3580/AB XXIII. GP
Eingelangt am 21.04.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Haubner, Kolleginnen und Kollegen haben am 25. Februar 2008 unter der Nr. 3596/J an mich eine schriftliche parlamentarische An-frage betreffend Ausbau der Kinderbetreuung gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Ø Wie erklären Sie sich die Tatsache, dass sich alle Länder geschlossen und aus-drücklich gegen die von Ihnen vorgeschlagene Version der 15a-Vereinbarung im Bereich Ausbau der Kinderbetreuung bereits in zwei Stellungnahmen ausgesprochen haben und welche Konsequenzen leiten Sie daraus ab?
Ø Wann werden Sie die von den Ländern bereits in der Stellungnahme vom 3. De-zember 2007 geforderten Gespräche mit diesen aufnehmen und deren Ände-rungswünsche zur Kenntnis nehmen?
Ich habe gemeinsam mit der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend, der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur und dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung mit den Ländern in zahlreichen Gesprächen und Ver-handlungen eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zum Ausbau der Kinderbetreu-ung und Sprachförderung erarbeitet. Die Länder haben sich daher auch nicht ge-schlossen gegen diese Vereinbarung ausgesprochen. Im Gegenteil, in beiden Stel-lungnahmen an die Verbindungsstelle betonen die Länder, dass die gegenständliche Initiative des Bundes ausdrücklich begrüßt wird.
Aufgrund dieser unzähligen Gespräche wurden zahlreiche Anliegen der Bundeslän-der auch in die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG aufgenommen. Um nur ein Bei-spiel zu nennen, wurde etwa die Förderhöhe pro zusätzlichem Platz von ursprünglich € 1.000 pro zusätzlichem Halbtagesplatz, €2.000 pro zusätzlichem Ganztagesplatz und € 3.000 pro zusätzlichem Platz, der den VIF-Kriterien entspricht, auf € 1.500 pro zusätzlichem Halbtagesplatz, € 2.500 pro zusätzlichem Ganztagesplatz und € 4.000 pro zusätzlichem Platz, der den VIF-Kriterien entspricht, angehoben.
Einzelne Wünsche konnten aber im Angebot des Bundes an die Länder nicht berück-sichtigt werden, da sich diese nicht mit den Zielsetzungen der Bundesregierung de-cken. So konnte auf die Forderung, einen Halbtagesplatz gleich hoch zu fördern wie einen Ganztagesplatz, nicht eingegangen werden. Die Förderhöhe wurde deshalb nach den Öffnungszeiten gestaffelt, weil es ein Anliegen der Bundesregierung ist, ge-rade jenes Angebot an Kinderbetreuungsplätzen zu fördern, das der Vereinbarkeit von Beruf und Familie besonders entgegenkommt.
Zu den Fragen 3 und 4:
Ø Hat bisher auch nur ein einziges Bundesland, oder haben sogar mehrere Länder die Bereitschaft, die von Ihnen vorgeschlagene Vereinbarung zu unterzeichnen, signalisiert und wenn ja, welches bzw. welche Bundesländer waren das?
Ø Hat bisher ein Bundesland bzw. haben mehrere Bundesländer die von Ihnen vor-geschlagene Version unterzeichnet?
Den Bundesländern stand für die Unterzeichnung vereinbarungsgemäß eine Frist bis zum 31. März 2008 zur Verfügung. Bis einschließlich 31. März 2008 haben die Bun-desländer Burgenland, Wien, Steiermark und Salzburg die Vereinbarung unterzeich-net.
Zu den Fragen 5 und 6:
Ø Weshalb haben Sie sich bisher so vehement geweigert, die gemeinsame Länder-stellungnahme vom 3. Dezember 2007 zu berücksichtigen und auf die Wünsche und Bedürfnisse der Länder einzugehen?
Ø Wie lange wollen Sie noch abwarten und die Umsetzung der von den Ländern ge-forderten Maßnahmen hinauszögern?
Bis zuletzt wurden intensive Gespräche mit den Ländern geführt. Die vorliegende Vereinbarung inklusive der darin gewählten Vorgehensweise ist Ergebnis zahlreicher
Gespräche und Verhandlungen des Bundes mit den einzelnen Ländern.
Unter anderem wurde, wie bereits ausgeführt, die Förderhöhe der zusätzlichen Plät-ze angehoben. Mit dem Städte- und Gemeindebund wurden ebenfalls Gespräche ge-führt, obwohl diese keine Vertragspartner und damit Verhandlungspartner des Bun-des sind. Ebenfalls ergänzend zum ursprünglichen Vorschlag wurde die Förderung der Ausbildung von Tageseltern in die Vereinbarung aufgenommen. Weiters wurde von Bundesseite zugebilligt, dass bis zu 25% der Zweckzuschussmittel auch für Plät-ze für die 3- bis 6jährigen verwendet werden können.
Um den regionalen Gegebenheiten Rechnung zu tragen wurde seitens des Bundes darüber hinaus klargestellt, dass der Zweckzuschuss des Bundes den Ländern auch dann zusteht, wenn sie tatsächlich zusätzliche Plätze geschaffen haben, in der Kin-dertagesheimstatistik aufgrund demographischer Verschiebungen aber kein zusätz-lich betreutes Kind aufscheint.
Zu Frage 7:
Ø Weshalb halten Sie an den fiktiven Vorgaben des „Barcelona-Zieles fest, anstatt sich beim Ausbau der Kinderbetreuung nach dem tatsächlichen Bedarf zu rich-ten?
