297/AB XXIII. GP

Eingelangt am 30.03.2007
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0010-Pr 1/2007

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 300/J-NR/2007

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Elisabeth Hlavac und Genossinnen und Genossen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Maßnahmen zur Verhinderung von Zwangsehen“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Ich möchte betonen, dass ich zwangsweise Eheschließungen in höchstem Maße ablehne. Es steht für mich außer Frage, dass der Staat dagegen wirksamen Schutz und den betroffenen Menschen Hilfe in ihrer schwierigen Lage bieten muss.

Zu 1:

Der Sachverhalt ist mir aus den Medien bekannt. Grundsätzlich hat sich ein Standesbeamter oder eine Standesbeamtin von der Ernsthaftigkeit der vor ihm/ihr abgegebenen Willenserklärungen zu überzeugen. Die sich darüber hinausgehend ergebenden Fragen des Personenstandsrechts ressortieren allerdings zum Bundesminister für Inneres.

Zu 2 und 2a:

Ablehnungen der Eheschließung anlässlich der Trauung sind nach meinem Informationsstand allerdings äußerst selten, weshalb ich eine eigene – über das allgemeine Vertragsrecht hinausgehende – Regelung für diese Fallkonstellation für nicht notwendig erachte. Darüber hinaus müsste wegen des Grundrechtes auf Eheschließung eine Regelung, die eine Eheschließung vom Ablauf einer Frist abhängig macht, mit der Ausnahme ausgestattet werden, dass die Eheschließung bei Gefahr des Todes oder des Verlustes der Einwilligungsfähigkeit eines Verlobten ohne zeitliche Verzögerung stattfindet, sofern die Verlobten ehefähig sind. Moderne Eheschließungsrechte, wie das österreichische seit 1984, sehen Aufschubfristen („Aufgebotsfrist“) nicht mehr vor, unter anderem auch deshalb, weil ihre Anwendung zu Haftungen der Gebietskörperschaften wegen unrichtiger Anwendung führen kann, wie der vom deutschen Bundesgerichtshof am 13.7.1989 entschiedene Fall (StAZ 1989, 310) zeigt.

Sollte tatsächlich eine verlobte Person anlässlich der Trauung die Eheschließung ablehnen und das Organ der Personenstandsbehörde den Eindruck gewinnen, dass die Eheschließung unter Zwang erfolgt, so wird es aus diesem Grund die Fortführung der Trauung ablehnen und die zuständigen Behörden wegen des Verdachtes der Begehung einer schweren Nötigung nach § 106 Abs. 1 Z 3 StGB befassen.

Zu 3:

Ich werde mich – im Zusammenwirken mit den hiefür zuständigen Einrichtungen und Behörden – dafür einsetzen, dass die österreichischen Standesbeamtinnen und Standesbeamten erhöhte Sensibilität im Hinblick auf Zwangseheschließungen entwickeln.

. März 2007

 

(Dr. Maria Berger)