3215/AB XXIII. GP
Eingelangt am 14.03.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
JOSEF PRÖLL
Bundesminister
An die Zl. LE.4.2.4/0008 -I 3/2008
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament

1017 Wien Wien, am 13. MRZ. 2008
Gegenstand: Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Dr. Wolfgang Zinggl,
Kolleginnen und Kollegen vom 17. Jänner 2008, Nr. 3334/J,
betreffend die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen vom 17. Jänner 2008, Nr. 3334/J, betreffend die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber, teile ich Folgendes mit:
Vorbemerkungen:
Nach dem Vorblatt zur Regierungsvorlage des Bundesgesetzes, mit dem die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber rechtlich verselbständigt werden, (282 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP) war das Ziel die Schaffung einer den heutigen Erfordernissen und dem Artikel 18 B-VG entsprechenden gesetzlichen Grundlage, welche den Anforderungen einer modernen, unabhängigen und eigenverantwortlichen Unternehmensführung bei gleichzeitiger Wahrung der Ziele und Qualität der Aktivitäten entspricht. Im Vorblatt zur Regierungsvorlage wird unter der Rubrik „Alternativen“ angeführt, dass die Beibehaltung des gegenwärtigen organisationsrechtlichen Status einerseits den Bemühungen um Strukturreform und Effizienzsteigerung im Bereich der Bundesverwaltung zuwiderlaufen und andererseits die Qualität gefährden würde.
Vor der Ausgliederung waren die Aufwendungen der nachgeordneten Dienststellen Spanische Hofreitschule und Bundesgestüt Piber Teil des Bundeshaushaltes, das heißt, es kam die Kameralistik (bloße Einnahmen-Ausgaben-Rechnung) zur Anwendung. Für das Jahr vor der Ausgliederung, also das Kalenderjahr 2000, stehen Einnahmen von € 2,191.117,04 Ausgaben von € 5,911.183,69 gegenüber. Das ergibt einen negativen Saldo von € 3,720.066,65 für das Kalenderjahr 2000. Im Jahr 1998 hat dieser Wert € 1,810.859,62 und im Jahr 1999 € 2,230.161,76 betragen. Daraus kann abgeleitet werden, dass sich die Republik Österreich mit einer stark ansteigenden Kurve hinsichtlich der Kostenbelastung konfrontiert sah.
Nach der Ausgliederung wurde das Rechnungswesen (Kostenrechnung/doppelte Buchhaltung) eingeführt.
Am 25.11.2000 trat das Spanische Hofreitschule-Gesetz, BGBl. I Nr. 115/2000, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 113/2006, in Kraft.
Nach dem Spanische Hofreitschule-Gesetz hat die Gesellschaft u.a. folgende im öffentlichen Interesse gelegene Aufgaben:
Zur Umsetzung dieser Aufgabenstellung war zunächst vordringlichstes Ziel die züchterische Konsolidierung der Herde hinsichtlich des Bestandes der entsprechenden Hengstlinien und Stutenfamilien dieser ältesten barocken Pferderasse in Piber sowie die Sicherung der Reitkultur u.a. durch Intensivierung der Ausbildung und Nachwuchsarbeit in Wien. Ein weiterer Schwerpunkt lag in der baulichen Generalsanierung in Wien und Piber, der erfolgreichen Durchführung der steirischen Landesausstellung 2003 sowie der Schaffung einer adäquaten organisatorischen, züchterischen und touristischen Infrastruktur.
In seiner Sitzung am 9. Juli 2002 stellte der Aufsichtsrat fest, dass die Unternehmensstrategie der Expandierung als Ziel führend erachtet wird und genehmigte das Unternehmenskonzept (2002 bis 2008). Aus den Planungsrechnungen zu diesem Unternehmenskonzept geht klar hervor, dass die Varianten mit Expansion langfristig jedenfalls wirtschaftlich günstiger sind als die Variante ohne Expansion bzw. ohne den Aufbau eines größeren Pferdebestandes in der Spanischen Hofreitschule.
Im Sommerquartier in Lainz hätte man zwar Platz für höchstens 64 Pferde gehabt, aber zumindest 24 Boxen entsprachen nicht der EU-Norm (3 x 3 m), weswegen man das Sommerquartier in Lainz dringend um- bzw. ausbauen hätte müssen. Ein Ausbau war jedoch aufgrund der Meldung des Lainzer Tiergartens als Natura-2000-Gebiet nicht möglich. Seitens der Stadt Wien wurde überdies mit derselben Begründung mitgeteilt, dass ein Erhalt des Sommerquartiers Lainz nach 2016 nicht mehr gegeben sein wird.
Ein Sommerquartier ist jedoch insbesondere zur Absicherung der Herde im Seuchenfall (§ 2 Abs. 1 Z 1 Spanische Hofreitschule-Gesetz; Aufgaben) unerlässlich.
Mit Schloss Wetzdorf wurde ein neues Sommerquartier für die Lipizzaner der Spanischen Hofreitschule gefunden und realisiert.
Am 21. Juni 2005 wurde vom Aufsichtsrat ein neuer Businessplan für die Jahre 2006 bis 2008 beschlossen. Darin enthalten ist die strategische Neuausrichtung des Bundesgestüts Piber in touristischer Hinsicht.
Die Ergebnisse des Wirtschaftsjahres (WJ) 2006 (Verbesserung des Jahresfehlbetrages von - 6,28 Mio € im WJ 2005 auf - 0,82 Mio € im WJ 2006, Steigerung der Besucheranzahl der Spanischen Hofreitschule bzw. der Lipizzanerwelt Piber von 230.148 Besuchern im Jahr 2005 auf 294.236 Besucher im Jahr 2006) sind Ergebnis eines umfassenden Reorganisationsprozesses, dessen Schwerpunkt im Geschäftsjahr 2006 planungskonform auf die Neuausrichtung des Bundesgestüts Piber gelegt wurde. Hinsichtlich weiterer Zahlen darf auf die Beantwortung zu den Fragen 1 bis 4 verwiesen werden.
Unter dem Blickwinkel der bestmöglichen Erfüllung der im öffentlichen Interesse gelegenen Aufgaben der Gesellschaft wurden in den letzten Jahren eine Reihe von personellen Entscheidungen getroffen, von denen Folgende beispielhaft genannt werden:
Insbesondere zur Sicherstellung der Qualität in der Reitbahn wurde Olympiasiegerin Elisabeth Max-Theurer in den Aufsichtsrat berufen sowie der ausgezeichnete Dressurreiter und ehemalige Bereiter Ernst Bachinger mit der Leitung des Geschäftsfeldes Reitschule betraut und zum Prokuristen der Gesellschaft bestellt.
Die Geschäftsführung wird von Dipl.-Kfm. Elisabeth Gürtler und Mag. Erwin Klissenbauer wahrgenommen.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2008 habe ich die Geschäftsführung ersucht, die Empfehlungen des Rechnungshofes vollinhaltlich umzusetzen.
Zu den einzelnen Fragen:
Zu Frage 1:
Die Verluste der Jahre 2001 – 2007 der Spanischen Hofreitschule – Bundesgestüt Piber Gesellschaft öffentlichen Rechts belaufen sich auf (angeführt wird das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit sowie der Jahresverlust, Beträge in T €):
|
|
2001 |
2002 |
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
2007 *) |
|
EGT |
-2.213 |
-2.246 |
-3.450 |
-3.434 |
-3.901 |
-821 |
-1.654 |
|
Jahresverlust |
-2.213 |
-2.246 |
-3.450 |
-3.434 |
-6.282 |
-821 |
-821 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
*) vorläufiges Ergebnis, Jahresabschluss liegt noch nicht vor |
|||||||
Das EGT stellt das Ergebnis aus dem operativen Geschäftsbetrieb dar. Der Jahresverlust beinhaltet auch das außerordentliche Ergebnis. Im Jahr 2005 wurde vor allem aufgrund der Vorbereitung des Verkaufes der Grundstücke in Niederösterreich ein Gutachten über alle Liegenschaften der Gesellschaft in Auftrag gegeben, welches eine Abwertung notwendig machte. Diese wurde im außerordentlichen Ergebnis 2005 dargestellt, weshalb der Jahresverlust höher ist als das EGT. Dies geschah auch auf Anregung des Rechnungshofes.
Im Jahr 2007 (nicht 2006) wurde das in der Einleitung der parlamentarischen Anfrage erwähnte Grundstück in Niederösterreich veräußert. Dies ergab einen Gewinn von rd. € 830.000,-, welcher im außerordentlichen Ergebnis dargestellt wurde und sich somit positiv auf das Gesamtergebnis auswirkte. Das EGT hat sich 2007 gegenüber 2006 vor allem aufgrund des Wegfalls zweier Großsponsoren (Verträge sind ausgelaufen) und der Mehrkosten zur Bekämpfung des CEM-Erregers verschlechtert.
Zu Frage 2:
Die Verluste wurden durch die vom Bund getätigten Bareinlagen ausgeglichen (siehe § 7 Abs. 1 Spanische Hofreitschule-Gesetz). Zusätzlich zu diesen Barmitteln wurden im Zuge der Ausgliederung Grundstücke von rd. 950 ha in Niederösterreich als Kapitalreserve an die Gesellschaft übertragen.
Zu Frage 3:
Die Bareinlagen des Landwirtschaftsministeriums belaufen sich auf:
|
Jahr |
Beträge in € |
Budgetansatz |
|
2000 |
1.000.000,00 |
1/60023 „Stammkapital“ |
|
2000 |
1.543.549,20 |
1/60027 „Bareinlage“ |
|
2001 |
3.415.623,21 |
1/60027 „Bareinlage“ |
|
2002 |
3.270.277,54 |
1/60027 „Bareinlage“ |
|
2003 |
3.270.277,54 |
1/60027 „Bareinlage“ |
|
2004 |
726.728,34 |
1/60027 „Bareinlage“ |
|
|
13.226.455,83 |
|
Zu Frage 4:
Die Besucherzahlen der Spanischen Hofreitschule und des Bundesgestüts Piber stellen sich wie folgt dar:
|
|
2001 |
2002 |
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
2007 |
|
Spanische Hofreitschule |
140.678 |
147.797 |
161.018 |
189.472 |
176.314 |
218.587 |
233.711 |
|
Bundesgestüt Piber |
54.650 |
55.788 |
277.303 |
48.573 |
53.834 |
75.649 |
83.382 |
Die stark schwankenden Besucherzahlen der Spanischen Hofreitschule sind durch die bisher jährlich stattfindenden Tourneen zu erklären. Dadurch ergab sich eine sehr unterschiedliche Anzahl von Vorführungen in Wien.
Im Jahr 2003 fand im Bundesgestüt Piber die Steirische Landesausstellung statt.
Zu den Fragen 5 bis 7:
Bereits im Jahre 1999 wurde seitens des damaligen Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft die Studie „Die wirtschaftliche Bedeutung der Lipizzaner für Österreich“ von Univ.-Prof. Mag. Dr. Egon Smeral eingeholt. Daraus geht hervor:
„Die Vorführungen der Spanischen Hofreitschule sind ein internationales Markenprodukt und gemeinsam mit den Lipizzanern untrennbar mit dem Image Österreichs als Kulturnation und Tourismusdestination verbunden. Die ökonomische Realisierung der Imagekraft der Lipizzaner als Kulturfaktor schlägt sich auch in bedeutenden Tourismusumsätzen nieder, zumal das Kulturmotiv zentral für Österreich-Besuche ist. Durch die Lipizzaner-Besuche in Wien und Piber werden insgesamt 920,9 Mio. Schilling an Tourismusumsätzen ausgelöst. Die Berücksichtigung von Multiplikatoreffekten induziert volkswirtschaftliche Einkommen in der Größenordnung von 959 Mio. Schilling pro Jahr (zu Preisen von 1998).“
Zu Frage 8:
Es wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Unter den dort dargelegten Prämissen erscheint die Ausgliederung der Spanischen Hofreitschule und des Bundesgestüts Piber insbesondere in betriebswirtschaftlicher Hinsicht erfolgreich.
Zu den Fragen 9 und 10:
Die im Jahr 2006 veräußerten Grundstücke befinden sich nicht in der Steiermark, sondern in Niederösterreich (Amesleithen, Hausmening, Kornberg, Mauer bei Amstetten, Allhartsberg, St. Leonhard am Walde, Zell Arzberg, Puchberg bei Randegg, Steinholz). Die Gesamtfläche der verkauften Flächen beläuft sich auf rd. 941 ha. Die Veräußerung wurde notwendig, da die
liquiden Mittel der Gesellschaft zur Neige gingen. Zu diesem Zweck wurden diese Grundstücke auch im Zuge der Ausgliederung der Gesellschaft übertragen (siehe auch Antwort zu Frage 1). Der Verkauf hatte auf das Jahresergebnis 2006 keinerlei Auswirkung, da diese Grundstücke bereits im Jahr 2005 auf die Höhe des vereinbarten Verkaufserlöses abgewertet werden mussten und somit Verkaufserlös und Buchwert gleich hoch waren. Diese Vorgangsweise entspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, wurde durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestätigt und vom Rechnungshof nicht kritisiert.
