356/AB XXIII. GP
Eingelangt am 19.04.2007
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-12.000/0002-I/PR3/2007 DVR:0000175
An die
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 333/J-NR/2007 betreffend Technologieoffensive für den ländlichen Raum, die die Abgeordneten Michaela Sburny, Freundinnen und Freunde am 19. Februar 2007 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Im Allgemeinen:
Es freut mich auch die Zustimmung der Opposition zu den im Regierungsprogramm formulierten Zielsetzungen zu bekommen. Gerade die Verfügbarkeit von Informations- und Kommunikationstechnologie und natürlich auch deren Nutzung ist von zentraler Bedeutung für die Wirtschaft und Gesellschaft.
Nicht nur der ländliche Bereich kann durch die Nutzung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien wesentlich profitieren, sondern eine vermehrte Nutzung hat auch Auswirkungen auf andere Bereiche, wie beispielsweise das Pendlerverhalten.
Ich möchte auch auf die laufende Breitbandinitiative des bmvit verweisen, mit der die Verfügbarkeit von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien in den ursprünglich nicht versorgten Gebieten wesentlich gesteigert werden konnte.
Dies hat auch konkrete Auswirkungen auf die Nutzung dieser Technologien gebracht. So hat die Statistik Austria in der Publikation „IKT-Einsatz 2006“ festgestellt, dass der Zuwachs an Breitbandanschlüssen in Haushalten mit Internetzugang von 2001 auf 2002 um 13 Prozentpunkte, von 2002 auf 2003 um 21 Prozentpunkte und ab 2003 bis 2006 jedoch von 55 auf 72 Prozentpunkte gestiegen ist. Dazu erklärte die Statistik Austria, dass der hohe Anstieg ab dem Jahr 2003 durch die Breitbandinitiative des bmvit initiiert wurde.
Die Situation stellt sich heute so dar, dass eine grundsätzliche Verfügbarkeit von breitbandigen Anschlüssen nahezu flächendeckend vorhanden ist und im Bereich der Nutzung dieser Technologie rund 40% aller Haushalte tatsächlich angeschlossen sind. Trotzdem besteht bereits jetzt eine 60%ige Lücke zwischen Verfügbarkeit und Nutzung des Breitbandangebotes in Österreich. Nur 75% der Haushalte verfügen über einen Computer, um diese Infrastruktur überhaupt nutzen zu können. Für mich bedarf dieses Thema deshalb einer umfassenderen Gesamtbetrachtung, an der mein Ressort intensiv arbeitet. Die Steigerung der Nutzung steht hier neben dem Ausbau der Infrastruktur im Mittelpunkt.
Über weitere Schritte werde ich in einen Dialog mit Ländern, Kommunen und der Industrie treten, um weiterreichende Maßnahmen, wie im Regierungsübereinkommen anvisiert, zu überlegen. In diesem Rahmen wird die in den nächsten Wochen tagende IKT-Task Force ein konkretes Instrument darstellen.
In diesem Dialog werden wir einen Prioritätenplan für eine umfassende IKT-Strategie erarbeiten, der sich auch mit begleitenden Maßnahmen auseinandersetzt.
Frage 1:
Ab wann ist mit der Umsetzung der Breitbandoffensive zu rechnen? Gibt es bereits konkrete Zeitpläne? Wenn ja, welches sind deren Eckpunkte?
Antwort:
Es wurden Evaluierungen der derzeitigen Ist-Situation eingeleitet, um die durchaus regional unterschiedlichen Situationen und Bedürfnisse zu erheben. Erst auf Grundlage gesicherter Daten ist es möglich, eine klare Bedarfslage, technische Eckpunkte und auch konkrete Zeitpläne zu erarbeiten. So besteht alleine in der Definition Breitband eine Bandbreite zwischen 0,5 MB/s bis zu 50 MB/s. Deshalb steht für uns eine klare Strategiefestlegung, die sich dem konkreten Bedarf, dem volkswirtschaftlichen Nutzen und einer konsequenten Zukunftsorientierung nicht verschließen darf, im Vordergrund.
