199/AB XXIII. GP
Eingelangt am 20.02.2007
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ. BMF-310205/0113-I/4/2006
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Auf die an meinen Amtsvorgänger gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 207/J vom 20. Dezember 2006 der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schaffung einer Entwicklungsbank in der AWS und damit Verschiebung von Personalkosten – Entwicklungshilfe für die AWS?“ beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:
Zunächst weise ich darauf hin, dass das Regierungsprogramm die Prüfung der Einrichtung einer Entwicklungsbank durch das Bundesministerium für Finanzen und das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten vorsieht. Diese Prüfung ist derzeit im Gange. Die Beantwortung der einzelnen Fragen erfolgt daher jeweils vor dem Hintergrund dieser Prüfung.
Zu den einzelnen Fragen führe ich wie folgt aus:
Zu 1.:
Geprüft wird die Einrichtung einer österreichischen Entwicklungsbank für den Privatsektor. Aufgabe einer solchen Entwicklungsbank wäre es, in Entwicklungs-, Schwellen- und Reformländern die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung durch Unterstützung des privaten Sektors zu fördern. Diese Aufgabe kann eine Entwicklungsbank durch Finanzierung von lokalen Unternehmen als eine Form von „Development Finance“ erfüllen.
Eine österreichische Entwicklungsbank sollte daher lokale Unternehmen beraten sowie Investitionen im Privatsektor in Partnerländern strukturieren und finanzieren, um so nachhaltig zu deren wirtschaftlicher Entwicklung beizutragen. Eine österreichische Entwicklungsbank sollte für lokale Unternehmen langfristiges Investitionskapital – Eigenkapital, Mezzanine Produkte, Darlehen, Garantien – bereitstellen, um auf diesem Wege Risken bei den Investitionsvorhaben mitzutragen und deren Krisenanfälligkeit zu reduzieren.
Zu 2.:
Eine österreichische Entwicklungsbank würde subsidiär und komplementär zu privaten Marktteilnehmern tätig werden. Ihr besonderer Entwicklungsbeitrag bestünde darin, höhere Risken zu übernehmen. Entsprechend vielfältig und flexibel muss die Skala ihrer Finanzierungsangebote sein, die stets daran ausgerichtet sein sollten, maßgeschneiderte Problemlösungen im langfristigen Finanzierungsbereich, der vielen Entwicklungsländern nicht oder nur sehr erschwert zugänglich ist, zu finden.
Voraussetzung für ein konkretes Engagement einer österreichischen Entwicklungsbank wäre:
Zu 3.:
Kernelement der strategischen Ausrichtung der Entwicklungsbank sollte eine regionale und sektorale Spezialisierung sein, wobei keine Schwellen- oder Entwicklungsländer per se von Projekten ausgeschlossen wären. Die Aktivitäten der Entwicklungsbank würden sich vermutlich vorerst auf ausgewählte Regionen in Südosteuropa, aber auch auf einige der traditionellen Entwicklungsländer konzentrieren. Dass Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit in entsprechendem Maße Nutznießer der Instrumente einer österreichischen Entwicklungsbank sein können, würde schon dadurch sichergestellt, dass die Aktivitäten der Entwicklungsbank in das federführend vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten gemeinsam mit dem Bundesministerium für Finanzen in den Ministerrat einzubringende Dreijahresprogramm der österreichischen EZA integriert werden sollen.
Zu 4.:
In Reform-, Schwellen- und Entwicklungsländern kommt der Förderung lokaler kleiner und mittlerer Unternehmen eine besondere Bedeutung zu, die aus der hohen entwicklungspolitischen Bedeutung dieser Unternehmen resultiert. Ziel einer österreichischen Entwicklungsbank wäre es, angesichts der Zurückhaltung bestehender Finanzierungsinstitutionen insbesondere diesen mittleren Unternehmen des privaten Sektors einen verbesserten Zugang zu langfristigen Krediten, Beteiligungsfinanzierung und weiteren Finanzprodukten zu verschaffen. Die angebotenen Instrumente der Entwicklungsbank wären grundsätzlich „ungebunden“ und somit ausschließlich auf lokale Projektgesellschaften fokussiert.
Eine Entwicklungsbank soll kein Förderinstrument für die österreichische Wirtschaft sein. Hierfür stehen bereits zur Unterstützung bei Auslandsinvestitionen Instrumente der aws oder für Exportfinanzierung und –absicherung OeKB-Programme zur Verfügung.
