3892/AB XXIII. GP
Eingelangt am 16.05.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-13.000/0002-I/PR3/2008 DVR:0000175
An die
Präsidentin des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 W i e n
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3900/J-NR/2008 betreffend verkehrspolitische Konsequenzen aus dem achten Umweltkontrollbericht, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 14. März 2008 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Fragen 1 und 2:
In welcher Weise sind Sie den folgenden Empfehlungen (a-j) des Achten Umweltkontrollberichts bereits nachgekommen bzw. haben Sie dort, wo Sie nicht allein zuständig sind, zu deren Umsetzung beigetragen?
a) „Zur Festlegung von Zielen hinsichtlich des Gesamtverkehrsaufkommens und der
Verkehrsmittelwahl sollte ein Gesamtverkehrskonzept erstellt werden. Zur Erreichung
umweltpolitischer Zielsetzungen (Kyoto; NEC; Ziele des Regierungsprogramms) sollte
dieses Konzept auch die Reduktion des Straßenverkehrsaufkommens und die
Verlagerung zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln beinhalten. Die Umsetzung des
Konzepts sollte durch nationale Rechtsvorschriften und andere Instrumente erfolgen“.
b) „Zur Erreichung der umweltpolitischen Zielsetzungen ist die Schaffung von distanz- und
emissionsabhängigen Kostenstrukturen im Verkehrssektor ein wesentliches Werkzeug.
Um eine Anlastung der verursachten Kosten an die Verkehrsträger zu ermöglichen, soll
ein System geschaffen werden, welches eine räumlich begrenzt und/oder zeitlich
variable Kostenanlastung für alle Fahrzeuggruppen im Straßenverkehr ermöglicht“.
c) „Zur Sicherstellung der Erreichung der jeweiligen Ziele sollten die Verkehrsmaßnahmen
der Österreichischen Klimastrategie und der NEC Strategie zügig und umfassend
umgesetzt werden. Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, wären weitere
Maßnahmen, wie z.B. Forcierung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, Förderung
des öffentlichen Verkehrs sowie Rad- und Fußgängerverkehrs zur Erreichung der
Zielvorgaben zu entwickeln.“
d) „Zur Reduktion von Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen sollten anlassbezogene
Geschwindigkeitsbeschränkungen am hochrangigen Straßennetz in Verbindung mit
verstärkter Geschwindigkeitsüberwachung (Section Control) durchgeführt werden.
e) „Zur Verringerung des Verkehrsaufkommens sollten verkehrs- und umweltpolitische
Zielsetzungen in die Raumplanung integriert werden; geeignete Instrumente zur
rechtlich verbindlichen Berücksichtigung der Pläne und Programme sollten geschaffen
werden“.
f) „Zur besseren Anbindung von Individualverkehr und Straßengüterverkehr an den
öffentlichen Verkehr sollen Telematiklösungen im Verkehrssektor ausgebaut sowie
Technologieförderprogramme und Technologieforschungsförderung für (alternative)
Antriebs- und Kraftstofftechnologien forciert werden“.
g) „Zur umweltgerechteren Gestaltung der Fuhrparke der öffentlichen Hand sowie zur
Verstärkung von Nachfrage nach emissions- und verbrauchsarmen Kraftfahrzeugen
sollten Richtlinien im öffentlichen Beschaffungswesen für derartige Fahrzeuge erlassen
werden“.
h) „Zur Unterstützung der Anstrengungen auf Ebene der Mitgliedstaaten zur Gestaltung
eines umweltgerechteren Verkehrssystems sollten auf Ebene der EU eine Reihe von
Maßnahmen ergriffen werden, wie z.B. verstärkter Einsatz biogener Kraftstoffe,
Verschärfung der Emissionsgrenzwertbestimmungen, Infrastrukturförderung im
öffentlichen Verkehr und Kostenwahrheit sowie Einbeziehung des Flugverkehrs in
Klimaschutzmaßnahmen“.
i) „Um die vermehrte Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel zu erreichen, sollten
Anreizmaßnahmen verstärkt werden, die das Umsteigen von Pkw auf öffentlichen
Verkehr fördern. Ökonomische Maßnahmen zur Förderung von Fuß- und
Radwegeverkehr und der Benützung des öffentlichen Verkehrs sollten geschaffen und
ausgebaut werden“.
j) Zur Förderung von klimaschonendem Mobilitätsmanagement sollte das Klimaaktiv-mobil-
Förderprogramnn (klima:aktiv Spritsparend fahren, Masterplan Radverkehr etc.) ausgebaut
werden. Die Integration der umweltfreundlichen Mobilität in internationalen Projekten für
Verkehr, Umwelt und Gesundheit (v.a. EU-Interregprogramme, Alpenkonvention) sollte
forciert werden, die Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern und älteren Menschen
im Verkehr sollte verbessert werden“.
Soweit Sie den in Frage 1 Punkt a-j zitierten Empfehlungen des Achten Umweltkontrollberichts im Bereich Verkehr noch nicht nachgekommen sind bzw. noch nicht zu ihrer Umsetzung durch andere (Mit)Zuständige beigetragen haben: In welcher Weise und wann werden Sie den Empfehlungen (a-j) des Achten Umweltkontrollberichts nachkommen bzw. dort, wo Sie nicht allein zuständig sind, zu deren Umsetzung beitragen?
Antwort:
Bis zum Jahr 2010 werden rund 6,4 Milliarden Euro in den Ausbau des Schienennetzes investiert, deutlich mehr als in das hochrangige Straßennetz. Das zeigt, dass Investitionen in den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene besonders hohe Priorität haben, und dass diesem im Infrastrukturrahmenplan ein besonders hoher Stellenwert zukommt.
Die nachhaltige Verlagerung des Güterschwerverkehrs von der Straße auf die Schiene wird durch die Verwirklichung eines Maßnahmenbündels aus Marktordnungspolitik, Fiskal- und Preispolitik (Mauten, Schienenbenützungsentgelt, Steuern und Abgaben), Infrastruktur- und sonstiger Angebotspolitik, sowie Geboten und Verboten angestrebt.
Zentralen Stellenwert nimmt hier die Realisierung des Prinzips der Kostenwahrheit ein. Diesbezüglich wird dem für Mitte 2008 von der Europäischen Kommission in Aussicht gestellten Vorschlag zur Änderung der Wegekostenrichtlinie maßgebliche Bedeutung zukommen, wobei vor allem die Möglichkeit der Einbeziehung externer Kosten in die Mauthöhe jedenfalls in langfristiger Perspektive ein verursachergerechtes Niveau der Straßenbenützungsgebühren ermöglichen sollte. Insbesondere die Internalisierung der externen Kosten des Straßengüterverkehrs wird hier zentralen Stellenwert haben, zumal die Mauthöhe ein entscheidendes Kriterium für die Nutzung einer alternativen Infrastruktur auf derselben Strecke darstellt. Ich werde mich auf Ebene der europäischen Union auch weiterhin sehr für die diesbezügliche Änderung der Wegekostenrichtlinie einsetzen.
Die LKW-Maut auf österreichischen Autobahnen wurde im Jahr 2007 um durchschnittlich 4,2 Cent pro Kilometer angehoben. In Verbindung mit der Anhebung der MöSt um 3 bzw. 5 Cent pro Liter war dies im Rahmen der österreichischen Möglichkeiten ein erster Schritt zur Kostenwahrheit im LKW-Verkehr.
Darüber hinaus wird mit 1. Jänner 2010 gemäß Bundesstraßen-Mautgesetz i.g.F. eine weitere Ökologisierung der LKW-Maut über eine Differenzierung der Mauttarife nach Euro-Emissionsklassen erfolgen.
Im Zusammenhang mit der Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger stellt die Förderung des Kombinierten Verkehrs eine grundlegende Zielsetzung der österreichischen Verkehrspolitik dar, die wesentlich dazu beitragen kann, die durch die geographische und topographische Situation Österreichs insbesondere im Bereich des Straßengüterverkehrs gegebenen Belastungen zu reduzieren. Angesichts der wachsenden Verkehrsströme in und durch Österreich, insbesondere auf der Straße, hat Österreich daher schon frühzeitig Maßnahmen ergriffen, um umweltfreundlichere Verkehrsarten wie den Kombinierten Verkehr zu fördern. Diese Maßnahmen umfassen finanzielle Förderungen (Investitionsbeihilfen, Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur), steuerliche Maßnahmen (Begünstigungen bei der Kraftfahrzeugsteuer), ordnungspolitische Rahmenbedingungen (z.B. Liberalisierungen, Ausnahmen von temporären Fahrverboten für Vor- und Nachlauf) und Infrastrukturmaßnahmen (für den Schienenverkehr und den Kombinierten Verkehr). Die stetig steigende Verkehrsentwicklung der letzten Jahre zeigt die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit dieser Fördermaßnahmen auf. Durch die Förderung des Kombinierten Verkehrs und der Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsträger wie Schiene (z.B. Anschlussbahnförderung für Unternehmer) und Schiff wird auch ein wichtiger Beitrag zu einer nachhaltigeren Verkehrsentwicklung, einer Erhöhung der Verkehrssicherheit und einer Verringerung der Umweltbelastungen, insbesondere der CO2-Emissionen, geleistet.
