270/AB XXIII. GP
Eingelangt am 22.03.2007
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung

Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMGF-11001/0009-I/3/2007 Wien, am 20. März 2007
Sehr geehrter Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 291/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen wie folgt:
Frage 1:
Ich verweise auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 292/J durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.
Frage 2:
Die Radonexposition der österreichischen Bevölkerung wurde im Rahmen des ÖNRAP-Projektes ermittelt und ist somit bekannt. Aufgrund des noch nicht endgültig geklärten quantitativen Zusammenhanges zwischen Radonexposition und Lungenkrebserkrankungen können zurzeit noch keine seriösen Zahlenangaben über Erkrankungen und Todesfälle gemacht werden. Dies gilt vor allem für die relativ geringe durchschnittliche Radonexposition der österreichischen Bevölkerung.
Frage 3:
Ich verweise auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 292/J durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.
Frage 4:
Soweit bekannt, wurden größere Studien über Radon-222 in Grund- und Trinkwasser in den Ländern Dänemark, Deutschland, Finnland, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Schottland/UK, Schweden, Slowenien, Spanien und Ukraine durchgeführt. Bei den
meisten dieser Studien wurden – neben Radon-222 – auch andere natürliche Radionuklide mitbestimmt. Österreich zählt hinsichtlich natürlicher Radionuklide im Trinkwasser zu den am besten untersuchten Ländern. Die Werte für Radon-222 liegen in Österreich, insbesondere im Vergleich zu den nordeuropäischen Ländern, eher im niedrigen Bereich.
Eingreifrichtwerte für Radon-222 im Trinkwasser sind nach ho. Wissensstand bislang in Finnland und Schweden festgelegt worden. Für private Wasserversorgungen beträgt der Eingreifrichtwert in beiden Ländern 1000 Bq/l, für öffentliche Versorgungen gilt in Schweden ein Wert von 100 Bq/l, in Finnland einer von 300 Bq/l.
Frage 5:
Die günstige Situation hinsichtlich Radon im Trinkwasser macht keine dringlichen Maßnahmen erforderlich. Dennoch werden neben den von der Trinkwasserverordnung geforderten Kontrollen auf Radioaktivität regelmäßig Studien zur Erhebung der natürlichen Radioaktivität im Trinkwasser vom BMGFJ in Auftrag gegeben. Dabei werden insbesondere Gebiete berücksichtigt, in denen aufgrund der geologischen Situation mit erhöhter natürlicher Radioaktivität im Trinkwasser zu rechnen ist. So läuft zurzeit eine solche Studie, in deren Rahmen hauptsächlich Wasser aus dem Waldviertel auf Uran- und Radiumisotope sowie auf Radon und dessen Zerfallsprodukte Blei-210 und Polonium-210 untersucht wird.
Die genannte Studie dient auch der Entwicklung von einfachen und schnellen Untersuchungsmethoden. Diese Methoden ermöglichen dann die Durchführung von systematischen Untersuchungen mit relativ geringem Aufwand. Es ist vorgesehen, solche Untersuchungen im Anschluss an die aktuelle Studie in Auftrag zu geben.
Frage 6:
In Anbetracht der günstigen österreichischen Trinkwassersituation würde im Fall von überhöhten Radioaktivitätsgehalten der Maßnahmenschwerpunkt auf der Nichtverwendung der betreffenden Quellen liegen. Wasseraufbereitungsverfahren wie Belüftung zur Entfernung von Radon sowie Filtration, Ionenaustausch oder Fällung, die in der Regel auch den Radionuklidgehalt verringern, würden daher nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen.
Frage 7:
Die bislang umfassendste Untersuchung über Radon im Grundwasser wurde von der damaligen Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung Wien (BALUF Wien), nunmehr Institut für Lebensmitteluntersuchung Wien der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), durchgeführt. Im Rahmen dieser Studie wurden insgesamt 1519 auf ganz Österreich verteilte Grundwässer auf ihren Gehalt an Radon-222 untersucht, wobei die überwiegende Mehrzahl der Wässer zwei- bis viermal beprobt wurde.
Unter Einbeziehung aller untersuchten Grundwässer ergibt diese Studie für Radon-222 einen arithmetischen Mittelwert von 18.2 Bq/l, einen Medianwert von 12.0 Bq/l sowie einen geometrischen Mittelwert von 12.1 Bq/l. Der höchste gemessene Wert beträgt 415.9 Bq/l. Lediglich 24 der 1519 untersuchten Wässer weisen eine Radon-222-
Konzentration von über 100 Bq/l auf. Detaillierte Ergebnisse sind dem Bericht „Radon-222 im Grundwasser – Ein österreichweiter Überblick“ der BALUF Wien zu entnehmen.
