3375/AB XXIII. GP

Eingelangt am 20.03.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3353/J der Abgeordneten Johann Maier wie folgt:

 

Einleitend weise ich darauf hin, dass die legistische Kompetenz für die angesprochenen Fragen beim BMF und beim BMJ liegt.

 

 

Frage 1: Sind dem Ressort diese Problemstellungen bekannt?

Wenn ja, sehen Sie einen legislativen Handlungsbedarf (z.B. eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zum Verkauf oder zur Abtretung von Kreditforderungen durch Banken)?

 

Dem Ressort ist die Problemstellung bekannt.

 

Legislativer Handlungsbedarf besteht derzeit aus Sicht des BMSK nicht. Die Bestimmungen der §§ 1393 ff ABGB und 6 Absatz 2 Z 2 KSchG schützen den Verbraucher oder die Verbraucherin grundsätzlich auch bei Kreditverträgen ausreichend. Zumindest sind dem BMSK bislang noch keine Beschwerden von Verbrauchern oder Verbraucherinnen bekannt geworden, die Schutzlücken im Gesetz aufgezeigt hätten.

 

Darüber hinaus wird durch Artikels 17 der Verbraucherkreditrichtline in Zukunft auch innerhalb der gesamten EU eine den Bestimmungen der §§ 1395 f ABGB vergleichbare Gesetzeslage hergestellt werden. Artikel 17 der Verbraucherkreditrichtlinie lautet:

Forderungsabtretung

(1)       Werden die Ansprüche des Kreditgebers aus einem Kreditvertrag oder der Kreditvertrag selbst an einen Dritten abgetreten, so kann der Verbraucher dem neuen Gläubiger gegen­über die Einreden geltend machen, die ihm gegen den ursprünglichen Kreditgeber zustan­den, und zwar einschließlich der Aufrechnung von Gegenforderungen, soweit dies in dem betreffenden Mitgliedstaat zulässig ist.

(2)       Der Verbraucher ist über die Abtretung gemäß Absatz 1 zu unterrichten, es sei denn, der ursprüngliche Kreditgeber tritt mit dem Einverständnis des Zessionars dem Verbraucher gegenüber nach wie vor als Kreditgeber auf.

 

Frage 2: Ist es in Österreich rechtlich zulässig, dass Banken als Kreditgeber „notleidende Kredite“ (faule Kredite) ohne Zustimmung der Kreditnehmer zur Sanierung eigener Bilanzen etc. weiterverkaufen?

Wenn ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlage?

Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Kreditnehmer, insbesondere gegenüber Konsumenten im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes (Konsumentenkredit)?

Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Bürgen?

 

Gemäß den §§ 1393f ABGB können alle veräußerlichen Rechte und damit auch
Kreditforderungen abgetreten werden. Eine Zustimmung des Kreditnehmers oder der Kreditnehmerin (= Zessus) ist für die Wirksamkeit der Abtretung nicht erforderlich. Solange der Zessus von der Abtretung nicht verständigt wurde, kann er oder sie allerdings gemäß § 1395 ABGB weiterhin mit schuldbefreiender Wirkung an den Zedenten bezahlen. Das gleiche gilt jeweils für die Information des Bürgen oder der Bürgin von der Abtretung.

 

Sollen nicht nur die Kreditforderung sondern auch Verpflichtungen des Kreditgebers oder der Kreditgeberin oder das gesamte Schuldverhältnis auf einen Dritten oder eine Dritte übertragen werden, ist dafür naturgemäß die vertragliche Zustimmung des Kreditnehmers oder der Kreditnehmerin notwendig. Im Anwendungsbereich des KSchG ist diese Zustimmung nur nach Maßgabe des § 6 Absatz 2 Z 2 KSchG wirksam.

 

Fragen 3 und 4: Wie viele Verkäufe von derartigen Kreditforderungen sind in Osterreich 2005, 2006 und 2007 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?

 

Wie viele Unternehmenskredite und wie viele Konsumentenkredite betraf dies?

Welche Banken waren daran beteiligt?

Wie viele Fälle der Kreditkündigung und der allenfalls folgenden Zwangsvollstreckungen (z.B. Versteigerung) durch den Käufer (d.h. Investor) sind dem Ressort in diesen Jahren bekannt geworden?

Welche Banken waren daran beteiligt?

 

Dem BMSK ist mangels Aufsichtskompetenz nur aus den Medien der Fall der Bank Austria bekannt. Eine Rückfrage beim Kreditinstitut ergab, dass jedoch nach wie vor die Bank Austria den KundInnen gegenüber als Kreditgeber auftrete.

