an Masken unter normalen Gesichtspunkten niemals am heimischen Markt verkauft werden könnte. Das Risiko der Handelsketten beschränkte sich in erster Linie auf Logistikkosten. Die Produzenten waren bereit 9 Millionen Masken für Österreich herzustellen, wenn es im Falle des Ausbleibens des Verkaufserfolgs eine Form der Abnahmemöglichkeit durch die Republik gibt. Dieses finanzielle Risiko wurde zum Zeitpunkt der Planung von allen Beteiligten aber als gering und daher nicht als kritisch angesehen.
Leider konnte die Aktion aus Liefergründen im Frühjahr 2006 nicht durchgeführt werden, weil die benötigte Anzahl von Masken am Weltmarkt nicht erhältlich war. Die äußeren Umstände für die Aktion haben sich im November 2006 zum Zeitpunkt der Durchführung radikal anders dargestellt, weil sowohl von der Witterung her als auch durch das Ausbleiben weiterer Fälle von Vogelgrippe in Österreich kein Bedrohungsszenarium in der öffentlichen und medialen Wahrnehmung der Bevölkerung mehr bestand.
Die Bevorratung von Masken ist aus Zivilschutzgründen aber nach wie vor dringend notwendig und wird daher vom BMGFJ vorbereitet.
Fragen 12, 13 und 40:
Grippe ist deshalb hochinfektiös, weil sie nicht durch isolierte Viren (!!!), sondern durch Tröpfcheninfektion übertragen wird, wie z.B. auch Pest. Das heißt, auch zwischen Menschen, die miteinander nicht mehr zu tun haben, als dass sie Luft einatmen, die andere ausatmeten. Vorausgesetzt, in dieser von Mensch zu Mensch strömenden Atemluft sind Feuchtigkeitströpfchen. Nur an diesen haftende Grippeviren können nämlich weiträumig übertragen werden.
Daher schützen Atemschutzmasken der Qualität FFP 1, die ohne Erschwernis des Einatmens getragen werden können, vor Influenza. Das zweifach: An der Außenseite vor Mund und Nase getragener Schutzmasken bleiben die Tröpfchen hängen, die von Mitmenschen ausgeatmet wurden, und an der Innenseite die vom Schutzmaskenträger ausgeatmeten.
Fragen 14 bis 21, 41 und 42:
Die Masken stehen zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung im Eigentum der Herstellerfirma. Mit den Herstellerfirmen wurde von meiner Amtsvorgängerin als Gesundheitsministerin aber eine Vereinbarung bezüglich allenfalls nicht verkaufter Masken zum Zweck des Zivilschutzes getroffen.
Fragen 22 bis 29:
Die in der Präambel der gegenständlichen Anfrage angesprochenen Aktivitäten stellen eine Initiative meines Ressorts in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich dar, mit dem Zweck, Wirtschaftsunternehmen zu beraten, wie sie sich gezielt vor möglichen Schäden, bedingt durch eine Pandemie, schützen können. Diese Firmenberatung erfolgt objektiv (auf Basis des Pandemieplanes, der WHO und der einschlägigen Empfehlungen der Europ. Kommission). Im Pandemiefall wäre die Betriebsfähigkeit von Firmen ernstlich betroffen, bis hin zu Betriebsschließungen gemäß § 20 Epidemiegesetz idgF.
Es handelt sich daher um keine Werbekampagne zum Zweck des Schutzmaskenverkaufes. Diese Behauptung erfolgte wahrheitswidrig seitens des ORF. Die erwähnten Beratungen durch den Generaldirektor für öffentliche Gesundheit verursachen lediglich Kosten gemäß Reisegebührenverordnung des Bundes. Die Kosten für den Sozialmediziner tragen die Veranstalter.
Frage 30:
Schutzmaskenmindesthaltbarkeiten sind unter Bedachtnahme auf den Regeleinsatz dieser Masken zum Staubschutz - gemäß EN 149: 2001 - europäisch so genormt, dass die 2006 in Verkehr gebrachten Aktionsmasken ab Juli 2008 diese Haltbarkeitsgrenzen erreichen. Die Lagerung der Aktionsmasken erfolgte und erfolgt aber anders als z.B. auf Baustellen, wodurch die Gebrauchsfähigkeit der Masken nicht beeinträchtigt wird. Eine deutliche Überlagerfähigkeit ist gegeben.
Frage 31:
In einem BMLV-Lager bei Bischofshofen und in einem Lager des BMLFUW in Saalfelden.
Fragen 32 und 33:
Die monatlichen Lagerkosten (Bruttopreise) betragen für 479 Paletten à € 5 und für 1.262 à € 2,40. Meinem Ressort erwachsen keine Lagerpersonalkosten.
Fragen 34 und 35:
Vor Pandemieausbruch repräsentieren die Pandemieschutzmasken keinen besondere Sicherheitsvorkehrungen rechtfertigenden Wert, sodass meinem Ressort daraus keine Zusatzkosten erwachsen. Danach sind die im Pandemieplan vorgesehenen Schutzvorkehrungen angesichts zu gewärtigender Verknappungen auch auf Pandemieschutzmasken anwendbar. Angemerkt wird, dass das Lager des BMLV ein Hochsicherheitslager ist.
Frage 43:
Wie bereits ausgeführt, gab und gibt es keine vom Bund zu finanzierende „Werbetournee“.
Frage 44:
Die Mittel für den Lageraufwand sind im Budget meines Ressorts im VA-Ansatz 1/17208, vorgesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andrea Kdolsky
Bundesministerin