1962/AB XXIII. GP
Eingelangt am 08.01.2008
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE
BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0113-Pr 1/2007
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 1934/J-NR/2007
Die Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Folgeanfrage zur Dringlichen Anfrage betreffend keine Gnade für Kinderschänder und gegen gefährliche vorzeitige Haftentlassungen“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
In den Justizanstalten waren zum Stichtag 1. November 2007 8.684 Insassen bei einer Belagskapazität von insgesamt 8.560 Haftplätze untergebracht; das entspricht einem Überbelag von 124 Insassen bzw. 1,45%. Die nach dem StVG gebotene Differenzierung erfordert eine Belagsreserve. Ferner muss in gerichtlichen Gefangenenhäusern eine Haftraumreserve für Einlieferungen bestehen. Insgesamt ergibt sich damit derzeit – unter Berücksichtigung der Differenzierungs- und Haftraumreserve – eine Auslastung von fast 117%. Die Maßnahmen und Regelungen des Strafrechtsänderungsgesetzes 2008 werden zu einer Reduktion des Belags und somit zu einer Entlastung der Justizanstalten führen. Im Übrigen werden im Rahmen des Projekts Justizzentrum Wien-Baumgasse 450 Haftplätze geschaffen werden; diese sollen im Jahr 2010 zur Verfügung stehen.
Zu 2:
Da trotz der allgemeinen Sparvorhaben für das Jahr 2008 die zusätzliche personelle Dotierung für den sensiblen Bereich der Justizanstalten erreicht werden konnte, wird begleitend zu den Maßnahmen aus dem Strafrechtsänderungsgesetz 2008 allen Sicherheitsaspekten Rechnung getragen.
Zu 3 bis 5:
Beim Strafrechtsänderungsgesetz 2008, BGBl. I Nr. 109/2007, wurde auf die bessere Beurteilung von Sexualstraftätern Bedacht genommen. Diesbezüglich soll die schon bestehende Begutachtungsstelle für Sexualstraftäter zu einer Begutachtungs-und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter ausgebaut werden. Die Begutachtung durch diese Stelle hatte den Effekt, dass die Rückfallsquote insoweit auf etwa 5% gesenkt werden konnte. Insgesamt ist zu sagen, dass es zahlreiche Untersuchungen zur Häufigkeit von Wiederverurteilungen gibt, denen unterschiedliche Ausgangsfaktoren zu Grunde liegen. Nach der Studie von Helmut Hirtenlehner/Alois Birklbauer zeigt sich jedoch, dass sowohl die allgemeine Wiederverurteilungsrate sowie die spezielle Rückfälligkeit von Sexualstraftätern durchwegs unter dem Durchschnitt anderer Straftätergruppen liegt (vgl. Birklbauer/Hirtenlehner, Freiheitsentzug, Entlassung und legale Bewährung, Schriftenreihe des BMJ, Band Nr. 124).
Zu 6 bis 8:
Die Ermittlung des fremdenpolizeilichen Status der Inhaftierten ist ein bedeutender Aspekt der Reformüberlegungen, weil ansonsten die Anwendung des § 133a StVG nicht gewährleistet werden kann. Deshalb ist daran gedacht, eine Schnittstelle zwischen der Fremdenpolizei und den Justizbehörden einzurichten, die eine bessere Kooperation und einen rascheren Informationsaustausch zwischen den Justizanstalten und der zuständigen Fremdenpolizeibehörde bewirken soll. Eine gesonderte Statistik, wie viele der in Österreich einsitzenden Insassen Asylwerber sind, wird derzeit nicht geführt.
Zu 9 bis 12:
Im Strafgesetzbuch ist vorgesehen, dass ein zurechnungsunfähiger Rechtsbrecher, der eine Tat begangen hat, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen ist, wenn nach seiner Person, nach seinem Zustand und nach der Art der Tat zu befürchten ist, dass er sonst unter dem Einfluss seiner geistigen und seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde. Auch zurechnungsfähige Rechtsbrecher, die unter dem Einfluss einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad eine Tat begehen, sind in eine Anstalt einzuweisen, wenn ebenfalls zu befürchten ist, dass sie unter diesem Einfluss eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werden.
Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist der Rechtsbrecher in eine Anstalt einzuweisen, und zwar auf unbestimmte Zeit. Das Gericht hat dann das Fortbestehen der weiteren Anhaltebedürftigkeit zu überprüfen.
Liegen diese genau geregelten Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 und Abs. 2 StGB jedoch nicht vor, liegt kein Grund für eine strafrechtliche Unterbringung vor. Hier sieht jedoch das Zivilrecht Möglichkeiten im Rahmen des Unterbringungsgesetzes vor.
Im Übrigen besteht bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch die Möglichkeit der Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter, die gemäß § 24 Abs. 2 StGB nach der Freiheitsstrafe zu vollziehen ist.
