3500/AB XXIII. GP

Eingelangt am 04.04.2008
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0017-Pr 1/2008

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 3514/J-NR/2008

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Strafrechtliche Verfolgung einer Richterin am LG Korneuburg“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Maga. Karin S. wurde als Richterin bis zum Jahr 2000 von den Personalsenaten in verschiedener Zusammensetzung durchgehend mit „sehr gut“ beschrieben. Erstmalig wurde sie mit Beschluss des Personalsenates des Landesgerichtes Korneuburg vom 17. Mai 2000 mit „ausgezeichnet“ beschrieben. Mit Beschluss vom 16. November 2005 wurde ihre Dienstbeschreibung wieder mit „sehr gut“ festgesetzt.

Es trifft nicht zu, dass bis zum Jahr 2002 keine Anzeigen aus der Anwaltschaft oder von Seiten der Justizverwaltung erstattet worden sind.

Zu 2:

Unter Vorsitz von Maga. Karin S. agierende Schöffensenate haben im Zuge der sogenannten „Bauskandalverfahren“ in 33 Verfahren 56 Verantwortliche verschiedener Firmen, Beamte der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich und Manager der Flughafen Wien AG verurteilt; Maga. Karin S. hat als Vorsitzende insgesamt Urteile im Ausmaß von über 3.500 Seiten ausgefertigt.

Zu 3:

Ja.

Zu 4 und 5:

Da die Anfrage weder einen Hinweis auf ein konkretes Verfahren noch Namen eines Angezeigten oder Beschuldigten enthält, kann nicht nachvollzogen werden, ob es in einem bestimmten, der Staatsanwaltschaft Wien abgetretenen Verfahren zu einer Verurteilung gekommen ist.

Im Zuge des „Bauskandals“ gab es insgesamt 33 Verfahren, in denen Maga. Karin S. einem Schöffensenat vorsaß. Ohne konkrete Bezugnahme auf ein bestimmtes Verfahren kann nicht gesagt werden, ob eine bestimmte Rechtsmeinung eines Schöffensenats vor dem Obersten Gerichtshof Bestand hatte.

Überdies weise ich darauf hin, dass das Entscheidungsverhalten der Gerichte (zB. Verurteilung oder Freispruch) kein „Gegenstand der Vollziehung“ der Bundesministerin für Justiz ist (Art. 52 Abs. 1 B-VG; vgl. Mayer, B-VG4 Art. 52 B-VG II.1. a.E.).

Zu 6 bis 8:

Ja.

Zu 9:

Nach Erledigung der „Bauskandalverfahren“ war Maga. Karin S. nicht mehr in einem Rechtsmittelsenat tätig. Die Geschäftsverteilung vom 1. Februar 2004 bis 31. Jänner 2005 wurde durch Beschluss des Personalsenates des Landesgerichtes Korneuburg vom 27. Jänner 2004 gefasst.

Die Mitglieder der Personalsenate üben bei der Beschlussfassung der Geschäftsverteilung ihr richterliches Amt aus (Art. 87 Abs. 1 B-VG), wozu auch bei Besorgung der Justizverwaltung nur jene Angelegenheiten nicht zählen, die nicht in Senaten zu erledigen sind (Art. 87 Abs. 2 B-VG). Das Entscheidungsverhalten der Personalsenate ist kein „Gegenstand der Vollziehung“ der Bundesministerin für Justiz (Art. 52 Abs. 1 B-VG; vgl. Mayer, B-VG4 Art. 52 B-VG II.1. a.E.).

Zu 10:

Laut den mir zur Verfügung stehenden Berichten hat der Präsident des Landesgerichtes Korneuburg im Rahmen der Dienstaufsicht gegen Maga. Karin S. – von der unter Frage 11. angesprochenen Anzeige abgesehen – zwei weitere Sachverhaltsdarstellungen wegen Amtsmissbrauchs übermittelt. Die Staatsanwaltschaft Wien legte beide Anzeigen zurück.

 

Zu 11:

Der Präsident des Landesgerichtes Korneuburg hat am 20. April 2004 dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien (als Dienstbehörde) und der Staatsanwaltschaft Korneuburg Sachverhalte betreffend Maga. Karin S. und einen anderen Richter des Landesgerichtes Korneuburg zur disziplinarrechtlichen bzw. strafrechtlichen Beurteilung mitgeteilt. Unter anderem wurde die Missachtung einer Bestimmung der Geschäftsverteilung releviert, wonach ein Akt nach Beendigung des Vertretungsfalles wieder in die Zuständigkeit des vertretenen Richters zurückzufallen hatte.