Konkret kann ich jedoch den Beginn des Dialoges anführen, der mit der konstituierenden Sitzung der IKT-Task Force am 24. April 2007 seinen Beginn finden wird.
Frage 2:
Welches sind die zentralen technischen Eckpunkte der geplanten Breitbandoffensive?
Antwort:
Technologieneutralität steht im Mittelpunkt unserer Bemühungen, aufgrund der laufenden Evaluierung werden die technischen Eckpunkte festgelegt.
Frage 3:
Wie interpretiert das BMVIT die jeweiligen Vor- und Nachteile der Bereitstellung von Breitband über Funknetze bzw. über Kabelnetze im Rahmen der geplanten Breitbandoffensive, insbesondere bezüglich der Bereiche Auswirkungen auf die Gesundheit, Versorgungssicherheit, Kosten für die öffentliche Hand und Kosten für die Konsumenten?
Antwort:
Ich möchte dazu anführen, dass das bmvit dabei - wie auch bereits bisher - einen technologieneutralen Ansatz verfolgen wird. Nur dadurch ist es möglich, die für eine bestimmte Region jeweils wirtschaftlich als auch technologisch am besten geeignete Technologie einzusetzen. Grundsätzlich sind Funknetze wie auch Kabelnetze geeignet, breitbandige Verbindungen bereitzustellen. Bieten derzeit leitungsgebundene Lösungen in der Praxis noch eine höhere Kapazität, so erlauben Funkanbindungen neben der grundsätzlichen breitbandigen Versorgung zusätzlich das Angebot mobiler Dienste.
Als Beispiel möchte ich hier einen möglichen Dienst für taubstumme Personen erwähnen. Mittels eines kleinen Endgerätes können an jedem Ort, z.B. bei Behörden, beim Einkaufen, in Beherbergungsbetrieben usw. ein Übersetzungsservice abgerufen werden, welcher die Gebärdensprache in Sprache übertragen kann und umgekehrt.
Andererseits ist für Unternehmen mit einem größeren Bedarf an Datenaustausch eine leistungsfähige Festnetzanbindung nicht wegzudenken. Dabei sind mehrere technische Umsetzungsvarianten möglich, wobei dieser Wettbewerb zwischen den verschiedenen technischen Plattformen auch Grundlage für innovative Weiterentwicklungen und marktgerechte Konsumentenpreise sein sollte.
Frage 4:
Ist die Annahme korrekt, dass mit dem im Regierungsprogramm als „Telekom“ bezeichneten Co-Finanzier der geplanten Breitbandoffensive die Telekom Austria AG gemeint ist?
Wenn ja:
4.1. gibt es mit der Telekom Austria AG bereits Verhandlungen bezüglich der Co-Finanzierung der geplanten Breitbandoffensive? In welchem Stadium befinden sich diese? Bestehen bereits rechtsgültige Verträge?
4.2 Welche Gegenleistungen, z.B. auf gesetzlicher oder regulierungstechnischer Ebene, wurden a) mit dem erwähnten Unternehmen bereits vereinbart, b) mit dem erwähnten Unternehmen in Aussicht genommen?
4.3. In welcher Weise wurde anderen Anbietern Gelegenheit geboten, alternative Angebote zur Durchführung der Breitbandoffensive vorzulegen? Aufgrund welcher Kriterien wurden diese Angebote abgelehnt?
4.4. Wie interpretiert das BMVIT die ausdrückliche Nennung eines bestimmten Anbieters im Regierungsprogramm vor dem Hindergrund der Marktkonzentrationstendenzen am Telekommunikationssektor?
Antwort:
Es gibt in dieser Phase jedenfalls weder Verhandlungen bzw. Verträge zwischen dem bmvit und der Telekom Austria, noch wurden Gegenleistungen vereinbart oder in Aussicht gestellt. Bezüglich der Ausgestaltung aller weiteren Schritte hinsichtlich der Berücksichtigung aller Marktteilnehmer darf ich auf meine Antworten auf die Fragen 5 und 6 verweisen.
Frage 5:
In welcher Weise haben Sie sichergestellt, dass die angepeilte Form der Durchführung und Finanzierung der Breitbandoffensive mit europarechtlichen Vorgaben – insbesondere im Bereich des Beihilfenrechts – konfliktfrei in Deckung zu bringen ist?
Antwort:
Bei der Ausgestaltung einer Breitbandoffensive werden selbstverständlich wie schon bei der laufenden Breitbandinitiative die europarechtlichen Vorgaben berücksichtigt. Dabei werden im Rahmen der weiteren Verfassung des IKT Masterplanes auch Maßnahmen im infrastrukturellen Bereich fortgesetzt werden. So sind in der IKT-Taskforce, jenem Gremium welches den IKT Masterplan weiterbringen wird, nicht nur die Telekom Austria, sondern auch Vertreter anderer Telekombetreiber sowie Interessensvertreter berücksichtigt. Somit wird allen Marktteilnehmern die Möglichkeit geboten, aktiv an der Gestaltung der IKT Zukunft mitzuarbeiten.
Weitere Schritte einer Breitbandoffensive werden in den nächsten Wochen und Monaten genau zu diskutieren und zu erarbeiten sein, wobei insbesondere die europarechtlichen Vorgaben unter analoger Anwendung der von der Europäischen Kommission veröffentlichten Leitlinien für die Kriterien und Modalitäten des Einsatzes der Strukturfonds zur Förderung der elektronischen Kommunikation beachtet werden müssen.
So ist klar, dass Investitionen, die sich auf offene Infrastrukturen beziehen, d.h. auf Anlagen und Ausrüstungen, die einen diskriminierungsfreien Zugang für alle Betreiber gewährleisten, wettbewerbsrechtlich kein besonderes Problem darstellen.
Eine direkte Finanzierung von Diensten oder Ausrüstungen, die für einen oder mehrere Betreiber bestimmt sind, kann insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn die Notwendigkeit besteht, eine „Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ bereitzustellen. Bei der Erbringung der Dienste sind dabei die Grundsätze der Transparenz, Nichtdiskriminierung, Verhältnismäßigkeit und geringst möglicher Marktverfälschung einzuhalten.
Neben den europarechtlichen Vorgaben erscheint es aber auch wesentlich, dass von den zu erarbeitenden Maßnahmen kein Betreiber ausgeschlossen wird, keinerlei negative Einflüsse auf die österreichische Marktsituation entstehen und sichergestellt wird, dass das Netz im Sinne der Förderung des Wettbewerbs auch Mitbewerbern zur Verfügung gestellt werden muss.
Frage 6:
Ist Ihnen bekannt, dass Deutschland aufgrund einer sehr ähnlichen Konstruktion – Incumbent investiert, wird dafür per Gesetz für den entsprechenden Bereich wettbewerbsfrei gestellt – derzeit mit einem Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU konfrontiert ist?
Antwort:
Die in Deutschland geführte Diskussion unter dem Schlagwort „Regulierungs - Ferien“ oder auch die Überlegungen zu regulierungsfreien neuen Märkten wird sehr interessiert beobachtet. Die deutsche Vorgansweise unterscheidet sich jedoch deutlich von der österreichischen Vorgehensweise. So wurde in Deutschland eine einseitige Wettbewerbsfreistellung des Incumbent gesetzlich im Telekomgesetz normiert und anderen Betreibern der Zugang zu diesem Netz verwehrt. In Österreich wurde bereits bei der laufenden Breitbandinitiative sichergestellt, dass ein durch öffentliche Mittel gefördertes Netz auch Mitbewerbern zur Verfügung gestellt werden muss, dieser Ansatz wird selbstverständlich auch für die Breitbandoffensive gelten.
Frage 7:
Gibt es bezüglich der Finanzierung der geplanten Breitbandoffensive genauere Planungen, insbesondere was die Aufbringung der erwähnten 500 Mio. Euro betrifft?
Antwort:
Eine ins Detail gehende Konkretisierung eines Finanzierungsmodells ist bislang nicht erfolgt. Der konkrete finanzielle Rahmen wird Gegenstand von Verhandlungen mit dem Finanzministerium nach Vorliegen der oben konkretisierten Bedarfserhebung und Prioritätenreihung sein.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Faymann