Nach § 27a BewHG besteht schließlich auch die Möglichkeit der freiwilligen Betreuung durch die Bewährungshilfe nach Vollverbüßung einer unbedingten Freiheitsstrafe.
Wird eine Freiheitsstrafe über einen Rechtsbrecher verhängt, so ist es Angelegenheit der Rechtsprechung, diese auch so festzusetzen, dass der Rechtsbrecher von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten wird. Flankierend dazu sieht das Strafrechtsänderungsgesetz 2008 nun die gesetzliche Verankerung der schon erwähnten Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) vor, welche vor jeder Entscheidung über Schritte in die Freiheit angehört werden soll, grundsätzlich aber nur, soweit dies zweckmäßig ist. Zwingend ist die Einholung einer Äußerung der BEST vor der Entscheidung über die bedingte Entlassung von Sexualstraftätern.
Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Inneres wird darüber hinaus an den Grundlagen für eine Sexualstraftäterdatei gearbeitet, und in meinem vom Ministerrat zustimmend zur Kenntnis genommenen Ministerratsvortrag vom 14.12.2007 habe ich mich u.a. für eine Revision der berufsgruppenweise zum Teil divergierenden Anzeigepflichten ausgesprochen.
Ich denke, dass – nicht zuletzt auch dem ultima-ratio-Gedanken des gerichtlichen Strafrechts Rechnung tragend – mit den genannten neuen und geplanten Maßnahmen zusätzlich zum bereits bestehenden Instrumentarium die besten Rahmenbedingungen für die Strafverfolgung gewährleistet sind.
Zu 13:
Das Strafrechtsänderungsgesetz 2008 sieht bei kurzfristigen Haftunterbrechungen (Unterbrechung nach § 99 StVG, Ausgang nach § 99a StVG, Freigang nach § 126 StVG, Ausgang nach § 147 StVG) vor, einerseits die technische Möglichkeit der so genannten „Fußfesseln“ zu nutzen; andererseits kann die Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt und Sexualverbrecher (BEST) um Äußerung vor einer geplanten Haftunterbrechung ersucht werden, wenn dies zweckmäßig ist. Bei der Entscheidung über diese kurzen Haftunterbrechungen liegen dem Anstaltsleiter sämtliche personenbezogenen Daten des Verurteilten vor, die in einem Rechtsstaat verwertet werden dürfen. Nicht übersehen werden darf, dass derartige Informationen nur Momentaufnahmen darstellen und bei der Entscheidung auch das Verhalten des Strafgefangenen während der Haft und seine Kooperationsbereitschaft bei der Erreichung der Haftzwecke zu berücksichtigen sind.
Zu 14 bis 16:
Das Regierungsprogramm dieser Bundesregierung sieht die Einführung einer Sexualstraftäterdatei vor. Mit der praktischen Ausgestaltung dieses Vorhabens ist federführend der Bundesminister für Inneres beauftragt. Die diesbezüglichen Arbeitsgespräche, an denen neben dem Justizressort auch das Bundesministerium für Gesundheit, Frauen und Jugend und das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur beteiligt sind, sind noch nicht abgeschlossen. In dem bereits erwähnten Ministerratsvortrag vom 14.12.2007 wurde festgelegt, dass die Ergebnisse der interministeriellen Gespräche zur Sexualstraftäterdatei als politische Basis für notwendige legistische und organisatorische Maßnahmen der Bundesregierung möglichst noch im Jänner dieses Jahres vorgelegt werden.
Zu 17 und 18:
Derzeit ist eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit familiärer Gewalt auseinandersetzt und einen allfälligen Änderungsbedarf in diesem Bereich erarbeiten soll. Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe werden auch Fälle lang andauernder Gewaltbeziehungen außerhalb eines familiären Rahmens behandelt, wobei lang andauernde Freiheitsentziehungen grundsätzlich als Gewaltbeziehungen zu sehen sind. Im Übrigen verweise ich dazu auf den Ministerratsvortrag vom 14.12.2007, demzufolge ich u.a. einen Entwurf zur Schaffung eines Tatbestandes der länger dauernden Gewaltbeziehung noch im Laufe des ersten Quartals 2008 zur Begutachtung versenden werde.
Zur Frage der Strafen im Verhältnis zwischen Vermögensdelikten und den Delikten gegen Leib und Leben möchte ich darauf hinweisen, dass hier zunächst zu unterscheiden ist, ob damit die Frage der Strafrahmen des Strafgesetzbuches oder die Frage der von den Gerichten verhängten Strafen angesprochen sind. Soweit diese Frage die Höhe der normierten Strafrahmen betrifft, so glaube ich, dass das derzeit bestehende System des Strafgesetzbuches von einer langfristig gewachsenen und im Großen und Ganzen durchaus ausgewogenen Balance zwischen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben sowie Sexualdelikten charakterisiert ist. Die Strafrahmen sind auch – absolut gesehen – im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben, was die Mindesthöchststrafen betrifft. Tatsächlich gehen die bestehenden Strafdrohungen im österreichischen Strafgesetzbuch derzeit bereits nicht unbeträchtlich über diese Vorgaben hinaus: Als Beispiel möchte ich nur die innerstaatliche Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie erwähnen, bei welcher die im StGB vorgesehene Höchststrafe zum Teil das zwei- bis dreifache dieser im Rahmenbeschluss vorgesehenen Mindesthöchststrafen beträgt.