Hauptpunkt des Vorwurfs gegen Maga. Karin S. war jedoch folgender: Mit richterlicher Entscheidung (Art. 87 Abs. 1 B-VG) des Vizepräsidenten in Vertretung des Präsidenten des Landesgerichtes Korneuburg wurde Maga. Karin S. in einer Strafsache als nicht befangen angesehen. Dennoch schrieb sie diese Strafsache nicht für einen Tag aus, an dem ihr laut der entsprechenden Einteilung ein Verhandlungssaal zur Verfügung stand, sondern für einen Tag, an dem der Verhandlungssaal jenem Richter des Landesgerichtes Korneuburg zur Verfügung stand, der laut Geschäftsverteilung im Krankheits- oder Urlaubsfall als ihr Vertreter zu agieren hatte. Am Verhandlungstag kam Maga. Karin S. nicht, und ihr Vertreter hat die Hauptverhandlung verrichtet. Nach Ansicht des Präsidenten des Landesgerichtes Korneuburg habe      Maga. Karin S., die nach ihrer Rückkehr in den Dienst ihre Abwesenheit mit Krankheit begründete, dadurch das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt (Art. 83 Abs. 2 B-VG).

Die Staatsanwaltschaft Korneuburg trat dieses Verfahren an die Staatsanwaltschaft Wien ab. Diese legte die Anzeige gemäß § 90 StPO aF zurück.

Zu 12, 15 und 16:

Nach Ansicht des Präsidenten des Landesgerichtes Korneuburg und der Mitglieder des Personalsenates war aus der Geschäftsverteilung des Landesgerichtes Korneuburg ersichtlich, dass die für den Krankheits- oder Urlaubsfall vorgesehene Vertretung nur so lange andauert wie die Verhinderung des vertretenen Richters. In der Geschäftsverteilung fand sich dazu jedoch keine ausdrückliche Regelung. Später hat der Personalsenat – um Unklarheiten zu beseitigen – beschlossen, in die Geschäftsverteilung folgenden Satz aufzunehmen: „Die Zuständigkeit des Vertreters dauert über den Vertretungsfall nicht fort“. Dass der Grundgedanke des Art. 83 Abs. 2 B-VG („Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.“) die Regel und die Vertretung durch einen anderen Richter die Ausnahme ist, wird dadurch verdeutlicht.

Die Geschäftsverteilung des Landesgerichtes Korneuburg stand nach meiner Auffassung (wobei ich hier auf die Unabhängigkeit der Personalsenate hinweise) nicht in unauflöslichem Widerspruch mit § 32 Abs. 1 GOG und § 17 Abs. 6 Geo. Nach § 32 Abs. 1 GOG sollen Rechtssachen, in denen bereits eine Beweisaufnahme stattgefunden hat, tunlichst in denjenigen Gerichtsabteilungen belassen werden, in denen sie bisher geführt worden sind. Nach § 17 Abs. 6 Geo. sollen im Fall einer Änderung der Geschäftsverteilung Sachen, in denen bereits mündliche Verhandlungen stattgefunden haben, tunlichst von den bisherigen Vorsitzenden oder Einzelrichtern zu Ende geführt werden. Beide Bestimmungen regeln die dauerhafte Änderung einer Geschäftsverteilung – anders als die Notwendigkeit einer Vertretung bei Krankheit oder Urlaub.

Ich sehe nicht, dass die Anzeige „wider besseres Wissen“ erfolgt wäre.

Von den Strafverfolgungsbehörden wurde kein Strafverfahren gegen Hofrat Dr. Wilhelm Tschugguel aus Anlass der Erstattung einer Anzeige gegen Maga. Karin S. eingeleitet. Dies ist auch nicht beabsichtigt.

Zu 13:

Nein.

Zu 14:

Es ist richtig, dass sich der damalige Präsident des Landesgerichtes Korneuburg auf einen Beschluss stützte, den der damalige Vizepräsident Hofrat Dr. Wilhelm Tschugguel am 19. April 2004 zu 94 Ns 7/04 fasste.

Der damalige Vizepräsident Dr. Tschugguel nahm am 2. März 2005 und am 9. Mai 2005 im Verfahren 612 Hv 1/05m als Vertreter des beisitzenden Richters an der Hauptverhandlung teil. Der nach der Geschäftsverteilung zuständige Richter war am 2. März 2005 wegen Krankheit verhindert und am 9. Mai 2005 wegen Hauptverhandlungen, in denen er den Vorsitz führte oder als Einzelrichter agierte.

Die Hauptverhandlung wurde danach auf den 30. Juni 2005 vertagt, an dem der zuständige Richter als Beisitzer nicht verhindert war und an der Hauptverhandlung teilnahm.

Zu 17:

Die Regel, dass die für den Krankheitsfall oder Erholungsurlaub vorgesehene Vertretung nur solange andauert, als der vertretene Richter außer Dienst ist, ist unter anderem in der Geschäftsverteilung des Landesgerichtes Klagenfurt ausdrücklich angeführt.

Ich verweise auch auf meine Antwort auf die Fragen 12, 15 und 16.

Zu 18:

Wie bereits zu Punkt 9 ausgeführt, üben die Mitglieder der Personalsenate bei der Beschlussfassung der Geschäftsverteilung ihr richterliches Amt aus. Aufsichtsbehördliche Maßnahmen der Bundesministerin für Justiz oder von Organen der nicht in Senaten ausgeübten Justizverwaltung gegen Entscheidungen der Personalsenate wären ein Eingriff in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung und würden die Gewaltentrennung (Art. 94 B-VG) missachten.

Zu 19:

Im Jahr 2005 erteilte das Bundesministerium für Justiz die in der Frage angeführte Weisung. Ausgangspunkt für diese Vorgehensweise war ein Bericht der Oberstaatsanwaltschaft Wien vom 15. Oktober 2004 an die zuständige Fachabteilung im Bundesministerium für Justiz über die bereits erfolgte Einstellung des wegen des Verdachts des Missbrauchs der Amtsgewalt gegen Maga. Karin S. geführten Strafverfahrens. Nach Auffassung der zuständigen Fachabteilung im Bundesministerium für Justiz entsprach die Einstellung des Verfahrens angesichts des beigeschafften Gerichtsaktes nicht der Sach- und Rechtslage. In weiterer Folge wurde beim Landesgericht für Strafsachen kein Wiederaufnahmeantrag eingebracht, weil die durchgeführten Vorerhebungen keine neuen, die Wiederaufnahme rechtfertigenden Beweismittel hervorgebracht haben. Die Vorgehensweise der zuständigen Sektion im Bundesministerium für Justiz ist als üblich und dem Gesetz entsprechend zu betrachten. In diesem Zusammenhang ist auf die Bestimmung des § 29 Abs 1 Staatsanwaltschaftsgesetz in seiner Fassung vor dem 1. Jänner 2008 zu verweisen.

Zu 20 und 21:

Der Personalsenat des Landesgerichtes Korneuburg hat mit Beschluss vom 13. Jänner 2004 einen Zuständigkeitskonflikt entschieden. Nach Ansicht des Personalsenats war beim vorliegenden Zusammentreffen von Straftaten, die vor und nach Vollendung des 21. Lebensjahres begangen wurden, unter Beachtung des Sanktionsvergleiches das Erwachsenenstrafrecht anzuwenden. Bei seiner Entscheidung berief sich der Personalsenat auf die zu diesem Zeitpunkt einhellige Literatur und Rechtsprechung (vgl. Jesionek, JGG3, § 1 Anm. 9 lit a und c; sowie OGH: 12 Nds 28/90; 12 Os 65/89; 11 Os 55/92; uva.).

Richtig ist, dass im vorliegenden Fall der OGH zu 14 Os 72/04 anders entschieden hat. Diese OGH-Entscheidung ist eine Einzelentscheidung geblieben; dies beweist die Rückkehr zur früheren Judikatur durch die Entscheidung des OGH 12 Os 6/05g.

Die Entscheidung des Personalsenats war nicht Gegenstand einer strafrechtlichen Prüfung. Anlass für eine derartige Prüfung bestand und besteht nach Ansicht der zuständigen Fachabteilung im Bundesministerium für Justiz nicht, weil der für die Einleitung eines Strafverfahrens notwendige und hinreichend begründete Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung nicht gegeben war.

Im Übrigen verweise ich auf meine Antwort auf die Frage 18.

Zu 22:

Ja.

Zu 23:

Ja; die Bewerbungsfrist begann am 25. November 2005 (Veröffentlichung im Amtsblatt zur „Wiener Zeitung“) und endete am 22. Dezember 2005. Der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien war am 24. November 2005 vom Bundesministerium für Justiz zur Ausschreibung der Planstelle ermächtigt worden. Die Planstelle der Vizepräsidentin bzw. des Vizepräsidenten des Landesgerichtes Korneuburg war dadurch freigeworden, dass der Bundespräsident mit Entschließung vom 16. November 2005 (auf Vorschlag der Bundesministerin für Justiz vom 15. November 2005) den bisherigen Inhaber der Planstelle mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 2005 zum Präsidenten des Landesgerichtes Korneuburg ernannte.

Zu 24:

Die Mitglieder der Personalsenate üben bei der Beschlussfassung der Geschäftsverteilung ihr richterliches Amt aus.  Die Qualifikation einer Entscheidung des Personalsenats als „außerregulär“ und „gesetzwidrig“ durch die Bundesministerin für Justiz wäre ein Eingriff in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung und würde die Gewaltentrennung (Art. 94 B‑VG) missachten.

Zur Information weise ich auf § 51 Abs. 3 RStDG (damals RDG) hin, wonach der Präsident des Gerichtshofs die Neubeschreibung eines Richters zu beantragen hat, wenn Gründe dafür sprechen, dass die letzte Gesamtbeurteilung dieses Richters nicht mehr zutrifft. Anders als § 51 Abs. 1 und 2 RStDG (regelmäßige Beschreibung nach bestimmten zeitlichen Kriterien) und anders als Abs. 4 leg.cit. (Beschreibung auf Antrag des Richters selbst) enthält Abs. 3 leg.cit. keine Beschränkung auf einen Beobachtungszeitraum der Dienstbeschreibung, sondern stellt nur auf die Zeit seit der letzten Gesamtbeurteilung ab.

Anlass für die Neubeschreibung war, dass der Vorsitzende eines Senates des Obersten Gerichtshofs im April 2005 eine Note an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien richtete, in der Mängel in der fachlichen Qualifikation von Maga. Karin S. formuliert wurden. Diese Note übermittelte der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien dem Präsidenten des Landesgerichtes Korneuburg mit dem Ersuchen, den Personalsenat mit der Neubeschreibung von Maga. Karin S. zu befassen. Der damalige Präsident des Landesgerichtes Korneuburg ersuchte den im Personalsenat für Dienstbeschreibungen zuständigen Berichterstatter Dr. Tschugguel (ab 1. Dezember 2005 Präsident des Landesgerichtes Korneuburg) um Erhebungen. Ergebnis dieser Erhebungen war, dass der Personalsenat am 16. November 2005 eine auf „sehr gut“ lautende Gesamtbeurteilung beschloss (§ 54 Abs. 3 Z 2 RStDG).

Die von Maga. Karin S. gegen diese Gesamtbeurteilung erhobene Beschwerde war laut Entscheidung des Personalsenats des Oberlandesgerichtes Wien verspätet.

Zu 25:

Ja, wenn auch erfolglos; zum Zeitpunkt der Entscheidung des Personalsenats war die Stelle erst insofern vakant, als der Bundespräsident an diesem Tag die Entschließung unterschrieb, mit der er den damaligen Vizepräsidenten (der nicht der einzige Bewerber war) zum Präsidenten des Landesgerichtes Korneuburg ernannte. Beginn und Ende der Ausschreibungsfrist waren ebenso wenig abzusehen wie der Kreis der später auftretenden Bewerberinnen und Bewerber – vgl. oben die Antwort auf Frage 23.

Zu 26:

Der Leiter des Sekretariats von Bundesministerin für Justiz Maga. Gastinger hat Maga. Karin S. am 26. Jänner 2006 geantwortet wie folgt: „Ich habe Frau Bundesministerin für Justiz Maga. Gastinger über Ihr Schreiben vom 4. Jänner 2006 verständigt. Selbstverständlich ist sie am weiteren Verlauf der Angelegenheit interessiert und wird sich über den Fortgang des Verfahrens unterrichten lassen. Zur Absicherung ersuche ich Sie höflich, auch mir vom Ausgang der Beschwerde Bescheid zu geben.“

Maga. Karin S. hat das Bundesministerium für Justiz vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht informiert.

Aufsichtsbehördliche Maßnahmen wurden nicht ergriffen.

Zu 27:

Die Entscheidung über die Delegierung eines Verfahrens ist ein Akt der unabhängigen Rechtsprechung.

