3948/AB XXIII. GP

Eingelangt am 28.05.2008
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

GZ. BMVIT-11.000/0005-I/PR3/2008     DVR:0000175

 

 

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a  Barbara Prammer

 

Parlament

1017 W i e n

 

Wien,                    2008

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4001/J-NR/2008 betreffend legale und sonstige Transporte radioaktiven Materials durch Österreich, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 3. April 2008 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

Wie viele deklarierte Transporte radioaktiven Materials sind in den letzten Jahren a) im Straßenverkehr, b) im Schienenverkehr, c) bei anderen Verkehrsträgern durch Österreich geführt worden?

 

Antwort:

In den letzten beiden Jahren wurden dem BMVIT gemäß den Erfordernissen des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) fünf Transporte gemeldet. Meldungen sind z.B. in Fällen erforderlich in denen bestimmte Grenzwerte bei radioaktiven Material überschritten werden. Grundsätzlich sind Beförderungen von radioaktivem Material – wie von anderen Gefahrgütern auch – unter Einhaltung der generellen Vorschriften zulässig, also ohne Beteiligung der Behörden im Einzelfall. Daher gelangen sie diesen im Regelfall auch nicht zur Kenntnis.

Aus den vorhandenen Verkehrsleistungsstatistiken von Statistik Austria und Eurostat lässt sich die Frage gleichfalls nicht beantworten.

Adressat von Meldungen gemäß § 10a StrahlenschutzG über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von radioaktiven Stoffen ist der BMLFUW.

 

Frage 2:

Welche Routen sind dabei a) im Straßenverkehr, b) Schienenverkehr, c) bei anderen Verkehrsträgern hauptsächlich befahren worden?

 

 

Antwort:

Wie sich aus der Beantwortung der Frage 1 erkennen lässt, kann das für den Großteil der Beförderungen nicht gesagt werden. Die gemeldeten Beförderungen fanden auf unterschiedlichen Routen statt, sowohl im Ost-West- wie auch im Nord-Süd-Verkehr.

 

Frage 3:

Wie viele Fälle falsch deklarierter Transporte radioaktiven Materials sind in den letzten Jahren a) im Straßenverkehr, b) im Schienenverkehr, c) bei anderen Verkehrsträgern in Österreich bekannt geworden?

 

Antwort:

Die Richtlinie 95/50/EG über einheitliche Verfahren für die Kontrolle von Gefahrguttransporten auf der Straße sieht zwar statistische Meldungen vor, unterscheidet festgestellte Mängel jedoch nur nach drei Gefahrenkategorien. Die Kontrollberichte, die gemäß § 22 GefahrgutbeförderungsG (GGBG) an mich gelangen, sind daher nicht so detailliert, dass daraus diese Frage beantwortet werden könnte. Bezüglich anderer Verkehrsträger liegen uns derzeit noch keine Daten vor.

 

Fragen 4 und 5:

Wie hoch schätzen Sie bzw. Ihre ExpertInnen die Dunkelziffer ein?

 

Trifft es zu, dass Transporte radioaktiven Materials absichtlich falsch deklariert werden?

 

Antwort:

Das BMVIT verfügt über keine diesbezüglichen Informationen.

 

Fragen 6, 7 und 8:

Trifft es zu, dass Transporte radioaktiven Materials mit Wissen der Behörden absichtlich falsch deklariert werden, damit die Bevölkerung nicht beunruhigt wird? Falls nein – auf welcher Grundlage können Sie dies verlässlich ausschließen?

 

Um welche „mitwissenden“ Behörde(n) bzw. BehördenvertreterInnen handelt es sich bzw. müsste es sich gegebenenfalls handeln?

 

Trifft es zu, dass absichtlich mit Wissen der Behörden falsch deklarierte Transporte radioaktiven Materials hauptsächlich frühmorgens durchgeführt werden, damit die Bevölkerung nicht beunruhigt wird? Falls nein – auf welcher Grundlage können Sie dies verlässlich ausschließen?

 

 

 

Antwort:

Der den Gegenstand der Anfrage bildende Vorfall zeigt mit aller Deutlichkeit, dass den zum Vollzug des Gefahrgutrechts berufenen Behörden und deren Kontrollorganen keine Mitwisser bei mangelhaften Beförderungen radioaktiven Materials vorgeworfen werden kann.

 

Fragen 9 und 10:

Wie ist der gegenständliche Transport falsch deklarierter radioaktiver Güter an einem Feiertag (Ostermontag) mit dem in Österreich geltenden Lkw Wochenend- und Feiertagsfahrverbot in Übereinstimmung zu bringen?

 

Welche Behörde hat diesen Transport an einem Feiertag durch welche Ausnahme-, Sonder- o.ä. -genehmigung ermöglicht und mit welcher Begründung?

 

Antwort:

Der Lenker hat die Beförderung dadurch mit dem österreichischen LKW-Wochenend- und Feiertagsfahrverbot in Übereinstimmung gebracht, dass er zur betreffenden Zeit geschlafen hat. Genehmigung ist dafür keine erforderlich. Hinweise auf Verstöße vor der Kontrolle enthält die Anzeige nicht.

 

Fragen 11 und 12:

Hat es Rechtsfolgen (folgend aus dem Verstoß gegen die internationalen Festlegungen zum Gefahrguttransport auf Straße/Schiene: ADR/RID) zumindest für den Auftraggeber des Transports gegeben und wird dieser auch für allfällige Folgekosen wegen der Personenverstrahlung haftbar gemacht?

 

Wenn nein: warum nicht?

 

Antwort:

Am 14. April 2008 wurden die Beteiligten (Lenker, Beförderer, Absender, Verlader und Verpacker) wegen Verstößen gegen das GGBG bei der BH Neusiedl am See angezeigt.

Ob die Strahlenbelastung die Gesundheit der Kontrollorgane beeinträchtigt hat, ist noch nicht abschließend geklärt. Eine allfällige Haftung wäre allerdings nicht vom BMVIT, sondern vom BMI geltend zu machen.

 

Frage 13:

Ist die Verstrahlung der Beamten auf die ursprünglich falsche Deklarierung zurückzuführen?

 

Antwort:

Laut Auskunft des BMI hätten sich die Kontrollorgane bei Angabe eines etwa um die Hälfte höheren Transportindex, von dem die Anzeige bei einem der Versandstücke ausgeht, nicht wesentlich anders verhalten.

 

Frage 14:

Ist ein Grund/ein vermutliches Motiv für die falsche Deklarierung ersichtlich?

 

Antwort:

Wie weit die tatsächlichen Angaben von den erforderlichen abweichen ist – ebenso wie die Hintergründe dafür – noch Gegenstand von Untersuchungen (durch BH Neusiedl und BMVIT). Auf ein systematisches Vorgehen zur Verschleierung von Gefahren lässt die Darstellung des Vorfalls in den mir vorliegenden Unterlagen nicht schließen.

 

Frage 15:

Stand die transportierte Neutronenquelle in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Rest der Ladung? Gab es verschiedene Auftraggeber?

 

Antwort:

Der CMR-Frachtbrief weist eine einheitliche Sendung aus.

 

Frage 16:

War die Ladung wenigstens ordnungsgemäß gesichert (etwa gegen Kontamination der Umgebung bei Verwicklung in einen Unfall?

 

Antwort:

Den meinem Ressort vorliegenden Unterlagen zufolge war die Ladungssicherung nicht zu beanstanden.

 

Frage 17:

Gab bzw. gibt es Informationen an andere Grenzposten über diesen Vorfall und die beteiligten Unternehmen?

 

Antwort:

Zu dieser Frage liegen mir keine Informationen vor.

 

Frage 18:

Wie beurteilen Sie vor dem Hintergrund dieses Vorfalls die wiederholten Verwässerungen der innerstaatlichen Bestimmungen im Bereich des Gefahrguttransports in den letzten Jahren und was werden sie tun, um die dadurch entstandenen bzw. verstärkten Risken für andere VerkehrsteilnehmerInnen, die StraßenanrainerInnen und die Umwelt, aber auch das Kontrollpersonal wieder zu reduzieren?

 

Antwort:

Es hat keine Änderungen des GGBG gegeben, die Fehldeklarationen erleichtern oder die Sicherheit der anderen VerkehrsteilnehmerInnen, der StraßenanrainerInnen, der Umwelt oder der Kontrollorgane erhöhten Risiken aussetzen. Nationale Abstriche wären bei den auf Völker- und Gemeinschaftsrecht beruhenden Gefahrgutvorschriften auch gar nicht zulässig. Vielmehr haben die Kontrollorgane in Umsetzung der aktuellen Fassung der bereits erwähnten Richtlinie die Möglichkeit erhalten, je nach Gefahrengrad schneller und adäquater sowohl auf Mängel als auch auf deren Behebung zu reagieren.

Darüber hinaus hat die jüngste GGBG-Novelle das bei größeren Reparaturen oder weiter bestehenden schwereren Mängel anschließende Verwaltungsverfahren gestrafft. Nun hat die Kontrollbehörde mit den häufig bereits beigezogenen Sachverständigen gleich selbst definitiv über das weitere Vorgehen zu entscheiden, statt nach einem provisorischen Bescheid die Sache zwingend dem Landeshauptmann vorzulegen. Das sollte der Sicherheit auf und neben der Straße deutlich mehr genützt als geschadet haben.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Werner Faymann