Zu 19 bis 25:
Auch ich bin der Meinung, dass sexueller Missbrauch von Minderjährigen, Drogenhandel und Gewalt in der Familie schwere Verstöße gegen Menschenrechte darstellen. Was Gewalt in der Familie anlangt, habe ich – wie oben erwähnt – auch eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt, die einen Änderungsbedarf evaluieren soll. Im Ministerratsvortrag vom 14.12.2007 betreffend Maßnahmen gegen Gewalt an Kindern im sozialen Nahraum habe ich mich unter anderem für die Schaffung eines Tatbestands der länger dauernden Gewaltbeziehungen unter besonderer Bedachtnahme auf Kinder sowie für einen Ausbau des Straftatbestands des Quälens und Vernachlässigens von Kindern und wehrlosen Personen (§ 92 StGB) ausgesprochen.
Die lebenslange Freiheitsstrafe ist mit einer einzigen Ausnahme, nämlich dem Völkermord, stets neben der zeitlichen Freiheitsstrafe angeordnet, wie etwa bei den Delikten der Vergewaltigung mit Todesfolge nach § 201 Abs. 2 und des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen mit Todesfolge gemäß § 206 Abs. 3 StGB. Dies ermöglicht den unabhängigen Gerichten, eine täter- und tatangemessene Strafe in diesem Rahmen zu verhängen und damit bei der Strafzumessung auf die individuellen Gegebenheiten des Einzelfalls in der Ausübung ihres Ermessens entsprechend zu reagieren. Ich bin der Auffassung, dass jeder Mensch die Chance der Einsicht verdient und daher die lebenslange Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben soll, auch wenn ich die Meinung teile, dass sexueller Missbrauch von Minderjährigen, Drogenhandel und Gewalt in der Familie einen schweren Verstoß gegen Menschenrechte darstellt.
Im Übrigen werden die Strafen bei Sexualdelikten entsprechend der parlamentarischen Entschließung vom 22.3.2007 evaluiert.
Der angeführte Beschluss des Schweizerischen Nationalrates, wonach eine lebenslange Verwahrung von gefährlichen, nicht therapierbaren Gewalt- oder Sexualstraftätern ohne Haftprüfung möglich sei, ist mir bekannt, doch begegnet eine solche Regelung erheblichen menschenrechtlichen Bedenken. Ich sehe auch keine Notwendigkeit, derartiges auch in Österreich einzuführen. Bereits nach der geltenden Rechtslage ist eine Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug bei weiterem Vorliegen der Gefährlichkeit nicht möglich, sodass es bei nicht therapierbaren, geistig abnormen Rechtsbrechern ohnehin de facto zu einer unbefristeten Unterbringung kommt. Die Voraussetzungen für die Unterbringungen sind nach § 25 StGB zumindest einmal jährlich zu prüfen. Liegen die Voraussetzungen (bestehende Gefährlichkeit) weiterhin vor, so ist der Rechtsbrecher auch weiterhin anzuhalten.
Zu Frage 26:
Nein, eine (deutliche) Reduktion der Strafdrohung für gewerbsmäßigen Suchtgifthandel war nicht geplant und ist durch die am 1.1.2008 in Kraft getretene SMG-Novelle 2008 (BGBl. I Nr. 110/2007) auch nicht erfolgt.
In § 27 Abs. 3 des Ministerialentwurfs zur SMG-Nov. 2007 (ME/119) war noch vorgeschlagen worden, dass Personen, die Suchtgift gewerbsmäßig erzeugen, befördern, ausführen oder einem anderen anbieten, überlassen oder verschaffen, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen sind.
Diese Überlegungen fanden in die Regierungsvorlage (301 der Beilagen) jedoch keinen Eingang; die Strafdrohung wurde mit drei Jahren beibehalten.
In § 28a Abs. 2 SMG wurde nun zusätzlich zur gewerbsmäßigen Begehung die Voraussetzung aufgenommen, dass zuvor schon einmal eine Verurteilung wegen einer Straftat nach § 28a Abs. 1 (In-Verkehr-Setzen einer die Grenzmenge übersteigenden Menge an Suchtmittel) erfolgt ist (Z 1). Als weitere Qualifikation wurde überdies die Begehung einer Straftat nach § 28a Abs. 1 in Bezug auf Suchtgift in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge (großen Menge) aufgenommen.
