2062/AB XXIII. GP
Eingelangt am 14.01.2008
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-9.500/0005-I/PR3/2007 DVR:0000175
An die
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2065/J-NR/2007 betreffend Austro Control GmbH und Diamond und Privilegien bei der Austro Control GmbH, die die Abgeordneten Mag. Ewald Stadler und KollegInnen am 14. November 2007 an mich gerichtet haben, beehre ich mich entsprechend der Informationen durch das BMVIT bzw. der ACG wie folgt zu beantworten:
Frage 1:
Wer übt namentlich in Ihrem Bundesministerium die konkrete Aufsicht über die ACG aus?
Antwort:
Die Aufsicht über die Austro Control GmbH (ACG) wird entsprechend den jeweils geforderten Qualifikationen von verschiedenen Experten der Obersten Zivilluftfahrtbehörde (OZB) sowie im Bedarfsfall auch von externen Sachverständigen wahrgenommen.
Frage 2:
Welche Vertreter Ihres Bundesministeriums gehören welchen Organen der ACG an?
Antwort:
Herr Sektionschef Dr. Peter Franzmayr ist Mitglied des Aufsichtsrates und Herr Dr. Karl Prachner ist Staatskommissär der ACG.
Frage 3:
Welche Informationen über die genannten Abstürze von Flugzeugen des Typs DA 42 liegen Ihnen vor?
Antwort:
Über die von Ihnen angesprochenen Abstürze liegen mir folgende Informationen vor:
· Flugunfall vom 4. März 2007: Nach dem Abheben fielen beide Triebwerke aus. Das Luftfahrzeug überschoss bei der Rücklandung das Pistenende und blieb schwer beschädigt auf einem Acker liegen. Die Untersuchung dieses Flugunfalls wird von der deutschen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung durchgeführt.
· Flugunfall vom 6. Juni 2007: Das Luftfahrzeug hatte in gebirgigem Gelände Bodenberührung und wurde dabei zerstört. Die Untersuchung dieses Flugunfalls wird vom französischen Bureau d’Enquetes et d’Analyses durchgeführt.
· Flugunfall vom 20. September 2007: Das rechte Triebwerk fiel aus und der Pilot führte in weiterer Folge eine Notlandung im Gemeindegebiet von St. Pantaleon/NÖ durch, wobei sich das Luftfahrzeug überschlug. Die Untersuchung dieses Flugunfalls ist im Gange.
· Flugunfall vom 25. September 2007: Aus bisher noch unbekannter Ursache kollidierte das Flugzeug mit ansteigendem Gelände. Die Untersuchung dieses Flugunfalls wird durch die zuständige rumänische Flugunfalluntersuchungsstelle durchgeführt.
Frage 4:
Wie viele Abstürze von Flugzeugen des Typs DA 42 gab es seit Zulassung des Flugzeugtyps über die angeführten Abstürze hinaus insgesamt?
Antwort:
Aus dem Ausland werden erfahrungsgemäß nur Unfälle mit zumindest erheblichem Sachschaden gemeldet, für die Type DA 42 sind - außer den zu Fragepunkt 3 genannten Vorfällen - keine entsprechenden Meldungen bekannt.
Frage 5:
Wann und wo ereigneten sich diese Abstürze?
Antwort:
Die angesprochenen Flugunfälle ereigneten sich wie folgt:
· Flugunfall vom 4. März 2007: Flugplatz Speyer/Deutschland.
· Flugunfall vom 6. Juni 2007: Nahe Sainte Eulalie/ Frankreich.
· Flugunfall vom 20. September 2007: St. Pantaleon/Niederösterreich.
· Flugunfall vom 25. September 2007: ca. 24 km NNW von Horezu/ Rumänien.
Frage 6:
Wie viele Menschen wurden bei den oben genannten Abstürzen getötet oder verletzt?
Antwort:
Bei Flugunfällen mit Motorflugzeugen der Type DA 42 kam es zu folgenden Personenschäden:
Tote: 6
Verletzte: 2
Fragen 7 und 8:
Wie viele technische Zwischenfälle, die nicht zum Absturz der Maschine geführt haben, sind Ihnen bekannt?
Welche Art von Zwischenfällen waren das?
