3543/AB XXIII. GP

 
Eingelangt am 11.04.2008
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

 

An die                                                                                    Zl. LE.4.2.4/0034-I 3/2008

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 11. APR. 2008

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Dr. Ruperta Lichtenecker,

            Kolleginnen und Kollegen vom 13. Februar 2008, Nr. 3564/J,

            betreffend Altlastensanierung – Effekte und Ausblick

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen vom 13. Februar 2008, Nr. 3564/J, betreffend Altlastensanierung – Effekte und Ausblick, teile ich Folgendes mit:

 

Zu den Fragen 1 und 3:

 

Gemäß Altlastensanierungsgesetz 1989 (ALSAG) müssen für die Erfüllung des Altlasten­begriffs von Altablagerungen oder Altstandorten sowie durch diese kontaminierte Böden und Grundwasserkörper erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgehen (vgl. § 2 Abs. 1 ALSAG). Die dafür erforderliche Gefährdungsabschätzung hat jedenfalls auf die Erheblichkeit einer Gefährdung abzustellen und erfolgt völlig unabhängig vom späteren Ausmaß einer Sanierung oder Sicherung.

 

Entscheidungen über die zur Sanierung oder Sicherung notwendigen Maßnahmen erfolgen gesetzeskonform auf Basis des ALSAG in Verbindung mit dem Wasserrechtsgesetz, der Gewerbeordnung oder dem Abfallwirtschaftsgesetz.

 

Gemäß Umweltförderungsgesetz 1993 (UFG) sind die Förderungsziele der Altlastensanierung u. a. die Sanierung von Altlasten mit dem größtmöglichen ökologischen Nutzen unter gesamt­wirtschaftlich vertretbarem Kostenaufwand bzw. die Sicherung von Altlasten, wenn diese unter Bedachtnahme auf die Gefährdung vertretbar ist und eine Sanierung derzeit nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand durchführbar ist (vgl. § 29 Z 1 und 2 UFG).

 

Bei der Sanierung von Altlasten geht es prinzipiell um die Beseitigung von bereits vor geraumer Zeit eingetretenen Umweltschäden. Zudem kann die nachträgliche Beseitigung eines Schadens genau genommen immer nur eine Reparatur darstellen und niemals eine Vorsorge.

 

Dem stehen keine Regelungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG) entgegen, da bei der Erteilung des/eines Behandlungsauftrages im Hinblick auf Ablagerungen, sofern der Landeshauptmann nach dem AWG vorgeht, der möglicherweise als strenger angesehene § 138 WRG keine Anwendung mehr findet.

 

Im Übrigen darf unter Hinweis auf die Wasserrahmenrichtlinie und deren Umsetzung im WRG darauf hingewiesen werden, dass die Frage des öffentlichen Interesses am Gewässerschutz insbesondere Grundwasserschutz bzw. die Frage der nachhaltigen Nutzung von Gewässern/Grundwasser im Einklang und nach den Vorgaben des WRG und den darauf basierenden Verordnungen zu erfolgen hat.

 

Bei den Ausführungen in der von der Umweltbundesamt GmbH und der Kommunalkredit Public Consulting GmbH erstellten Studie „Altlastensanierung in Österreich – Effekte und Ausblick“ handelt es sich vorerst lediglich um Empfehlungen, die auf eine Verankerung dieses Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in einem eigenständigen Altlastenverfahrensgesetz abzielen.

 

(Vorsorgende) Anforderungen an den Betrieb bzw. die Neuzulassung von Anlagen sind nicht Gegenstand der Altlastensanierung und bleiben jedenfalls unberührt.

 

 

Zu Frage 2:

 

Die Frage einer Kompatibilität der Sanierungsziele der Umwelthaftung mit jenen der Altlastensanierung stellt sich insofern nicht, als die Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG Altlasten bewusst nicht erfassen will. Dementsprechend nimmt auch das Bundes-Umwelthaftungsgesetz (derzeit Regierungsvorlage – 95 BlgNR XXIII. GP) Schäden vom Anwendungsbereich aus, die vor seinem Inkrafttreten eintreten bzw. verursacht worden sind.

 

Zu Frage 4:

 

Kompetenzgrundlage für das ALSAG sind die Kompetenztatbestände Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG ("Bundesfinanzen") in Verbindung mit § 7 des Finanzverfassungsgesetzes ("ausschließliche Bundesabgabe") sowie Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG ("Abfallwirtschaft"). Eine Änderung der Kompetenzen ist für die Erlassung eines Verfahrensrechts im Bereich der Altlastensanierung daher nicht erforderlich.

 

Zu Frage 5:

 

Zur behördlichen Durchsetzung einer Sanierung stehen als Rechtsinstrumente die verwaltungspolizeilichen Aufträge des Wasserrechtsgesetzes und des Abfallwirtschafts­gesetzes und erforderlichenfalls das Vollstreckungsverfahren gemäß VVG zur Verfügung. Auch ein eigenständiges Altlastenrecht kann nur auf diese Instrumente zurückgreifen.

