3632/AB XXIII. GP

Eingelangt am 25.04.2008
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-10.000/0013-I/PR3/2008     DVR:0000175

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a  Barbara Prammer

 

Parlament

1017   W i e n

 

 

 

Wien,  am     . April  2008

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3619/J-NR/2008 betreffend Umsetzung eigener Ankündigungen 2: Möglichkeit eines Starts des Brenner-Basistunnels dann, wenn Kostenwahrheit auf der Straße gegeben ist, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 27. Februar 2008 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Fragen 1 und 2:

Werden Sie Ihrer in der Anfragebegründung zitierten öffentlichen Festlegung gemäß dem Start des Projekts Brenner-Basistunnel erst zustimmen, wenn Kostenwahrheit auf der Straße existiert?

 

Falls nein: Wie erklären Sie den Widerspruch zwischen Ihrer diesbezüglichen (sachlich durchaus begründeten!) öffentlichen Festlegung im Jahr 2007 und ihren nunmehrigen anderweitigen Absichten?

 

Antwort:

Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie betrachtet den Bau des Brenner-Basistunnels als einen integralen Bestandteil einer verkehrspolitischen Gesamtstrategie. In diesem Zusammenhang wird begleitend zum Brenner-Basistunnel die schrittweise Umsetzung eines verkehrspolitischen  Maßnahmen­bündels angestrebt, wobei hierbei der Preis- und Fiskalpolitik besonderes Augen­merk gewidmet wird.

 

Die Erlangung von vermehrter Kostenwahrheit auf der Straße ist daher ein wichtiges Ziel im Zusammenhang mit dem Brenner-Basistunnel. In Gesprächen mit den Vertretern der Nachbarstaaten Italien und Deutschland sowie der Europäischen Kommission ist die Schaffung von günstigeren Rahmen­bedingungen für den Brenner-Basistunnel ein wichtiges, aber auch nur gemeinsam zu erreichendes Thema.

 

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war das, bereits in der Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage vom Herbst 2007 erwähnte, Memorandum of Understanding (MoU), das am 10. Juli 2007 auf Initiative der Europäischen Kommission gemeinsam von den Verkehrsministern Österreichs und Italiens sowie den Landeshauptleuten Tirols, Südtirols und der Provinz Trient unter­zeichnet wurde.

 

In diesem MoU wird explizit die Verwirklichung einer dem Verursacherprinzip Rechnung tragenden Kostenanlastung sowie die Internalisierung der externen Kosten des Straßengüterverkehrs vereinbart.

 

Im Zusammenhang mit der von Ihnen angesprochenen Kostenwahrheit auf der Straße möchte ich auch darauf hinweisen, dass die Europäische Kommission angekündigt hat, dass sie nicht nur den in Artikel 11 der EU-Wegekostenrichtlinie vorgesehenen Bericht über das Modell zur Bewertung der externen Kosten, sondern auch einen diesbezüglichen Vorschlag zur diesbezüglichen Überarbeitung der EU-Wegekostenrichtlinie vorlegen wird.

 

Darüber hinaus verweise ich im Zusammenhang mit dem Aspekt verkehrspolitische Rahmenbedingungen auch auf die von EU Koordinator Karel Van Miert initiierte und gemeinsam mit den Verkehrsministerien eingerichtete „Brenner Corridor Plattform“, in der neben Italien, Deutschland und Österreich auch die Regionen Bayern, Nord- und Südtirol, Trentino und Verona sowie die Eisenbahngesellschaften der drei Staaten vertreten sind, und die sich eingehend mit der Verbesserung der Rahmenbedingungen und vermehrter Kostenwahrheit durch kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen auseinandersetzt. Im Rahmen der „Brenner Corridor Plattform“ wurde insbesondere auch eine eigene Arbeitsgruppe „Begleitende Maßnahmen“ geschaffen. In dieser Arbeitsgruppe verfolgt das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie die Zielsetzung, die erforderlichen verkehrspolitischen Rahmenbedingungen aufzuzeigen, die für die Erreichung der Ziele einer wirksamen Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene sowie einer effizienten Nutzung des Brenner-Basistunnels erforderlich sind.

 

Fragen 3 bis 5:

Wie groß (z.B. in Mrd. Euro pro Jahr) ist nach Ihrem derzeitigen Sachstand in Österreich die Lücke zwischen dem Status Quo und einer Situation, in der „Kostenwahrheit auf der Straße“ existiert, und zwar a) im Bereich LKW, b) im Bereich PKW?

 

Wie groß ist, der Anteil des hochrangigen (A+S) und des niederrangigen Netzes (B, sonstige Landes-und Gemeindestraßen) an dieser Lücke?

 

Welche Initiativen haben Sie im Zusammenhang mit dem Thema Kostenwahrheit im Hinblick auf die Arbeitsprogramme a) des EU- Ratsvorsitzes Slowenien, b) des EU- Ratsvorsitzes Frankreich wann im einzelnen gesetzt? Haben Sie insbesondere dafür gesorgt, dass dieses Thema aufgrund des angesichts der Klimaproblematik und der enormen Zunahme des Straßengüterverkehrs wohl unstrittigen großen Zeitdrucks auf die Tagesordnung des aktuellen oder des kommenden EU- Ratsvorsitzes kommt, wenn nein, warum nicht?

 

Antwort:

Vor allem auch auf Initiative und durch intensive Bemühungen Österreichs konnte erreicht werden, dass in Artikel 11 der Wegekosten-Richtlinie 2006/38/EG die Weichenstellung für eine zukünftige Internalisierung der externen Kosten verankert wurde. Auf österreichisches Betreiben und durch intensive Überzeugungsarbeit insbesondere auch anlässlich der zahlreichen bilateralen Gespräche, die geführt wurden, konnte darüber hinaus erreicht werden, dass die Kommission bis spätestens Juni 2008 nicht nur ein in der Richtlinie verpflichtend vorgesehenes Modell zur Bewertung der externen Kosten vorlegt, sondern in Aussicht gestellt hat, dass die Veröffentlichung dieses Modells auch von der Vorlage eines Kommissionsvorschlags zur Abänderung der geltenden Wegekosten-Richtlinie im Hinblick auf die Internalisierung der externer Kosten des Straßengüterverkehrs begleitet wird. Dies wird einen ersten wesentlichen Schritt in Richtung Kostenwahrheit im Verkehr darstellen und daher ist davon auszugehen und gibt es entsprechende Signale von Seiten Frankreichs, dass der Kommissionsvorschlag unter französischer Ratspräsidentschaft eine prominente und prioritäre Behandlung erfahren wird.

 

Da die verschiedenen, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene durchgeführten Wegekostenrechnungen, hinsichtlich der externen Kosten sehr unterschiedliche Bandbreiten ausweisen, ist die Angabe einer exakten Höhe und die Zuordnung der externen Kosten auf die einzelnen Kraftfahrzeugkategorien schwierig. Es sollte daher abgewartet werden, was die diesbezüglichen Arbeiten auf europäischer Ebene, deren Ziel es ist, aus den vorhandenen Studien und Bandbreiten eine transparente, einheitliche Methodik und entsprechend wissenschaftlich abgesicherte Referenzwerte abzuleiten, ergeben werden. Ziel der Verhandlungen über einen entsprechenden Kommissionsvorschlag zur Änderung der Wegekosten-Richtlinie 2006/38/EG dahingehend, dass eine Anlastung externer Kosten im Rahmen der Mauten und Straßenbenützungs­gebühren ermöglicht wird, wird es aus österreichischer Sicht jedenfalls sein, sicherzustellen, dass eine möglichst umfassende Internalisierung der externen Kosten und damit eine Verringerung der Belastungen durch eine stärkere Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die umweltfreundliche Schiene erfolgen kann. 

 

 

Fragen 6 und 7:

Wie groß wird der Betrag sein, der aus Budgetmitteln in das Projekt Brennerbasistunnel fließen wird, und auf welcher Kalkulationsgrundlage hinsichtlich Baukosten, Finanzierungskosten etc im einzelnen gelangen Sie zu dieser Summe?

 

Falls Sie diese Summe – also den direkten Beitrag der Steuerzahler für das Projekt Brennerbasistunnel – nicht beziffern können: Wie können Sie den Startschuss für ein Projekt dieser Größenordnung ohne Vorliegen entscheidender Eckpunkte verantworten?

 

Antwort:

Derzeit wird gerade gemeinsam mit dem Finanzministerium die grundsätzliche Struktur der Finanzierung des Projektes Brennerbasistunnel abgestimmt und festgelegt, aufgrund dessen sich die konkrete Abschätzung der Budgetbelastung ergibt. Dabei wird von folgenden Parametern ausgegangen:

 

·         Baukosten aufgrund der Schätzung der BBT SE in Höhe von  6 Mrd. EURO zu Preisen 2006, valorisiert mit 2,5% jährlich;

·         Anteil Österreichs an der Errichtung des BBT von 50%;

·         TEN-Zuschuss laut Vorschlag der EU-Kommission in der Höhe von 27% an den Baukosten;

·         Querfinanzierung gemäß der EU Wegekostenrichtlinie;

 

Diese Parameter werden bis zur Bauentscheidung weiter entwickelt und konkretisiert. Im Zeitpunkt der Bauentscheidung des Brenner-Basistunnels werden entscheidende Eckpunkte vorliegen, aus denen auch die Budgetbelastung abgeleitet werden kann.

 


Frage 8:

Wieviele Studien zum Brennerbasistunnel wurden/werden seitens des Unternehmens „progtrans“ durchgeführt, welchen Titel tragen diese Studien, was ist ihre Aufgabenstellung und was sind ihre jeweiligen Ergebnisse bzw. wann werden Ergebnisse vorliegen, falls Studien noch nicht fertiggestellt sein sollten?

 

Antwort:

Seitens „progtrans“ wurde im Auftrag der BBT-SE eine Verkehrsstudie aufbauend auf die CAFT-Daten von 2004 durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studie werden derzeit mit anderen Studien für den Alpenbogen verglichen (z.B. Lyon – Turin etc.; eine weitere Studie der „progtrans“ zum Knoten Basel bzw. den NEAT-Zulaufstrecken, europäische Studien etc.), um Unterschiede in diesen Studien zu erfassen und zu erklären. Dieser Prozess sollte im Frühjahr 2008 abgeschlossen sein, sodass die BBT-SE die in ihrem Auftrag erstellte Studie veröffentlichen kann.

 

Das Hauptergebnis der Verkehrsstudie von „progtrans“ im Auftrag der BBT-SE ist, dass ein Konsensszenario mit einer schienenfreundlichen Politik verfolgt werden sollte. Weiters rechnet man mit einem weiteren Verkehrszuwachs am Brenner von heute insgesamt nahezu 50 Mio. Nettotonnen (2007) auf über 63 Mio Nettotonnen im Jahre 2025. Auf der Straße verkehren derzeit etwa 36,5 Mio. Nettotonnen (2007) und auf der Schiene etwa 13,5 Mio. Nettotonnen (vorläufige Werte) (27% auf der Schiene und 73% auf der Straße).

 

Mit dem BBT und den dazugehörigen prioritären Zulaufstrecken sollten dann laut Berechnungen im Konsensszenario mindestens 50% des gesamten Güterverkehrs im Tunnel verkehren.

 

Frage 9:

Welche sonstigen Studien zum Brennerbasistunnel im Hinblick auf seine Kosten, seine Nutzung und zu den nötigen Rahmenbedingungen a) haben Sie bzw. Ihre VorgängerInnen wann im einzelnen beauftragt, b) sind in Abstimmung mit dem BMVIT durch Dritte beauftragt worden?

 

Antwort:

Im Rahmen der Planung des BBT wurden von der BBT SE noch weitere Studien und Untersuchungen insbesondere zur Umweltverträglichkeit und zu Finanzierungs­modellen durchgeführt. Die Ergebnisse wurden regelmäßig im Rahmen der zwischenstaatlichen Kommission Österreich - Italien präsentiert.

 

Sämtliche Planungen und fachspezifischen Untersuchungen zum Projekt werden im Rahmen der öffentlichen Erörterung zur Umweltverträglichkeitsprüfung vorgelegt. Das entsprechende Projekt wurde am 18. März 2008 von der BBT SE beim BMVIT eingereicht.

 

Fragen 10 und 11:

Sind diese Studien der Öffentlichkeit zugänglich?

 

Bei Studien, die nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind: Was ist deren Ergebnis?

 

Antwort:

Ich verweise auf meine Ausführungen zu den Fragepunkten 8 und 9.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Werner Faymann