Antwort:
Es sind 42 Zwischenfälle bekannt:
· Triebwerksausfall auf Grund eines blockierten Filters im Ölsystem
· Fahrwerk konnte auf Grund eines Wartungsfehlers nicht ausgefahren werden
· Gebrochenes Fitting in einer Treibstoffleitung
· Leck im Auspuffsystem
· Gebrochene Treibstoffrückleitung
· Gebrochener Auspuff
· Triebwerksausfall durch Wasser in der ECU (mehrmals)
· Ausfall des Systems der Segelstellung des Propellers
· Triebwerksausfall auf Grund einer gebrochenen Öldüse
· Triebwerksausfall auf Grund eines Metallteils im System der Segelstellung des Propellers
· Gebrochenes Fitting am Getriebe
· Triebwerksausfall mit bis dato unbekannter Ursache (mehrmals)
· Triebwerksausfall nach dem Versagen der Verbindung von Kurbel- und Nockenwelle
· Triebwerksausfall, Auffindung von zahlreichen Metallspänen im Ölfilter
· Getriebeschaden
· Triebwerksausfall auf Grund eines losen Fittings einer Ölleitung
· Verlust von Kühlflüssigkeit
· Verlust von Getriebeöl
· Triebwerksausfall nach dem Versagen eines Nadellagers am Starter
· Ausfall einer Triebwerkskupplung
· Leistungsverlust auf Grund eines gebrochenen Zylinderventils
· Verlust von Getriebeöl
· Ausfall der Hauptbatterie
· Treibstoffleck bei einem Triebwerk
· Zusammenfallen des Zusatztanks (mehrmals)
· Defekt der flexiblen Tankverbindung
· Blitzeinschlag
· Gebrochener Sicherungsring
· Gebrochene Klammer
· Gebrochene Tankhalterung
· Brand im Kabelbaum
· Defekt im Kabelbaum
· Gebrochenes Verbindungsstück
· Defekt am Propeller
· Leistungsabfall eines Triebwerks während des Fluges
· Einfahren des Fahrwerks bei der Landung mit derzeit unbekannter Ursache
· Abstellen eines Triebwerks nach Feuermeldung mit derzeit unbekannter Ursache
Frage 9:
Wie viele Menschen wurden durch technische Zwischenfälle und Abstürze von Flugzeugen des Typs DA 42 verletzt?
Antwort:
Bei den technischen Zwischenfällen wurden keine Personen verletzt, hinsichtlich der Flugunfälle darf ich auf meine Ausführungen zu Fragenpunkt 6 verweisen.
Frage 10:
Was haben Sie bisher in Kenntnis der geschilderten Problematik um die DA-42 unternommen, um Ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen?
Antwort:
Anlässlich der Vorfälle wurden Untersuchungen im Design- und Produktionsbetrieb durch ein Team bestehend aus Betriebs- und Luftfahrzeugprüfern der ACG durchgeführt. Diese Untersuchungen erfolgten in enger Kooperation mit der European Aviation Safety Agency (EASA).
Frage 11:
Welche Schritte werden Sie setzen, um in Zukunft Ihrer Aufsichtspflicht besser nachzukommen?
Antwort:
Es wurde in Zusammenarbeit mit EASA ein Projekt gestartet, im Zuge dessen eine detaillierte Analyse der Zwischenfälle, in die Luftfahrzeuge der Type DA 42 involviert sind, durchgeführt wird.
Fragen 12 und 15:
Waren Ihnen die unvereinbaren Verbindungen zwischen der ACG und den DAI bekannt?
Was werden Sie unternehmen um diese Unvereinbarkeiten auszuräumen?
Antwort:
Es konnten objektiv keine Unvereinbarkeiten festgestellt werden; somit waren keine Veranlassungen zu treffen.
Die beiden genannten Bediensteten der ACG, die ehemalige Mitarbeiter bei DAI waren, wirken nicht bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren zur Zertifizierung des LFZ-Musters DA-42 mit.
Der damalige Leiter der technischen Abteilung der ACG ist zwar als Fluglehrer auf der genannten Flugzeugtype - die bei DAI erzeugt wird - als Fluglehrer tätig; jedoch nicht bei einer Tochterfirma der DAI, sondern bei einem am Flugplatz Wiener Neustadt Ost ansässigen Verein. Dafür gibt es eine Zustimmung seitens der ACG.
Frage 13:
Welche personellen Verschränkungen zwischen der ACG und den DAI bestehen nach Ihrer Kenntnis darüber hinaus?
Antwort:
Es sind mir keine derartigen personellen Verschränkungen zwischen ACG und DAI bekannt.
Frage 14:
Wie viele ehemalige Mitarbeiter von Diamond arbeiten derzeit bei der ACG?
Antwort:
Es arbeiten derzeit zwei ehemalige Mitarbeiter bei der ACG, und zwar im Bereich Flugbetrieb und Flugtechnik.
Fragen 16 und 17:
Waren Ihnen die genannten Verbindungen zwischen dem Verkehrsministerium und
den DAI bekannt?
Welche personellen Verschränkungen bestehen zwischen dem Verkehrsministerium und den DAI?
Antwort:
Es bestehen keine personellen Verschränkungen zwischen meinem Ressort und dem DAI. Der genannte Bedienstete des BMVIT, Ing. Mag. Bialonczyk, hatte zumindest während der vergangenen fünf Jahre keine Kontakte zur DAI. Der ebenfalls genannte Herr Ing. Göring ist bisher auch nicht für DAI fliegerisch tätig gewesen.
Frage 18:
Wie viele ehemalige Mitarbeiter der DAI arbeiten in Ihrem Ministerium?
Antwort:
Es arbeiten keine ehemaligen Mitarbeiter der DAI in meinem Ressort.
Fragen 19 und 20:
Wie viele Mitarbeiter des Verkehrsministeriums stehen auf der Gehaltsliste der DAI oder einer ihrer Tochterfirmen?