Die österreichische Wirtschaft soll aber an die Tätigkeiten einer Entwicklungsbank dennoch anknüpfen können und auch möglichst intensiv in Anspruch nehmen. Damit kann sie im Rahmen von Internationalisierungsmaßnahmen von den Initiativen der Entwicklungsbank profitieren. Entwicklungspolitisch relevante Projekte, die gemeinsam mit österreichischen Unternehmen realisiert werden, würden von der Entwicklungsbank prioritär finanziert. Österreichische Investoren würden also beim Eintritt in neue Märkte, bei Projektstrukturierung, bei Know-how Transfer oder etwa bei der Finanzierung der lokalen Projektgesellschaft bei entsprechend wirtschaftspolitischen Effekten auf kommerzieller – also nicht subventionierter Basis – unterstützt.
Zu 5.:
Das Bundesministerium für Finanzen hat bereits im Sommer 2006 die aws mit der Erstellung eines umfassenden Geschäftsplanes zur Installierung einer österreichischen Entwicklungsbank beauftragt. Dieser Geschäftsplan ist eine wesentliche Basis für Arbeitsgruppen, die vom Bundesministerium für Finanzen in Kooperation mit dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten einberufen werden und alle wesentlichen Stakeholder einer österreichischen Entwicklungsbank umfassen. Diese Arbeitsgruppen haben bereits mehrmals zu spezifischen Themen getagt. Darüber hinaus finden auch weiterhin laufend bilaterale Gespräche zwischen dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zur Prüfung der Einrichtung einer österreichischen Entwicklungsbank statt.
Zu 6.:
Eine österreichische Entwicklungsbank würde in das federführend vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten gemeinsam mit dem Bundesministerium für Finanzen in den Ministerrat einzubringende Dreijahresprogramm der österreichischen EZA integriert werden. Entwicklungspolitische ExpertInnen des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten und der ADA würden an passender Stelle in die zu schaffenden ExpertInnengremien der Entwicklungsbank integriert werden. Eine gesellschaftsrechtliche Verschränkung zwischen der Entwicklungsbank und der ADA wird ebenfalls geprüft.
Zu 7.:
Nichtregierungsorganisationen sind mit ihren Fähigkeiten und Kenntnissen bei der Gestaltung der Globalisierung und etwa der Bekämpfung der Armut insbesondere durch ihren unmittelbaren Zugang zu den Menschen vor Ort wichtige Partner. Die Entwicklungsbank würde im Rahmen ihrer ExpertInnengremien so weit wie möglich und sinnvoll dieses Know how nutzen.
Zu 8. und 9.:
Für den Fall der Errichtung einer Entwicklungsbank als Tochtergesellschaft der aws wäre dies im wesentlichen ergebnisneutral für die aws, auch in Bezug auf die Personalkosten. Die MitarbeiterInnen der Entwicklungsbank würden direkt bei dieser angestellt.
Zu 10.:
Für den Fall der Errichtung einer Entwicklungsbank als Tochtergesellschaft der aws wäre nicht vorgesehen, dass die Geschäftsführung der aws die Geschäftsführung der neu zu gründenden Entwicklungsbank übernimmt. Im Rahmen eines objektiven Ausschreibungsprozesses würden die bestgeeigneten KandidatInnen identifiziert und vom Aufsichtsrat der Entwicklungsbank ausgewählt werden.
Zu 11.:
Die Errichtung einer österreichischen Entwicklungsbank ist, wie im Regierungsprogramm angeführt, weiterhin noch in einer Prüfphase, wobei offen ist, in welchem Ausmaß die aws beziehungsweise die OeKB sich an der Gesellschaft formell beteiligen würden. Die aws ist seit Jahren Mitglied des Verbandes der Europäischen Entwicklungsbanken – EDFI – als ein Zusammenschluss von 15 bilateralen europäischen Entwicklungsbanken und kann auf die Erfahrung und die personellen Ressourcen dieser europäischen Partnerorganisationen zurückgreifen. Die Erfahrung der OeKB würde bei der österreichischen Entwicklungsbank ebenfalls im größtmöglichen Ausmaß berücksichtigt werden.