Dadurch ergab sich jedoch keine Änderung der Strafdrohung (§ 28 Abs. 2 alt und § 28a Abs. 2 neu: Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren).
Zu Frage 27:
Durch das Einführen der erwähnten Zwischenstufe in Form der 15-fachen Menge zwischen der Grenzmenge und dem 25-fachen dieser Menge sowie durch die zusätzliche Voraussetzung des Vorliegens einer Vorverurteilung in § 28a Abs. 2 Z 1 sollte der problematische Begriff der Gewerbsmäßigkeit als Qualifikationsnorm (zunehmend) objektiviert werden. Es ist zu erwarten, dass durch diese Änderungen die vom OGH zum Begriff der Gewerbsmäßigkeit entwickelte, komplizierte Judikatur eine Vereinfachung erfährt.
Zu Frage 28:
§ 27 idF der Regierungsvorlage und des BGBl. I Nr. 110/2007 hat sich gegenüber dem Begutachtungsentwurf insofern geändert, als Abs. 1 und 2 vertauscht wurden; der neue Abs. 1 wurde im Übrigen geringfügig modifiziert.
§ 27 Abs. 3 (Gewerbsmäßigkeit) bezieht sich daher nunmehr auf sämtliche Tathandlungen nach Abs. 1 Z 1 oder 2 (erwerben, besitzen, erzeugen, befördern, einführen, ausführen oder einem anderen anbieten, überlassen oder verschaffen sowie anbauen von Opiummohn, dem Kokastrauch oder der Cannabispflanze zum Zweck der Suchtgiftgewinnung).
Insofern sind nun alle Tathandlungen des § 27 Abs. 2 Z 1 bis 3 idF des Begutachtungsentwurfes vom Qualifikationstatbestand des § 27 Abs. 3 umfasst. Keine Gewerbsmäßigkeitsqualifikation wurde hingegen für jene Tathandlungen vorgesehen, die sich auf den Umgang mit den in § 27 neu aufgenommenen Pilzen beziehen, weil zum Einen die Aufnahme dieser Pilze in die gerichtlichen Straftatbestände vom Rahmenbeschluss Drogenhandel nicht gefordert war und zum Anderen das Gefährdungspotential hier als zu gering einzustufen ist, um eine Gewerbsmäßigkeitsqualifikation zu rechtfertigen.
Zu 29 bis 31:
Eine exakte Quantifizierung der haftentlastenden Aspekte des Strafrechtsänderungsgesetzes 2008 kann nur annäherungsweise vorgenommen werden, weil ein Entlastungseffekt von sehr vielen Imponderabilien der praktischen Umsetzung abhängt, die vorweg nicht umfassend berücksichtigt werden können. Jedenfalls sollen gewisse Reduktionen durch das Einführen der bedingten Entlassung aus dem unbedingten Teil einer teilbedingten Strafe sowie durch den Entfall der Generalprävention nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe erfolgen. Auch die nunmehr gesetzlich verankerte Möglichkeit der Erbringung von gemeinnützigen Leistungen bei Ersatzfreiheitsstrafen sowie die Möglichkeit des vorläufigen Absehens vom weiteren Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG bringen. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 302 BlgNR XXIII. GP haben dazu wie folgt Stellung genommen:
„Die Maßnahmen im Bereich der bedingten Entlassung sollten insgesamt zu einer Ausgabenersparnis führen. Allenfalls anfallende Mehrkosten für Therapien im Wege der Haftung des Bundes nach § 179a StVG und sonstiger Überwachungsmehraufwand sollten den Einsparungseffekt durch die reduzierte stationäre Anhaltung im Vollzug nicht wettzumachen vermögen. Eine Bezifferung der Einsparungen lässt sich jedoch nicht vornehmen, zumal es letztlich auf die Umsetzung der geplanten Maßnahmen durch die Praxis ankommt, wobei aber jedenfalls von einem Anstieg der bedingten Entlassung gegenüber der geltenden Rechtslage auszugehen sein wird. Grobschätzungen ergeben ein Einsparungspotential in Form einer Grenzkostenreduktion zwischen 485.000 und 970.000 Euro pro Jahr.
Ebenfalls einen Entlastungseffekt wird die gesetzliche Verankerung der Erbringung von gemeinnützigen Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe bewirken, wobei sich aber gegenwärtig eine Quantifizierung noch nicht vornehmen lässt. Mittel- oder Langfristig ist aber durch die Erbringung gemeinnütziger Leistungen jedenfalls ein Einsparungseffekt verbunden, nämlich dann, wenn sich die Entlastung auch auf Personalkosten und Haftraumkosten niederschlägt.
Schließlich sollte die hohe Belastung des Vollzugs mit nicht integrierbaren Fremden durch die Regelung des § 133a StVG gesenkt werden können. Grobschätzungen ergeben hier – unter der Annahme einer durchschnittlichen Reduktion von 160 bis 320 Haftplätzen – ein kurzfristiges Nettoeinsparungspotential zwischen 175.000 und 350.000 Euro pro Jahr bzw. 5 bis 10 Vollbeschäftigungsäquivalente.“
Zu letzterem Punkt ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Anwendungsbereich im Zuge der Beratungen noch weiter eingeschränkt wurde.
Zu der angesprochenen unterschiedlichen regionalen Praxis der Vollzugsgerichte bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung möchte ich deutlich betonen, dass das Gesetz den Vollzugsgerichten einen Ermessenspielraum bei der Entscheidung einräumt, deren unterschiedliche Auslegung und Praxis aber mit dem Gesetz in Einklang stehen. Eine Reduktion dieses Ermessenspielraumes würde aber zu Lasten der Erfordernisse und Gegebenheiten des Einzelfalles gehen, weil nicht mehr auf bestimmte Umstände des konkreten Falles eingegangen werden bzw. reagiert werden könnte.
Die bedingte Entlassung führt nicht dazu, den Strafausspruch des erkennenden Gerichtes zu korrigieren, sondern verfolgt einerseits das Ziel, den Verurteilten durch das In-Aussicht-Stellen einer Entlassung zum Wohlverhalten während des Vollzuges zu veranlassen und andererseits ist durch unzählige Studien belegt, dass jene Verurteilten, die bedingt entlassen wurden, eine geringere Rückfallswahrscheinlichkeit aufweisen, als jene, die die Strafe vollkommen verbüßten. Auch soll durch eine bedingte Entlassung zusätzlich ein Anreiz gegeben werden, sich während der Probezeit rechtschaffen zu verhalten. Während der schwierigen Phase der Wiedereingliederung in die Gesellschaft, kann durch entsprechende Weisungen bzw. durch Anordnung der Bewährungshilfe das weitere Verhalten des Verurteilten kontrolliert werden. Dadurch wird ganz wesentlich die Rückfallswahrscheinlichkeit vermindert. Das Strafrechtsänderungsgesetz 2008 verfolgt genau diese Ziele, denn es soll die Kontrolle der Legalbewährung nach der bedingten Entlassung erweitert werden, indem Bewährungshilfe teilweise vermehrt auch obligatorisch angeordnet werden soll.
Zu 32 bis 34:
Vorweg möchte ich ein Missverständnis ausräumen, denn es ist nicht wissenschaftlich belegt, dass Sexualstraftäter eine höhere Rückfallsquote aufweisen, als sonstige Delinquenten. Dazu möchte ich insbesondere auf die Studie von Hirtenlehner/Birklbauer, „Der Erfolg der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe bei Sexual- und Raubdelinquenten“ in der Schriftenreihe des BMJ Nr. 124, Seite 29ff hinweisen.
Eine Unterscheidung bei der bedingten Entlassung nach begangenem Delikt könnte vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes problematisch erscheinen und zu einer willkürlichen Differenzierung führen. Die Entlassungskriterien bzw. die Versagungsgründe sind jedoch so formuliert, dass sie je nach der begangenen (konkreten) Tat eine unterschiedliche Prognose bewirken können. Bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung ist auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist oder durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB (Weisungen und/oder Bewährungshilfe) erreicht werden und so eine Entlassung vor dem urteilsmäßigen Strafende gerechtfertigt werden kann. Dabei sind insbesondere auch während des Vollzuges begonnene Therapien zu berücksichtigen. Nicht zuletzt im Hinblick auf Sexualdelinquenten wurde mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2008 die Möglichkeit einer verlängerten Probezeit eingeräumt (§ 48 Abs. 1 StGB), nämlich dann, wenn sich der Verurteilte im Vollzug freiwillig einer Therapiebehandlung unterzieht und bereit ist, diese auch nach der Entlassung fortzusetzen. Dadurch kann bei einem bedingt entlassenen Verurteilten auch über die Zeit nach der Entlassung hinaus die Einhaltung dieser Weisung kontrolliert werden, wodurch sich die Gefahr der Begehung weiterer strafbarer Handlungen reduziert. Aus diesen angeführten Gründen halte ich eine generelle, d.h. nicht auf den Einzelfall Bedacht nehmende, Verschiedenbehandlung von Sexualdelikten auch für kontraindiziert.
Zu 35 und 36:
Die Staatsanwaltschaft Wien hat die Beischaffung von Beweismaterial veranlasst. Über allfällige weitere Verfahrensschritte wird die Anklagebehörde nach Vorliegen der Beweisergebnisse zu entscheiden haben. Im Hinblick auf das anhängige Verfahren ersuche ich um Verständnis, dass ich dazu weder Kommentare noch Prognosen abgeben kann.