 

Da Umweltbeeinträchtigungen, die zu Altlasten geführt haben, in der Regel schon sehr lange zurück liegen (meist mehrere Jahrzehnte), sind die Verursacher oft nicht mehr existent bzw. können im rechtlichen Sinn meist nur sehr schwer identifiziert werden. Zudem werden von den Rechtsadressaten vielfach alle Rechtsschutzmöglichkeiten in Anspruch genommen. Um die damit verbundenen Zeitverzögerungen für die erforderlichen Maßnahmen zu vermeiden, bemühen sich die Vollzugsbehörden meist mit den Rechtsadressaten Einvernehmen über die Sanierungsmaßnahmen zu erreichen.

 

Zu Frage 6a:

 

Die Intention der Förderungsrichtlinien 1997 mit einer, gegenüber den Förderungsrichtlinien 2002 etwas weiter gefassten Rückforderungsbestimmung war, die Differenz im Förderungsausmaß zwischen Gemeinden (Nicht-Wettbewerbsteilnehmer; höherer Fördersatz) und Unternehmen (Wettbewerbsteilnehmer; niedrigerer Fördersatz) dann auszugleichen, wenn kein Verursacher vorhanden war und wenn das sanierte Grundstück mit Ertrag genutzt wurde (z. B. Miete, Pacht).

 

Sofern kein Verursacher mehr vorhanden ist, erfolgt in den Förderungsrichtlinien 2002 keine Differenzierung mehr in den Fördersätzen zwischen Gemeinden und Unternehmen. Eine analoge Regelung in den Förderungsrichtlinien 2002 war daher nicht erforderlich. Daher kann auch von keiner Aufweichung gesprochen werden.

 

Seit Bestehen des Altlastensanierungsgesetzes konnten zahlreiche Altlasten (Altablagerungen) von Gebietskörperschaften mit zum Teil hohem Aufwand saniert bzw. gesichert werden. Die in den letzten Jahren zunehmende Sanierung von Altstandorten durch private Unternehmen ist nicht zuletzt auf die gestiegene Anzahl an bewerteten Altstandorten zurückzuführen, die in Summe gesehen einen höheren Anteil an den geschätzten Altlasten ausmachen. Eine Sanierung derartiger Altlasten durch private Unternehmen mit einem entsprechenden Eigenkostenanteil ist im Sinne einer nachhaltigen Flächennutzung ausdrücklich zu begrüßen.

 

Zu Frage 6b:

 

Die durchschnittliche Förderintensität des Bundes liegt knapp über 70%. Die restliche Finanzierung muss vom Förderungsnehmer bzw. Projektträger übernommen werden. Von der Rückforderungsbestimmung in den Förderungsrichtlinien 2002 sind alle Förderungsfälle erfasst, bei denen die Wertsteigerung den Eigenanteil des Förderungsnehmers übersteigt und eine Veräußerung innerhalb von 7 Jahren nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen stattfindet. Selbstverständlich kommen alle Bestimmungen der Förderungsrichtlinien zur Anwendung.

 

Zu Frage 7:

 

Die Abschätzung im Umweltkontrollbericht basierte auf einer vergleichsweise sehr groben Abschätzung der Umweltbundesamt GmbH, ausgehend von den bisher durchgeführten Sanierungsmaßnahmen, wobei auch bei dieser Prognose die Kosten unter Berücksichtigung eines Reparaturprinzips geschätzt worden sind. Für die Studie wurden wesentlich detailliertere Auswertungen und Berechnungen vorgenommen. Die dabei ermittelten Kosten von 5 bis 6 Mrd. € können unter Berücksichtigung des langen Prognosezeitraums (bis 2050) und der möglichen Bandbreite von Sanierungskosten je Schadensfall mit den Schätzungen des Umweltkontrollberichtes durchaus verglichen werden.

Die Ergebnisse der Studie lagen zum Zeitpunkt der Erstellung des 8. Umweltkontrollberichtes noch nicht vor.

 

Zu Frage 8a:

 

Jene Schießplätze, die im Rahmen der Altlastensanierung untersucht wurden, sind Schießplätze, wo mit Bleischrot auf Wurfscheiben geschossen wird. Diese Schießplätze werden sowohl von Jägern zu Übungszwecken, als auch von Sportschützen genutzt.

 

Die Belastung der betroffenen Areale ist aufgrund der umfangreichen Untersuchungen im Rahmen der Altlastenklassifizierung evident. Besonders das Schutzgut Boden ist hier massiv betroffen, aber auch die weitere Verlagerung des Bleis mit dem Sickerwasser in das Grundwasser, ein direkter Eintrag/Abschwemmung in Oberflächengewässer stellt eine Gefährdung der Wasserkörper dar. Aber auch die Auswirkungen auf den Bewuchs als Nahrungsquelle für Wildtiere, ggf. auch auf Nahrungs- und Futterpflanzen, soweit eine landwirtschaftliche Nutzung im Einflussbereich der Schießstände stattfindet, ist von Bedeutung. Es existieren zahlreiche Untersuchungen von Schießplätzen im In- und Ausland, die diese Gefährdungen bestätigen. Ein Ersatz von Bleischrot durch Alternative Materialien wie z.B. Weicheisenschrot würde eine weitere Gefährdung von Boden, Grundwasserkörper und Pflanzenbewuchs durch Blei verhindern.

