1981/AB XXIII. GP
Eingelangt am 09.01.2008
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-10.000/0049-I/PR3/2007 DVR:0000175
An die
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer
Parlament
1017 W i e n
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1939/J-NR/2007 betreffend Vorstandsvergrößerungen und Bahnhofs-Manager-Karrieren, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 9. November 2007 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Zu Ihrer Kritik an der Eisenbahnbehörde habe ich bereits in früheren Anfragebeantwortungen (Nr. 1033/J-NR/2007 vom 13.7.2007) ausgeführt, dass ich diese nicht teile und habe dies auch begründet. So habe ich z.B.: zum Vorwurf der „Pfuschbescheide“, der im Übrigen nur in der Zeitung „Die Presse“ erhoben worden ist, darauf hingewiesen, dass grundsätzlich bei derartig komplexen Genehmigungsverfahren mit Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zu rechnen ist und der Ausgang eines derartigen Gerichtshofverfahrens niemals vorhergesagt werden kann. Dies trifft insbesondere auf Großprojekte im innerstädtischen Bereich zu, weil dort meist mehrere Tausend unmittelbar Betroffene mit äußerst divergierenden Interessenslagen involviert sind.
Beim gegenständlichen Genehmigungsverfahren Lainzer Tunnel handelt es sich um ein extrem umfangreiches Verwaltungsverfahren. Die im Verfahren mitaufgelegten Unterlagen füllen einen Klein-LKW, der aufgehobene Bescheid selbst hat einen Umfang von 340 Seiten. Von insgesamt sechs Genehmigungsbescheiden des Lainzer Tunnels wurden vom VwGH fünf Bescheide voll inhaltlich und formal bestätigt, einer wurde wegen eines geringen Mangels aufgehoben. Dieser Mangel war so geringfügig, dass der Bescheid innerhalb kürzester Zeit repariert und umgehend der Projektwerberin zugestellt werden konnte.
Das Presse-Echo zur neuerlichen Bescheiderteilung war durchaus positiv, da das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie in Rekordzeit einen neuen Bescheid erlassen hat. Der Begriff Pannenserie mit Pfusch-Bescheiden trifft daher nicht zu. Die von Ihnen zitierte Kritik des Rechnungshofes richtet sich nicht an das Bundesbahnstrukturgesetz an sich, - dem der Rechnungshof im Gegenteil bestätigt, das EU-Recht umgesetzt und die komplexe Umstrukturierung innerhalb der vorgesehenen Frist durchgeführt zu haben - sondern im Wesentlichen an der Nichterfüllung finanzieller Zielsetzungen, da sich die Rahmenbedingungen zwischenzeitig geändert haben.
Frage 1:
Wie begründen Sie die Aufstockung der Vorstände der ÖBB Holding und mehrerer Unternehmen der ÖBB-Unternehmensgruppe, insbesondere im Lichte der heftigen Kritik auch der SPÖ an der Postenvermehrung im ÖBB-Bereich unter der Vorgängerregierung?
Antwort:
Die Aufstockung der Vorstände dient der Stärkung der ÖBB Holding AG, schafft klar abgegrenzte Zuständigkeits- und Verantwortungsbereiche in der Holding und ermöglicht darüber hinaus auch die personelle Entflechtung der Vorstände zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften. Das ist eine Reaktion auf eine diesbezüglich geäußerte Kritik der EU-Kommission und des Rechnungshofes. Vor dem Hintergrund der Europarechtsdiskussion wurde mit der Ausschreibung der neuen Vorstände in den Absatzgesellschaften nun der Schritt vollzogen, zukünftige Doppelbesetzungen innerhalb des Konzerns auf Vorstandsebene zu verhindern. Im Sinne einer strategischen Ausrichtung ist eine strategische Holding gewünscht, die aber steuernd eingreifen kann, wenn dies im Gesamtinteresse des Unternehmens liegt. Je kundennäher eine operative AG ist, desto mehr Verantwortung soll sie haben.
Fragen 2 und 3:
Waren Sie über die Bestellung des bisherigen Leiters der Eisenbahnbehörde als neuer Generalmanager des Wiener Zentralbahnhofes informiert oder wurden auch Sie durch diese Personalentscheidung der ÖBB überrascht?
Waren Sie in die Personalentscheidung der Bestellung des bisherigen Leiters der Eisenbahnbehörde als neuer Generalmanager des Wiener Zentralbahnhofes eingebunden? Wenn ja, in welcher Weise und welche Position haben Sie in dieser Frage eingenommen?
Antwort:
Ich war in diese Bestellung nicht eingebunden und wurde erst davon informiert, als sich der ehemalige Leiter der Eisenbahnbehörde dazu bereits entschieden hatte, die Gesamtprojektleitung des Hauptbahnhofes Wien zu übernehmen.
Frage 4:
Wie beurteilen Sie das Avancement des bisherigen Leiters der Eisenbahnbehörde zum neuen Generalmanager des Wiener Zentralbahnhofes vor dem Hintergrund der Performance der Eisenbahnbehörde und ihrer Leitung in den letzten Jahren?
Ich halte es grundsätzlich für positiv, wenn jemand mit langjährigen Erfahrungen in einem Ministerium dieses know-how auch in der konkreten Umsetzung eines der größten Infrastrukturprojekte einbringt.
Frage 5:
Wurde der Posten des Generalmanagers des Wiener Zentralbahnhofes a) bei dieser Besetzung, b) bei der letzten Besetzung dieses Postens mit einem BMVIT-Spitzenbeamten ausgeschrieben oder ist die Betrauung mit dieser gut dotierten Funktion „freihändig“ erfolgt? Wer oder welches Gremium ist für eine „freihändige“ Vergabe einer derartigen Funktion zuständig und damit verantwortlich?
Antwort:
Bei dem Posten eines Gesamtprojektleiters handelt es sich nicht um eine Vorstandsfunktion oder um eine andere Funktion, die gemäß Stellenbesetzungsgesetz auszuschreiben wäre. Wie mir die ÖBB-Infrastruktur Bau AG mitteilt, handelt es sich bei dem gegenständlichen Vertrag mit dem Projektleiter um einen generell üblichen Vertrag für Projektleitungen in der ÖBB-Infrastruktur Bau AG, wie es sie bei jedem anderen Projekt auch gibt. Da das Gehalt laut diesem Vertrag unterhalb der Ingerenzgrenzen für aufsichtsratspflichtige Gehälter liegt, war dafür auch kein Aufsichtsratsbeschluss erforderlich. Ein Vorstandsbeschluss der ÖBB-Infrastruktur Bau AG war für die Besetzung dieses Postens ausreichend.
Frage 6:
Unter dem nun vorteilhaft „umgestiegenen“ Leiter der Eisenbahnbehörde wurde Anfang des Jahres 2005 eine missglückte „ÖBB-Reform“ der Regierung schwarz/blau/orange durchgedrückt, die die Weiterentwicklung des Verkehrsträgers Eisenbahn insbesondere durch Interessenskonflikte und Streitereien zwischen den einzelnen Teilgesellschaften nachhaltig behindert.
a) Welche Maßnahmen haben Sie seit Ihrem Amtsantritt zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gesetzt?
b) Welche Maßnahmen werden Sie bis wann zur Korrektur dieser Fehlentwicklung setzen?
c) Welche Konzepte wurden bisher zur Korrektur dieser Fehlentwicklung erarbeitet?
d) Welche legistischen Maßnahmen sind zur Korrektur dieser Fehlentwicklung vorgesehen?
e) Welche Vorgaben zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gaben bzw. geben Sie dem neuen Leiter der Eisenbahnbehörde?
Antwort:
Zunächst möchte ich festhalten, dass das Bundesbahnstrukturgesetz, das die gesetzliche Grundlage der Bahnreform bildet, nicht „unter dem damaligen Leiter der Eisenbahnbehörde durchgedrückt“ wurde, sondern von der damaligen Bundesregierung dem Parlament vorgelegt und von diesem mehrheitlich beschlossen worden ist.
Nunmehr habe ich als erste Maßnahme den Aufsichtsrat neu besetzt, um die in den Jahren nach der Bahnreform aufgetretenen Strukturschwächen durch entsprechende Anpassungen zu ermöglichen. Selbstverständlich wird in Zukunft an der Strukturreform der ÖBB bzw. an deren Weiterentwicklung zur Optimierung der Effizienz und Effektivität nun zielstrebig gearbeitet. Hier werden Abläufe vereinfacht, Doppelgleisigkeiten behoben und Schnittstellenbereinigungen durchgeführt werden. Augenfällig ist die Schnittstellproblematik zwischen der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG und der ÖBB-Infrastruktur Bau AG, wo nun bereits intensive Vorarbeiten zur zukünftigen Vereinfachung der bestehenden Prozesse geleistet werden.
Weiters wird die Aufteilung der Dienstleistungs-Gesellschaften (DLG) und die Übertragung dieser Aufgaben in die Holding und die vier operativen AGs aufbereitet. Nicht zuletzt deshalb soll auch die Holdingfunktion gestärkt werden, was auch zu der Aufstockung der Vorstände geführt hat. Die geplante Aufteilung der DLG soll auch den AGs mehr Verantwortung geben und somit diesen die Personalressourcen zuzuordnen, im Sinne von realer Entlastung und Flexibilität.
Im Sinne einer einheitlichen Ausrichtung ist daran gedacht, Geschäftsordnungen und Satzungen anzupassen und damit effektivere Abläufe zu erzielen.
Auch sind mir die Synergien und die möglichst breite Zusammenarbeit zwischen ASFINAG und ÖBB ein besonderes Anliegen, sodass alle Maßnahmen zu setzen sind, um diese Kooperation zu stärken und auszubauen.
Zur Weiterentwicklung des Verkehrsträgers Schiene fließen gegenwärtig rund € 1,6 Mrd. in den Ausbau der Infrastruktur. Ähnliches gilt auch für die Investitionsoffensive im Personen- und Güterverkehr durch die ÖBB selbst. Mehr Bestellung bedeutet hier auch für den ÖBB-Konzern mehr Finanzbedarf für die Infrastrukturinvestitionen als Fundament für die zukünftige Entwicklung der Bahn als Rückgrat der Verkehrsinfrastruktur und wesentlicher Teil des Konzepts der Stärkung des Gütertransports auf der Schiene und nicht auf der Strasse. Vom Bund werden mittels Haftung und direkter Budgetzuschüsse diese Investitionen übernommen. Hier müssen auch die damit erreichbaren Einsparungen bei externen Kosten des Individualverkehrs und strategische Neufundamente wie das Bahnhofskonzept berücksichtigt werden. Nicht zuletzt zwingt der durch die Versäumnisse der letzten Jahre entstandene Nachholbedarf zu derart hohen Investitionen.
Frage 7:
Unter dem nun vorteilhaft „umgestiegenen“ Leiter der Eisenbahnbehörde wurde im Jahr 2006 eine Eisenbahngesetznovelle umgesetzt, die von nahezu allen Beteiligten einhellig abgelehnt wurde. Dennoch wurde die Gesetzesänderung buchstäblich in letzter Minute der Regierung schwarz/blau/orange mit aller Kraft durchgedrückt. Nach Auffassung vieler ExpertInnen wurden die Befürchtungen aus dem Begutachtungsverfahren seither eindrucksvoll bestätigt. So haben sich unter anderem die Genehmigungsverfahren im Eisenbahnbereich durch die zwingende Hereinnahme externer (und damit teurer) GutachterInnen insgesamt massiv verteuert. Als einziger unbestrittener Nutznießer der letzten Eisenbahngesetznovelle kann heute wohl nur die Lobby der PlanerInnen, BeraterInnen und GutachterInnen ausgemacht werden.
a) Welche Maßnahmen haben Sie seit Ihrem Amtsantritt zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gesetzt?
b) Welche Maßnahmen werden Sie bis wann zur Korrektur dieser Fehlentwicklung setzen?
c) Welche Konzepte wurden bisher zur Korrektur dieser Fehlentwicklung erarbeitet?
d) Welche legistischen Maßnahmen sind zur Korrektur dieser Fehlentwicklung vorgesehen?
e) Welche Vorgaben zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gaben bzw. geben Sie dem neuen Leiter der Eisenbahnbehörde?
Antwort:
Die Eisenbahngesetznovelle des Jahres 2006 diente auch dem Zweck der Umsetzung der EU-Richtlinie 2004/49 („Sicherheitsrichtlinie“). Die von der EU-Gesetzgebung vorgegebenen Fristen waren hierbei einzuhalten, wobei Österreich in der Gruppe jener Mitgliedstaaten ist, die die Sicherheitsrichtlinie nur mit geringer Verzögerung umsetzen konnten, während viele Mitgliedsstaaten erst mit sehr großer Verspätung diese Richtlinie umgesetzt haben. Die Umsetzung dieser Richtlinie bewirkt eine beträchtliche Änderung der bisherigen Verwaltungs- und Aufsichtspraxis der Eisenbahnbehörden, indem sie eine sehr starke Anlehnung an die angelsächsische Rechtspraxis mit sich bringt. Dies erfordert auch Umstellungen bei den Eisenbahnunternehmen, insbesondere bei den Themen Sicherheitsmanagementsystem und Sicherheitsbescheinigung.
Die Umsetzung der Richtlinie erfordert aber auch einen hohen Personalaufwand, weil Tätigkeiten, die bisher von den Fahrwegbetreibern oder den Eisenbahnverkehrs-unternehmen durchgeführt wurden, nunmehr von den Behörden durchgeführt werden müssen. In Anbetracht der vom Rechnungshof mehrmals aufgezeigten Knappheit der Personalressourcen in der Eisenbahnbehörde war es daher erforderlich, auf einige der bisherigen Verwaltungstätigkeiten der Eisenbahnbehörde zu verzichten und die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Die Eisenbahngesetznovelle sieht daher vor, dass Anträge zur Baugenehmigung von Fahrzeugen oder Infrastruktur bereits von einschlägigen Sachverständigen geprüft bei der Behörde eingereicht werden, und die Behörde dadurch entlastet wird. Die Behörde muss diese Prüfungen nicht mehr selbst durchführen und die Vielzahl an unzureichenden Einreichungen nicht mehr mit unzähligen Verbesserungsaufträgen erst genehmigungsfähig machen. Diese Auslagerung der eisenbahntechnischen Begutachtung entspricht im Übrigen einem klaren sachlichen Konzept, das gemeinschaftsrechtlich entwickelt wurde („new approach“-Richtlinien) und sich nicht nur auf den Eisenbahnbereich beschränkt. Es ist nicht sinnvoll, hintereinander für die von den TSI (Technische Spezifikationen für die Interoperabilität) erfassten Tatbestände die neue Zertifizierung durch externe Gutachter und für die anderen Tatbestände die alte Vorgangsweise im Wege der Behörde durchzuführen. Dies hätte eine wesentliche Verlangsamung der Genehmigungsverfahren bedeutet. Viel sinnvoller ist es daher, sowohl die Einhaltung der TSI als auch die Einhaltung der darüber hinaus geltenden Regeln und Richtlinien durch ein und denselben Gutachter gleichzeitig bestätigen zu lassen.
Da die Umstellungsphase jetzt vorbei ist und sich die Genehmigungsverfahren in der letzten Zeit deutlich beschleunigt haben, sehe ich beim Eisenbahngesetz keine Veranlassung zu einer Veränderung, es muss jedoch demnächst das sog. Dritte Eisenbahnpaket der EU (Triebfahrzeugführer-Richtlinie, Liberalisierung im grenzüberschreitenden Personenfernverkehr usw. ) legistisch umgesetzt werden.
Um die Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit vollständig umzusetzen, bedarf es auch zukünftig noch einer Reihe von Maßnahmen auf EU-Ebene. Auf Gemeinschaftsebene ist heuer noch die Ausarbeitung von gemeinsamen Sicherheitsindikatoren erstmals für das Bezugsjahr 2006 vorgesehen, dann von gemeinsamen Sicherheitsmethoden bis 2008 und 2010 und von gemeinsamen Sicherheitszielen bis 2009 und 2011. Bisher allerdings hat die EU-Kommission hier außer groben Entwürfen noch nichts vorgelegt.
Frage 8:
Unter dem nun vorteilhaften „umgestiegenen Leiter“ der Eisenbahnbehörde wurden über viele Jahre hinweg brauchbare Regelungen für die Eisenbahn verschleppt, z.B. über Eisenbahnkreuzungen oder über die behindertengerechte Gestaltung von Eisenbahnfahrzeugen und Eisenbahnbauwerken. Ein absolutes Negativbeispiel stellt hier die Eisenbahnkreuzungs-Verordnung dar, an deren zeitgerechter Adaptierung bereits seit fast zehn Jahren ohne brauchbares Ergebnis herumgedoktert wird. Es ist schwer nachvollziehbar, ob diese Stagnation auf mangelnden Regelungswillen oder auf Unvermögen zurückzuführen ist, jedenfalls aber muss hier seitens der Ressortleitung endlich etwas unternommen werden.
a) Welche Maßnahmen haben Sie seit Ihrem Amtsantritt zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gesetzt?
b) Welche Maßnahmen werden Sie bis wann zur Korrektur dieser Fehlentwicklung setzen?
c) Welche Konzepte wurden bisher zur Korrektur dieser Fehlentwicklung erarbeitet?
d) Welche legistischen Maßnahmen sind zur Korrektur dieser Fehlentwicklung vorgesehen?
e) Welche Vorgaben zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gaben bzw. geben Sie dem neuen Leiter der Eisenbahnbehörde?
