336/AB XXIII. GP

Eingelangt am 17.04.2007
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0017-Pr 1/2007

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 372/J-NR/2007

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Martin Graf, Kai Jan Krainer, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Mag. Werner Kogler und Josef Bucher haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Aktenvorlage für den Untersuchungsausschuss betreffend Finanzmarktaufsicht, BAWAG, Hypo-Alpe-Adria und weitere Finanzdienstleister“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Mit Note vom 14. November 2006, GZ 13576.020/1-L1.3/2006, übermittelte die Parlamentsdirektion den vom Untersuchungsausschuss betreffend Finanzmarktaufsicht, BAWAG, Hypo-Alpe-Adria und weitere Finanzdienstleister gemäß § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) gefassten Beweisbeschluss, demzufolge vom Bundesministerium für Justiz die nachstehenden Beweismittel angefordert wurden:

„Akten/Unterlagen betreffend

·        BAWAG/PSK seit 1.1.1994 einschließlich Akten/Unterlagen betreffend Rechtshilfeersuchen an das Fürstentum Liechtenstein betreffend die Empfänger der Zahlungen des Dr. Wolfgang Flöttl bzw. eines ihm zuzuordnenden Unternehmens;

·        Hypo-Alpe-Adria vorerst ab 1.1.1997;

·        AMIS inklusive aller Rechtsvorgänger;

·        Atomic-Konkurs.“

Im Beweisbeschluss wurde festgehalten, dass die Behörden und Ämter darauf zu achten haben, dass das Bankgeheimnis und die Rechte Dritter gewahrt werden.

In dem an den Untersuchungsausschuss gerichteten Telefax vom 21. November 2006 wies der Leiter der Präsidialsektion im Bundesministerium für Justiz darauf hin, dass die Akteneinsicht und die Herstellung von Ablichtungen aus Gerichtsakten eine Angelegenheit der Rechtsprechung darstellt, bot sich aber an, derartige Ersuchen administrativ durch Justizverwaltungsorgane zu unterstützen. In diesem Sinne wurde der mit Note der Parlamentsdirektion vom 20. Dezember 2006, GZ 13576.020/18-L1.3/2006, übermittelten Beweisbeschluss nach Rücksprache mit dem Ausschussvorsitzenden zur weiteren Veranlassung an das zuständige Landesgericht für Strafsachen Wien mit Übersendungsnote vom 21. Dezember 2006, BMJ-Pr2235/0006-Pr 1/2006, weitergeleitet.

Ausgehend von den klaren Vorgaben des Beweisbeschlusses legte das Bundesministerium für Justiz mit Note vom 30. November 2006, BMJ-Pr2235/0004-Pr 1/2006, die die Beweisthemen betreffenden Akten, durch die das Bankgeheimnis bzw. Rechte Dritter im Sinne des Beweisbeschlusses nicht verletzt oder aber die strafbehördlichen Ermittlungsmaßnahmen nicht beeinträchtigt oder gefährdet wurden oder die einer gebotenen, den Sinngehalt nicht zerstörenden Anonymisierung zugänglich waren, vor. Von der Übermittlung von Beilagen, die von anderen Behörden wie insbesondere der Finanzmarktaufsicht, der Nationalbank oder dem Bundesministerium für Finanzen dem Untersuchungsausschuss vorgelegt werden, wurde dabei zur Vermeidung von Duplizitäten Abstand genommen.

Zu den rechtlichen Erwägungen darf auf die schriftliche Stellungnahme des Bundeskanzleramtes vom 14. November 2006, GZ BKA-601.245/0013-V/A/8/2006, und auf das im Auftrag des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses von Hon.-Prof. Dr. Wolf-Dieter Arnold erstellte und Anfang Dezember 2006 veröffentlichte Gutachten zum Thema „Bankgeheimnis – Parlamentarischer Untersuchungsausschuss“, Zl. 13.576.0030/1-L.1.3/2006, hingewiesen werden, wonach die Behörde auch anlässlich der Aktenvorlage in jedem Fall eine Abwägung der Interessen an der Geheimhaltung mit den Interessen des Untersuchungsausschusses vorzunehmen hat. Eine entsprechende Abwägung ergab für die bis dahin nicht vorgelegten Akten, dass bei den Themenkomplexen BAWAG insbesondere in Anbetracht der hiezu anhängigen Strafverfahren sowie Atomic-Konkurs im Hinblick auf unmittelbar betroffene Rechte Dritter die Wahrung der Vertraulichkeit erforderlich ist. In der oben angeführten Übersendungsnote vom 30. November 2006 hielt das Bundesministerium für Justiz fest, aus welchen Gründen welche Bereiche von Akten nicht vorgelegt werden konnten. Da für das Bundesministerium für Justiz aus den ergänzenden, mit Note vom 30. Jänner 2007, GZ 13576.0020/11-L1.3/2007, übermittelten Beweisbeschlüssen nicht eindeutig erkennbar war, ob es sich dabei um eine Beschlussfassung im Sinne des § 6 dritter Satz VO-UA handelte, wurde vom Bundesministerium für Justiz in einer umgehend erstellten Note vom 5. Februar 2007, BMJ-Pr2235/0004-Pr 1/2007, um Klarstellung gebeten, ob die ergänzenden Beweisbeschlüsse vom 26. Jänner 2007 als Beschlüsse im Sinne des § 6 dritter Satz VO-UA zu verstehen sind. § 6 dritter Satz VO-UA verankert eine (ebenfalls im Gutachten von Hon.-Prof. Dr. Arnold behandelte) Befugnis des Untersuchungsausschusses, mit einer Zweidrittelmehrheit den Interessen des Untersuchungsausschusses zum Durchbruch zu verhelfen. Im Fall einer Beschlussfassung nach § 6 dritter Satz VO-UA hat die Behörde ohne Rücksicht auf ihre Verpflichtung zur Wahrung des Amtsgeheimnisses und des als Amtsgeheimnis zu wahrenden Bankgeheimnisses (Punkt IX.10. des Gutachtens von Hon.-Prof. Dr. Arnold) vorzulegen.

Nachdem der Beweisbeschluss vom 20. Februar 2007, GZ 13576.0020/15-L1.3/2007, als ein Beschluss im Sinne des § 6 dritter Satz VO-UA zu werten war, legte mein Ressort die davon betroffenen Akten unverzüglich am 23. Februar 2007 vor. Hinsichtlich einzelner, noch nicht aussagekräftiger Tagebücher der Staatsanwaltschaft Wien wurde ein Vorlageaufschub vereinbart.

Auf Grund des mit Note vom 16. März 2007, GZ 13576.0020/33-L1.3/2007, übermittelten ergänzenden, einstimmig gefassten Beweisbeschlusses des Untersuchungsausschusses wurden wiederum umfassende Recherchen vorgenommen und die entsprechenden Akten dem Untersuchungsausschuss zugeleitet.

Zusammenfassend darf ich darauf hinweisen, dass das Bundesministerium für Justiz stets bestrebt war, alle die Beweisthemen betreffenden Akten, die nicht von einer Vorlage aus den oben angeführten Gründen ausgenommen sind, zu erheben und vorzulegen. In jenen Fällen, in denen laufende (Vor)Erhebungen die Wahrung der Vertraulichkeit erforderlich machten bzw. höchstpersönliche Rechte Dritter betroffen waren und sind, war das Bundesministerium für Justiz der Rechtsauffassung, dass aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen eine Vorlage erst zulässig war, nachdem vom Untersuchungsausschuss ein Beschluss gemäß § 6 dritter Satz VO-UA gefasst wurde.

 

. April 2007

 

(Dr. Maria Berger)