Zu 37:
Die Einführung der Möglichkeit der elektronischen Überwachung bzw. Aufsicht bei den kurzzeitigen Haftunterbrechungen verfolgen den Zweck, die Verurteilten durch ein zusätzliches Kontrollinstrument bei kurzen Haftunterbrechungen bzw. Freiheitsmaßnahmen erforderlichenfalls überwachen zu können. Die Einsetzung dieser technischen Möglichkeiten soll als Paket mit der Möglichkeit der Einholung einer Äußerung der Evaluation- und Begutachtungsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) dazu dienen, Missbrauchsfälle während der unterbrochenen Strafhaft zu verhindern.
Zu 38 und 39:
Das Strafrechtsänderungsgesetz 2008 sieht im § 46 Abs. 1 StGB vor, dass ein Verurteilter die Hälfte der im Urteil verhängten oder der im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe oder des nicht bedingt nachgesehenen Teils einer solchen Strafe, mindestens aber drei Monate verbüßt haben muss, dass – unter der Voraussetzung, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird –der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachgesehen werden kann. Die bedingte Entlassung selbst ist jedoch stets eine richterliche Entscheidung, die einer sorgfältigen Abwägung aller Umstände unterliegt. Zusätzlich ist die Möglichkeit der Anordnung der Bewährungshilfe bzw. der Erteilung von Weisungen gegeben, was beispielsweise nach § 46 im Fall der bedingten Entlassung vor der Verbüßung von zwei Dritteln grundsätzlich verpflichtend vorgesehen ist.
Die Strafzumessung selbst ist ein Akt der unabhängigen Rechtsprechung, welcher unter sorgfältiger Abwägung von Erschwerungs- und Milderungsgründen sowie der Person des Täters und Art und Schwere der Tat zustande kommt.
Zu 40 bis 56:
Beim neu geschaffenen § 133a StVG ist zwar eine einzelfallbezogene spezialpräventive Prognose nicht erforderlich, jedoch ist die Anwendung eines vorzeitigen Absehens vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbotes bei bestimmten Delikten (Delikte gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, bei Delikten gegen Leib und Leben und anderen Delikten, wenn die Strafe entweder drei Jahre oder fünf Jahre Freiheitsstrafe übersteigt) generell ausgeschlossen. Dadurch wird der Anwendungsbereich des § 133 StVG eingeschränkt, sodass bei diesen Taten ein vorzeitiges Absehen vom Vollzug von vornherein ausscheidet.
Das vorläufige Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbotes ist so konzipiert, dass nach Beschlussfassung des Gerichtes die Ausreise durch die Justizwache bis zur Grenze überwacht wird. Trifft der Verurteilte Anstalten zur Flucht oder versucht sich der Ausreise durch Flucht zu entziehen, so können die Justizwachebeamten ihn wieder mitnehmen und der Verurteilte hat den Rest der Strafe zu verbüßen. Ein allfälliges Untertauchen wird dadurch nicht ermöglicht. So sieht etwa § 133a Abs. 4 StVG eine Anfrage bei der Fremdenpolizei vor Einleitung der weiteren Schritte sowie eine Verständigung der Fremdenpolizei nach erfolgter Ausreise vor. Abgesehen von diesen gesetzlichen Vorgaben waren Vertreter der Fremdenpolizei auch schon vor dem In-Kraft-Treten der Regelung in einer Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Bestimmung eingebunden.
Zu der verfassungsrechtlichen Komponente ist auszuführen, dass der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet, Gleiches ungleich und Ungleiches gleich zu behandeln. Nicht zuletzt gerade weil Inländer und aufenthaltsverfestigte Ausländer von der spezialpräventiven Prognostizierbarkeit her gesehen anders zu beurteilen sind als (nicht integrierte) Fremde, erscheint es sachlich gerechtfertigt, wenn § 133a StVG hier einen gewissen Ausgleich schafft. Der Anwendungsbereich des § 133a StVG hängt im Übrigen zwar wie gesagt nicht zuletzt auch von der Annahme dieser Maßnahme durch die Praxis ab, ist aber meines Erachtens bereits nach den gesetzlichen Voraussetzungen sehr selektiv. Nicht zuletzt dieser dosierte Anwendungsbereich im Allgemeinen sowie der Umstand, dass sich der drohende Vollzug der Reststrafe günstig auf die Befolgung des Aufenthaltsverbotes auswirken sollte, lassen meines Erachtens keinerlei kriminalpräventiv negative Auswirkungen befürchten.
Zu den Fragen 57 bis 63:
Ein vollständiger Vollzug der Freiheitsstrafen ist nicht stets geeignet, um den Rechtsbrecher von der Begehung weiterer Strafen abzuhalten. Hier möchte ich wiederum auf die umfassende Studie der Autoren Helmut Hirtenlehner/Alois Birklbauer verweisen. Überdies ist eine bedingte Entlassung nur dann möglich, wenn bestimmte, gesetzlich vorgegebene Kriterien erfüllt werden. Um einen Rückfall hintan zu halten, kann das Gericht einerseits Bewährungshilfe anordnen und andererseits bestimmte Weisungen erteilen. Schritte in die Freiheit können einer Prüfung der mit Experten ausgestatteten Begutachtungs- und Evaluationsstelle unterliegen. All diese Maßnahmen senken die Rückfallsquote.
Selbstverständlich erachte ich Eingriffe in die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung als besonders schwerwiegend. Dasselbe gilt auch für Delikte, die gegenüber Minderjährigen begangen werden. Ich möchte dazu neuerlich auf den Ministerratsvortrag vom 14.12.2007 verweisen, wo ich klar zum Ausdruck gebracht habe, dass der Umstand, dass Gewalt an Kindern nach wie vor ein Bestandteil unserer gesellschaftlichen Realität ist, nicht hinzunehmen ist. Im Gesamtgefüge jener Einrichtungen, die aufgerufen sind, gegen Gewalt an Kindern effektiv vorzugehen und zu kooperieren (Schulen, Jugendwohlfahrt, Polizei u.a.), bin ich als Bundesministerin für Justiz dafür verantwortlich und dazu bereit, meinen Beitrag zu einer Verbesserung der staatlichen Prävention und Strafverfolgung und damit zur nachhaltigen gesellschaftlichen Ächtung jeder Gewalt an Kindern zu leisten.
An konkreten Einzelmaßnahmen habe ich für meinen Zuständigkeitsbereich folgende vorgesehen:
Gegenwärtig besteht eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen von Anzeigeverpflichtungen. Es braucht eine Revision dieser Regelungen mit dem Ziel, einheitliche und strikte Anzeigepflichten aller mit Kindern befassten Professionen (Jugendamt, Schulen, Kindergärten, Gesundheitsverwaltung, Sportvereine etc.) beim Verdacht von Gewalt an Kindern zu schaffen. Allerdings ist anzumerken, dass die zentrale Regelung der Anzeigepflicht für Behörden und öffentliche Dienststellen schon gegenwärtig eine unbeschränkte Pflicht zur Anzeige normiert, wenn es einer solchen im Hinblick auf die Gefahr weiterer Gewalt bedarf (§ 78 Abs. 3 StPO). Daran sollten sich im Ergebnis die auf viele Gesetze verstreuten unterschiedlichen Anzeigepflichten diverser Professionen orientieren.
Bei der Ausgestaltung insbesondere der ersten Phase der Intervention der Strafverfolgungsbehörden soll auf das primäre Ziel in dieser ersten Phase der Intervention, nämlich den Schutz des Kindes vor weiterer Gewalt, prioritär Bedacht genommen werden.
Im materiellen Strafrecht sollen wie bereits erwähnt ein Tatbestand der länger dauernden Gewaltbeziehung geschaffen und die Strafbestimmung des Quälens oder Vernachlässigens von Kindern und wehrlosen Personen ausgebaut werden.
An organisatorischen Maßnahmen ist vorgesehen, bei allen großen Staatsanwaltschaften und Gerichten Sonderzuständigkeiten für den Bereich der Gewalt an Kindern (allenfalls für Gewalt in der Familie überhaupt) zu schaffen. In diesem Sinn sieht § 4 Abs. 3a der Verordnung zur Durchführung des Staatsanwaltschaftsgesetzes (DV-StAG) in der Fassung BGBl. II Nr. 396/2007 seit 1.1.2008 vor, dass bei Staatsanwaltschaften mit zumindest zehn systemisierten staatsanwaltschaftlichen Planstellen der Leiter der Staatsanwaltschaft die Bearbeitung von Verfahren wegen Gewalt im sozialen Nahraum (Gewalt in der Familie, Gewalt an Kindern) einem oder mehreren besonders geschulten StaatsanwältInnen zu übertragen hat.
Zur Unterstützung der Strafjustiz und der Familiengerichtsbarkeit soll die bewährte Einrichtung der Jugendgerichtshilfe zu einer bundesweiten und auch im Erwachsenenstrafrecht verfügbaren psychosozialen Justizhilfe ausgebaut werden.
Mit einer Novelle zum Richterdienstgesetz im Rahmen der 2. Dienstrechts-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 96/2007, wurde die Wichtigkeit der Kenntnisse im Bereich der Gewaltprävention unterstrichen, indem Gewaltprävention und das Gewaltschutzrecht ausdrücklich als Prüfungsgegenstände für die mündliche Richterdienstprüfung normiert wurden. Ich beabsichtige, auf dieser Basis eine Fortbildungsinitiative im Bereich der Gewalt in der Familie zu initiieren, wobei primär für die sonderzuständigen StaatanwältInnen ein maßgeschneidertes Fortbildungsprogramm realisiert werden soll.
Im Zivilverfahren sollen die Rechte des Opfers analog zu jenen im Strafprozess ausgebaut werden, insbesondere was den Anspruch des Opfers auf juristische wie psychosoziale Prozessbegleitung, die Geheimhaltung der Wohnanschrift des Opfers und das Recht auf eine schonende Gestaltung der Einvernahme anlangt.
Das zur Sicherung des Opfers mit dem Gewaltschutzgesetz geschaffene Gewalt-Instrumentarium von einstweiligen Verfügungen des Familiengerichts soll weiter ausgebaut werden, insbesondere im Sinne einer Ausdehnung der Geltungsdauer solcher Verfügungen.
Zu 64:
Ich bin von besonderen Dringlichkeiten abgesehen stets bestrebt, dass von mir initiierte Gesetzesvorhaben nicht nur im Vorfeld durch Einrichtung von Arbeitsgruppen, sondern auch durch ein ausreichend langes Begutachtungsverfahren verbunden mit einer entsprechenden Öffentlichkeitsarbeit möglichst viel Zeit und Raum zur breiten Diskussion vorgeschlagener Neuerungen lassen. Was die parlamentarischen Verhandlungen anlangt, bitte ich um Verständnis, dass ich auf die konkrete Ausgestaltung des parlamentarischen Geschehens nur bedingt Einfluss ausüben kann, möchte aber versichern, dass die bewährte Tradition der Einbindung aller im Parlament vertretenen Parteien im Vorfeld der Beratungen im Ausschuss natürlich auch von mir fortgesetzt und dabei auch Bedacht darauf genommen wird, dass ausreichend Zeit zur wechselseitigen Information zur Verfügung steht.
Für die geplanten Verhandlungen ist jener Zeitraum vorgesehen, der notwendig ist, um mit allen im Nationalrat vertretenen Parteien die erforderlichen Gespräche zu führen. Die mit dem Sanktionenpaket vorgeschlagenen Änderungen stellen einen ersten Teil der Umsetzung mehrerer Reformen im Bereich des Strafrechts darf, die insgesamt zu mehr Sicherheit durch bessere Gestaltung und flexiblere Gestaltung des Strafvollzugs beitragen sollen. Mit dem vorliegenden Sanktionenpaket wird die gemeinnützige Leistung als Ersatz der Ersatzfreiheitsstrafe eingeführt und so wird beispielsweise derzeit auch überlegt, die Erbringung von gemeinnützigen Leistungen als zusätzliche Sanktionsform einzuführen. Dadurch soll vor allem im Bereich der Bagatellkriminalität eine Entspannung erfolgen, um die als besonders sozialschädlich angesehenen kurzen Freiheitsstrafen zu vermeiden.
Zu 65 und 66:
Es ist richtig, dass das Strafrechtsänderungsgesetz 2008 als Teil der Umsetzung mehrerer Reformschritte im Bereich des Strafrechts angesehen werden kann. Das Ziel der Erreichung von mehr Sicherheit in Österreich kann dabei durchaus auch mit Maßnahmen wie Strafschärfungen und der Schaffung neuer Tatbestände verfolgt werden. Andererseits gilt für mich aber auch weiterhin, dass etwa eine flexiblere Gestaltung der Sanktionenpalette und damit in geeigneten Fällen auch weniger Haft zu mehr Sicherheit führen kann. Das Strafrechtsänderungsgesetz 2008 mit seinen Verschärfungen im Bereich der Korruptionsbekämpfung, des Computerstrafrechts sowie der Bekämpfung von gewalttätigen Ausschreitungen bei Sportgroßveranstaltungen auf der einen Seite sowie den Maßnahmen im Bereich der bedingten Entlassung etc. andererseits mag hiefür als typisches Beispiel gelten. In diesem Sinn verweise ich nochmals auf die geplanten Maßnahmen im Bereich der Gewalt im sozialen Nahraum, aber etwa auch auf geplante Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus (z.B. Online-Fahndung) oder des Rassismus und der Diskriminierung (etwa durch Änderungen im Bereich der Verhetzung oder durch Schaffung eines eigenen Foltertatbestandes). Auf der anderen Seite erscheint es vorstellbar, gemeinnützige Leistungen über den geltenden Anwendungsbereich im Rahmen der Diversion und nunmehr auch als Alternative zum Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen hinaus etwa als Auflage im Zusammenhang mit der bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung, oder aber als eigenständige Sanktion vorzusehen.
Zu 67 bis 70:
Wie ich bereits in meiner Anfragebeantwortung ausgeführt habe, bezieht sich die an die Bundesregierung gerichtete Entschließung vom 3. Mai 2007 nicht auf einen Bericht zur Umsetzung eines Berufsverbotes für Sexualtäter, sondern zunächst darauf, welche Möglichkeiten für die Einführung eines solchen Berufsverbotes bestehen. Um zu einer solchen Beurteilung der Bundesregierung beizutragen, wurden im Bundesministerium für Justiz bereits intensive Vorarbeiten geleistet.
. Jänner 2008
(Dr. Maria Berger)