Sonstige Fälle sind nicht bekannt. Es gab diesbezüglich auch keine Beschwerden von KonsumentInnen.

 

Frage 5:  Ist es in Osterreich rechtlich zulässig, dass Banken (Kreditgeber) vertragsmäßig bediente Kredite ohne Zustimmung der Kreditnehmer zur Sanierung eigener Bilanzen etc. weiterverkaufen? Wenn ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlage?

Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Kreditnehmern insbesondere gegenüber Konsumenten im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes (Konsumentenkredite)?

Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Bürgen?

 

 

Vgl die Antwort zur Frage 2.

 

Ob der Kredit vertragsgemäß zurückbezahlt wird oder nicht, spielt für die Anwendung der Bestimmungen der §§ 1393 ff ABGB und 6 Absatz 2 Z 2 KSchG keine Rolle.

 

Fragen 6 und 7: Wie viele Verkäufe von derartigen Kreditforderungen sind in Osterreich 2005, 2006 und

2007 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?

Wie viele Unternehmenskredite und wie viele Konsumentenkredite betraf dies?

Welche Banken waren daran beteiligt?

Wie viele Fälle der Kreditkündigung und der allenfalls folgenden (willkürlichen)

Zwangsvollstreckungen (z.B. Versteigerung) durch den Käufer (Investor) sind in diesen

Jahren bekannt geworden?

Welche Investoren waren daran beteiligt?

 

Dem BMSK sind keine derartigen Verkäufe bekannt.

 

 

Fragen 8 und 9: Ist es richtig, dass mit dem Kauf von Kreditforderungen bei Hypothekarkrediten auch eine Grundbuchseintragung - ohne Zustimmung der Kreditnehmer oder Bürgen — gerichtlich erwirkt werden kann?

Gibt es zur Zulässigkeit des Weiterkaufs von Kreditforderungen ohne Information des Kreditnehmers (bzw. Bürgen) eine gesicherte höchstrichterliche Rechtssprechung? Wenn ja, wie lautet diese?

 

Zuständigkeitshalber sind diese Fragen an das BMJ zu richten.

 

 

Fragen 10 und 11: Sehen Sie datenschutzrechtliche Problemstellungen oder Probleme mit dem Bankgeheimnis bei einem Weiterverkauf von Kreditforderungen an Finanzinvestoren ohne Zustimmung von Kreditnehmern bzw. von Bürgen?

Steht einem Verkauf oder der Abtretung von Kreditforderungen das Bankgeheimnis oder das Datenschutzgesetz entgegen?

Wenn nein, warum nicht?

Gibt es dazu bereits eine gesicherte höchstrichterliche Judikatur? Wenn ja, wie lautet diese?

 

Zuständigkeitshalber sind diese Fragen an das BKA zu richten.

 

 

Frage 12: Sind Sie — wie zahlreiche europäische Verbraucherorganisationen — der Auffassung, dass aus konsumentenpolitischen Gründen generell der Verkauf von Kreditforderungen durch Banken ausdrücklich gesetzlich geregelt werden soll?

 

Die Bestimmungen des ABGB und des KSchG erscheinen derzeit grundsätzlich ausreichend, was den zivilrechtlichen Schutz der Verbraucher und Verbraucherinnen betrifft.

 

Nicht zuletzt ist der Kreditnehmer oder die Kreditnehmerin durch die §§ 6 Absatz 2 Z 1 KSchG und 13 KSchG sowie durch eine strenge Rechtsprechung des OGH zu diesen Bestimmungen gegen missbräuchliche Kündigungen des Kreditvertrages auch gegenüber einem Dritten oder einer Dritten geschützt. Sollten jedoch in Zukunft Fälle bekannt werden, in denen Zessionare diese Schutzbestimmungen bei Krediten missachten, müssten allenfalls wegen der den Verbraucherinnen dadurch rein faktisch entstehenden Unannehmlichkeiten ergänzende Schutzbestimmungen erwogen werden.

 

Allerdings wären aus Sicht des BMSK Bestimmungen zur Sicherheit der Finanzmärkte dringend notwendig. Insofern sollten ua. die Rechnungslegungsbestimmungen im Hinblick auf derartige Kreditpaketankäufe geändert, die Meldepflichten an die FMA dafür eingeführt und den Ratingagenturen vorgeschrieben werden, ihre Bewertungen transparent zu gestalten und für die Richtigkeit der Bewertung auch zu haften.