Wie dem Artikel 1 der gegenständlichen Vereinbarung zu entnehmen ist, ist die Ver-einbarung von dem gemeinsamen Bestreben getragen, die Betreuungsquote der Un-ter-3jährigen zu erhöhen. Das Barcelona-Ziel der Europäischen Union soll angestrebt werden und dem regionalen Bedarf entsprechend Kinderbetreuungsplätze zur Verfü-gung stehen.
Zu Frage 8:
Ø Was geschieht mit den finanziellen Mitteln, sollten diese von den Ländern nicht in Anspruch genommen werden?
Tritt die Vereinbarung für ein Land oder mehrere Länder in einem Kalenderjahr nicht in Kraft, so erhöht sich für die übrigen Länder ihr Anteil am Zweckzuschuss des Bun-des unter Neuberechnung des Verteilungsschlüssels.
Kann ein Land, das die gegenständliche Vereinbarung bis 31. März eines Jahres un-terzeichnet hat, im Jahr der Unterzeichnung der Vereinbarung oder in einem der fol-genden Jahre die ihm gemäß § 24 Abs. 4 Z 1 FAG 2008 anteilsmäßig zustehenden Zweckzuschussmittel nicht (zur Gänze) ausschöpfen, dann werden diese nicht ver-brauchten Mittel in das jeweilige Folgejahr übertragen. Die Abrechnung dieser Mittel verschiebt sich analog um ein Jahr.
Zu Frage 9:
Ø Warum wird nur die Ausbildung der Tagesmütter, nicht aber die Betreuungstätig-keit dieser vom Bund finanziell unterstützt und gefördert?
Tageseltern leisten einen wichtigen Beitrag bei der Kinderbetreuung in Österreich. Derzeit gibt es aber weder aktuelle statistische Zahlen in diesem Bereich noch öster-reichweit einheitliche und damit vergleichbare Ausbildungs- und Beschäftigungsfor-men für Tageseltern.
Da der Bund den gegenständlichen Zweckzuschuss befristet bis 2010 zur Verfügung stellt und hinsichtlich der Kompetenzverteilung keine Veränderungen vorgenommen wurden, können mit dem Zuschuss nur Anstoßfinanzierungen und keine laufenden Kosten gefördert werden. Zu den laufenden Kosten zählen vor allem die Personal-kosten, deren Tragung weiterhin in der Verpflichtung der Länder bleibt. Dies gilt für die institutionellen Kindertagesheime gleichermaßen wie für die Tageseltern. Aus diesem Grund wurde hinsichtlich der Tageseltern die Förderung der Ausbildung in die Vereinbarung aufgenommen. Gleichzeitig wurde eine Evaluierung dieser Maß-nahme in der Vereinbarung zugesagt.
Zu Frage 10:
Ø Warum will der Bund nicht den tatsächlichen Bedarf der Länder bezüglich der An-zahl der Kinderbetreuungsplätze zur Kenntnis nehmen und verlässt sich dabei lie-ber auf statistische und somit fiktive Daten, die keineswegs der Realität entspre-chen?
Österreich liegt im internationalen Vergleich, was die Kinderbetreuungssituation an-geht, im hinteren Teil des Feldes. Dabei besteht in diesem Bereich dringender Hand-lungsbedarf. Laut dem Barcelona-Ziel der Europäischen Union sollen bis 2010 für
33% der Unter-3jährigen Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stehen. In Öster-reich betrug diese Betreuungsquote 2006/07 nur 10,8%. In Dänemark hingegen be-trägt die Betreuungsquote in dieser Altersgruppe 73%, in Schweden 53%.
Der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen in Österreich ist dringend notwendig, wie auch zahlreiche Studien und Umfragen ergeben. Aus einer SORA-Untersuchung geht hervor, dass mehr als 97.600 Mütter und Väter gerne mehr arbeiten würden, wenn ihre Kinder gut betreut wären. Dazu kommen noch all jene, die derzeit gar nicht erwerbs-tätig sein können, weil gar keine Betreuung angeboten wird. Laut Wifo-Weißbuch sind Kinderbetreuungseinrichtungen ein Instrument zur Hebung der Beschäftigung und ein Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt. Die OECD fordert, die Rahmenbedin-gungen für Beschäftigung zu stärken und Hindernisse für die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu beseitigen. Die beiden Forschungsinstitute ÖIF und L&R gehen davon aus, dass durch die Flexibilisierung des Kindergeldes der Bedarf an Kinderbetreuungsplät-zen deutlich ansteigen dürfte. Eine IFES-Umfrage vom Herbst des Vorjahres hat erge-ben, dass 67% der befragten Frauen den Geburtenrückgang auf unzureichende Rah-menbedingungen zurückführen. Diese Umfrage hat ebenfalls ergeben, dass die Ver-besserung der Kinderbetreuung ein wichtiges Anliegen an die Politik ist.
Diesen Auftrag hat die Bundesregierung ernst genommen und den Ländern ein An-gebot gemacht, um zu einem rascheren Ausbau des Angebots an Kinderbetreuungs-plätzen beizutragen. Dieser vom Bund mit der Anstoßfinanzierung unterstützte Aus-bau des Kinderbetreuungsangebots orientiert sich, wie auch schon in der Beantwor-tung der Frage 7 ausgeführt, am regionalen Bedarf. Die Kindertagesheimstatistik bil-det die Abrechnungsgrundlage.