3345/AB XXIII. GP

Eingelangt am 17.03.2008
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

GZ. BMVIT-10.000/0006-I/PR3/2008                                                                  DVR:0000175

 

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

Wien,       . März 2008

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3367/J-NR/2008 betreffend ÖBB Immobilien 6: fehlende internationale Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs für Teile des Geländes des künftigen Wiener Hauptbahnhofs (und weitere Bahnprojekte), die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 22. Jänner 2008 an mich gerichtet haben, beehre ich mich laut Auskunft der ÖBB wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

Aus welchen Gründen und auf welcher konkreten rechtlichen Grundlage verzichteten die ÖBB im besagten Fall auf eine internationale Ausschreibung?

 

Antwort:

Wie mir die ÖBB mitteilen, wurde das Expertenverfahren „Bahnhof City Wien Hauptbahnhof“ von der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH ausgelobt. Die ÖBB meinen, diese Gesellschaft sei in ihrem Dienstleistungsbereich als gewerblicher Immobilientreuhänder rein privatwirtschaftlich tätig. Daher sei sie weder öffentlicher Auftraggeber noch Sektorenauftraggeber und somit nicht dem Bundesvergabegesetz unterworfen. Diese Ansicht wurde vom Bundesvergabeamt (BVA) mit seiner nunmehrigen Entscheidung nicht geteilt, worin die ÖBB-Immobilienmanagment GmbH als öffentlicher Auftraggeber bewertet wird.

 

Frage 2:

Sind Sie bzw. werden Sie für eine internationale Ausschreibung des ArchitektInnenwettbewerbs zur Bahnhofs-City eintreten, wenn nein warum nicht?

 

Antwort:

Nachdem nunmehr die Entscheidung des BVA getroffen wurde, eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen, gehe ich davon aus, dass die Organe der ÖBB dies nun durchführen werden.

 

Fragen 3 und 4:

In welcher Form werden Sie tätig, damit die zwei „Gutachten“ bzw. Gutachterlichen Stellungnahmen, auf die sich die ÖBB hinsichtlich der beschränkten Ausschreibung berufen, der Jury und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden?

 

Wenn Sie nicht tätig werden, warum nicht?

 

Antwort:

Operative Maßnahmen in Geschäftsbereichen des Unternehmens obliegen ausschließlich den Entscheidungen des Managements der ÖBB, da das Bundesbahn-Strukturgesetz 2003 dem Sinne nach ohne Einschränkungen oder Sonderregelungen auf das Aktienrecht hinweist.

 

Maßnahmen wie beispielsweise die Einholung von Gutachten bzw. „Gutachterliche Stellungnahmen“ obliegen somit aufgrund der zwingenden gesetzlichen Lage ausschließlich dem Management der Österreichischen Bundesbahnen bzw. fallen in die aktienrechtliche Verantwortung des Managements der ÖBB, die auch die wirtschaftliche Verantwortung dafür zu tragen haben. Dies gilt auch für Töchter bzw. für Enkelgesellschaften des Mutterunternehmens ÖBB- Holding AG.

 

Nach Auffassung der ÖBB besteht keine rechtliche Grundlage dafür, die Gutachten öffentlich zugänglich zu machen.

 

Fragen 5 und 6:

Haben Sie von sich aus etwas unternommen, um den Sachverhalt beim Bundesvergabeamt einer Überprüfung unterziehen lassen?

 

Wenn nein, warum nicht?

 

Antwort:

Als Eigentümervertreter der ÖBB-Holding AG steht mir diese Möglichkeit nicht zu. Wie Sie in Ihrem Einleitungstext anführen, wurde eine Überprüfung durch das BVA durchgeführt und bereits eine Entscheidung in Richtung öffentlicher Ausschreibung getroffen.

 

Frage 7:

Der - auch seitens Ihrer  politischen Gesinnungsgemeinschaft – vielgelobte Baukulturreport an das Parlament tritt für verstärkte Wettbewerbe zur Qualitätsverbesserung der Architektur in Österreich ein. Auf welche Weise werden Sie dies a) im allgemeinen, b) im speziellen bei den Ihnen zugeordneten Unternehmen im Bundesbesitz unterstützen?


Antwort:

Ja, ich stimme Ihnen zu, dass mir qualitätsvolle Architektur ein Anliegen ist. Dies konnte ich auch in meiner früheren Tätigkeit praktisch umsetzen. Soweit mir dies rechtlich bzw. kompetenzmäßig in der jetzigen Funktion möglich ist, werde ich mich bestmöglich dafür einsetzen.

Der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH war der Meinung, dass die Teilnahme von acht renommierten, z.T. internationalen Architekturbüros eine qualitativ hochwertige Ausarbeitung gewährleistet. Die nunmehrige Entscheidung des BVA gab dem ÖBB-Standpunkt nicht recht.

 

Frage 8:

Welche besonderen Hintergründe sind Ihnen über die 8 geladenen Architekturbüros bekannt? Wie können Sie sich erklären, dass gerade diese geladen wurde?

 

Antwort:

Die geladenen Teilnehmer des Expertenverfahrens sind international anerkannte Architekten bzw. Architekturbüros, welche mit dem Ziel der Erreichung höchstmöglicher Qualität für die Immobilienentwicklung ausgelobt wurden. Weitere Hintergründe sind mir nicht bekannt.

 

Die einzuladenden Teilnehmer wurden - wie die ÖBB-Immobilien GmbH mitteilten - in Abstimmung mit der Jury bzw. dem Jury-Vorsitzenden festgelegt.

 

Frage 9:

Können Sie es politisch verantworten, dass die Immorent („Erste“) als private Institution einen internationalen Wettbewerb ausschreibt, obwohl sie dazu nicht verpflichtet ist, die ÖBB als 100% Republikeigentum dies jedoch nicht für nötig halten?

 

Antwort:

Die Entscheidung, warum die Immorent einen internationalen Wettbewerb ausgeschrieben hat, liegt ausschließlich bei dieser. Es liegt mir fern, Entscheidungen anderer Privatunternehmen zu bewerten. Dies auch deshalb, da mir die Voraussetzungen für diese Entscheidung im Allgemeinen, wie im speziellen nicht bekannt sind.

 

Fragen 10 und 11:

Was haben Ihnen die Vorstände der involvierten ÖBB-Teilunternehmen bzw. Ihre Aufsichtsräte in diesen Teilunternehmen zu diesem Themenkomplex wann im einzelnen berichtet?

 

Was haben Ihnen der Vorstand der ÖBB-Holding bzw. Ihre Aufsichtsräte in der ÖBB-Holding, die sich ja gebetsmühlenartig als „strategische  Leitgesellschaft der ÖBB“ inszeniert, zum strategischen Aspekt und Mehrwert der gewählten, vergabe- wie imagepolitisch fragwürdigen Linie berichtet?

 

Antwort:

Dieser Themenkomplex wird in der nächsten Aufsichtsratsitzung der ÖBB-Holding AG behandelt und danach wird mir berichtet werden.

 

Frage 12:

Wie können Sie sich erklären, dass Ihr ehemaliger Wiener Regierungskollege Planungsstadtrat Rudi Schicker bei einem von Stadt  Wien und ÖBB gemeinsam ausgelobten Verfahren, an dem er selbst als Juror teilnimmt, nach Monaten plötzlich zur Einschätzung kommt, dass das Verfahren „außerhalb des Einflussbereiches der Stadt Wien geführt“ würde und sich die vergaberechtliche Einschätzung der Entscheidungsfindung der Stadt entziehe?

 

Antwort:

Diese Frage kann ich nicht beantworten, ich ersuche Sie, bei Fragen, die einen Stadtrat der Stadt Wien betreffen, mit diesem direkt Kontakt aufzunehmen.

 

Frage 13:

Ist Ihnen bekannt, dass auch beim ebenfalls laufenden, ebenfalls von ÖBB und Stadt Wien gemeinsam ausgelobten Verfahren betreffend eine „Städtebauliche Leitidee“ für das Gelände des Wiener Nordwestbahnhofs wegen des (Zitat) „Vergabechaos, das sowohl bei den ÖBB als auch in der Stadtplanung zutage trete“ mit dem Ausstieg prominenter geladener

Architekten zu rechnen ist?

 

Antwort:

Grundsätzlich handelt es sich bei dieser Maßnahme um die Zuständigkeit der Organe der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH.

Nach Information dieser handelt es sich beim ausgelobten Verfahren für den Nordwestbahnhof „Städtebauliche Leitidee“ um eine Vergabe im Unterschwellenbereich lt. BVergG 2006. Am Hearing haben alle geladenen Architektenteams teilgenommen, daher gehen die ÖBB-Immobilienmanagement GmbH davon aus, dass alle Teilnehmer Beiträge einreichen.

 

Frage 14:

Für den Fall, dass sich die Vorgangsweise beim Verfahren zum Hauptbahnhof-Areal "BahnhofCity“ in der Überprüfung des Bundesvergabeamtes als nicht vergaberechtskonform, also nicht rechtsmäßig, herausstellt – die rechtliche Beratung der ÖBB also nicht korrekt

war -, sind Schadenersatzklagen angekündigt. Wer wird in diesem Fall für Schadenersatzzahlungen aufkommen?

 

Antwort:

Nach der nun vorliegenden Entscheidung des Bundesvergabeamtes sind, falls einer der Verfahrensparteien dies fordert, in einem gesonderten Zivilverfahren etwaige Ansprüche auf Schadenersatz zu prüfen. Insoferne kann derzeit nicht gesagt werden, ob einem Anspruch auf Schadenersatz gegen wen auch immer seitens des zuständigen Gerichtes stattgegeben wird. Erst danach stellt sich die Frage, wer für mögliche Schadenersatzzahlungen aufzukommen hat.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Werner Faymann