3699/AB XXIII. GP
Eingelangt am 02.05.2008
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BM für Inneres
Anfragebeantwortung
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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag. Barbara Prammer Parlament 1017 Wien |
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Die Abgeordneten Sonja Ablinger und GenossInnen haben am 13. März 2008 unter der Zahl 3863/J-NR 2008 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Rückgang der Schubhaftzahlen“ gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 6:
Derzeit werden die von den Fremdenpolizeibehörden verhängten Schubhaften sowie die Neuzugänge und Entlassungen von Schubhäftlingen in den Polizeianhaltezentren ohne individuelle Zuordnung zu einer Person oder einem Fall erfasst. Das bedeutet, dass Rückschlüsse, wie sie in den Fragen angesprochen wurden, nicht möglich sind.
Derartige Auswertungen können erst ab dem für heuer geplanten Einsatz der elektronischen „Anhaltedatei“ durchgeführt werden.
Eine Auswertung zum derzeitigen Zeitpunkt würde die manuelle Überprüfung jedes einzelnen Schubhaftfalles auf Grund des fremdenpolizeilichen Aktes erfordern und wäre mit einem übermäßigen Verwaltungsaufwand verbunden.
Zu Frage 7:
Statistiken über die durchschnittliche Schubhaftdauer werden nicht geführt. In der Vergangenheit in diesem Zusammenhang getätigte Erhebungen haben ergeben, dass die durchschnittliche Schubhaftdauer bundesländerweise unterschiedlich ist und in der Regel zwischen 5 und 30 Tagen beträgt.
Zu Frage 8:
2,34 % (163 Fälle) der verhängten Schubhaften betrafen Minderjährige ab 14 Jahren.
Zu den Fragen 9, 10, 12 und 13:
Spezifische Entlassungsgründe werden erst seit der 2. Jahreshälfte 2007 statistisch erfasst.
Im 2. Halbjahr 2007 erfolgten insgesamt 992 Entlassungen aus der Schubhaft. 534 davon erfolgten auf Grund von Haftunfähigkeit, 65 auf Grund von UVS-Entscheidungen, 30 auf Grund von VwGH-Entscheidungen und 111 weil eine baldige Abschiebung nicht zu erwarten war. Die verbleibenden 252 Fälle sind nicht näher spezifizierbar.
Zu Frage 11:
Derartige Statistiken werden nicht geführt.
Zu den Fragen 14 bis 16:
Nein, eine derartige Information erfolgt nicht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die vielfach rechtsanwaltlich vertretenen Beschwerdeeinbringer über diese oder im Wege von NGOs/Betreuungsorganisationen informiert werden.
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Jahr |
Fälle |
Haftentschädigungen in € |
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2005 |
11 |
33.023,55 |
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2006 |
27 |
59.981,16 |
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2007 |
45 |
135.455,56 |
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2008 |
10 |
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Zu Frage 17:
Die Angabe, wie viele Personen in Schubhaft in das Herkunftsland abgeschoben wurden, ist nicht möglich. Statistiken werden lediglich differenziert nach Land- und Luftabschiebungen sowie geordnet nach Nationalitäten geführt. Die 2007 als „Abschiebungen auf dem Luftweg“ ausgewiesenen 1.376 Personen wurden in der Regel jedenfalls in die jeweiligen Heimatländer abgeschoben. Der Vollständigkeit halber darf noch bemerkt werden, dass 2007 1.462 Personen auf dem Landweg, somit insgesamt 2.838 Personen abgeschoben wurden.
Zur Frage 18:
Derartige Statistiken werden nicht geführt.
Die 10 führenden Nationalitäten bei den im Jahre 2007 durchgeführten Abschiebungen waren Serbien/Montenegro, Rumänien, Ungarn, Moldau, Slowakei, Ukraine, Polen, Türkei, Georgien und die Tschechische Republik.
Zu Frage 19:
Zu diesem Thema wird bemerkt, dass grundsätzlich alle Angehaltenen ohne Aufschub, spätestens jedoch innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme ärztlich (präventivmedizinische Aufnahmeuntersuchung) auf ihre Haftfähigkeit zu untersuchen sind; d.h. die Haftfähigkeit ist Bedingung für die Anhaltung eines Menschen in einem Polizeianhaltezentrum.