Zu 28 und 29:

Die Verfahrensergebnisse erbrachten keinen Hinweis auf den Verdacht eines von Dr. Norbert H. oder Mag. Albert M. zu verantwortenden Amtsmissbrauchs.

Zu 30 und 31:

Der erste Bericht der Staatsanwaltschaft Wien in diesem Verfahren über die beabsichtigten Enderledigung ist mit 23. Februar 2007 datiert und wurde der Oberstaatsanwaltschaft Wien am 21. März 2007 vorgelegt. Darin äußerte die Staatsanwaltschaft Wien – unter Anschluss eines Anklageentwurfs – das Vorhaben, gegen Maga. Karin S. Anklage wegen § 302 StGB einzubringen und betreffend Dr. Manfred H. die Erklärung gemäß § 90 Abs. 1 StPO aF gegenüber dem Landesgericht für Strafsachen Wien abzugeben. Die Oberstaatsanwaltschaft Wien ersuchte die Staatsanwaltschaft Wien mit ihrem Erlass vom 28. März 2007 weitere gerichtliche Vorerhebungen zu führen.

Zu 32:

Der Präsident des Landesgerichtes Korneuburg hat mir berichtet, dass er in seiner Funktion als Präsident des Landesgerichtes Korneuburg häufig Einladungen erhält, zum Beispiel der „Österreichischen Gesellschaft für Völkerverständigung, Präsident: Dr. Josef Höchtl“ und der „Coudenhove-Kalergi-Stiftung, Präsident: Dr. Alois Mock“. Dabei finden mehrmals im Jahr Veranstaltungen statt, so etwa ein Vortrag des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs über die Problematik der Verfassungskonformität von Gesetzen. Die Einladung zu der in der Frage erwähnten Veranstaltung hat der Präsident des Landesgerichtes Korneuburg an alle Richter weitergegeben.

Darüber hinaus leitet er Einladungen zu und Verständigungen von Auftritten von Bundesministern im Sprengel des Landesgerichtes Korneuburg, bei denen es nicht um Wahlveranstaltungen, sondern um Sachdiskussion oder Sachvorträge geht, allen Richterinnen und Richtern weiter.

Die jährliche Richterbesprechung aller Richter des Sprengels des Landesgerichtes Korneuburg fand am 17. Oktober 2007 im Justizpalast in Wien statt, um den Richterinnen und Richtern die Möglichkeit zu geben, den renovierten Justizpalast zu besichtigen. Üblicherweise findet nach den Richterbesprechungen und damit nach Dienstende auf freiwilliger Basis ein geselliges Beisammensein oder eine Kulturveranstaltung statt. Angesichts der örtlichen Nähe hatte sich der Präsident des Landesgerichtes Korneuburg – gemäß seinem Bericht – um eine Parlamentsführung bemüht und den im Sprengel des Landesgerichtes Korneuburg ansässigen Rechtsanwalt und Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Donnerbauer ersucht, eine Führung zu organisieren. Bei der Führung bot sich die Möglichkeit einer Diskussion über Probleme der Justiz im Allgemeinen sowie über die damals bevorstehende StPO-Reform im Besonderen. Die Teilnahme der Richterinnen und Richter erfolgte auf freiwilliger Basis.

Der Leserbrief von Dr. Wilhelm Tschugguel im Medium „profil“ vom 28. Jänner 2008 lautet: „Ich danke für den positiven Bericht über den Verstorbenen [gemeint: Vincenz Liechtenstein], insbesondere dessen gelebte Gesinnung gegen den Nationalsozialismus. Ihre Behauptung aber, Vincenz Liechtenstein habe zur ‚raren Spezies’ der aufrechten konservativen Anti-Nazis gehört, weise ich mit Empörung namens aller aufrechten konservativen Anti-Nazis zurück. Wir sind keine ‚rare Spezies’.“

Der volle Text des Leserbriefs lässt nach meiner Einschätzung erkennen, dass seine in der Frage formulierte Zusammenfassung den Kern des geäußerten Gedankens nicht trifft. Ich sehe nicht, dass sich der Leserbrief, mit dem das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 10 EMRK) ausgeübt wird, „mit dem äußerlichen Anschein von Unabhängigkeit von Justizfunktionären nicht verträgt“.

Zu 33:

Ich verweise dazu auf meine bisherigen Ausführungen und den Umstand, dass die Anklagebehörden auf ein Rechtsmittel gegen das freisprechende Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verzichtet haben.

 

. April 2008

 

(Dr. Maria Berger)