 

Die Ergebnisse der Untersuchungen im Rahmen der Altlastensanierung werden nun zum konkreten Anlass genommen, um in Gesprächen mit den Nutzern der Schießplätze zu einer Lösung zu gelangen.

 

Betreffend Regulative siehe die Beantwortung der Frage 8h.

 

Zu Frage 8b:

 

Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Angaben im St. Hubertus Jahrbuch 2008 verwiesen. Herausgeber, Eigentümer und Verleger ist die Edition St. Hubertus im Österreichischen Agrarverlag.

Darin sind für ganz Österreich insgesamt 73 Schießplätze angeführt, von denen aber nur auf einem Teil mit Schrotmunition geschossen wird. Nach einer groben Schätzung kann von ca. 60 Plätzen ausgegangen werden. Zum Vergleich: Das Umweltbundesamt Wien spricht in seinem Bericht „Wurftaubenschießen: Auswirkungen auf die Umwelt“ von 66 größeren Wurfscheibenschießplätzen in Österreich.

 

 

Zu Frage 8c:

 

Mit Bezug auf die bisher bearbeiteten Verdachtsflächenmeldungen wurden nur zwei Tontaubenschießplätze als Altlasten eingestuft. Auf Grund der derzeit vorliegenden Informationen ist in den nächsten 5 Jahren mit keiner Ausweisung weiterer Tontaubenschießplätze zu rechnen.

 

Zu Frage 8d:

 

Wie bei anderen Altlasten werden die Sanierungskosten bei einem Tontaubenschießplatz stark von Größe, Art und Dauer der Nutzung sowie den natürlichen Bedingungen am Standort, wie z.B. Geländeform, Bodenaufbau und Nutzung, abhängen. Da noch keine Variantenstudie für die Sanierung eines Tontaubenschießplatzes vorliegt, können auch keine abgesicherten exemplarischen Angaben gemacht werden.

 

Zu Frage 8e:

 

In Österreich bestehen noch keine konkreten Erfahrungen in Bezug auf die Sanierung von Tontaubenschießplätzen. Die Förderung von Sanierungsprojekten durch den Bund richtet sich allgemein nach dem Umweltförderungsgesetz bzw. den einschlägigen Förderungsrichtlinien. Letztere gelten gleichermaßen für jede Art von Altlast.

 

Eine Litera f fehlt in der Anfrage.

 

Zu Frage 8g:

 

Durch Regelungen des WRG werden Schießplätze einerseits durch § 31 erfasst, wonach jedermann dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzu­halten und zu betreiben oder sich so zu verhalten hat, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

 

Soferne bei „Schießplätzen“ nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit (mehr als geringfügigen) nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist, unterliegen Schießplätze einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959.

 

§ 32 WRG 1959 unterscheidet sich von § 31 WRG 1959 insbesondere dadurch, dass im ersteren Fall ein konkret wirksamer und beabsichtigter Angriff auf die bisherige Beschaffenheit von Wasser vorliegen muss, der plangemäß unter Verwendung von Anlagen erfolgt, während im zweiten Fall die Verpflichtung zur Vermeidung von Verunreinigungen sich in erster Linie auf Anlagen und Maßnahmen bezieht, bei denen eine Einwirkung auf Gewässer zwar nicht vorgesehen, aber erfahrungsgemäß möglich ist.

 

Zu Frage 8 h:

 

Zur Lösung der Bleiproblematik auf Schießplätzen kommen als mögliche Regulative neben einem freiwilligen Verzicht auf Bleischrot auch ein Verbot gemäß Chemikaliengesetz ebenso in Betracht, wie auch alle anderen Maßnahmen, die geeignet sind, eine Kontamination der Areale mit Bleischrot hintan zu halten. Für mögliche Verbote wäre eine Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten festzulegen. Die Wahl des geeignetsten Instruments wird in Gesprächen mit den betroffenen Fachkreisen zu erarbeiten sein.

 

Betreffend Beschränkungen der Ausbringung von Bleischrot durch die Jagd wird in einem ersten Schritt ein Verzicht der Verwendung von Bleischrot bei der Jagd auf Wasserwild oder in Feuchtgebieten forciert. Dies ist in Europa bereits in der Mehrzahl der Staaten gängige Praxis und würde keineswegs das Ende der Jagd bedeuten, es würde jedoch dadurch der besondere Stellenwert dieser Gebiete respektiert werden.

 

Auch die Europäische Jagdvereinigung FACE, der 34 Länder in Europa – darunter auch Österreich – und damit ca. 7 Millionen Jäger angehören, forciert ein Verbot von Bleischrot bei der Jagd auf Wasserwild in Feuchtgebieten. Hier werden in Verhandlungen mit der Jägerschaft gemeinsam die nötigen Schritte, auch für eine Weiterführung dieser Maßnahme, erarbeitet werden.

 

Der Bundesminister: