1747/AB XXIII. GP

Eingelangt am 21.12.2007
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0107-Pr 1/2007

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 1718/J-NR/2007

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Data Mining bei der Vorratsdatenspeicherung – ETSI Standards?“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 5 und 10 bis 18:

Das European Telecommunications Standards Institute (ETSI) ist ein von der Europäischen Kommission anerkanntes technisches Normungsinstitut für den Bereich der Festnetz- und Mobiltelefone wie auch der Internettechnologie und der Radio- und TV-Übertragungen. Da diese Angelegenheiten nicht in meinen Vollziehungsbereich fallen, ist das Bundesministerium für Justiz weder Mitglied von ETSI noch werden Ressortmitarbeiter zu Sitzungen von Arbeitsgruppen von ETSI entsandt. Mir liegen daher weder Informationen über die Zusammensetzung und Arbeitsweise der Arbeitsgruppen von ETSI noch über deren interne Arbeitspapiere vor.

Für die Determinierung des jeweiligen Stands der Technik für die von den Betreibern zur Verfügung zu stellenden Einrichtungen zur Überwachung der Telekommunikation ist der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (§ 94 Abs 1 und 3 TKG) führend zuständig.

 

Zu 6 und 8:

Eine Überwachung einer Telekommunikation ist nur gemäß den §§ 149a ff StPO zulässig. Ein gerichtlicher Beschluss, der eine gemäß § 149a Abs 2 StPO zulässige Überwachung einer Telekommunikation

a) zur Feststellung des räumlichen Bereiches, in dem sich ein durch einen bestimmten Teilnehmeranschluss gekennzeichnetes Endgerät befindet oder befunden hat,

 b) welche Teilnehmeranschlüsse Ursprung oder Ziel einer Telekommunikation sind oder waren bzw.

c) zur Überwachung des Inhalts von Nachrichten die durch Telekommunikation übermittelt oder empfangen werden,

anordnet, hat unter anderem den Namen des Inhabers des Teilnehmeranschlusses und dessen Bezeichnung sowie den Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung der Überwachung zu enthalten (§ 149b Abs. 2 Z 2 und 3 StPO). Dadurch ist sichergestellt, dass bereits vor Beginn einer konkreten Überwachung mittels gerichtlicher Anordnung der Umfang einer Überwachung der Telekommunikation, also der Teilnehmeranschluss sowie die konkreten angeforderten Stamm-, Vermittlungs- oder Inhaltsdaten, bestimmt werden. Eine Datenabfrage und Übermittlung ist daher nur im Umfang der gerichtlichen Anordnung zulässig. Die Anordnung einer Überwachung ist nur unter Einhaltung der Verhältnismäßigkeit insbesondere unter Berücksichtigung der Rechte von unbeteiligten Dritten zulässig.

Auch die Bestimmungen des mit 1.1.2008 in Kraft tretenden Strafprozessreformgesetzes zur Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung sowie der Überwachung von Nachrichten (§§ 134, 135, 137 und 138 StPO nF) ändern an den oben genannten Voraussetzungen für die Identifikation des Inhabers der zu überwachenden technischen Einrichtung und der die Überwachungsmaßnahme betreffenden Daten nichts.

Eine rechtlich zulässige Überwachung von Telekommunikation iSd StPO widerspricht den durch die Europäische Menschenrechtskonvention und das DSG 2000 geschützten Grundrechten auf Privat- und Familienleben sowie auf Datenschutz nicht. Vielmehr lassen sowohl Art 8 MRK, Art 10a StGG und das DSG Ausnahmen im Hinblick auf die Strafrechtspflege unter bestimmten Bedingungen zu. Eine den gesetzlichen Bestimmungen der StPO entsprechend angeordnete und durchgeführte Überwachung der Telekommunikation steht daher mit den Grundrechten auf Familie und Privatleben, Datenschutz und dem Telekommunikationsgesetz in Einklang.

Zu 7:

Die gesetzlichen Bestimmungen zur Überwachung der Telekommunikation stellen sicher, dass eine Überwachung der Telekommunikation und somit eine Datenabfrage in Bezug auf diese Telekommunikation bei den Telekommunikationsbetreibern nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen nach richterlicher Anordnung bzw. ab 1.1.2008 durch staatsanwaltschaftliche Anordnung nach gerichtlicher Bewilligung durchgeführt werden darf. Es wird somit auf höchstem rechtsstaatlichem Niveau Schutz vor missbräuchlichen Zugriffen geboten.

Zu 9:

Dem Bundesministerium für Justiz liegen keine Erkenntnisse über den gesetzmäßigen Einsatz von „Data Mining“ in anderen EU Mitgliedstaaten vor.

. Dezember 2007

 

(Dr. Maria Berger)