3367/AB XXIII. GP

Eingelangt am 19.03.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3315/J-NR/2008 betreffend Spekulationsgeschäfte der ÖBB, die die Abgeordneten Lutz Weinzinger und weitere am 16. Jänner an mich gerichtet haben, beehre ich mich unter Verwendung von Informationen der ÖBB-Holding AG wie folgt zu beantworten:

Einleitend möchte ich anmerken, dass in der Begründung der vorliegenden parlamentarischen Anfrage u.a. angeführt wird, dass die Finanzinstrumente zur Besicherung der riskanten Sale-and-Lease-Back Geschäften verwendet wurden. Ob überhaupt und wenn ja welcher Zusammenhang besteht und darüber hinaus die Absicherungsvereinbarungen zu den Cross-Border-Leasing sowie die Portfolio Credit Default Swap werden in einer Prüfung untersucht, mit der die Deloitte & Touche Wirtschaftsprüfungs GmbH vom ÖBB-Holding Aufsichtsrat beauftragt wurde. Dieses Gutachten soll demnächst vorliegen und in der Sitzung des ÖBB-Holding Aufsichtsrates am 31.03.2008 behandelt werden.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass laut Auskunft der ÖBB-Holding AG die
gegenständlichen Verträge vor Beginn dieser Legislaturperiode abgeschlossen wurden.

Vorab zu den Fragen 1-18 ist folgendes festzuhalten:

Maßnahmen wie beispielsweise der Abschluss von Verträgen samt den darin geregelten

vertraglichen Details bzw. die Finanzgebarung des Unternehmens obliegen auf Grund der

zwingenden gesetzlichen Lage ausschließlich dem Management der ÖBB bzw. fallen in die

aktienrechtliche Verantwortung des Managements der ÖBB bzw. wenn die Satzung der

Gesellschaft dies vorsieht, in die Zuständigkeit des Aufsichtsrates als Kontrollorgan des

Unternehmens.

Es handelt sich um diffizile Verträge, die von mir als Eigentümervertreter wie bereits oben

erwähnt nur nach Auskunft durch die ÖBB-Holding AG zu beantworten waren.


Fragen 1 und 2:

Ist Ihnen als Eigentümervertreter bekannt mit welcher Laufzeit der Leasingvertrag
abgeschlossen wurde?

Wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Es dürfte, wie sich zumindest aus der Einleitung der gegenständlichen parlamentarischen Anfrage ergibt, der Swap-Vertrag (Tausch-Vertrag") in Zusammenhang mit Cross-Border- Leasing (kurz CBL") mit der Deutschen Bank, welcher 2005 abgeschlossen wurde, in der Frage 1 gemeint sein. Dieser besteht aus vier Teilen mit Vertragslaufzeiten von 8 bis 10 Jahren. Dabei handelt es sich um einen Swap-Vertrag, der auf Leasingverträgen (CBL Verträgen) aufbaut.


 

Lt. Auskunft der ÖBB-Holding AG haben die „ÖBB Alt" (kurz „ÖBB") bzw. die Österreichische Postbus AG in den Jahren von 1995 bis 2002 insgesamt 21 CBLs mit Investoren aus den USA, Kanada, Irland und Japan abgeschlossen. Im Jahr 2004 wurde ein Lease mit Investoren aus Deutschland und in 2006 eines mit Investoren aus Frankreich abgeschlossen. Ein japanisches CBL wurde durch Ausübung der Kaufoption bereits erfolgreich beendet, so dass noch 22 CBLs innerhalb der ÖBB-Unternehmensgruppe bestehen.

Die Laufzeiten eines CBL bis zu dem Datum, an dem die ÖBB-Unternehmensgruppe die Kaufoption ausüben können, sind sehr unterschiedlich. Sie reichen von wenigen Jahren für Autobusse bis zu 27 Jahren für Lokomotiven der Taurus-Reihe. Die Laufzeiten orientieren sich aber nicht nur an der Lebensdauer der Anlagegüter, auch die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen mussten Beachtung finden. Konkret liegen die Kaufoptionen der 22 CBL im Zeitraum zwischen 28. Juli 2007 bis 01. Jänner 2029.

Die Fragen 3-18 der vorliegenden Anfrage beziehen sich auf die CBL Verträge.

Fragen 3 und 4:

Ist Ihnen als Eigentümervertreter bekannt wie hoch die Leasingraten waren?

Wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Die CBLs der ÖBB können in zwei Gruppen eingeteilt werden. Eine Gruppe umfasst die so genannten Lease-in-lease-out (kurz "LILO") Transaktionen, bei denen die ÖBB die Anlagegüter an den Investor vermietet (Hauptmiete), und im gleichen Atemzug wieder zurück mieteten (Untermiete). Die zweite Gruppe umfasst die Sale-in-lease-out (kurz SILO") Transaktionen, bei denen die ÖBB die Anlagegüter verkauften, und sofort wieder zurück mieteten.

Bei einen LILO erhielten die ÖBB eine Mietvorauszahlung, bei einem SILO erhielten sie den Verkaufserlös. Mit dieser erhaltenen Summe erwarben die ÖBB - abhängig von der Struktur - ein oder mehrere Vorauszahlungsinstrumente (Tilgungsträger"). Die Dotierung, sowie die Verzinsung der Tilgungsträger wurden so gewählt, dass sämtliche Zahlungen für das CBL (Leasingraten, Preis der Kaufoption) aus den Ausschüttungen des Tilgungsträgers geleistet werden können.

Frage 5:

Ist Ihnen als Eigentümervertreter bekannt wie hoch der Zinssatz war?


Antwort:

Siehe Antworten zu Fragen 3 und 12.

Frage 6:

Wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Siehe Antwort zu Frage 3.

Fragen 7 und 8:

Ist Ihnen als Eigentümervertreter bekannt wie hoch der Rückkaufswert ist?

Wenn nein, warum nicht?


Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Es zählen zu den Zahlungen des CBL nicht nur die Leasingraten, sondern auch der bei Ausübung der Kaufoption fällige Rückkaufwert (Anm.: bei einem LILO werden die Mietrechte zurückgekauft). Aufgrund der Tatsache, dass alle zukünftigen Zahlungen aus dem vorausbezahlten Tilgungsträger kommen, bestehen für die ÖBB keine zukünftigen erfolgsmindernden Belastungen (siehe auch Antwort zu Frage 3).

Frage 9:

Welche Güter wurden nach Ihren Informationen in diesem Zusammenhang von den ÖBB
verkauft?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Es wurden Eisenbahnrollmaterial (Lokomotiven, Personen- und Güterwagen, etc.), Verschiebebahnhöfe, elektronisches Equipment (Signal- und Energiesteuerungsanlagen) und Autobusse verkauft bzw. vermietet.

Frage 10:

Wer hat nach Ihren Informationen die Güter bewertet?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Eine wichtige Rolle bei einem CBL kam dem Schätzgutachter zu. Das Transaktionsmaterial wurde nicht mit dem Buchwert in das CBL aufgenommen, vielmehr wurde ein geeigneter Spezialist (der Appraiser") beauftragt, den beim Abschluss aktuellen Marktwert des Anlagegutes zu schätzen.

Frage 11:

Welcher Preis wurde erzielt?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Es wurde der vom Appraiser jeweils festgestellte Marktpreis erzielt.

Frage 12:

In welcher Währung müssen Leasingraten und der spätere Rückkauf geleistet werden?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Die erwähnten Tilgungsträger wurden in jener Währung angekauft, die dem CBL zugrunde

liegt. Sind die Leasingraten in US Dollar zu leisten, wurde in US Dollar veranlagt. Dadurch


haben die ÖBB bei vertragskonformer Beendigung der CBL keinerlei Währungsrisiko. Die Verzinsung des Tilgungsträgers orientierte sich an den beim Kaufdatum herrschenden Marktkonditionen. Die Tilgungsträger sind fest verzinsliche Wertpapiere mit Anleihecharakter, daher besteht für die ÖBB-Unternehmensgruppe bei vertragskonformer Beendigung keinerlei Zinsrisiko.

Frage 13:

Welche Kosten (Spesen, Gebühren, Provisionen jeglicher Art) sind bei Abschluss der
Vereinbarungen angefallen?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Bei den Vorarbeiten zu einer Transaktion sowie bei deren Abschluss zogen die ÖBB üblicherweise mehrere Beratungsfirmen (Rechtsanwälte, Finanzberater, Schätzgutachter) bei, deren Kosten und Spesen die ÖBB zu tragen hatte. Das gilt auch für die bei der laufenden Betreuung anfallenden Beträge.


Frage 14:

In welcher Form bezahlte die Leasinggesellschaft?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Die Leasinggesellschaft zahlte den  Verkaufspreis bzw.  die  Mietvorauszahlung mittels

Bareinzahlung.

Frage 15:

Wohin flossen die vereinnahmten Gelder?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Von den vereinnahmten Geldern mussten die Tilgungsträger gekauft werden. Die positive Differenz zwischen dem erhaltenen Verkaufserlös, bzw. der Mietvorauszahlung und jener Summe, die für den Kauf der Tilgungsträger nötig war, verblieb bei den ÖBB. Sie wird üblicherweise als Nettobarwertvorteil (kurz NPV") bezeichnet. Die Vereinnahmung des NPV war die Motivation der ÖBB in CBLs einzusteigen. Die Gesamtsumme des NPV wurde am Beginn der Transaktion als passive Rechnungsabgrenzung in die Bilanz eingestellt, und wird in jährlichen Tranchen über die Laufzeit verteilt als Ertrag in die Gewinn- und Verlustrechnung aufgelöst.

Frage 16:

Wozu wurden sie verwendet?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Der NPV bedeutete für die ÖBB eine Cash Flow wirksame Liquiditätsverbesserung im Jahr

des    Abschlusses,    und   reduzierte    das    im    Jahr   des    Abschlusses    bestehende

Finanzierungserfordernis.

Frage 17:

Ergab der Verkauf von Anlagegütern einen außerordentlichen Bilanzertrag (z.B. durch Auflösung von stillen Reserven bei bereits großteils abgeschriebenen Sachanlagen?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Es war und ist unter den geltenden Bilanzierungsregeln (UGB und IFRS) möglich, das Anlagegut auf der Bilanz der ÖBB zu erhalten. Dadurch kam es nicht zur Hebung von stillen Reserven.

Frage 18:

Welcher Anteil des Verkaufspreises musste in Form von Wertpapieren wiederum hinterlegt
werden?

Antwort:

Dazu teilt die ÖBB-Holding AG mit:

Der Barwert der zukünftigen Leasingraten einschließlich des Preises der Kaufoption (siehe

Antwort zu Fragen 3 und 7) musste hinterlegt werden.


Fragen 19 bis 21:

Gibt es Ihrerseits, als Eigentümervertreter, bereist rechtliche Schritte gegen verantwortliche
Personen?

Wenn ja, welche?
Wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Wie schon eingangs erwähnt, wurde durch den ÖBB-Holding Aufsichtsrat eine Untersuchung
zu den Veranlagungsgesch
äften der ÖBB in Auftrag gegeben. Deren Ergebnisse sind
hinsichtlich allfälliger weiterer Veranlassungen abzuwarten.

Mit freundlichen Grüßen

Werner Faymann