Auf Basis der Bestimmungen der §§ 24 Abs. 2 und 26 Abs. 3 ÖPNRV-G 1999 konnten in den letzten Jahren mit Hilfe von finanziellen Stützungen des Verkehrsressorts weitere zusätzliche Verkehrsangebote über das Grundangebot geschaffen werden. Auch in dünn besiedelten Gebieten oder zu Schwachlastzeiten (wo ein Linienverkehr im Rahmen des Kraftfahrliniengesetzes zu wirtschaftlich zumutbaren Bedingungen nicht betrieben werden kann) konnte in vielen Fällen die Einrichtung alternativer Betriebsformen (Rufbusse, Anrufsammeltaxis etc.) als Grundlage für eine entsprechende Daseinsvorsorge öffentlicher Verkehrsmittel forciert werden.
Durch die Etablierung des Klima- und Energiefonds im Jahre 2007 und damit verbundenen zusätzlichen finanziellen Stützungen des Bundes konnten und können weitere Angebotsverbesserungen im Rahmen des Betriebes des ÖPNRV eingeführt werden.
Wie im Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode geplant, wird daran gearbeitet und mit den regionalen Anbietern verhandelt, dass es ab dem Jahr 2009 möglich sein soll, sämtliche öffentliche Verkehrsmittel in Österreich – in Form einer Jahreskarte – mit einem einzigen Fahrausweis zu benützen.
Als anlassbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen im hochrangigen Straßennetz zur Reduktion von Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen sind Anfang November 2007 in Tirol (an der A 12 zwischen Kufstein und Zirl) sowie Anfang des Jahres 2008 in Oberösterreich (an der A1 zwischen Enns und dem Knoten Linz) immissionsgesteuerte Verkehrsbeeinflussungsanlagen in Betrieb gegangen. Weitere Maßnahmen an anderen Stellen des hochrangigen Straßennetzes sind in Planung.
Die Aufnahme verkehrs- und umweltpolitischer Zielsetzungen zur Verringerung des Verkehrsaufkommens liegt im Interesse des BMVIT, Überlegungen für den Bereich der Raumplanung können aufgrund fehlender Bundeskompetzenz nur vorgeschlagen, nicht aber im eigenen Wirkungsbereich umgesetzt werden.
Telematiklösungen im Güterverkehr spielen schon heute eine wichtige Rolle. Als konzeptive Grundlage hat das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie bereits einen wegweisenden Telematikrahmenplan ausgearbeitet. Dieser legt Grundsätze fest und bietet eine Richtschnur für den Telematikeinsatz in Österreich. Sofern der Einsatz der Telematik zur effizienteren und damit umweltschonenderen Abwicklung des Verkehrs auf österreichischen Bundesstraßen betroffen ist, kann auf die Realisierung entsprechender Maßnahmen im Bereich der ASFINAG verwiesen werden. Bis 2007 hat die ASFINAG 136 Mio Euro in den Aufbau telematischer Einrichtungen investiert. In den Jahren 2008 bis 2010 sind Investitionen von 166 Mio Euro vorgesehen, nach 2010 weitere 209 Mio Euro. Das bedeutet, das Investitionspaket für telematische Maßnahmen wird im Jahr 2010 bereits zu rund zwei Drittel umgesetzt sein. Erfahrungen aus der Umsetzung der VBA Tirol A12/A13 und fachkundige Vorher-Nachheruntersuchungen deuten darauf hin, dass Staus durch den Einsatz der Telematik um 20% reduziert werden konnten, entsprechend kann der Verkehr erheblich effizienter abgewickelt werden. Dies führt auch zu einer wesentlichen Einsparung von Emissionen. Hochrechnungen deuten daraufhin, dass durch die Umsetzung telematischer Maßnahmen auf dem hochrangigen Straßennetz (Autobahnen und Schnellstraßen) über 600 Tonnen an NOx und fast 90.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden können.
Auch in der Binnenschifffahrt führt die Einführung von „River Information Services“ (RIS) zu einer weiteren Effizienzsteigerung, und somit zu einer weiteren Attraktivierung des Transportweges Wasserstraße.
Auch die Technologieforschungsförderung für Antriebs- und Kraftstofftechnologien hat einen hohen Stellenwert im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Im Rahmen der F&E-Förderung des bmvit gibt es seit 2002 ein Impulsprogramm namens A3 bzw. A3 plus, in dem die Optimierung von konventionellen Antriebssystemen als auch die Förderung alternativer Antriebe und Treibstoffe gefördert wird. Im Rahmen von A3 wurden im Zeitraum 2002 bis 2006 insgesamt 78 Projekte und 8 Leitprojekte mit einem Fördervolumen von 23,7 Mio € gefördert. In dem neu ausgerichteten FTE-Programm A3 plus erfolgte die Konzentration auf alternative Antriebe und Treibstoffe. 2007 wurde dazu die erste Ausschreibung im F&E Bereich durchgeführt; 18 Projekte werden mit einer Fördersumme von 4,8 Mio € unterstützt. In der 2. Ausschreibung mit dem Fokus Leitprojekte wurden 4 Projekte mit einer Fördersumme von rd. 2 Mio € ausgewählt. Mit der gezielten Forschungsförderung konnten im Bereich der alternativen Antriebe und Treibstoffe bereits wichtige Impulse gesetzt, und der Kompetenzaufbau der österreichischen Autozulieferindustrie erhöht werden. So wurden alleine im Themengebiet Brennstoffzelle und Wasserstoff 47 Projekte gefördert.
Meinem Ressort fällt grundsätzlich keine Kompetenz zur Richtlinienerstellung im Bereich des Beschaffungswesens zu. Fahrzeuge des Bundes werden ausnahmslos durch die Bundesbeschaffungs GmbH beschafft. Hiezu ist mir bekannt, dass es einige umweltrelevante Maßnahmen in diesem Zusammenhang gibt, u.a. hat die BBG in einem Akt der Selbstbindung die seitens des BMLFUW erarbeiteten Richtlinien im Rahmen des Klimaschutzprogramms „Klima aktiv“ übernommen. Weiters wird bei jeder Ausschreibung die gültige Euronorm (derzeit Euronorm 4), die die höchstzulässigen Abgaswerte regelt, berücksichtigt. Zusätzlich sind der CO2 Ausstoß und der Treibstoffverbrauch ein gewichtetes Bewertungskriterium.
Die Emissionsgrenzwerte für die einzelnen Fahrzeugkategorien werden in den einschlägigen EU-Richtlinien kontinuierlich verschärft. Die Behandlung dieser Richtlinien erfolgt im Umwelt-Ministerrat, weshalb die Verhandlung dieser Richtlinienänderungen in die federführende Zuständigkeit des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft fällt, welches durch mein Ressort entsprechend unterstützt wird.
Das Umsteigen vom PKW auf umweltfreundliche Verkehrsmittel und damit verbunden die Attraktivierung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs war und ist dem Verkehrsressort auch aus ökologischen Gesichtspunkten ein wichtiges Anliegen.
Darüber hinaus wurde im Jahr 2007 die Normverbrauchsabgabe ökologisiert, was zu einer Begünstigung von Fahrzeugen mit geringem CO2 -Ausstoß führt.
Selbstverständlich sind auch der Rad- und Fußverkehr ein wichtiger Bestandteil der umweltfreundlichen Mobilität, dem in meinem Ressort immer stärkere Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Unabhängig vom Klimaaktiv-Förderprogramm, soll das spritsparende Fahren stark forciert werden. Es ist beabsichtigt, durch eine Änderung der Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung das spritsparende Fahren als wesentlichen Schwerpunkt der 2. Perfektionsfahrt im Rahmen der Mehrphasenausbildung zu verankern. Ein entsprechender Entwurf soll im 2. Quartal 2008 in Begutachtung gehen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Faymann