3616/AB XXIII. GP
Eingelangt am 25.04.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Der Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen haben am 27. Februar 2008 unter der Nr. 3614/J an mich eine schriftliche parlamentarische An-frage betreffend Arbeit des Klimaschutzbeauftragten gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Ø Welche wesentlichen Erkenntnisse bezüglich Maßnahmen gegen den Klimawan-del konnten Sie durch die Beratung des Klimaschutzbeauftragten Wabl erlangen?
Maßnahmen gegen den Klimawandel erfordern das Tätigwerden einer Vielzahl von Akteuren auf allen staatlichen Ebenen. Die mir als Bundeskanzler zukommende Auf-gabe der Koordination der Regierungspolitik erstreckt sich daher natürlich auch auf diesen – äußerst umfassenden – Politikbereich, der weit über den Zuständigkeitsbe-reich eines einzigen Bundesministeriums hinausgeht. Ich habe Herrn Andreas Wabl als meinen Klimaschutzbeauftragten ernannt, da er in diesen Fragen eine unbestrit-tene inhaltliche und politische Erfahrung aufweist. Wie die Beantwortung der folgen-den Fragen zeigen wird, hat er mich im Rahmen seiner bisherigen Tätigkeit – neben meiner Vertretung im Präsidium des Klima- und Energiefonds (KLI.EN) – in einer Viel-zahl von einschlägigen Fragen beraten und unterstützt.
Zu Frage 2:
Ø In der Klimastrategie wurden vier technische Anpassungsmaßnahmen (Verkehr, Energieaufbringung, Raumwärme und Energieumwandlung) festgelegt, in denen einerseits die stärksten Abweichungen vom Kyoto-Zielerreichungspfad gegeben sind und andererseits die geringsten volkswirtschaftlichen Kosten für die Emissi-onsvermeidung zu erwarten sind. Haben Sie durch die Beratung von Andreas Wahl bereits weitere technische Anpassungsmaßnahmen festlegen können?
Wie Sie wissen, können die angepasste Klimastrategie vom 21. März 2007 und damit auch die darin enthaltenen Maßnahmen nur von der Bundesregierung verändert wer-den. In diesem Rahmen sind aber viele unterschiedliche – auch noch nicht ausdrück-lich genannte – Umsetzungsmaßnahmen denkbar und möglich. Zu nennen wäre hier etwa der Vorschlag von Andreas Wabl, keine Biogasanlagen ohne Wärmeauskopp-lung zu fördern, der bislang auf Grund des Einstimmigkeitsprinzips im KLI.EN nicht realisiert werden konnte.
Zu Frage 3:
Ø Welche Erkenntnisse bzw. Maßnahmen schlägt Ihr Klimaschutzbeauftragter im Bereich „Verkehr“ konkret vor?
Mein Klimaschutzbeauftragter schlägt prinzipiell einen sukzessiven Ausbau des öf-fentlichen Verkehrs vor. Insgesamt strebt er einen sowohl in ökonomischer als auch in ökologischer und sozialer Hinsicht vernünftigen Verkehrsträgermix an. Wie allge-mein bekannt ist, steht er einem massiven Ausbau der Biospritproduktion skeptisch gegenüber, wodurch er sich nicht zuletzt auch durch die jüngsten Meldungen zu den erwartbaren Schäden für große Teile der bestehenden PKW Flotte bestätigt fühlt.
Zu den Fragen 4 und 6:
Ø Welche Erkenntnisse bzw. Maßnahmen schlägt Ihr Klimaschutzbeauftragter im Bereich „Energieaufbringung“ konkret vor?
Ø Welche Erkenntnisse bzw. Maßnahmen schlägt Ihr Klimaschutzbeauftragter im Bereich „Energieumwandlung und -Verwendung im produzierenden Sektor“ kon-kret vor?
Prinzipiell bedarf es laut Andreas Wabl im Bereich der Energieaufbringung sowie Energieumwandlung und -verwendung im produzierenden Sektor einer grundsätzli-chen Systemänderung mit den wesentlichen Pfeilern Energieeffizienz und erneu-erbare Energien auf Basis einer soliden und anwendungsorientierten Forschung.
Zu Frage 5:
Ø Welche Erkenntnisse bzw. Maßnahmen schlägt Ihr Klimaschutzbeauftragter im Bereich „Raumwärme und Kleinverbrauch“ konkret vor?
Im Bereich Raumwärme und Kleinverbrauch tritt mein Klimaschutzbeauftragter für eine radikale Festlegung von ökologischen Mindeststandards insbesondere im Be-reich Wohnbauförderung im Rahmen einer Vereinbarung zwischen Bund und Län-dern ein. Dieser wichtige Punkt der Klimastrategie wird ja bekanntlich derzeit vom BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit den Ländern verhandelt.
Zu den Fragen 7 und 8:
Ø Die Beimischung von Biokraftstoffen ist ein wichtiger Teil der Klimastrategie. Eine weitere aufkommensneutrale Erhöhung alternativer Kraftstoffe ist bis 2010 auf 10% und bis 2020 auf 20% entsprechend dem Regierungsprogramm 2007 vor-gesehen. Vertreten Sie auch die Meinung Ihres Klimaschutzbeauftragten, von diesen Zielen abrücken zu wollen?
