3203/AB XXIII. GP

Eingelangt am 13.03.2008
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0024-III/4a/2008

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                     Wien, 12. März 2008

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3356/J-NR/2008 betreffend Mangelnde Objektivität bei der Schulnotenvergabe in Bezug auf das Geschlecht, die die Abg. Mag. Brigid Weinzinger, Freundinnen und Freunde am 21. Jänner 2008 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Frage 1 und 6:

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ist weder in die Vorbereitung noch die Durchführung der im einleitenden Teil der Anfrage zitierten Studie involviert gewesen. Zumal die angesprochene Studie offenbar vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung in Auftrag gegeben worden ist und die diesbezüglichen Detailergebnisse naturgemäß nur dem Auftrag­geber bekannt sind, können entsprechende Fragen, darunter auch solche nach künftigen Gesprächen, nur vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung beantwortet werden.

 

Zu Fragen 2 bis 4 sowie 7:

Dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur sind umfassende Studien zu den ange­sprochenen Themenkomplexen nicht bekannt.

 

Zur Frage, inwiefern es tatsächlich die in den Fragen angesprochenen Phänomene einer „unter­schiedlichen Benotung“ oder auch einer grundsätzlich besseren Bewertung der schulischen Leistungen bei Mädchen durch die Lehrkräfte gibt, hat die interne Auseinandersetzung mit der Thematik „Schulleistungen-Notenvergabe-Leistungsbeurteilung unter dem Aspekt des sozialen Verhaltens bzw. dem Genderaspekt“ als auch die laufende Diskussion in Gesprächen mit Expertinnen und Experten ergeben, dass in die Leistungsbeurteilung im alltäglichen Doing-Gender tatsächlich auch oftmals (unbewusst) rollenstereotype Erwartungshaltungen mit hinein­spielen (zB. von einem Mädchen erwartet man sich nicht, dass es in Physik gut ist, also werden von der Lehrperson eventuell vorhandene Potentiale auch nicht gesehen oder gefördert oder aber das Vorhandene besser bewertet, weil die Schülerin „es eh nicht brauchen wird“); vgl. dazu auch Helmke 2003 betreffend „Gender Bias“ (Geschlechtsbezogener Verzerrungseffekt), welcher Vor- und Nachteile für die Geschlechter birgt. Möglicherweise fließt in die Leistungs­beurteilung auch nach wie vor bei einigen Lehrpersonen das „soziale Wohlverhalten“ mit hinein, was dazu führen könnte, dass die Benotung von Mädchen auch im Fachbereich positiver aus­fällt. Umgekehrt können unreflektierte Diagnose- und Beurteilungsprozesse jedoch auch dazu führen, dass vorhandene Potentiale und Zugangsweisen von Mädchen in bestimmten Fach­bereichen schlechter bewertet werden (zB. ein kritischerer, aber eventuell kreativerer und umweltbezogener Umgang mit naturwissenschaftlichen Themen; PISA zeigt zB. dass das „Wissen über die Naturwissenschaften“ bei Mädchen besser ausgeprägt ist als das „Wissen in den Naturwissenschaften“).

 

Die repräsentative Studie „Das Befinden von Kindern und Jugendlichen in der österreichischen Schule“ von F. Eder aus 2006 (Bildungsforschung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, Bd. 20, Studienverlag 2007) wiederum ergibt, dass die Noten der Mädchen im All­gemeinen nur geringfügig besser als jene der Burschen sind. Das spricht gegen eine Annahme der generell unterschiedlichen Benotung von Mädchen und Burschen. Weitere interessante Ergebnisse der Studie in diesem Zusammenhang: Mädchen arbeiten – gemessen an der häus­lichen Arbeitszeit – signifikant mehr für die Schule als Burschen; vor allem in den weiter­führenden Schulen. Nur etwa 17% der Mädchen, aber 28% der Burschen der 4. bis 8. Schul­stufe geben an, dass ihnen die Schule „fast immer“ oder „meistens“ zu viel wird. In der 9. bis 12. Schulstufe geben 29% der Burschen und 27% der Mädchen an, dass in der Schule „viel zu viel“ verlangt wird. Diese Ergebnisse sind zwar keine direkten Antworten auf die Frage der Leistung und Benotung von Mädchen, zeigen aber jedenfalls den Arbeitseinsatz und die höhere Leistungsbereitschaft der Mädchen und dass eine Überforderung eher auf Seiten der Burschen sichtbar wird (siehe dazu auch die Kurzfassung unter www.bmukk.gv.at/medienpool/15670/befindlichkeitsstudie_07.pdf).

 

Seitens des Ressorts wird daher derzeit die Beauftragung eines eigenen Forschungsprojekts - als Teil des Programms FFORTE – geprüft, welches Daten und Antworten ua. zu den Frage­stellungen Gender-Gap im naturwissenschaftlich-technischen Ausbildungsbereich in Österreich (Fokus: Schule), Schulformenstrukturen, Schultypenwahl, Fächerkulturen (Gender Bias), Doing Gender im Unterricht (geschlechtsspezifische Botschaften durch Lehrpersonen, Auswirkungen auf Leistungsbeurteilung, Motivation, Berufsorientierung und Ausbildungswahl) liefern sollte. Zusätzlich werden Überlegungen für eine Fort- und Weiterbildungsinitiative für die Lehrkräfte unter Berücksichtigung vor allem auch der Gender-Problematik angestellt.

 

Zu Frage 5:

Hinsichtlich des ersten Satzes dieser Fragestellung ist auf die Beantwortung der Fragen 1 und 6 hinzuweisen. In Bezug auf Schultypen mit „besonders hohem Anteil an naturwissenschaftlichen Fächern“ wird – zumal eine eindeutige Quantifizierung nicht möglich ist – exemplarisch auf nachstehende Sonderauswertung zu Schülerinnen und Schülern in „Maturaklassen“ 2006/07 in den einzelnen AHS-Schulformen, in denen die traditionellen Gebiete der Naturwissenschaften „Physik, Chemie, Biologie“ in besonderem Maße Berücksichtigung erfahren, hingewiesen werden:

 

Schülerinnen und Schüler in den Maturaklassen 2006/07
in den einzelnen AHS-Schulformen

männl.

weibl.

1171 - Gymnasium (mit schulautonomer Schwerpunktsetzung Mathematik, Naturwissenschaften), 5. - 8. Klasse

17

11

1173 - Gymnasium (mit schulautonomer Schwerpunktsetzung Informations- und Kommunikationstechnologie), 5. - 8. Klasse

25

3

1285 - Realgymnasium mit Darstellender Geometrie (mit verordneter Stundentafel), 7. und 8. Klasse

972

546

1286 - Realgymnasium mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde, Physik sowie Chemie (mit verordneter Stundentafel), 7. und 8. Klasse

767

613

1374 - Wirtschaftskundliches Realgymnasium (mit schulautonomer Schwerpunktsetzung Ökologie), 5. - 8. Klasse

1

18

1424 - Oberstufenrealgymnasium mit Darst. Geometrie oder erg. Unterricht in Biologie und Umweltkunde, Physik und Chemie (mit Schulversuch), 5. und 8. Klasse, SV gemäß § 7 SchOG

42

74

1436 - Oberstufenrealgymnasium mit Darst. Geometrie oder erg. Unterricht in Biologie und Umweltkunde, Physik und Chemie (mit verordneter Stundentafel), 5. und 8. Klasse

112

163

1441 - Oberstufenrealgymnasium mit Darst. Geometrie oder erg. Unterricht in Biologie und Umweltkunde, Physik und Chemie (mit autonomer Stundentafel ohne speziellen Schwerpunkt), 5. und 8. Klasse

85

98

1449 - 5-jähriges Oberstufenrealgymnasium mit Informatik, 5. - 9. Klasse, Schulversuch gemäß § 7 SchOG

15

6

1471 - Oberstufenrealgymnasium mit Darst. Geometrie oder erg. Unterricht in Biologie und Umweltkunde, Physik und Chemie (mit schulautonomer Schwerpunktsetzung Mathematik, Naturwissenschaften), 5. - 8. Klasse

56

78

1473 - Oberstufenrealgymnasium mit Darst. Geometrie oder erg. Unterricht in Biologie und Umweltkunde, Physik und Chemie (mit schulautonomer Schwerpunktsetzung Informations- und Kommunikationstechnologie), 5. - 8. Klasse

74

57

1481 - Oberstufenrealgymnasium mit schulautonomer Schwerpunktsetzung im Bereich Mathematik, Naturwissenschaften, 5. - 8. Klasse, Schulversuch gemäß § 7 SchOG

42

40

1483 - Oberstufenrealgymnasium mit schulautonomer Schwerpunktsetzung im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie, 5. - 8. Klasse, Schulversuch gemäß § 7 SchOG

236

116

1484 - Oberstufenrealgymnasium mit schulautonomer Schwerpunktsetzung im Bereich Ökologie, 5. - 8. Klasse, Schulversuch gemäß § 7 SchOG

15

18

1603 - Realgymnasium mit Semestergliederung in der 10. - 12. Schulstufe (Modulare Oberstufe), Schulversuch gemäß § 7 SchOG

76

61

1664 - Realgymnasium mit Darstellender Geometrie (mit Schulversuch), 7. und 8. Klasse, SV gemäß § 7 SchOG

84

62

1665 - Realgymnasium mit Darstellender Geometrie (mit autonomer Stundentafel ohne speziellen Schwerpunkt), 7. und 8. Klasse

214

136

1666 - Realgymnasium mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde, Physik sowie Chemie (mit autonomer Stundentafel ohne speziellen Schwerpunkt), 7. und 8. Klasse

152

96

1667 - Realgymnasium mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde, Physik sowie Chemie (mit Schulversuch), 7. und 8. Klasse, SV gemäß §7 SchOG

95

75

1671 - Realgymnasium mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde, Physik sowie Chemie (mit schulautonomer Schwerpunktsetzung Mathematik, Naturwissenschaften), 5. - 8. Klasse

57

34

1673 - Realgymnasium mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde, Physik sowie Chemie (mit schulautonomer Schwerpunktsetzung Informations- und Kommunikationstechnologie), 5. - 8. Klasse

48

24

1681 - Realgymnasium mit Darstellender Geometrie (mit schulautonomer Schwerpunktsetzung Mathematik, Naturwissenschaften ), 5. - 8. Klasse

18

3

1683 - Realgymnasium mit Darstellender Geometrie (mit schulautonomer Schwerpunktsetzung Informations- und Kommunikationstechnologie), 5. - 8. Klasse

29

12

Summe

3.232

2.344

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.