36/AB XXIII. GP

Eingelangt am 29.12.2006
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BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                                                           Wien, am 29. Dezember 2006

                                                                                                                           Geschäftszahl:

                                                                                            BMWA-10.101/0140-IK/1a/2006

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 7/J betreffend „Rückersatz von Ausbildungskosten: Anwendbarkeit auf SportlerInnen“, welche die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen am 30. Oktober 2006 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu den Punkten 1 und 2 der Anfrage:

 

Die mit § 2d AVRAG idF BGBl. I Nr. 36/2006 getroffene gesetzliche Neuregelung des Ausbildungskostenrückersatzes findet auf (Berufs)Sportler/innen bzw. auf deren Ausbildner/innen Anwendung, sofern deren Vertragsverhältnis (Ausbildungsverhältnis) als privatrechtliches Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist. Mit dem Regelungsort im AVRAG wird ein möglichst umfassender personeller Geltungsbereich sichergestellt. Wesentlich für die Geltung des AVRAG ist die Arbeitnehmer/inneneigenschaft des/der (Berufs)Sportler/s/in. In zeitlicher Hinsicht gilt § 2d AVRAG nur für solche Vereinbarungen über den Rückersatz von Ausbildungskosten, die nach dem Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung, also nach dem 18.3.2006, neu abgeschlossen wurden. Weiters setzt die Anwendung des § 2d AVRAG zwingend eine ent-sprechende schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber/in und Arbeitnehmer/in voraus. Bei in einer Ausbildung stehenden minderjährigen Sportler/inne/n ist – sofern deren Ausbildungsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist – neben den vorgenannten allgemeinen Anwendungsvoraussetzungen § 2d Abs. 3 Z 1 AVRAG zu beachten: Danach besteht keine Verpflichtung zur Rückerstattung von Ausbildungskosten, wenn der/die Arbeitnehmer/in zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verein-barung minderjährig ist und nicht die Zustimmung des/der gesetzlichen Vertreter/s/in dazu vorliegt. Fehlt diese Zustimmung, tritt auch bei Erreichen der Volljährigkeit   keine „Heilung“ und damit keine Wirksamkeit der Vereinbarung ein.

 

 

Antwort zu den Punkten 3 bis 6 der Anfrage:

 

Wie bei anderen Arbeitnehmer/inne/n, mit denen ein Rückersatz von Ausbildungskosten vereinbart wurde, ist auch bei Sportler/inne/n im Einzelfall zunächst zu prüfen, ob es sich bei den in Frage stehenden Kosten um Einschulungs- oder um Ausbildungskosten handelt. Nach § 2d AVRAG sind Einschulungskosten überhaupt nicht, Ausbildungskosten nur über eine schriftliche Einzelvereinbarung nach Maßgabe des § 2d AVRAG rückforderbar.

 

Einschulungskosten sind jene Aufwendungen des/der Arbeitgeber/s/in, die dadurch entstehen, dass der/die Arbeitnehmer/in mit den Eigenheiten seiner/ihrer betrieb-lichen Tätigkeit vertraut gemacht wird. Typischerweise mit dem Vollzug eines Arbeitsverhältnisses erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten stellen keine Spezialkenntnisse dar, die dabei anfallenden Kosten sind Einschulungskosten und damit nicht rückforderbar.

 

Ausbildungskosten sind nur die vom/von der Arbeitgeber/in tatsächlich aufgewendeten Kosten für eine vom/von der Arbeitnehmer/in erfolgreich absolvierte Ausbildung, die dem/der Arbeitnehmer/in über die bloße Einschulung hinausgehende Spezialkenntnisse theoretischer und/oder praktischer Art vermitteln, die allgemein angewendet, daher auch in anderen Unternehmen verwertet werden können und dem/der Arbeitnehmer/in bessere Verdienstmöglichkeiten verschaffen. Der Rückzahlung   unterliegen nur die vom/von der Arbeitgeber/in tatsächlich aufgewendeten und notwendigen Ausbildungskosten (etwa Kurs- oder Teilnahmegebühren, Reisekosten, sonstiger Sachaufwand).

 

Die Frage, ob ein/e Sportler/in eine vereinbarte Ausbildungsmaßnahme erfolgreich absolviert hat, ist für die jeweilige Ausbildungsmaßnahme gesondert zu beurteilen. Die Beurteilung dieser Frage hängt vor allem von der Art und Weise der konkreten Ausbildung bzw. von der konkreten Ausgestaltung der Ausbildungsmaßnahme ab. Eine Ausbildung kann etwa bloß an die Anwesenheit und Mitarbeit des/der Arbeitnehmer/s/in, aber auch an das Ablegen einer Prüfung oder an das Erreichen von sonstigen (durch die Vertragsparteien, durch den/die Ausbildner/in) vorweg definierten Kurszielen (im Fall eines/einer Sportler/s/in wäre etwa das Erreichen bestimmter Körperwerte oder anderer Leistungsdaten als positive Zielvorgabe denkbar) geknüpft werden.

 

Wie bei anderen Arbeitnehmer/inne/n ist auch bei Sportler/inne/n die Teilnahme an echten Ausbildungsmaßnahmen, die über eine Einschulung im Betrieb hinausgehen und einen solchen Wert haben, dass sie die Attraktivität des/der Spieler/s/in für andere „Sportunternehmen“ steigern, für die Qualifikation als Ausbildungskosten maßgeblich. In der arbeitsrechtlichen Literatur wird etwa der Besuch einer Trainerschule oder eines individuellen Trainingslagers genannt. Als Ausbildungskosten gelten auch jene Kosten, die für jugendliche Sportler/innen aufgewendet werden, damit diese in den Wettkampfverkehr integriert werden.

 

Das Mitmachen des üblichen Trainings durch eine/n Berufsfußballer/in führt jedenfalls zu keiner Ausbildung im spezifischen Sinn. Ebenso stellt die „Regelkunde“ kein ausschließlich Sportler/inne/n vorbehaltenes Spezialwissen theoretischer Art, sondern typischerweise mit der Berufsausübung bzw. Berufsdurchdringung verbundenes allgemeines Wissen dar. Dafür spricht auch, dass die „Regelkunde“ dem sportinteressierten Laien zugänglich und verständlich ist. Nicht als Ausbildungskosten gelten auch jene Aufwendungen, die der Verein für die regelmäßige Wettkampfteilnahme im Einzelfall aufzuwenden hat und die zwangsläufig aus der Teilnahme des Vereins am Wettkampfverkehr entstehen (etwa Kosten für das laufende Training). Allgemein sind die so genannten „Sowieso-Kosten“, also etwa Personalkosten, von denen anzunehmen ist, dass sie auch ohne den konkreten Ausbildungsaufwand für den/die Arbeitnehmer/in - wenn auch für andere Zwecke - aufgelaufen wären, nicht rückersatzfähig.

 

 

Antwort zu den Punkten 7 und 8 der Anfrage:

 

Die Vereinbarung eines Ausbildungskostenrückersatzes steht den Vertragsparteien grundsätzlich frei.

 

Erfolgt eine derartige Vereinbarung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sind    allerdings die zwingenden Gültigkeitsvoraussetzungen des § 2d AVRAG einzuhalten. Es bedarf demnach einer schriftlichen Einzelvereinbarung zwischen Arbeitgeber/in und Arbeitnehmer/in; weiters müssen die in § 2d Abs. 3 AVRAG demonstrativ angeführten weiteren Kriterien für die Zulässigkeit des Rückersatzes von Ausbildungs-kosten erfüllt werden. Zusätzlich hängt der Rückersatz von Ausbildungskosten von der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab; so besteht etwa bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses während der gesetzlichen Probezeit, bei unbegründeter Entlassung oder bei begründetem vorzeitigem Austritt keine Rückzahlungsverpflichtung. Zudem sind neben der gesetzlichen Regelung über den Ausbildungskostenrückersatz im Einzelfall auch weiterhin die von Judikatur und Lehre entwickelten Grenzen des Ausbildungskostenrückersatzes zu beachten.

 

Weiters ist eine gesonderte Rückerstattungsvereinbarung für jede Ausbildungsveranstaltung bzw. jedes Ausbildungsmodul zu treffen; dies erklärt sich u.a. daraus, dass die zulässige Bindungsdauer, innerhalb derer die Rückzahlungsverpflichtung des/der Sportler/s/in besteht, maßgeblich von der Art und dem „Wert“ der Ausbildung (einerseits die tatsächlichen Kosten der Ausbildung, andererseits die „Werterhöhung“ des/der Sportler/s/in für andere Arbeitgeber/innen) abhängt.

 

Unter welchen Voraussetzungen der Rückersatz von Ausbildungskosten vereinbart werden kann, wenn kein Arbeitsvertrag vorliegt, ist gesetzlich nicht geregelt. Anzumerken ist, dass Berufssportler/innen nach Judikatur und Lehre entweder als Arbeitnehmer/innen oder als Selbständige (die z.B. den Berufssport im Rahmen eines  freien Dienstvertrages ausüben) anzusehen sind. Abgesehen davon besteht die Möglichkeit einer für beide Vertragsparteien gewinnbringenden Ausbildung generell nur im Rahmen eines Dauerschuld-, nicht aber im Rahmen eines Zielschuldverhältnisses zu vereinbaren. Liegt kein Arbeitsvertrag vor, steht es den Vertragsparteien frei, die Rückzahlung der Ausbildungskosten nach dem Vorbild des § 2d AVRAG oder davon abweichend zu vereinbaren. In letzterem Fall ist zu prüfen, ob die Vereinbarung des Ausbildungskostenrückersatzes nicht nach § 879 ABGB sittenwidrig ist.

 

 

Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:

 

Die internen Regelungen von Sportverbänden (etwa ÖFB) über Ausbildungsentschädigungen sind dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit nicht bekannt. Zudem fällt die arbeits(zivil)rechtliche Beurteilung derartiger interner Bestimmungen nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.

 

Im Streitfall wäre die AVRAG-Konformität dieser Regelungen durch das zuständige Landesgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen nach Durchführung eines ent-sprechenden Ermittlungsverfahrens zu beurteilen. Zu prüfen wäre einerseits, ob die von den Sportverbänden aufgestellten Regelwerke tatsächlich zum Inhalt des mit dem/der Sportler/in geschlossenen Arbeitsvertrages wurden (wie oben ausgeführt bedarf es zur Wirksamkeit einer Rückerstattungsvereinbarung jedenfalls einer schriftlichen Einzelvereinbarung zwischen den Vertragsparteien), sowie andererseits, ob die Regelung der Ausbildungsentschädigung den zwingenden Voraussetzungen des § 2d AVRAG entspricht.

 

 

Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

 

Diesbezüglich darf ich auf die Beantwortung der Anfrage 20/J durch den Herrn    Bundeskanzler verweisen.

 

 

Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

 

Dem BMWA sind nachstehende Entscheidungen zur Frage der Zulässigkeit und Wirksamkeit von Vereinbarungen über den Ausbildungskostenrückersatz speziell bei Sportler/inne/n bekannt (nicht angeführt sind jene Entscheidungen, in denen die mit einem/einer Sportler/in getroffene „Kostentragungsvereinbarung“ als Konkurrenzklausel qualifiziert wurde):

 

Ø      OGH vom 25.5.2000, 1 Ob 318/99t; ecolex 2001/66:

      Die Grundsätze des Bosman-Urteiles sind nur auf Sachverhalte mit Auslandsbe-         zug anwendbar. Die Vereinbarung inländischer Sportvereine, wonach für den Er-        werb eines Fußballspielers eine Ausbildungsentschädigung zu zahlen ist, wider- spricht daher nicht dem Gemeinschaftsrecht.

 

Ø      OGH vom 25.6.1998, 8 Ob A 268/97p; ARD 4972/3/98:

      Die von einem Fußballverein als Arbeitgeber/in geforderte Teilrückerstattung der         an den Vorgängerverein gezahlten Transfersumme durch einen Sportler läuft           insbesondere in Hinblick auf die unbeschränkte zeitliche Bindung auf eine grobe             Äquivalenzstörung zu Lasten des Arbeitnehmers hinaus, die im konkreten Fall die   Unwirksamkeit der Zahlungsverpflichtung wegen Sittenwidrigkeit zur Folge hat.

 

Ø      OGH vom 25.6.1985; 8 Ob A 268/97p; Arb 11.744:

      Im Anlassfall verneinte der OGH die Rechtswirksamkeit der Rückerstattungsver-          einbarung, u.a. scheidet die Rückzahlung von Ausbildungskosten im Anlassfall          schon deshalb aus, weil der altersmäßig schon nahe am Ende seiner Profifuß-       ballkarriere stehende Beklagte nicht auszubilden war und eine Ausbildung im           Hinblick auf seine kurze Beschäftigungszeit bei der beklagten Partei auch nicht in       nennenswertem Umfang erfolgen konnte.