Ø Welche konkreten Umsetzungsschritte zur Biotreibstoffbeimischung schlagen Ihr Klimaschutzbeauftragter bzw. Sie vor?
Um die Versorgung mit Lebensmitteln nicht zu gefährden, bedarf es einerseits Stan-dards für eine nachhaltige Biokraftstoffproduktion und andererseits intensiver For-schung, um die zweite Generation der Biotreibstoffe für technische Zwecke praxis-tauglich zu machen. Biokraftstoffe sind eine Frage der richtigen Nutzpflanze, am richtigen Ort und in der richtigen Menge. Vor dem Hintergrund zahlreicher Studien, Expertenmeinungen sowie der Haltung meines Klimaschutzbeauftragten ist jeden-falls eine offene Diskussion der Vor- und Nachteile der Biokraftstoffproduktion bzw. der Implikationen der bestehenden Ziele zu führen. Jedenfalls sind dauerhaft durch-haltbare auch global verträgliche und nicht nur auf die nationale Ebene beschränkte Systemlösungen anzustreben. Im Rahmen der Biospritbeimischung sind technisch kluge Ansätze bereitzustellen.
Zu den Fragen 9 und 10:
Ø Die Bestrebungen zum Klimaschutz in mittel- und langfristiger Perspektive ver-langen den Ausbau von Solarenergie. Dabei spielt die Verwendung von Photo-voltaik eine große Rolle. Mit dem „10.000 Dächer Programm“ von Bundesminister Pröll, welches zur Behandlung im Klimafonds vorgeschlagen wurde, könnte ein weiterer Impuls erfolgen. Befürworten Sie die diesbezügliche Blockade Ihres Kli-maschutzbeauftragten im Präsidium des Klimafonds? Wenn ja, warum?
Ø Welche konkreten Maßnahmen für eine Solarinitiative schlagen Sie bzw. Ihr Kli-maschutzbeauftragter vor?
Diese Anfrage steht in engem thematischen Zusammenhang mit der laufenden No-vellierung des Ökostromgesetzes. Andreas Wabl und ich halten die Photovoltaik grundsätzlich für eine der unterstützenswertesten Technologien. Bezüglich des „10.000 Dächer Programms“ orientiert sich der Klimaschutzbeauftragte an der Mei-nung des Expertenbeirats des KLI.EN, der das Programm in der vorliegenden Form abgelehnt hat bzw. dessen Förderung über das Ökostromgesetz empfiehlt. Die Vor-lage liefert – da die Unterstützung über eine Investitionsförderung außerhalb der Ökostrom-Tarifförderung erfolgen würde – Anreize für den isolierten Inselbetrieb, auf-grund zu niedriger Einspeisetarife aber nicht für die Integration in bestehende Netze. Im Rahmen einer soliden Novellierung des Ökostromgesetzes sollte daher für die Photovoltaik die Nutzung des Gesamtnetzes angestrebt bzw. der Inselbetrieb auf sinnvolle Ausnahmen beschränkt werden.
Zu Frage 11:
Ø Wie viele Veranstaltungen hat Ihr Klimaschutzbeauftragter seit Beginn seiner Tä-tigkeit bereits besucht?
Andreas Wabl hat in seiner Funktion als Klimaschutzbeauftragter bisher 9 Präsidi-umssitzungen des KLI.EN, 175 individuelle Termine mit NGOs, Unternehmen, Wis-senschafterinnen und Wissenschafter, politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger und 35 sonstige Veranstaltungen wahrgenommen.
Zu Frage 12:
Ø Welche Kosten werden vom BKA für den Klimaschutzbeauftragten Andreas Wabl kalkuliert und aus welchem Budgetansatz werden diese finanziert?
Beim Vertragsabschluss wurden die Kosten mit rund € 40.000,- exkl. MWSt. kalku-liert. Sie sind unter dem Voranschlagsansatz 1/10008 des Bundesfinanzgesetzes 2007 bzw. des Bundesfinanzgesetzes 2008 gedeckt.
Zu Frage 13:
Ø Wie viele Kilometer ist Ihr Klimaschutzbeauftragter mit dem Dienstwagen seit Be-ginn seiner Tätigkeit gefahren?
Der Klimaschutzbeauftragte kann im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit die im BKA zur Verfügung stehenden (so wie andere Mitarbeiter des BKA) Dienstwägen nutzen. Er hat diese bisher für insgesamt 290 Kilometer in Anspruch genommen.
Zu Frage 14:
Ø Welche konkrete Aufgabe wird Ihr Klimaschutzbeauftragter beim angekündigten Klimaschutzgipfel im Frühjahr 2008 übernehmen?
Der Klimaschutzbeauftragte unterstützt mich bei der Vorbereitung des Klimagipfels und wird in dessen Rahmen einen einleitenden Redebeitrag leisten