Antwort:
Zur Frage der behindertengerechten Gestaltung von Eisenbahnfahrzeugen und Eisenbahnbauwerken darf ich auf die einschlägige europäische Regelung (TSI) verweisen, an der Mitarbeiter der österreichischen Eisenbahnbehörde intensiv mitgearbeitet haben. Wenn eine gesamteuropäische Regelung für einen Bereich wie die behindertengerechte Gestaltung von Eisenbahnfahrzeugen und Eisenbahnbauwerken geplant ist und ausgearbeitet wird, halte ich es für Verschwendung von Ressourcen, wenn gleichzeitig Arbeiten und Personal in die Ausarbeitung einer separaten österreichischen Regelung gesteckt werden, die bei Inkrafttreten der EU-Regelung dann entweder angepasst oder aufgelassen werden muss. Da jetzt die europäische Regelung ausgearbeitet und vorhanden ist und auch bei den ÖBB für die Details von Bauwerken eine einschlägige Richtlinie existiert, weise ich den Vorwurf der Stagnation zurück.
Hinsichtlich der Regelungen für Eisenbahnkreuzungen bestehen ausreichende eisenbahnrechtliche Vorschriften. Anpassungen an die technische Entwicklung sind selbstverständlich – wie das in allen Verwaltungsbereichen der Fall ist – rechtzeitig durchzuführen. Verbesserungen sind – wie das in allen Verwaltungsbereichen der Fall ist – auch hier denkbar und, soweit finanzierbar, durchaus erstrebenswert.
Im Hinblick darauf, dass die Länder seit 1992 mit der Vollziehung im Eisenbahnkreuzungswesen betraut sind, war es daher notwendig, bei der Novellierung der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung die Erfahrungen der Länder einfließen zu lassen. Die Arbeiten zur EK-VO erfolgten von deren Beginn an stets durch die dem BMVIT beigegebenen Experten sowie durch Experten der Länder und anderer Stellen (z. B. Kuratorium für Verkehrssicherheit, Eisenbahnunternehmen).
Es waren die Behindertenverbände selbst, die sich - besonders ab dem Frühjahr 2002 - vehement gegen eine Erlassung der Novelle wandten und ein einklagbares Recht auf barrierefreies Übersetzen von Eisenbahnkreuzungen forderten. Dabei ist der gegenständliche Novellenentwurf nur auf einige eisenbahnfachtechnische Inhalte beschränkt (Abgabe von Pfeifsignalen nur in dem für die Sicherheit notwendigen Ausmaß, Anbringung zusätzlicher Andreaskreuze auf Grund von Unfalluntersuchungen, Kombination von Eisenbahnkreuzungssicherungsanlagen mit Lichtsignalregelungen an nahegelegenen Straßenkreuzungen). Die von meinem Ressort ausgearbeitete Novelle zur Eisenbahnkreuzungsverordnung ist nicht gegen die Interessen der Behinderten. Die Novelle ist nur auf bestimmte fachtechnische Inhalte beschränkt und wurde durch eine Grundsatzbestimmung zur Bedachtnahme auf die Bedürfnisse behinderter Menschen ergänzt. Dieser Novellenentwurf ist mit den Ländern langwierig akkordiert worden und könnte rasch verwirklicht werden. Dass in diesem Zusammenhang in Ihrer Anfrage von „schlichtweg unbrauchbaren Regelungen“ in dieser Novelle gesprochen wird, ist aus fachlicher Sicht nicht nachvollziehbar. Eine schrittweise Weiterentwicklung der Bestimmungen der EK-VO, Anpassungen an den sich weiterentwickelnden Stand der Technik sind unzweifelhaft erforderlich, die immer wieder geforderte Verpflichtung zum technischen Kreuzungsschutz (Schranken- oder Lichtzeichenanlage) an allen Eisenbahnkreuzungen ist jedoch unfinanzierbar.
Wie sicherlich bekannt sein dürfte, wurden in der Vergangenheit von den Mitarbeitern der zuständigen Fachabteilung meines Ressorts Gespräche mit den Behindertenverbänden geführt und dabei ein Vorschlag zur Einfügung einer Bestimmung in die EK-VO unterbreitet, wonach auf die Bedürfnisse von behinderten Menschen Bedacht zu nehmen ist. Darüber hinaus wurde im Arbeitsausschuss „Eisenbahnkreuzungen“ bei der „Österreichischen Forschungsgesellschaft Straße - Schiene - Verkehr“ mit den Vertretern der Behindertenverbände eine Richtlinie „Eisenbahnkreuzungen – Sicherung und Ausstattung – Bedachtnahme auf behinderte Menschen“ erarbeitet und im März 2006 veröffentlicht.
Zur Umsetzung dieser Richtlinie wurde im November 2007 mit dem Generalsekretär der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR) ein Gespräch geführt. Im Nachhang zu diesem Gespräch hat nunmehr der Generalsekretär des ÖAR Eisenbahnkreuzungen bekannt gegeben, welche hinsichtlich der allenfalls erforderlichen Maßnahmen einer näheren Untersuchung unterzogen werden sollen. Hinsichtlich der weiteren Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie fand auch ein Gespräch mit dem Anwalt für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung, Mag. Herbert Haupt, am 11.12.2007 im BMVIT statt. Ergebnis des Gespräches ist es, gemeinsam mit dem Behindertenanwalt Lösungen (z.B. Priorität zur Sicherung von Kreuzungen in der Umgebung von Blinden- und Rehabilitationsheimen) mit den Behindertenverbänden zu erzielen, damit eine möglichst breite Basis der Unterstützung für die Neuerlassung der EK-VO begründet wird.
Frage 9:
Die Unfallrate auf den österreichischen Eisenbahnkreuzungen ist dramatisch höher als in vergleichbaren Nachbarländern (z.B. Deutschland) und hat sich in den letzten Jahren teilweise sogar verschlechtert, ohne dass dagegen vom BMVIT und Eisenbahnbehörde wirksame Maßnahmen entwickelt worden wären. Die letzte Änderung der Eisenbahnkreuzungs-Verordnung liegt fast zwanzig Jahre zurück. Auch der ÖAMTC hielt zuletzt fest: “Jedenfalls wird es aber notwendig sein, die seit 1964 unveränderten Bestimmungen der Eisenbahnkreuzungsverordnung zu aktualisieren und den Erfordernissen des modernen Verkehrs anzupassen“. Als einzige zusätzliche Regelungsmaßnahme der letzten Jahre wird seit Monaten das Blechtaferl mit Dampflokomotive abgefeiert, das vor einigen Eisenbahnkreuzungen zusätzlich zu den anderen Verkehrszeichen angebracht wird. Die Maßnahme erweist sich bisher als unwirksam, gab es doch gerade zuletzt zahlreiche Tote und Schwerverletzte auf Eisenbahnkreuzungen.
a) Welche Maßnahmen haben Sie seit Ihrem Amtsantritt zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gesetzt?
b) Welche Maßnahmen werden Sie bis wann zur Korrektur dieser Fehlentwicklung setzen?
c) Welche Konzepte wurden bisher zur Korrektur dieser Fehlentwicklung erarbeitet?
d) Welche legistischen Maßnahmen sind zur Korrektur dieser Fehlentwicklung vorgesehen?
e) Welche Vorgaben zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gaben bzw. geben Sie dem neuen Leiter der Eisenbahnbehörde?
Antwort:
Aus einer Gegenüberstellung der Einwohnerzahl zur Länge des Streckennetzes von Österreich und Deutschland lässt sich auf Grund der Anzahl der getöteten Personen ein vergleichbares Unfallrisiko nicht ableiten. Um ein Unfallrisiko überhaupt feststellen zu können, sind im Einzelfall die vorliegenden Gegebenheiten festzustellen und entsprechend zu bewerten. Aus Einzelereignissen und temporären Häufungen können keine statistisch relevanten Aussagen getroffen werden.
Seitens des BMVIT wird das Unfallgeschehen auf Eisenbahnkreuzungen einer ständigen Beobachtung unterzogen. Demzufolge hat mein Ressort schon vor Jahren Studien betreffend das Unfallgeschehen auf Eisenbahnkreuzungen im Allgemeinen, sowie eine Erfassung von Unfallhäufungsstellen auf Eisenbahnkreuzungen ohne Schranken- und Lichtzeichenanlagen sowie die Unfallursachenforschung und Detailanalyse in Auftrag gegeben. Die sich daraus ergebenden Maßnahmen wurden und werden umgesetzt. Die Studie zur Erfassung von Unfallhäufungsstellen wird regelmäßig fortgeschrieben und die Umsetzung der Maßnahmen entsprechend aktualisiert.
Im Rahmen der Gespräche über die Erstellung der Richtlinie für die Bedachtnahme auf behinderte Menschen (seh- und hörbehinderte Menschen) im Zusammenhang mit der Benutzung schienengleicher Eisenbahnkreuzungen wurde die besagte Tafel „auf Pfeifsignal achten“ positiv aufgenommen. Diesbezüglich wurde vom Vertreter der sehbehinderten Menschen besonders darauf hingewiesen, dass sehbehinderte oder blinde Menschen ganz speziellen Schulungen unterzogen werden, die besonders die Aneignung akustischer Wahrnehmungen in den Vordergrund stellen. Ebenso wurde dabei hingewiesen, dass sehbehinderte bzw. blinde Menschen mit Hilfe von Begleitpersonen auf bestimmte Routen geschult werden, sodass diese Tafel hier einen Hinweis für die Wahl einer Route geben kann und in weiterer Folge für die Schulung blinder bzw. sehbehinderter Menschen sehr dienlich ist. Für hörbehinderte Menschen bringt die Tafel eben den Hinweis, dass z.B. bei regelmäßiger Benutzung einer mit Andreaskreuz und Abgabe akustischer Signale gesicherten Eisenbahnkreuzung eine Änderung der Routenwahl ins Auge gefasst werden soll oder dass die Unterstützung von Begleitpersonen zweckmäßig ist.
Zur Wirksamkeit dieser seit 1. Juli 2006 eingeführten und von Ihnen als „Blechtaferl“ qualifizierten Zusatztafel kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine repräsentative Aussage getroffen werden. Ich darf Ihnen jedoch zum Unfallgeschehen auf derartigen Eisenbahnkreuzungen nachstehende Vergleichszahlen aus den Jahren 2004 bis 2007 mitteilen:
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Unfälle auf gemäß § 6 der Eisenbahnkreuzungsverordnung 1961 durch Andreaskreuze und Abgabe von akustischen Signalen vom Schienenfahrzeug aus gesicherten Eisenbahnkreuzungen |
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2004 |
2005 |
2006 |
2007 (bis 20.11.2007) |
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101 |
101 |
89 |
54 |
Bei einem Vergleich der Gesamtanzahl der Unfälle auf Eisenbahnkreuzungen der vergangenen Jahre ist feststellbar, dass alljährlich in den Monaten Juli und August eine Häufung von Unfällen zu verzeichnen ist. Bei einem Vergleich mit Unfallzahlen in den Monaten Juli und August auf Bahnübergängen im Netz der Deutschen Bahn AG ist der gleiche Trend zu erkennen.
Das Unfallgeschehen wird seit Jahren beobachtet und ausgewertet. Die daraus resultierenden Unfallhäufungspunkte wurden bzw. werden im Rahmen von Sicherheitsprogrammen von den Eisenbahnunternehmen gemeinsam mit den Gebietskörperschaften erarbeitet und umgesetzt. (siehe hiezu auch die Beantwortung zu den Anfragepunkten 10 und 11).
Ebenso sei angemerkt, dass im Zusammenwirken mit dem Fachverband der Fahrschulen die Führerschein-CD überarbeitet wurde, um im Rahmen der Fahrausbildung eine höhere Sensibilisierung bei der Benützung von Eisenbahnkreuzungen zu erreichen. Weiters wurde in Zusammenarbeit mit der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG ein Folder mit wichtigen Tipps bzw. einer Auflistung von Verhaltensregeln für die sichere Benutzung von Eisenbahnkreuzungen erstellt, der durch die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG bei Kontakten mit den Gemeinden zur Verteilung gelangt. Weiters wurden die Polizeidienststellen flächendeckend beteilt, um im Rahmen des Verkehrsunterrichtes das richtige Verhalten bei Eisenbahnkreuzungen frühzeitig zu schulen.
Fragen 10 und 11:
An wie vielen Eisenbahnkreuzungen werden Sie bis Mitte 2008 für die Umsetzung konkreter Schritte zur Verbesserungen der Sicherheit – so geänderte/verbesserte Verkehrszeichen, zusätzliche Bodenmarkierungen, zusätzliche technische Sicherungen durch Lichtsignalanlagen/Schranken, zusätzliche Niveaufreimachungen, zusätzliche sonstige Auflassungen, zusätzliche Überwachungsmaßnahmen wie zB Rotlichtkameras – sorgen?
Welche Mittel werden für die Umsetzung dieser Maßnahmen eingesetzt und aus welchen Budgettiteln stammen diese Mittel?
Antwort:
Als Sofortmaßnahme sollen bei nichttechnisch gesicherten Eisenbahnkreuzungen auf Straßen mit befestigter Fahrbahn spezielle Bodenmarkierungen aufgebracht sowie bei Eisenbahnkreuzungen im übergeordneten Straßennetz Andreaskreuze auf weißem, reflektierendem Hintergrund angebracht werden. So haben die zuständigen Organe des ÖBB-Konzerns den Beschaffungsvorgang hiefür bereits eingeleitet, sodass in einer ersten Phase die Ausstattung von rund 1000 Eisenbahnkreuzungen im Streckennetz des ÖBB-Konzerns erfolgt wird. In weiterer Folge sollen solche Andreaskreuze nicht nur an allen anderen Eisenbahnkreuzungen mit öffentlichem Verkehr im ÖBB-Streckennetz, sondern auch bei Eisenbahnkreuzungen mit Privatbahnen vorgesehen werden.
Für die Umsetzung dieser Maßnahmen in Abstimmung mit den Ländern werden bzw. wurden für jedes Bundesland Arbeitsgruppen eingesetzt. Die Kosten werden zwischen dem Bund und dem jeweiligen Land geteilt.
Bei 53 Eisenbahnkreuzungen im Streckennetz des ÖBB-Konzerns sind Überprüfungsverfahren durch die zuständigen Eisenbahnbehörden vorgesehen, um die als erforderlich erachteten Verbesserungsmaßnahmen festlegen zu lassen. Diese Eisenbahnkreuzungen sind jene, auf welchen seit 2002 drei oder mehr Unfälle sowie jene Eisenbahnkreuzungen, auf denen Unfällen mit Todesfolgen innerhalb der letzten zwei Jahre zu verzeichnen waren.
Da die meisten dieser Kreuzungen auf so genannten Nebenbahnen liegen, sind hier die Landeseisenbahnbehörden aufgefordert, diese Kreuzungen nochmals zu überprüfen und in Hinblick auf die Ereignisse jeweils Verbesserungen anzuordnen. Es finden Verhandlungen in den Ländern statt, die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt dann direkt nach Abschluss des Verfahrens gemeinsam zwischen ÖBB und dem jeweiligen Straßenerhalter.
Diese Liste ist nicht als endgültig zu betrachten und wird regelmäßig evaluiert.
2007 wurden bisher bzw. werden noch bei 124 Eisenbahnkreuzungen im Netz der ÖBB weiterführende Maßnahmen gesetzt, mit dem Ziel, die Verkehrsicherheit zu erhöhen. Dies erfolgt gemeinsam mit den zuständigen Trägern der Straßenbaulast in baulicher und auch in finanzieller Hinsicht (beispielsweise Zusammenlegungen, Ausrüstung mit Schranken- oder Lichtzeichenanlagen, Ergänzung mit zusätzlichen Signalgebern, straßenbauliche Maßnahmen wie Unter- oder Überführungen).
Neben diesen Maßnahmen ist ein weiteres Ziel, zahlreiche Eisenbahnkreuzungen gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden aufzulassen. Im Netz der ÖBB befindet sich im Durchschnitt alle 970 m eine Kreuzung, im Netz der Deutschen Bahn alle 1,6 km und im Netz der Schweizer Bundesbahn sogar erst alle 2,8 km. Jede Kreuzung stellt eine potentielle Gefahrenquelle dar. So werden im Streckennetz der ÖBB jährlich rund 70 bis 80 Eisenbahnkreuzungen aufgelassen.
Für die oben beschriebenen Maßnahmen bei schienengleichen Eisenbahnkreuzungen werden jährlich rund 15 Mio. Euro, und für Unter- bzw. Überführungen werden weitere 15 Mio. Euro jährlich investiert.
Frage 12:
Unter dem nun vorteilhaft „umgestiegenen“ Leiter der Eisenbahnbehörde wurde die Funktion des „Staatskommissärs“ im Eisenbahngesetz hartnäckig verteidigt. Diese Funktion, die mit Zusatzeinkommen für auserwählte Behördenangehörigen verbunden ist, erscheint jedoch nicht mehr zeitgemäß. Im Gegensatz aber etwa zu den Eisenbahnkreuzungen, wo längst überfällige Sicherheitsregelungen jahrelang kein Thema waren, wurde die Anzahl der Staatskommissäre unter der Regierung schwarz/blau/orange durch eigene Gesetzesnovellen zum Eisenbahngesetz (2004) sogar noch ausgebaut.
a) Welche Maßnahmen haben Sie seit Ihrem Amtsantritt zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gesetzt?
b) Welche Maßnahmen werden Sie bis wann zur Korrektur dieser Fehlentwicklung setzen?
c) Welche Konzepte wurden bisher zur Korrektur dieser Fehlentwicklung erarbeitet?
d) Welche legistischen Maßnahmen sind zur Korrektur dieser Fehlentwicklung vorgesehen?
e) Welche Vorgaben zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gaben bzw. geben Sie dem neuen Leiter der Eisenbahnbehörde?
f) Welche Ausgaben sind seit Ihrem Amtsantritt bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung für die Bezahlung von Staatskommissäre erfolgt?
g) Über welche Wahrnehmungen berichteten Ihnen die Staatskommissäre der Eisenbahnbehörde seit Ihrem Amtsantritt?
Antwort:
Zu diesen Fragepunkten sei vorweg klargestellt, dass die gesetzlich vorgesehene Entsendung eines Staatskommissärs nach dem Eisenbahngesetz ein traditionelles, aber dessen ungeachtet weiterhin bewährtes Mittel zur Beobachtung und Koordination mit den die Eisenbahninfrastruktur für den öffentlichen Eisenbahnverkehr bereitstellenden Unternehmen ist, seien es solche des Bundes, seien es solche für Privatbahnen. Diese Unternehmen erhalten allesamt beträchtliche Mittel des Bundes für die Infrastruktur. Der Staatskommissär ist ein neutraler Berichterstatter und eine Verbindungsperson zum Verkehrsressort. Er hat demnach auch kein Stimmrecht im Aufsichtsrat, d.h. er entscheidet nicht über entsprechende Anträge des Vorstandes bzw. der Geschäftsführung mit, und ist daher auch nicht für spätere Entscheidungen präjudiziert. Die Tätigkeit des Staatskommissärs unterscheidet sich also inhaltlich von derjenigen der Aufsichtsratsmitglieder, die nach dem Gesellschaftsrecht in und für Eisenbahninfrastrukturunternehmen in der Rechtsform einer AG oder GmbH tätig sind: Diese haben die grundsätzlichen Entscheidungen über einzelne Investitionen insbesondere aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten und zum Wohle des Unternehmens zu genehmigen. Von der Tätigkeit des Staatskommissärs sind auch die Genehmigungsaufgaben der Behörde nach dem Eisenbahngesetz zu unterscheiden: Für die in einem Einreichprojekt spezifizierten Investitionsvorhaben hat jedes Eisenbahnunternehmen bei der Behörde die erforderlichen Baugenehmigungen und Betriebsbewilligungen einzuholen. Nach der Reform gemäß Bundesbahnstrukturgesetz 2003 werden die Infrastrukturaufgaben der ÖBB von der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG als Fahrwegbetreiber und der ÖBB-Infrastruktur Bau AG als Inhaber und Errichtungsgesellschaft wahrgenommen. Für beide liegt die Verwaltung der Anteilsrechte mit dem Ziel einer strategischen Ausrichtung bei der ÖBB-Holding AG, daher wurde auch in diese ein Staatskommissär entsandt, schließlich finanziert der Bund auch einen Großteil der Eisenbahninfrastruktur.
Die Auswahl und Entsendung von Staatskommissären richtet sich nur nach den Anforderungen des Eisenbahnrechts. Sie unterliegt nicht dem Stellenbesetzungsgesetz, und es handelt sich um eine Entscheidung des Ressortverantwortlichen. Da es um ein Gesamtbild des jeweiligen Eisenbahninfrastrukturunternehmens mit eisenbahnrechtlichen und -fachlichen wie finanziellen Implikationen geht, wurden die entsandten Personen nach ihren einschlägigen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgewählt. In der bisherigen Praxis sind das leitende Beamte des BMVIT, welche die Tätigkeit zusätzlich übernehmen, was einerseits eine sachnahe und andererseits kostengünstige Lösung ist. Bei einer allfälligen Bestellung externer Experten müsste zusätzlich ein entsprechender Kostenersatz in Kauf genommen werden. Das ist daher eine sachlich zweckmäßige und verwaltungsökonomische Vorgangsweise.
Dem BMVIT werden von den Eisenbahnunternehmen, deren Anteilsrechte das BMVIT für den Bund verwaltet, lediglich die Reisekosten vergütet. Da die ÖBB Holding AG, die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG und die ÖBB-Infrastruktur Bau AG ihren Firmensitz in Wien haben und daher die Sitzungen der Organe ebenfalls in Wien stattfinden, fällt innerhalb von Wien kein Reiseaufwand für die Staatskommissäre an, daher gibt es auch keine Vergütung. Darüber hinaus erhalten die Staatskommissäre in den drei genannten Unternehmen auch keinerlei Entschädigung oder sonstige finanzielle Zuwendung. Den Unternehmen gegenüber, deren Anteilsrechte gesetzesgemäß für den Bund das BMVIT verwaltet, fallen keine Kosten für die Tätigkeit bei Sitzungen wie Sitzungsgelder, Aufwandsentschädigungen, Tantiemen oder ähnliches an; die Unternehmen übernehmen nur eventuell anfallende Dienstreisekosten entsprechend der Reisegebührenvorschrift des Bundes. Mit den Privatbahnunternehmen wurden anlässlich der Konzessionsverleihungen Abgeltungsbeträge an den Bund für die Staatskommissärstätigkeit vereinbart, die bei Ausschüttung für die Nebentätigkeit des Staatskommissärs dessen Tätigkeits- und Reiseaufwand entsprechend der Reisegebührenvorschrift des Bundes insgesamt abgelten. Die niedrige Höhe des jeweiligen Abgeltungsbetrages ist im Sinne einer möglichst geringen Anlastung an Unternehmen seit vielen Jahren absolut gleich geblieben. Sie sind bei Konzessionsverlängerungen auch nicht wertangepasst worden. Die Kosten für die Privatbahnunternehmen aus diesem Titel blieben daher in den vergangenen Jahren stets gleich und beliefen sich für alle Privatbahnen auf insgesamt € 6.598,--, die vom BMVIT vereinnahmt werden. Der Betrag hat die Größenordnung von einem Zehntel eines Promilles der den Privatbahnen jährlich zukommenden Bundesmittel. Es wurde und wird also weiterhin auf größtmögliche Sparsamkeit geachtet. Die Tätigkeit als Staatskommissär wird als weitere Dienstpflicht über die Aufgaben und das volle Dienstzeitvolumen hinaus ausgeübt. Bei angesichts der vorgegebenen Sitzungstermine unvermeidlichen Kollisionen mit der Normaldienstzeit wird die Tätigkeit als Staatskommissär per Urlaub oder Zeitguthaben aus außerordentlichen Mehrdienstzeiten ausgeglichen, ohne dass es zu einer Schmälerung des für die eigentlichen Aufgaben zur Verfügung stehenden Dienstzeitvolumens kommt.
Die Berichte der Staatskommissäre werden üblicherweise periodisch schriftlich und im Dienstweg vorgelegt. Weiters erfolgen Anlassfall bezogen auch schriftliche oder mündliche Darstellungen an das Kabinett.
Die üblichen Schwerpunkte der Berichterstattung sind die aus den gesetzlichen Grundlagen abzuleitenden Interessen der Infrastruktur des öffentlichen Eisenbahnverkehrs schlechthin, und dabei insbesondere bedeutende Umstände, Vorgänge mit grundsätzlicher Relevanz für das kaufmännische Betreiben und den Einsatz öffentlicher Mittel, aber auch für die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes. Die gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen würden es durchaus erlauben, alle benötigten Informationen einzuholen und nötigenfalls – auch im Einzelfall - Organe des BMVIT zu den Unternehmen zu entsenden. Bei der überschaubaren Zahl an Eisenbahninfrastrukturunternehmen ist es aber weiterhin die sowohl aus Sicht des Bundes, aber wohl auch der Unternehmen, günstigere Lösung, einen laufenden generellen Informationsstand durch die Entsendung der Staatskommissäre zu erzielen. Über den eigentlichen gesetzlichen Zweck der Berichterstattung hinaus bietet sich dabei eine bewährte Gelegenheit, dass der Staatskommissär den Unternehmen allenfalls benötigte Informationen aus Sicht des BMVIT beisteuert.
Frage 13:
Seitens der VertreterInnen der Behinderten wird seit Jahren darüber geklagt, dass unter dem nun vorteilhaft „umgestiegenen“ Leiter der Eisenbahnbehörde keine konstruktive Zusammenarbeit mit der Behörde im Eisenbahnbereich aufgebaut werden konnte. So gibt es aus Sicht der BetroffenenvertreterInnen auch bis zum heutigen Tag keine brauchbaren Regelungen über die behindertengerechte Gestaltung von Eisenbahnfahrzeugen und Eisenbahnbauwerken.
a) Welche Maßnahmen haben Sie seit Ihrem Amtsantritt zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gesetzt?
b) Welche Maßnahmen werden Sie bis wann zur Korrektur dieser Fehlentwicklung setzen?
c) Welche Konzepte wurden bisher zur Korrektur dieser Fehlentwicklung erarbeitet?
d) Welche legistischen Maßnahmen sind zur Korrektur dieser Fehlentwicklung vorgesehen?
e) Welche Vorgaben zur Korrektur dieser Fehlentwicklung gaben bzw. geben Sie dem neuen Leiter der Eisenbahnbehörde?
Antwort:
Zur Frage der behindertengerechten Gestaltung von Eisenbahnfahrzeugen und Eisenbahnbauwerken darf ich auf die einschlägige europäische Regelung (TSI) verweisen, an der Mitarbeiter der österreichischen Eisenbahnbehörde intensiv mitgearbeitet haben. Diese TSI für Personen mit eingeschränkter Mobilität ist europaweit seit dem Vorjahr in Kraft, sodass sehr wohl brauchbare Regelungen über die behindertengerechte Gestaltung von Eisenbahnfahrzeugen und Eisenbahnbauwerken vorhanden sind. Laut EU-Richtlinie 2001/16 und 96/48 idF 2004/50 gelten TSI unmittelbar und bedürfen keiner innerstaatlichen Umsetzung. Allerdings gelten die TSI nur für neue und umgebaute Fahrzeuge und Eisenbahnbauwerke. Für alte Fahrzeuge und Bauwerke besteht ein Bestandsschutz, d.h. sie müssen nicht umgebaut werden, was notabene auch nicht finanzierbar wäre.
Da jetzt die europäische Regelung ausgearbeitet und vorhanden ist und auch bei den ÖBB für die Details von Bauwerken eine einschlägige Richtlinie existiert, weise ich den in Ihrer Anfrage erhobenen Vorwurf zurück.
Zum Abschluss verweise ich in diesem Zusammenhang auf die massiven Beschaffungsvorgänge von neuen Fahrzeugen bei der ÖBB-Personenverkehr AG (Doppelstockwagen, Talent, Desiro, Rail Jet) die allesamt barrierefrei zugänglich sind bzw. sein werden.
Weiters werden in den nächsten Jahren rund 40 große Bahnhöfe und zahlreiche kleinere Haltestellen (Bahnsteiganhebungen) barrierefrei ausgestattet, dafür wenden wir aus dem Bauprogramm über € 2 Mrd. auf.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Faymann