Zu Frage 11:
Der Verkauf der Grundstücke erfolgte nach Zustimmung des Aufsichtsrates der Gesellschaft.
Zu Frage 12:
Die Mindestanforderungen der Pferdehaltung werden an allen Standorten eingehalten. Jedes Pferd hat ausreichende Ruhezeiten von zumindest 11 Stunden pro Tag.
Zu Frage 13:
In der Spanischen Hofreitschule haben die Lipizzaner bedingt durch die Innenstadtlage keinen freien Auslauf. Deshalb wurde im Jahr 2005 ein hochmodernes Sommerquartier in Kleinwetzdorf in Niederösterreich errichtet, das sämtliche tierschutzrechtlichen Erfordernisse erfüllt. Die Hengste der Spanischen Hofreitschule können sich dort während der Sommerpause (7 Wochen im Juli und August) in eigenen Paddocks von je ca. 35 m2 frei bewegen. Weiters stehen den Pferden zum freien Auslauf auch Hengstkoppeln von je ca. 80 m2 zur Verfügung.
Im Bundesgestüt Piber haben die Pferde täglich genügend freien Auslauf auf den Koppeln, Treibbahnen sowie Weiden (rd. 400 ha).
Zu Frage 14:
Die Stallungen an allen Standorten entsprechen den tierschutzrechtlichen Bestimmungen. Die Boxengrößen belaufen sich bei einem Stockmaß bis zu 150 cm über 8,5 m2 und bis zu 165 cm über 10 m2. Betreffend „Auslauf“ siehe Antwort zu Frage 13.
Zu Frage 15:
In der Spanischen Hofreitschule absolviert jedes Pferd täglich eine Trainingseinheit von einer halben Stunde. Im Zuge der Vorführungen ist ein Teil der Hengste zwischen 6 und 20 Minuten im Einsatz. In den Wochen, in denen Vorführungen stattfinden, werden die Lipizzaner an einem Tag pro Woche nicht trainiert.
Alle Pferde des Bundesgestüts Piber haben täglich ausreichend Auslauf. Die Reit- und Fahrpferde werden fünfmal pro Woche trainiert. Die Trainingseinheiten bewegen sich zwischen 20 Minuten und 1 Stunde.
Zu Frage 16:
Im Jahr 2008 werden die Hengste der Spanischen Hofreitschule rd. 69 Vorführungen absolvieren. In den Vorjahren beliefen sich diese zwischen 50 und 86 pro Jahr.
Zu Frage 17:
In den vergangenen Jahren wurden zumeist zwischen 3 und 8 Tourneestädte jährlich besucht. Dabei wurden pro Stadt 3 bis 5 Vorführungen abgehalten. Tourneestädte der letzten Jahre waren:
2007: Antwerpen, Rotterdam, Paris
2006: Köln, Zürich, Birmingham, London
2005: Aachen, Kleinwetzdorf/Heldenberg, Graz, Columbus, St. Louis,
Washington DC, Philadelphia, Atlanta, Houston
2004: Schönbrunn, Frankfurt, Basel, Leeuwarden, Dortmund
2003: Piber, Schönbrunn
2002: Luxemburg, Strassburg, Köln, Berlin
2001: Rotterdam, Birmingham, London
2000: Paris, Antwerpen, Bremen
Zu Frage 18:
Bei allen Tourneen wurden die Tierschutzanforderungen bestmöglich sichergestellt. Bei längeren Tarnsportwegen werden die notwendigen Ruhepausen oder sogar ein mehrstündiger Stopp mit Unterbringung der Pferde in Stallungen eingelegt. Die Pferdeboxen und Pferdetransporter entsprechen den tierschutzrechtlichen Bestimmungen.
Zu Frage 19:
Die Spanische Hofreitschule wurde in den Jahren 2005 und 2007 vom Magistrat der Stadt Wien/Veterinäramt auf Einhaltung des Tierschutzgesetzes überprüft. Dabei gab es keine Beanstandungen.
Das Bundesgestüt Piber steht in engem Kontakt mit dem vor Ort verantwortlichen Amtstierarzt. Es gab bisher keine Beanstandungen.
Zu Frage 20:
Bisher gab es keinerlei Anzeigen wegen Nichteinhaltung der Tierschutzvorschriften.
Der Bundesminister: