3363/AB XXIII. GP

Eingelangt am 19.03.2008
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0009-Pr 1/2008

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 3359/J-NR/2008

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Haimbuchner und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Verurteilungen gemäß § 115 FPG“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zur statistischen Grundlage für die Beantwortung dieser Anfrage weise ich darauf hin, dass innerhalb der staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister insofern eine systemimmanente Unschärfe besteht, als einzelne Verfahren an andere Staatsanwaltschaften abgetreten wurden und dadurch doppelt aufscheinen. Dadurch können Doppelzählungen nicht ausgeschlossen werden. Weiters könnten im Sprengel der Staatsanwaltschaft Wien die Fragen 4 und 5 sowie 10 und 11 nur nach händischer Auswertung von mehr als 100 Tagebüchern beantwortet werden. Ich ersuche um Verständnis, dass ich dies im Hinblick auf den mit der Umsetzung des Strafprozessreformgesetzes verbundenen erheblichen Aufwand und unter Bedachtnahme auf die bei dieser Anklagebehörde derzeit anhängigen Großverfahren nicht angeordnet habe.

Bevor ich auf die Fragen im Einzelnen eingehe, möchte ich ausführen, dass im Rahmen des Fremdenrechtspakets 2005, BGBl. I Nr. 100, die Strafbestimmungen im Fremdenpolizeigesetz (FPG) verschärft wurden, wobei die Bestimmung des § 107a Fremdengesetz durch § 115 FPG ersetzt wurde. Diese Verschärfung der Strafbestimmungen gründete teilweise auf europa- bzw. völkerrechtlichen Vorgaben.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Österreich seinen europäischen und internationalen Verpflichtungen in diesem wichtigen Rechtsgebiet verlässlich und konsequent nachkommen soll. Im Rahmen des Spielraums, den diese Vorgaben gestatten, meine ich aber, dass die geltenden Vorschriften zu überdenken und Überlegungen in Richtung einer möglicherweise sachgerechteren Lösung anzustellen wären.

Ich hege nach wie vor die Bedenken dagegen, dass das Strafrecht Personen dafür kriminalisiert, dass sie zu Gunsten von Angehörigen unrichtige Angaben gegenüber der Fremdenpolizei machen oder deren illegalen Aufenthalt in einer sonstigen, vergleichbaren Weise unterstützen. Ich schätze es als problematisch ein, dass § 115 FPG, anders als der Straftatbestand der Begünstigung nach § 299 StGB, keine Privilegierung naher Angehöriger vorsieht. Der Wertungswiderspruch, dass es nicht strafbar wäre, einen Mörder, zu dem man in einem Angehörigenverhältnis steht, vor der Strafverfolgung zu schützen, während es strafbar ist, einen Angehörigen, der lediglich Verwaltungsunrecht nach dem FPG begangen hat, z.B. vor der Fremdenpolizei zu verstecken, ist nicht von der Hand zu weisen.

Zu 1:

Im Jahr 2006 wurden 82 Verfahren im Zusammenhang mit § 115 FPG geführt.

Zu 2:

In diesen Verfahren wurden insgesamt 9 Personen verurteilt.

Zu 3 bis 5:

Insgesamt wurden 65 Verfahren eingestellt. Außerhalb des Sprengels der Staatsanwaltschaft Wien erfolgten 21 Einstellungen wegen Beweismangels und von den übrigen Einstellungen neun mangels Tatbildlichkeit, eine Einstellung aus dem Grunde des Doppelbestrafungsverbotes, eine Einstellung aus dem Grunde des § 34 Abs. 2 StPO aF und eine weitere wegen des Strafaufhebungsgrundes nach § 115 Abs. 4 FPG. Zwei Verfahren wurden diversionell erledigt.

Zu 6:

Nach den mir vorliegenden Informationen hatte keine der verurteilten Personen ein politisches Mandat inne.

Zu 7:

Im Jahr 2007 wurden 176 Verfahren im Zusammenhang mit § 115 FPG geführt.

Zu 8:

In diesen Verfahren wurden insgesamt 21 Personen verurteilt.

Zu 9 bis 11:

Insgesamt wurden 134 Verfahren eingestellt. Außerhalb des Sprengels der Staatsanwaltschaft Wien erfolgten 47 Einstellungen wegen Beweismangels und von den übrigen Einstellungen fünf mangels Tatbildlichkeit, eine Einstellung wegen Verjährung und eine weitere wegen mangelnder Strafwürdigkeit iSd § 42 StGB aF. Ein Verfahren wurde diversionell erledigt.

Zu 12:

Nach den mir vorliegenden Informationen hatte keine der verurteilten Personen ein politisches Mandat inne.

 

. März 2008

 

(Dr. Maria Berger)