Zu 12.:
Das Bundesministerium für Finanzen hat in Kooperation mit dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten und ExpertInnen der ADA im Rahmen der Prüfung der Einrichtung einer österreichischen Entwicklungsbank bereits mit dem OECD DAC Kontakt aufgenommen. In diesem Zusammenhang konnte grundsätzlich geklärt werden, welcher Teil der Finanzströme einer Entwicklungsbank als Official Development Assistance (ODA) anrechenbar sein würde. Detailangaben hierüber können erst nach einer endgültigen Festlegung der Zielländer, Sektoren und der eingesetzten Instrumente gemacht werden.
Zu 13.:
Ein Vertreter der aws koordiniert seit zwei Jahren das zentrale Kooperations- und Koordinationsgremium der Europäischen Finance Institutions EDFI. In diesem Zusammenhang werden permanent Best Practice-Modelle entwickelt und in Arbeitsmodellen vorangetrieben. Ein besonderer Schwerpunkt kommt in diesem Zusammenhang der Entwicklung eines integrierten Bewertungsinstrumentariums zu, das die entwicklungspolitische Qualität eines Projektes transparent aufzeigt und Portfolio-Auswertungen sowohl ex-ante als auch ex-post ermöglicht. Dieses System wurde ursprünglich vom deutschen aws-Partner DEG entwickelt und nunmehr in adaptierter Form über Vermittlung von EDFI von sieben weiteren europäischen Entwicklungsbanken übernommen. Bei der Implementierung hat die aws im Rahmen ihrer federführenden Funktion bei EDFI mitgewirkt.
Die aws kann darüber hinaus auf die Erfahrungen mit Projekten internationaler Finanzinstitutionen, mit denen sie im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen seit Jahren kooperiert, zurückgreifen.
Zu 14.:
Das Bundesministerium für Finanzen hat in einer außerordentlichen Generalversammlung der aws am 20. September 2006 eine Abänderung des Gesellschaftervertrages durchgeführt und den Unternehmensgegenstand der aws erweitert. Diese Erweiterung betrifft die Wahrnehmung der Aufgaben einer österreichischen Entwicklungsbank. Es ist derzeit Gegenstand der Prüfung, ob die Ansiedlung der österreichischen Entwicklungsbank nunmehr bei der aws oder der OeKB erfolgen soll.
Zu 15.:
Angesichts der bereits erworbenen Expertise der aws im Bereich „Development Finance“ erscheint es sinnvoll und angebracht, dieses in Österreich aufgebaute spezifische Know-how bei der Prüfung der Errichtung einer österreichischen Entwicklungsbank auch intensiv zu nutzen.
Zu 16.:
Wie bereits erwähnt ist die Prüfung der Einrichtung einer österreichischen Entwicklungsbank noch nicht abgeschlossen. Alternativmodelle wurden und werden von den ExpertInnen meines Hauses angedacht und bewertet.
Das derzeit vorliegende Geschäftsmodell einer Entwicklungsbank basiert auf europäischen Best Practice-Modellen. Es ist vorgesehen, dass die Entwicklungsbank über eine angemessene Kapitalausstattung verfügt, um ihren entwicklungspolitischen Auftrag erfüllen und mittelfristig selbsttragend agieren zu können. Es ist beabsichtigt, dass sich die Entwicklungsbank am Kapitalmarkt refinanziert, was eine „Ausgliederung“ nicht nur rechtfertigt, sondern notwendig macht.
Der mögliche administrative Aufwand einer österreichischen Entwicklungsbank wurde auf Basis anderer europäischer Entwicklungsbanken in enger Kooperation mit diesen geschätzt und würde vergleichbaren europäischen Durchschnittswerten entsprechen.
Zu 17.:
Die aws hat keine Erfahrung in der Exportfinanzierung. Dieses Geschäftsfeld soll von der Entwicklungsbank aber auch in keiner Form angeboten werden.
Zu 18.:
Die Tätigkeiten einer österreichischen Entwicklungsbank würden im Falle der Einrichtung als Tochtergesellschaft der aws keine wesentlichen Auswirkungen auf die Ergebnisse der aws haben, da diese auf Basis einer eigenständigen Kapitalausstattung sowie eines separaten Budgets agieren würde. Es würde also keine Auslagerung der Personalkosten der aws an die Entwicklungsbank geben.
Zu 19.:
Nein. Die Abwicklung des aws Internationalisierungsprogrammes erfolgt auf Basis eines Garantierahmens, der von den Aktivitäten einer Entwicklungsbank sowohl finanztechnisch als auch abwicklungstechnisch vollkommen getrennt wäre.
Mit freundlichen Grüßen