3695/AB XXIII. GP

Eingelangt am 02.05.2008
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Kaipel und Genossen haben am 3. März 2008 unter der Nr. 3664/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „aufklärungsbedürftige Vorgänge im Innenministerium“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Da bei der Aufgabenerfüllung des .BIA ausschließlich und nachweislich die objektive
Sachverhaltsermittlung im Vordergrund steht, ist und war eine aktive Parteitätigkeit oder
passive Parteizugehörigkeit von Personen - zu welcher Fraktion auch immer - zu keinem Zeitpunkt von Relevanz. Insofern kann auch nicht angegeben werden, ob Personen in „einem familiären oder anderen Naheverhältnis zu SPÖ-PolitikerInnen“ oder Politikern und
Politikerinnen anderer Fraktionen stehen. Im Übrigen verwehre ich mich klar gegen
derartige Unterstellungen einer politisch beeinflussten Polizeiarbeit.

 

 

 

Zu den Fragen  2 und 3:

Da bei der Aufgabenerfüllung ausschließlich und nachweislich die objektive
Sachverhaltsermittlung im Vordergrund steht, ist und war eine aktive Parteitätigkeit oder
passive Parteizugehörigkeit von Personen, zu keinem Zeitpunkt von Relevanz. Allfällige sicherheits- und/oder kriminalpolizeiliche Veranlassungen werden in jedem Fall ausschließlich auf Grundlage der einschlägigen Gesetze bzw. richterlicher Verfügungen getroffen, unterliegen in eventu jedoch strengen datenschutzrechtlichen bzw. strafprozessualen Verschwiegenheitsverpflichtungen. Insofern ist und wäre eine Beauskunftung in diesem Rahmen weder sachlich noch gesetzlich möglich.

 

Zu den Fragen 4 und 5:

Im August 2006 wurde aufgrund eines ausdrücklich dazu ergangenen Auftrages der
Staatsanwaltschaft Wien vom .BIA Kontakt mit HBK a.D. Dr. Vranitzky hergestellt und dieser
in weiterer Folge, im Beisein der Staatsanwaltschaft, vom .BIA niederschriftlich zu
Korruptionsvorwürfen gegen seine Person - es gilt die Unschuldsvermutung -
einvernommen. Das Ergebnis wurde vom .BIA ausschließlich der Staatsanwaltschaft Wien
übermittelt und der Auftrag zur vollen Zufriedenheit der Staatsanwaltschaft Wien erfüllt.

 

Zu Frage 6:

Das .BIA hat, wie jede andere kriminalpolizeiliche Dienststelle, im Rahmen seiner
allgemeinen sicherheits- und kriminalpolizeilichen Aufgabenerfüllung sowie im Sinne des
obligatorischen Offizialprinzips der Strafprozessordnung alle notwendigen
Ermittlungshandlungen aus Eigenem oder im Auftrag von Justizbehörden zu setzen, um den objektiven Sachverhalt zu ermitteln und in weiterer Folge an die zuständigen Stellen der Justiz zu übermitteln. Dies beinhaltet, insbesondere in Hinblick auf die Besonderheit von Amts- und Korruptionsdelikten, Ermittlungshandlungen sowohl gegen „Innentäter“ als auch gegen „Außentäter“, d.h. Personen, die nicht zum Personenstand des .BMI bzw. des weiteren öffentlichen Dienstes zählen. Das Korruptionsphänomen zeichnet sich kriminologisch gerade durch den so genannten „Doppeltäterschaftscharakter“ aus. Das Bestehen oder Nichtbestehen eines politischen Naheverhältnisses spielt dabei keine Rolle.

Eine Bekanntgabe von allfälligen konkreten Personen darf aus datenschutzrechtlichen und strafprozessualen Gründen nicht gemacht werden.

 

Zu Frage 7:

Seit dem Bestehen des .BIA (Stichtag 29.02.2008) sind 5 Bedienstete aus dem Bereich des

LPK Burgenland dem .BIA zur Dienstleistung zugeteilt worden.

 

Zu Frage 8:

Keine.

 

Zu den Fragen 9 bis 13:

Im Zuge des BAWAG-Verfahrens gab es Datenerhebungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien. Nähere Auskünfte dazu kann ich nicht erteilen, da es sich um ein justizanhängiges Verfahren handelt.

 

Zu Frage 14:

Vom ehemaligen Direktor des Bundeskriminalamtes, Dr. Herwig Haidinger, wurden  Aufträge der Staatsanwaltschaft Wien geplante Vernehmungstermine von Verdächtigen und Zeugen sowie die Ergebnisse von kriminalpolizeilichen Ermittlungen/Fortgang des Verfahrens an die Linienorganisation berichtet.

 

Zu Frage 15:

Im Zuge der BAWAG – Ermittlungen kam es infolge des öffentlichen Interesses über einen längeren Zeitraum zu einer intensiven Medienberichterstattung. Es ist jedoch durch nichts belegbar, dass irgendwelche Informationen seitens der Ressortleitung des Bundesministeriums für Inneres weitergegeben worden sind.

 

Zu Frage 16:

Nein.