Bereits vor dieser Untersuchung wurden von der BALUF Wien und von anderen Stellen im Auftrag des Gesundheitsressorts Studien über Radon-222 im Grundwasser durchgeführt, die sich jedoch hauptsächlich auf Wässer aus der Böhmischen Masse beschränkten, da in diesen – aufgrund der geologischen Gegebenheiten – zum Teil erhöhte Radon-222-Werte auftreten. Im Rahmen dieser Studien wurden ähnliche Werte für die Radon-222-Konzentrationen wie bei der österreichweiten Untersuchung der BALUF Wien festgestellt.
Vom BMGFJ werden auch weiterhin regelmäßig Studien in Auftrag gegeben, die insbesondere der Untersuchung von Wasser aus potenziellen Risikoregionen auf Radon-222 und andere natürliche Radionuklide dienen. Bisher wurden im Rahmen dieser Studien keine außergewöhnlich hohen Radioaktivitätswerte festgestellt.
Frage 8:
Die oben erwähnte Studie der BALUF Wien bestätigt qualitativ die erwartete Korrelation von Radon-222-Konzentration im Grundwasser mit dem Gehalt an Uran des geologischen Untergrundes. So liegen die Radonwerte im Bereich der Böhmischen Masse, deren Gesteine vergleichsweise hohe Konzentrationen an Uran aufweisen, im Mittel etwa dreieinhalbfach über den österreichischen Durchschnittswerten. Auch wurden in dieser geologischen Einheit die mit Abstand höchsten Werte für einzelne Messstellen gefunden. Deutlich über dem Mittel liegende Werte wurden auch in Wässern aus den kristallinen Formationen der Zentralalpen und der Grauwackenzone festgestellt.
Im Rahmen der österreichweiten Studie der BALUF Wien erfolgte die Aufschlüsselung der Ergebnisse generell nach Bundesländern. Zusätzlich sind die Werte für Porengrundwässer nach den untersuchten Grundwassergebieten, jene für Karst- und Kluftgrundwässer nach den einzelnen Messstellen aufgeschlüsselt.
Im Rahmen des ÖNRAP-Projektes, das in erster Linie der österreichweiten Erfassung von Radon in Luft diente, wurden alle verfügbaren Daten über Radon-222 im Grundwasser gesammelt und statistisch ausgewertet. Dabei erfolgte auch eine Auswertung auf Bezirks- und/oder Gemeindeebene.
Frage 9:
Die Ergebnisse der bisherigen, österreichweiten Untersuchungen von Grundwasser auf Radioaktivität (siehe Antworten zu den Fragen 7 und 8) geben keinen Hinweis auf eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch Verwendung dieser Wässer. Deshalb erfolgt zurzeit keine über den Rahmen der üblichen Berichtstätigkeit über Radioaktivitätsmessungen in Österreich hinausgehende Information der Öffentlichkeit.
Sollten im Zuge der laufend erfolgenden Untersuchungen Grund- bzw. Quellwässer mit problematischen Werten gefunden werden, wird die betroffene Bevölkerung umgehend in geeigneter Weise informiert.
Frage 10:
Die bereits erwähnte günstige Situation hinsichtlich Radon im Trink- bzw. Grundwasser macht die Erstellung solcher Leitlinien nicht erforderlich. Werden im Rahmen der regelmäßig durchgeführten Untersuchungen und Studien problematische Radonwerte ermittelt, ist vorgesehen, die betroffenen Versorger oder Besitzer in geeigneter Weise hinsichtlich in Frage kommender Verfahren zur Beseitigung der Radionuklide zu informieren.
Nach ho Kenntnisstand wurden und werden in Österreich keine Verfahren zur Beseitigung von Radionukliden aus dem Trink- bzw. Grundwasser eingesetzt. Dafür in Frage kommen würden Verfahren wie etwa Belüftung zur Entfernung von Radon sowie Filtration, Ionenaustausch oder Fällung zur Entfernung von anderen Radionukliden.
Frage 11:
Zur Entfernung von Radon aus Trink- bzw. Grundwasser kommen Belüftungsverfahren sowie der Einsatz von Aktivkohlefilter, an denen Radon haften bleibt, in Frage.
Über die kommerzielle Verfügbarkeit liegen ho keine Kenntnisse vor.
Fragen 12 bis 23:
Diese Angelegenheiten fallen in den Vollzugsbereich des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.
Frage 24:
Bezüglich der Exposition durch Radon im Trinkwasser und in natürlichen Mineralwässern, die in den ho Zuständigkeitsbereich fällt, wird neben den regelmäßig durchgeführten Kontrollen und Studien zurzeit kein Handlungsbedarf gesehen.
Auf internationaler Ebene sollte eine Harmonisierung von Richt- bzw. Grenzwerten auf Basis von aktuellen Forschungsergebnissen angestrebt werden.
Frage 25:
Geplant ist die Weiterführung sowohl der routinemäßigen Kontrollen des Trinkwassers und der Mineralwässer auf Radioaktivität als auch der Vergabe von entsprechenden Studien. Bei Auffinden problematischer Radonwerte sind entsprechende Informationen für die Betroffenen und Abhilfemaßnahmen vorgesehen.
Frage 26:
In der führenden medizinischen Datenbank MEDLINE ist bezüglich der Therapie mit radonhältigem Wasser nur eine Arbeit mit Bezug zu Österreich, allerdings in russischer Sprache, verzeichnet. Deren Ergebnisse liegen mir nicht vor. Hingegen gibt es in der englischsprachigen Literatur eine größere Anzahl von Studien, die sich mit der Analyse gesundheitlicher Effekte der Radonbädertherapie beschäftigen und die in der Regel über mögliche positive Effekte dieser Therapieform in verschiedenen Indikationsbereichen berichten.
Für österreichische Verhältnisse relevant erscheint die von P. Deetjen und anderen erstellte Publikation zum Thema „Radon als Heilmittel – Indikationen und wissenschaftliche Bewertung“ - als Vorabdruck im Internet unter http://www.radiz.de/Radon_als_Heilmittel/Internet_Vorabdruck_II.htm
verfügbar. In der zitierten Publikation wird die klinische Wirksamkeit der Radonbehandlung chronischer Entzündungen als „durch mehrere randomisierte Doppelblindstudien erwiesen“ angesehen.
Es obliegt der Ärzteschaft, die Evidenz aus der vorliegenden wissenschaftlichen Literatur zu prüfen und daraus für ihre Patientinnen und Patienten Überlegungen hinsichtlich allfälliger gerechtfertigter Indikationen derartiger Therapieformen anzustellen.
Frage 27:
Derzeit existiert in Österreich kein Grenzwert für Radon-222 in natürlichem Mineralwasser.
Fragen 28 und 29:
Im Rahmen einer Schwerpunktaktion der damaligen BALUF Wien, die in erster Linie der Untersuchung von im Handel erhältlichen abgefüllten Wässern auf ihren Gehalt an Radium-226 diente, wurden auch Messungen der Radon-222-Konzentration durchgeführt. Dabei wurden 102 verschiedene in Österreich angebotene Produkte auf Radon-222 untersucht, wobei insgesamt 348 Einzelproben analysiert wurden. Die Wässer stammten aus Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Schweiz, Slowenien und der Türkei. Die überwiegende Anzahl der Proben waren natürliche Mineralwässer; daneben wurden auch Tafelwässer, Sodawässer, abgefüllte Trinkwässer sowie einige im Handel erhältliche Heilwässer untersucht.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen, dass sämtliche Werte für Radon-222 unterhalb von 18 Bq/l liegen (siehe nachstehende Tabelle). Der geometrische Mittelwert liegt bei 0.54 Bq/l, und somit wesentlich niedriger als der für österreichische Grundwässer ermittelte Wert von 12.1 Bq/l (siehe Antwort auf Frage 7). Dies dürfte hauptsächlich auf die kurze Halbwertszeit von Radon-222 (3.8 Tage) und die im Vergleich dazu lange „Standzeit“ im Handel zurückzuführen sein.
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|
Anzahl Proben |
Konzentrationsbereich |
|
|
natürliches |
Gesamt |
306 (77) |
<0.12 – 18 |
|
Inland |
197 (42) |
<0.12 – 18 |
|
|
Tafelwasser |
Gesamt |
27 (13) |
<0.12 – 0.96 |
|
Inland |
20 (10) |
alle <0.12 |
|
|
Heilwasser |
Gesamt |
8 (5) |
<0.12 – 5.7 |
|
Inland |
4 (1) |
<0.12 – 1.1 |
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|
Sodawasser |
Inland |
5 (5) |
<0.12 – 0.44 |
|
Total |
Gesamt |
348 (102) |
<0.12 – 18 |
|
Inland |
228 (60) |
<0.12 – 18 |
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Diese Aktion zur Untersuchung von im Handel erhältlichen abgefüllten Wässern auf ihren Gehalt an Radioaktivität wurde 2002 abgeschlossen. Da nicht zu erwarten ist, dass sich die Situation signifikant ändert, wurde der Kontrollumfang in den letzten Jahren wieder auf das routinemäßige Ausmaß zurückgefahren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andrea Kdolsky
Bundesministerin