 

Frage 13: Sehen Sie es als konsumentenpolitisch notwendig an, dass zumindest beim Weiterverkauf von nicht notleidenden Krediten seitens des Kredit­gebers für alle Kredite mit persönlichen Haftungen im Einzelnen eine Zustimmungspflicht des Kreditnehmers eingeholt werden muss?

 

Eine Zustimmungspflicht ist nicht notwendig solange diejenigen Rechte der Konsumenten und Konsumentinnen und persönlichen Sicherungsgeber und Sicherungsgeberinnen, die gegenüber den ursprünglichen Kreditgebern und Kreditgeberinnen bestehen, auch gegenüber dem Erwerber oder der Erwerberin der Kreditforderungen gewahrt bleiben.

 

 

Frage 14: Ist es zulässig, den Verkauf oder die Abtretung von Kreditforderungen an nicht bekannte Dritte (z.B. Finanzinvestoren, Hedgefonds) bei Konsumentenkrediten als Vertragsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen/Kreditbedingungen zu vereinbaren?

Steht dabei § 1396 a ABGB in Konkurrenz zu § 6 KSchG?

Wenn nein, warum nicht?

 

Eine solche Vertragsklausel ist gemäß § 6 Absatz 2 Z 2 KSchG unwirksam, sofern in ihr dem Kreditgeber oder der Kreditgeberin das Recht eingeräumt werden soll, den gesamten Vertrag oder Verpflichtungen aus dem Vertrag mit schuldbefreiender Wirkung auf einen Dritten oder eine Dritte zu übertragen.

 

Sofern lediglich die Kreditforderung abgetreten wird, ist eine vertragliche Zustimmung der Verbrauchers oder der Verbraucherin nicht notwendig, da dieses Recht dem Kreditgeber oder der Kreditgeberin schon aufgrund des Gesetzes zusteht (§§ 1392 f ABGB).

 

§ 1396a ABGB kann mit § 6 Absatz 2 Z 2 KSchG in keiner Konkurrenz stehen, da die beiden Bestimmungen völlig unterschiedliche Sachverhalte regeln.

 

§ 1396a regelt (ausschließlich für Verträge zwischen Unternehmern!) die Wirksamkeit von vertraglichen Beschränkungen des dem Zedenten nach dem (dispositiven) Gesetz zustehenden Abtretungsrechtes.

 

§ 6 Absatz 2 Z 2 KSchG regelt für Verbraucherverträge die Wirksamkeit von vertraglichen Vereinbarungen, in denen dem Unternehmer oder der Unternehmerin das (nach dem Gesetz naturgemäß nicht bestehende) Recht eingeräumt werden soll, den Vertrag oder seine/ihre Verpflichtungen mit schuldbefreiender Wirkung auf einen Dritten oder eine Dritte zu übertragen.

 

Frage 15: Widerspricht nach Ansicht des Konsumentenschutzministeriums die Antwort des BMF zur Frage 9 bei Konsumentenkrediten dem § 6 Abs. 2 Z 2 Konsumentenschutzgesetz? Wenn nein, warum nicht?

 

Es kann kein Widerspruch zur Fragebeantwortung des BMF gesehen werden.

 

 

Frage 16: Wie beurteilen Sie die im Einleitungstext zitierten Forderungen des deutschen Bundesverbandes der Verbraucherzentralen?

Welche dieser Forderungen wären konsumentenpolitisch auch für Osterreich denkbar und sinnvoll?

 

Aus Sicht des BMSK wäre die Pflicht zur Meldung des Verkaufs von Darlehenspaketen an die Aufsichtsbehörde, sowie die Pflicht der Kreditinstitute, mit den Kunden oder Kundinnen Möglichkeiten zur Insolvenzvermeidung und Anschlussfinanzierung zu erörtern, sinnvoll.

 

 

Frage 17: Wie werden diese Verkäufe oder Abtretungen von Kreditforderungen gerade in Anbetracht der jüngsten Finanzmarktturbulenzen — durch das Ressort volkswirtschaftlich beurteilt?

Welche Bedeutung haben diese Verkäufe für die Finanzmärkte?

 

Es darf auf die Fragebeantwortung des BMF verwiesen werden, wobei zur Hintanhaltung der negativen Auswirkungen solcher Verkäufe die Vorschläge der gegenständlichen Beantwortung zu Frage 12 untersucht und diskutiert werden sollten.