Seitens des BM.I ist die medizinische Versorgung von psychisch erkrankten Schubhäftlingen durch AmtsärztInnen, HonorarärztInnen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie und, im Falle einer nicht ausreichenden Heilbehandlung im Polizeianhaltezentrum, durch die Überstellung von Schubhäftlingen zu FachärztInnen bzw. in Fachambulanzen sichergestellt. In den Polizeianhaltezentren Wiens erfolgt die psychiatrische Betreuung durch FachärztInnen des Vereins DIALOG. Psychisch auffällige Schubhäftlinge des PAZ St. Pölten werden nach Wien zum Verein DIALOG gebracht. Für die übrigen Polizeianhaltezentren wurden für die Behandlung von Angehaltenen mit psychischen Auffälligkeiten PsychiaterInnnen auf Honorarbasis unter Vertrag genommen.
Zu Frage 20:
Wenn sich Vermerke im Anamnesebogen oder sich im Rahmen der Untersuchung Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Traumatisierung ergeben bzw. psychische Probleme des Häftlings auftreten, erfolgt die Beiziehung von FachärztInnen für Psychiatrie, von denen im Zuge von Explorationen eine eventuelle Traumatisierung abgeklärt bzw. ein Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik empfohlen wird. Bei unklaren psychischen Zuständen kann nach § 7 Abs. 5a der Verordnung des Bundesministers über die Anhaltung von Menschen durch die Sicherheitsbehörden und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, BGBl. II 1999/128 idF BGBl. 2005/439 (kurz AnhO), ein fachärztliches Gutachten eingeholt werden.
Zu den Fragen 21 und 22:
Am Anamnesebogen, der von jedem Schubhäftling bei der Erstuntersuchung ausgefüllt wird, ist unter Frage 17 anzugeben, ob der Schubhäftling jemals oder zuletzt in psychiatrischer Behandlung war. Zudem wird mit dem zuständigen Amtsarzt ein anamnestisches Gespräch geführt, wo explizit nachgefragt wird, ob der Schubhäftling zurzeit extern in therapeutischer Behandlung steht. Falls dies der Fall sein sollte, wird vom zuständigen Amtsarzt in weiterer Folge Kontakt zum/r TherapeutIn hergestellt, um so eine optimale Behandlung zu ermöglichen.
Zu Frage 23:
Erkrankten oder verletzten haftfähigen Personen ist die nötige Heilbehandlung angedeihen zu lassen. Einerseits besteht die Möglichkeit, dass der/die TherapeutIn die angefangene Behandlung fortführen kann, solange der Betroffene die dabei auftretenden Kosten selbst trägt. Gemäß §10 Abs. 5 AnhO steht es Angehaltenen frei, auf ihre Kosten zu ihrer medizinischen Betreuung einen Arzt ihrer/seiner Wahl beizuziehen. Anderseits obliegt dem Polizeiamtsarzt die medizinische Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang eine ambulante Behandlung durchzuführen ist. Einen stationären Aufenthalt eines Schubhäftlings in einer Krankenanstalt regelt § 78 Abs. 7 FPG 2005.
Zu den Fragen 24 und 25:
Festzuhalten ist, dass die Räumlichkeiten des Amtsärztlichen Dienstes nach freien Ressourcen insofern genutzt werden könnten, als dass dort ein therapeutisches Gespräch durchführbar ist. Angemerkt werden darf aber, dass der/die TherapeutIn sich vor Zutritt in die Räumlichkeiten des Polizeianhaltezentrums entsprechend zu legitimieren hat und die Therapiestunde darüber hinaus in Absprache mit dem Kommandanten abzuwickeln hat, um den Dienstbetrieb in einem Polizeianhaltezentrum nicht zu beeinträchtigen.
Zu Frage 26:
Seitens des BM.I bestehen mit der CARITAS, der DIAKONIE und dem Verein Menschenrechte Österreich Förderverträge für die Betreuung von Schubhäftlingen. Diese Organisationen beschäftigen laut eigenen Aussagen psychosoziale Fachkräfte und Personen, die über langjährige Erfahrung in der Schubhaft- bzw. Flüchtlingsberatung verfügen und des Weiteren besonders auf Sprach- und Kulturkompetenz geschult sind. Zudem stehen in den Polizeianhaltezentren neben diversen NGOs, Psychiater für die Behandlung zur Verfügung, um die Betreuung zu gewährleisten.
Zu Frage 27:
Bemühungen in diese Richtung wurden seitens des BM.I bereits mehrmals unternommen, jedoch hat sich in der Praxis immer wieder gezeigt, dass es nur sehr wenige qualifizierte PsychologInnen gibt, die bereit sind, an der Betreuung von Schubhäftlingen mitzuarbeiten.