 

Zu Frage 17:

Die Kategorie „politisch relevante Ermittlungsverfahren“ lehne ich ab; es gibt strafrechtlich relevante Ermittlungsverfahren. Die Öffentlichkeitsarbeit erfolgte jeweils durch oder in Absprache mit der Justiz.

 

Zu Frage 18:

Da die Öffentlichkeitsarbeit durch das Landesgericht Eisenstadt erfolgte, ist der Vollzugsbereich des BM.I nicht berührt.

 

Zu Frage 19:

Auftrags der Justiz erfolgte die Überprüfung von Finanzströmen von der Bank Burgenland an  eine Person bzw. der von dieser Person kontrollierten Firmen. Im Ergebnis konnten keine Finanzströme ermittelt/nachgewiesen werden.

 

Zu Frage 20:

Durch die SOKO Natascha Kampusch wurde ab Übernahme der Amtshandlung im Jahre 2002 über den jeweiligen Stand der Ermittlungen sowohl an den ehemaligen Direktor des Bundeskriminalamtes, Dr. Herwig Haidinger, sowie die zuständige Staatsanwaltschaft Wien und das Landesgericht Wien sowohl mündlich als auch schriftlich berichtet. Die Berichterstattung orientierte sich an den von Herrn Dr. Haidinger vorgegebenen Ermittlungsabschnitten und der Notwendigkeit der Einholung von gerichtlichen Aufträgen (Grabungen, Hausdurchsuchungen, etc.).

 

Zu den Fragen 21 und 22:

Seitens des BM.I gab es keine Vertuschung von Ermittlungspannen. Nach Bekanntwerden des Aktenvermerkes des ehemaligen Sicherheitsbüros der BPD Wien vom 14.04.1998 wurden sowohl Staatsanwaltschaft als auch Landesgericht Wien mündlich und in der Folge auch schriftlich informiert. Eine Weisung, notwendige Ermittlungen nicht durchzuführen ist an die SOKO Natascha Kampusch zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Da es keine Weisungen gab, gab es auch keine Remonstrationen seitens der Mitglieder der SOKO Natascha Kampusch.

 

Zu Frage 23:

Mit dieser Frage ist derzeit eine Evaluierungskommission unter der Leitung von Herrn Präsidenten DDr. Adamovich betraut. Ich bitte um Verständnis, dass ich vor der Abgabe eines Endberichtes zu dieser Frage keine Antwort geben kann.

 

Zu Frage 24:

Laut ihren eigenen Angaben nein. Es konnten darüber hinaus keine objektivierbaren Erkenntnisse ermittelt werden, dass sie während ihrer Entführung im Burgenland war.

 

Zu Frage 25:

Laut ihren Angaben wurde Wolfgang Priklopil im Großraum Wien einmal einer Polizeikontrolle unterzogen, wobei sie auf dem Beifahrersitz saß. Sie habe sich nicht getraut, die kontrollierenden Beamten anzusprechen, da ihr Wolfgang Priklopil damit gedroht habe, die Beamten „umzubringen“.

 

Zu Frage 26 :

Hinsichtlich Frau Kampusch ja, da die Fahndungsausschreibung hervorgekommen wäre. Hinsichtlich Wolfgang Priklopil nicht mit letzter Sicherheit, da gegen ihn keine Fahndungsausschreibung bestand und – siehe Antwort auf die Fragen 27 bis 29 – die Protokolldaten nicht mehr notwendigerweise vorhanden sind.

Zu den Fragen 27 bis 29:

Gemäß § 59 Abs 2 Satz 1 SPG ist jede Abfrage und Übermittlung personenbezogener Daten aus der zentralen Informationssammlung und den übrigen Informationsverbundsystemen (das sind alle Daten zur Person, zu Dokumenten oder zu KfZ) so zu protokollieren, dass eine Zuordnung der Anfrage oder Übermittlung zu einem bestimmten Organwalter möglich ist.  Gemäß § 59 Abs 2 2.Satz SPG sind die Protokollaufzeichnungen drei Jahre aufzubewahren und dann amtswegig zu löschen.

 

Gemäß § 14 Abs 5 DSG sind Protokoll– und Dokumentationsdaten drei Jahre lang aufzubewahren, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich Anderes angeordnet ist. Davon darf in jenem Ausmaß abgewichen werden, als der von der Protokollierung oder Dokumentation betroffene Datenbestand zulässigerweise früher gelöscht oder länger aufbewahrt wird. Für eine frühzeitige Löschung oder eine längere Aufbewahrung wird aus der Aktenlage kein Grund erblickt, sodass von einer dreijährigen Löschungsroutine auszugehen ist.

 

Im Ergebnis hat die im August 2006  durchgeführte Protokolldatenauswertung ergeben, dass vor dem  23.08.2006 (gelungene Flucht der Fr. Kampusch) keine Fahndungsabfragen evident gehalten wurden. Ob es aufgrund der o.a. gesetzlichen Verfügungen frühere Anfragen gab, die aufgrund der abgelaufenen Dreijahresfrist bereits gelöscht wurden, ist  nicht mehr nachvollziehbar.