In welchen Funktionen sind diese Mitarbeiter in Ihrem Ministerium tätig?
Antwort:
Es stehen keine Mitarbeiter meines Ressorts auf der Gehaltsliste der DAI oder einer ihrer Tochterfirmen.
Frage 21:
Welche Prämien erhalten die Generaldirektoren, Direktoren und Aufsichtsratsmitglieder der ACG jährlich?
Antwort:
Zusätzlich zum laufenden Bezug erhalten die Geschäftsführer am Ende eines jeden Geschäftsjahres eine leistungs- und erfolgsorientierte Prämie. Die Kriterien für die Prämiengewährung werden vom Präsidium des Aufsichtsrates jeweils im Vorhinein festgelegt. Die Höhe der Prämie darf 30 % des Jahresbruttogehaltes nicht übersteigen.
Laut geprüftem Jahresabschluss 2006 betrugen die Aufsichtsratsvergütungen im Jahr 2006 insgesamt 16.869,83 EUR.
Laut geprüftem Jahresabschluss 2006 betrugen die Bezüge der beiden Geschäftsführer im Jahr 2006 insgesamt 420.277,86 EUR.
Frage 22:
Hat Ihr Ministerium auf die Auszahlung von Prämien Einfluss? Wenn ja, welchen?
Antwort:
Mein Ressort hat keinen Einfluss auf die Auszahlung von Prämien.
Frage 23:
Stimmt es, dass bei der ACG Erfolgsprämien ausbezahlt werden?
Antwort:
Die Unternehmenssteuerung von ACG erfolgt mittels eines Integrierten Managementsystems (zertifiziert nach ISO 9001), in dem Ziele und Maßnahmen mit Mess- und Kenngrößen (Balanced Scorecard) sowie jährlichen Zielvereinbarungen transparent und im Einzelnen nachvollziehbar verknüpft sind. Das Managementsystem wurde von Quality Austria sowie im Rahmen des Zertifikats entsprechend den EU-Regeln für Air Navigation Service Provider mit einem sehr guten Ergebnis Ende 2006 sowie 2007 überprüft. Die individuellen Zielvereinbarungen werden mit allen Führungskräften des Unternehmens (rund 100 Personen) nach dem gleichen Schema mit dem jeweiligen direkten Vorgesetzten schriftlich abgeschlossen, für die beiden Mitglieder der Geschäftsführung mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats. Der Zielerreichungsgrad (in Prozent) bestimmt den variablen Vergütungsanteil („Bonus“), der für die Mitglieder der Geschäftsführung maximal 30 %, für die Führungskräfte maximal 15 % eines Jahresgehalts betragen kann.
Fragen 24 und 26:
Wonach bemisst sich der Erfolg der ACG, insbesondere in einem Jahr, in welchem zahlreiche von der ACG überprüfte Flugzeuge abstürzten?
Welche sonstigen Privilegien erhält die Führungsebene der ACG?
Antwort:
Die Bemessung des variablen Vergütungsanteils erfolgt für die Mitglieder der Geschäftsführung auf Basis der mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zuletzt im Dezember 2003 abgeschlossenen Geschäftsführer-Verträge, die vollinhaltlich den darauf anzuwendenden Regeln (insbesondere der Schablonenverordnung) entsprechen und keine „Privilegien“ vorsehen. Irgendwelche zusätzlichen Vergütungen erfolgen nicht. Die Bonus-Berechnung für die Führungskräfte basiert ausschließlich auf den im jeweiligen Kollektivvertrag festgelegten Gehältern (Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten sowie vida). Über den Kollektivvertrag hinaus gehende Leistungen (oder „Privilegien“) bestehen nicht.
Frage 25:
Wie hoch sind die einzelnen Jahresprämien tatsächlich bemessen?
Antwort:
Die sechs vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie bestellten Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten eine seit Jahren unveränderte Aufsichtsratsvergütung von zusammen 16.869,83 EUR pro Jahr (lt. Geschäftsbereicht 2006), einschließlich Sitzungsgelder und Fahrtspesen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats hat auf den Bezug dieser – im Quervergleich verhältnismäßig geringen – Entschädigung verzichtet. Die Beträge für die Gesamtbezüge der beiden Mitglieder der Geschäftsführung belaufen sich lt. Geschäftsbericht der ACG für das Jahr 2006 auf zusammen 420.277,86 EUR.
Fragen 27 und 28:
In welcher Weise ist mit einer Haftung der ACG und ihrer Organwalter wegen der Abstürze von Flugzeugen zu rechnen, die zuvor von der ACG zertifiziert wurden?
Welche Nachteile sind hieraus für den Bund zu befürchten?
Antwort:
Die Zulassung (Type Certificate) für den gegenständlichen Luftfahrzeugtyp wurde von EASA durchgeführt. Das bedeutet, dass im Fall von Abstürzen, die kausal mit dem Design des Luftfahrzeuges zusammenhängen, die Verantwortung bzw. Haftung bei EASA liegt
Mit freundlichen Grüßen
Werner Faymann