247/AB XXIII. GP

Eingelangt am 15.03.2007
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BM für Land- und Forstwirtschaft Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

An die                                                                                    Zl. LE.4.2.4/0007 -I 3/2007

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 13. März 2007

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Johann Maier, Kolleginnen

und Kollegen vom 30. Jänner 2007, Nr. 292/J, betreffend Radon:

Gesundheit und Umwelt – Nationale Maßnahmen

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen vom 30. Jänner 2007, Nr. 292/J, betreffend Radon: Gesundheit und Umwelt – Nationale Maßnahmen, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

 

Die zitierte europäische Studie ist bekannt.

Das Bestehen eines qualitativen Zusammenhanges zwischen Radonexpositionen und Lungenkrebserkrankungen war, insbesondere im Fall von hohen Radonexpositionen, bereits vor dieser Studie unumstrittener Wissensstand. Der in der Studie angeführte quantitative Zusammenhang zwischen Radonexposition und Lungenkrebserkrankungen ist jedoch nach wie vor Gegenstand kontroversiell geführter wissenschaftlicher Diskussionen auf internationaler Ebene. Dies gilt insbesondere für Radonexpositionen im niedrigen Dosisbereich. Einen weiteren Beitrag zur Klärung des quantitativen Zusammenhanges sollte ein im Rahmen des 6. Forschungsrahmenprogramms der Europäischen Kommission aktuell durchgeführtes Projekt liefern, das alle epidemiologischen Studien weltweit poolt.

 

 

Aus diesem Grund können zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine konkreten Zahlenangaben über auf Radon zurückzuführende Lungenkrebserkrankungen in Österreich gemacht werden.

 

Zu Frage 3:

 

In der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) wurde zur Koordination der Radonaktivitäten in Österreich mit Mitteln meines Ressorts im Jahr 2006 die Österreichische Fachstelle für Radon eingerichtet. Dieser Fachstelle wurden – basierend auf den Festlegungen des § 38b des Strahlenschutzgesetzes („Schutz der Bevölkerung vor natürlichen radioaktiven Stoffen: Erhöhte Radonkonzentrationen in Wohnräumen“) – folgende wesentliche Aufgaben übertragen:

·                     die bundesweite Erfassung und Koordination aller Aktivitäten im Zusammenhang mit Radonexpositionen, um eine effiziente und einheitliche Bearbeitung der Radonthematik sicher zu stellen,

·                     die Erstellung und Betreuung einer Radon-Datenbank, die neben Messdaten über die Radonkonzentration in Wohnräumen und Arbeitsstätten auch Informationen über Sanierungen enthalten wird, sowie

·                     die Information und Beratung der Bevölkerung, von ArbeitgeberInnen sowie von BehördenvertreterInnen über Gesundheitsgefährdung und Schutzmaßnahmen.

 

Weiters wurde im Jahr 2006 von meinem Ressort in Zusammenarbeit mit dem damaligen Bundesministerium für Gesundheit und Frauen eine Informationsbroschüre sowie eine Informations-CD über die Radonbelastung in Österreich erstellt. Die Broschüre ist an alle österreichischen Gemeinden und Bezirkshauptmannschaften verteilt worden. Broschüre und CD wurden außerdem den höheren Schulen in Österreich als Unterrichtsbehelf zur Verfügung gestellt. 

Die Broschüre ist in meinem Ressort sowie in den zuständigen Landesdienststellen kostenlos erhältlich; sie ist ferner auf der Homepage des Lebensministeriums über das Internet allgemein zugänglich.

 

 

 

 

 

Zu den Fragen 4 bis 11:

 

Die Zuständigkeit für Trinkwasser liegt im Aufgabenbereich der Frau Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend, weshalb ich in meiner Beantwortung der Fragen 4 bis 11 nur auf den Aspekt „Grundwasser“ eingehe.

 

Als Grundwasser wird unterirdisches, also im Boden befindliches, Wasser bezeichnet. Die Konzentration von Radon und deren Folgeprodukten in diesem Wasser ist nicht beeinflussbar.

Größere Studien über Radon in Grund- und Trinkwasser wurden, soweit meinem Ressort bekannt, in Dänemark, Deutschland, Finnland, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Schweden, Slowenien, Spanien und der Ukraine durchgeführt, wobei bei den meisten dieser Studien neben Radon auch andere natürliche Radionuklide mitbestimmt wurden.

 

Die bislang umfassendste Untersuchung in Österreich über Radon im Grundwasser wurde von der damaligen Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung Wien (nunmehr AGES) durchgeführt. Im Rahmen dieser Studie wurden mehr als 1500 Grundwässer auf ihren Radongehalt untersucht. Die Studie ergab einen Medianwert der Radon-222-Konzentration von 12 Becquerel pro Liter (Bq/l). Lediglich 1,5% der untersuchten Wässer wiesen eine Radon-222-Konzentration von mehr als 100 Bq/l auf, der Höchstwert betrug 415 Bq/l. Detaillierte Ergebnisse sind dem Bericht der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung Wien „Radon-222 im Grundwasser. Ein österreichweiter Überblick“ zu entnehmen.

 

Darüber hinaus wurden und werden nach wie vor Untersuchungen auf Radon in Grundwässern vorgenommen.

 

Im Rahmen des „Österreichischen Nationalen Radonprojektes (ÖNRAP)“ wurden alle vorliegenden Untersuchungsergebnisse in Grund- und Quellwässern gesammelt und zu einer „Wasserpotenzialkarte“ verarbeitet, in der die Messergebnisse – ausgewertet auf Gemeindeebene – in drei Klassen eingeteilt worden sind. Diese Karte ist u.a. in der Informationsbroschüre „Radonbelastung in Österreich“ enthalten (siehe auch Beantwortung der Frage 3).

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Österreich hinsichtlich natürlicher Radionuklide im Trink- und Grundwasser zu den am besten untersuchten Ländern zählt und dass die Werte für Radon-222 in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, insbesondere zu den nordeuropäischen Ländern, im niedrigen Bereich liegen.

 

 

 

Zu den Fragen 12 bis 14:

 

Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass in Österreich der Beitrag von aus Wasser freigesetztem Radon zur Gesamtradonkonzentration in Innenräumen sehr gering ist. Die Ausnahme bilden hier bestimmte Wasserwerke sowie mit stark radonhaltigem Wasser gespeiste Thermen.

 

Im Auftrag meines Ressorts wurde deshalb von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, konkret dem Kompetenzzentrum „Radon und Radioökologie“ in Linz, in Zusammenarbeit mit dem Land Oberösterreich in den Jahren 2004 bis 2006 eine groß angelegte Untersuchung der Strahlenexposition von Beschäftigten in oberösterreichischen Wasserwerken und Thermen durchgeführt. Oberösterreich wurde unter Anderem deshalb ausgewählt, da dieses Bundesland aufgrund der geologischen Situation zum Teil höhere Radonexpositionen aufweist.

 

Untersucht wurden im Rahmen dieses Projekts 45 Wasserwerke und 3 Thermen. Gemäß den Untersuchungsergebnissen liegt die von Radon stammende effektive Dosis der Beschäftigten in 70 % der untersuchten Wasserwerke unter der höchstzulässigen Dosis für Einzelpersonen der Bevölkerung von 1 Millisievert pro Jahr. In drei Wasserwerken wurde ein Dosiswert von 6 Millisievert pro Jahr überschritten, was im Sinne des Strahlenschutzes u.a. laufende Dosisermittlungen sowie Maßnahmen zur Dosisreduktion zur Folge hat; bei zwei dieser Fälle wurde für jeweils einen Bediensteten eine Überschreitung der höchstzulässigen Dosis für berufliche strahlenexponierte Personen – das sind 20 Millisievert pro Jahr – festgestellt. In der Folge wurden in den betreffenden drei Wasserwerken im Rahmen des Projektes Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, wodurch die erhöhten Radonexpositionen – mit nur geringem Arbeits- und Finanzaufwand – ganz wesentlich reduziert werden konnten.

 

Bei den Thermen wurden keine Überschreitungen des Dosisgrenzwertes für berufliche strahlenexponierte Personen festgestellt.

 

Diese Untersuchungsergebnisse decken sind weitgehend mit jenen in Bayern, wo in allen dortigen (ca. 2.500) Wasserversorgungsunternehmen Untersuchungen auf erhöhte Radonexpositionen durchgeführt worden sind.

 

Zu Frage 15:

 

Die Bestimmungen des Strahlenschutzgesetzes haben sich im Lichte der durchgeführten Untersuchungen bewährt.

 

Darüber hinaus wird derzeit in meinem Ressort eine Durchführungsverordnung („Verordnung über Maßnahmen zum Schutz von Personen vor erhöhter Exposition durch terrestrische natürliche Strahlenquellen“) erarbeitet; der Entwurf wird im Frühjahr zur Begutachtung ausgesendet werden.

 

Zu Frage 16:

 

Die Empfehlung der Österreichischen Strahlenschutzkommission, wonach die Radonkonzentration in Innenräumen für bestehende Gebäude 400 Bq/m3 und für neu zu errichtende Gebäude 200 Bq/m3 nicht überschreiten sollte, ist nach wie vor aufrecht.

 

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber in der letzten Novelle des Strahlenschutzgesetzes festgelegt, dass der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft die Radonbelastung der österreichischen Bevölkerung zu erfassen und die Dokumentationen in einer Datenbank zusammenzufassen hat. Der Inhalt der Datenbank sowie Empfehlungen zur Reduktion der Radonbelastung sind der Bevölkerung und den zuständigen Behörden zugänglich zu machen. In Vollziehung dieser in § 38b des Strahlenschutzgesetzes festgelegten Bestimmungen habe ich die in Beantwortung der Frage 3 dargelegten Maßnahmen gesetzt.

 

Ferner wurden unter Mitarbeit von Vertretern der Strahlenschutzabteilung die ÖNORMen S 5280-1 „Radon – Messverfahren und deren Anwendungsbereiche“ und S 5280-2 „Radon – Technische Vorsorgemaßnahmen bei Gebäuden“ sowie S 5280-3 „Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden“ erstellt.

 

Zu Frage 17:

 

Die beiden zitierten Normen liegen aktuell nur als Vornorm vor; die Frage einer allfälligen Verbindlichmachung stellt sich daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.

 

Zu Frage 18:

 

Zufolge der vorliegenden Erkenntnisse sind etwas mehr als 4 % der österreichischen Bevölkerung einer Radonbelastung von mehr als 400 Bq/m3 ausgesetzt, sofern keine Maßnahmen, wie häufigeres Lüften der Räume, gesetzt werden. In diesem Zusammenhang sei allerdings klargestellt, dass eine Überschreitung des Richtwertes der Strahlenschutzkommission von 400 Bq/m3 nicht bedeutet, dass damit eine gesundheitlich bedenkliche Radongasbelastung vorliegt; vielmehr sollen beim Überschreiten des Richtwertes Maßnahmen zur Reduzierung der Radonkonzentration in Erwägung gezogen werden.

 

Zu den Fragen 19 bis 22:

 

Bereits im Zuge des ersten Pilotprojekts für das „Österreichische Nationale Radonprojekt“ wurde im Mühlviertel die Radonkonzentration im Bodengas gemessen. Die Messwerte für Radon-222 lagen dabei zwischen 2 Kilobecquerel pro Kubikmeter (kBq/m3) und einigen zehn kBq/m3.

 

In weiterer Folge wurden und werden insbesondere vom LLC-Labor Arsenal der Universität für Bodenkultur in Wien (vormals Arsenal Research) Radonmessungen im Boden vorgenommen, wobei die Messergebnisse in ähnlichen Bereichen liegen wie oben angeführt. Die Messreihen zeigten, dass die Messwerte von Radon in der Bodenluft von einer Vielzahl an meteorologischen sowie bodenphysikalischen Parametern abhängen, die sich laufend ändern, und die Ergebnisse somit nur eine Momentaufnahme darstellen können.

 

Aus diesem Grund ist das Anlegen eines Katasters über die Radonkonzentration im Boden nicht als sinnvolle Maßnahme zu sehen.

 

Zu den Fragen 23 und 24:

 

Wie aus obigen Ausführungen ersichtlich, wurden von meinem Ressort in Zusammenhang mit der Radonthematik bereits bisher entsprechende und effektive Maßnahmen gesetzt. Durch die Einrichtung der Radon-Fachstelle als Anlaufstelle für Bevölkerung und Behörden sowie durch die Erlassung der „Verordnung über Maßnahmen zum Schutz von Personen vor erhöhter Exposition durch terrestrische natürliche Strahlenquellen“ werden diese Aktivitäten zielgerichtet weitergeführt.

 

Die Radon-Fachstelle wird in den nächsten Jahren sukzessive weiter ausgebaut werden. So wird die Fachstelle eine spezielle Radonhomepage zur umfassenden Information der Bevölkerung erstellen, welche u.a. grundlegende Informationen zum Thema Radon, thematische Karten zur Radonsituation und Informationen zur Sanierung von bestehenden Gebäuden bzw. Vorsorgemaßnahmen bei Neubauten beinhalten wird. Ferner soll der Aufgabenbereich der Fachstelle mittelfristig auch auf die Beratung von Behörden hinsichtlich Radonmesskampagnen, Sanierungs- und Vorsorgemaßnahmen sowie die Ausbildung von Baufachleuten hinsichtlich der Durchführung von baulichen Sanierungs- und Vorsorgemaßnahmen ausgeweitet werden.

 

Selbstverständlich ist die Radonthematik auch auf europäischer und internationaler Ebene Gegenstand von Beratungen, an denen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen meines Ressorts  ebenso wie des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend laufend teilnehmen.

 

Darüber hinausgehender Handlungsbedarf ist aus meiner Sicht nicht gegeben.

 

 

Der Bundesminister: