338/AB XXIII. GP

Eingelangt am 17.04.2007
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BM für Justiz

 

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0015-Pr 1/2007

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 355/J-NR/2007

 

Die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Fekter, Ridi Steibl, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Familientragödie in Linz“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Bevor ich auf die einzelnen Fragen eingehe, lassen Sie mich bemerken, dass mir das persönliche Schicksal der drei betroffenen Mädchen sehr nahe geht. Es kommt in erster Linie darauf an zu verhindern, dass sich dieser Fall so oder in ähnlicher Weise wiederholt. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, dass der in der Anfrage angesprochene Sachverhalt genau geprüft wird. Sobald die Ergebnisse dieser Prüfung vorliegen, kann entschieden werden, welche konkreten Maßnahmen zu treffen sind.

Zu 1 und 3 bis 10:

Mir sind Auskünfte über konkrete Inhalte von Gerichtsverfahren und -akten nicht möglich. Angelegenheiten der Rechtsprechung kommen allein den unabhängigen Gerichten zu und sind damit meiner Kontrolle entzogen. Darüber hinaus ist es in Ehe-, Kindschafts- und Sachwalterschaftsangelegenheiten jedermann bei gerichtlicher Strafe verboten, Mitteilungen über Umstände des Privat- und Familienlebens, an deren Geheimhaltung ein begründetes Interesse einer Partei oder eines Dritten besteht, soweit deren Kenntnis ausschließlich durch das Verfahren vermittelt wurde, zu veröffentlichen (§ 140 Abs. 2 AußStrG).

Die Tätigkeit der Jugendwohlfahrtsträger unterliegt der Aufsicht der Länder.

Ich bin im Zusammenhang mit besonders strittigen Obsorge- und Besuchsrechtsstreitigkeiten bemüht, die Interessen und die Stellung der Kinder in diesen für sie so belastenden Verfahren zu stärken und mache auf mein Modellprojekt „Kinderbeistand“ mit soziologischer Begleitforschung aufmerksam.

Zu 2:

Durch das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 ist das Rechts auf persönlichen Verkehr zu einem Anspruch des Kindes gemacht und die Verletzung mit verstärkten Rechtsfolgen ausgestaltet worden. Die gerichtliche Entziehung oder Einschränkung der Obsorge setzt gemäß § 76 ABGB eine Gefährdung des Kindeswohls durch das Verhalten des mit der Obsorge betrauten Elternteils voraus. Nach der Judikatur kann eine solche Gefährdung etwa auch darin begründet sein, dass der mit der Obsorge betraute Elternteil die für das Wohl des Kindes günstigen Kontakte zum anderen Elternteil vollständig unterbindet.

Bei der Durchsetzung von Entscheidungen über das Besuchsrecht kommen nach den § 110 iVm § 79 Abs. 2 AußStrG etwa Geld- oder Beugestrafen in Betracht. Die Möglichkeit der Abnahme des Kindes durch unmittelbaren Zwang kommt bei Besuchsrechtsvereitelungen als unangemessen nicht in Betracht.

Zu 11 und 12:

Mediationen werden nicht vom Gericht angeordnet, weil ihr Erfolg von der freiwilligen Teilnahme der beteiligten Personen abhängt. Wenn die Streitparteien den Willen zu einer einvernehmlichen Regelung haben und den Wunsch nach Unterstützung durch eine dafür geeignete Einrichtung äußern, so kann das Gericht gemäß § 29 AußStrG mit dem Verfahren innehalten und auf diese Weise die Fortsetzung des Verfahrens mit anderen Mitteln – also etwa im Rahmen einer Mediation – ermöglichen. Die Verfahrensparteien können nicht zu einem solchen Schritt gezwungen werden. Dies würde ihrem Recht auf eine Sachentscheidung des Gerichts gemäß Art. 6 MRK zuwiderlaufen.

Zu 13 bis 16:

In diesem Zusammenhang darf ich auf meine jüngst ergangene Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage zur Zahl 219/J-NR/2007 betreffend „Funktionieren und Finanzierung der Besuchsbegleitung“ hinweisen.

 

. April 2007

 

(Dr. Maria Berger)