3950/AB XXIII. GP
Eingelangt am 28.05.2008
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-10.000/0023-I/PR3/2008 DVR:0000175
Präsidentin des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 W i e n
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4111/J-NR/2008 betreffend Nachhaltigkeit bei Bahnhofsneubauten, insbesondere in Sachen Energie, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 16. April 2008 an mich gerichtet haben, beehre ich mich unter Verwendung einer Stellungnahme der ÖBB-Holding AG wie folgt zu beantworten:
Fragen 1 und 2:
Wie bemisst sich bei den bisher neu errichteten Bahnhofsgebäuden im Rahmen der Bahnhofsoffensive der ÖBB – wie zB den Bahnhöfen Linz und Wels – der laufende Energieaufwand im Vergleich zu den Vorgängerobjekten? Wir ersuchen um Aufschlüsselung je Bahnhof sowie um Aufschlüsselung auf Heizaufwand, Kühlaufwand, sonstigen Stromverbrauch, sonstigen Energieverbrauch außer Strom sowie um Angabe der Energiekennzahlen.
Wie wird sich bei den in Bau oder Bauvorbereitung befindlichen Bahnhofsgebäuden im Rahmen der Bahnhofsoffensive der ÖBB – wie zB den Wiener Haupt-/Zentralbahnhof – der laufende Energieaufwand im Vergleich zu den Vorgängerobjekten bemessen? Wir ersuchen um Aufschlüsselung je Bahnhof sowie um Aufschlüsselung auf Heizaufwand, Kühlaufwand, sonstigen Stromverbrauch, sonstigen Energieverbrauch außer Strom sowie um Angabe der Energiekennzahlen.
Antwort:
Die ÖBB teilen mir mit, dass der vermehrte Einsatz von Glas bei privaten und öffentlichen Bauten heutzutage dank technologischer Errungenschaften der Glasindustrie weitgehend unproblematisch und Stand der Technik ist. Im öffentlichen Bereich sind offene, transparente Gebäude weltweit Standard und bieten neben einem freundlichen und natürlich belichteten Ambiente vor allem Sicherheit und Überschaubarkeit. Wärmegewinne durch Verglasungen sind vor allem im Winter möglich und erwünscht.
Das Konzept des Aufnahmegebäudes Linz Hauptbahnhof basiert auf einer Tieferlegung der Halle auf das Niveau der Zugangstunnel zu den Bahnsteigen. Alle Außenwände dieses Geschoßes sind in Massivbauweise errichtet und dem Stand der Technik (2002) entsprechend wärmegedämmt. Dasselbe gilt für den 3-seitigen Massivbaukörper im Erdgeschoss. Ausschließlich das Hallendach wurde in Stahlbauweise errichtet und mit Satteloberlichten sowie der zum Vorplatz orientierten Glasfassade natürlich belichtet. Da die Halle, mit Ausnahme der Freisitzzonen, nicht beheizt wird und der Südanteil der Sonneneinstrahlung weitgehend reduziert wurde, ist kein messbarer Heiz- bzw. Kühlbedarf für die Halle gegeben. Um eine zumutbare Aufenthaltsqualität im UG sicherzustellen wurde bei allen Zugängen eine Torluftschleieranlage erforderlich.
Das Konzept des Aufnahmegebäudes Wels Hauptbahnhof basiert auf einem transparenten Sockelgeschoß, einem dem Stand der Technik (2002) entsprechenden, wärmegedämmten Keller und einem Obergeschoß in Massivbauweise. Durch die Auskragung des Obergeschoßes konnten nicht nur die Nutzflächen im Obergeschoß erweitert, sondern auch eine sommerliche Beschattung der transparenten Südfassade im Erdgeschoß erreicht werden.
Beim Hauptbahnhof Wien liegen noch keine aussagekräftigen Kennzahlen für einen Vergleich zum derzeit noch bestehenden Objekt vor. Die Erstellung eines Gesamtenergie- und Instandhaltungskonzeptes wurde jedoch bereits beauftragt und ist in Arbeit.
Die Bedeutung von Energiekennzahlen von Aufnahmegebäuden tritt gegenüber anderen Kriterien wie z.B. Funktionalität, Behaglichkeit und Sicherheit für die Fahrgäste naturgemäß in Konkurrenz. Die eigentlichen Bahnhofseinrichtungen wie z.B. Fahrkartenschalter in Bahnhofshallen werden von Fahrgästen in der Regel nur kurze Zeit benutzt bzw. in Anspruch genommen, wobei durchaus akzeptiert wird, dass derartige Räumlichkeiten ähnliche Temperaturverhältnisse aufweisen, wie sie außerhalb des Gebäudes herrschen, sofern sie sonst einen ausreichenden Witterungsschutz bieten. Unter diesem Gesichtspunkt sind die für Heizung und Kühlung anfallenden Kosten für den allgemeinen Aufenthaltsbereich von Bahnhöfen im Verhältnis zu den gesamten Betriebskosten eher von untergeordneter Bedeutung.
Fragen 3 bis 6:
Welche Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien – wie z.B. solare Wärme-/Kältegewinnung, Photovoltaik – wurden im Zuge der bereits abgeschlossenen Bauvorhaben im Rahmen der Bahnhofsoffensive umgesetzt?
Aus welchen Gründen wurden bei den Bauvorhaben ohne Nutzung erneuerbarer Energien – wie zB solare Wärme-/Kältegewinnung, Photovoltaik – auf die Nutzung dieser Möglichkeit verzichtet, obwohl doch großflächige Hallendächer oder auch ohnedies teilweise beschattungswürdige Glasflächen bestens hiefür geeignet wären?
Welche Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien – wie z.B. solare Wärme-/Kältegewinnung, Photovoltaik – werden im Zuge der in Bau oder in Bauvorbereitung befindlichen bzw. der noch darüber hinaus geplanten Bauvorhaben im Rahmen der Bahnhofsoffensive umgesetzt?
Falls auch bei Bauvorhaben aus dieser Kategorie auf die Nutzung erneuerbarer Energien – wie z.B. solare Wärme-/Kältegewinnung, Photovoltaik – verzichtet werden soll – was ist die Begründung dafür?
Antwort:
Wie in allen anderen Bereichen sind die ÖBB auch bei der Gestaltung von Bahnhofsgebäuden um umweltfreundliche Maßnahmen bemüht. Insbesondere wird der Einsatz folgender ressourcen- und energieschonender Maßnahmen projektspezifisch überprüft (Kosten – Nutzen – Image) und nach nachgewiesener Wirtschaftlichkeit auch realisiert:
- Solar- bzw. Photovoltaikanlagen
- Wärme bzw. Kälteerzeugung über Grundwasser
- Energietechnische Optimierung der Architektur
- Erdspeicher
- Brennwerttechnologie bei der Befeuerung mit Gas
- Wärmepumpen
- sensorgesteuerte Wasserarmaturen (z.B.: in allgemeinen WC-Anlagen)
- Einsatz der Gebäudeleittechnik für Beleuchtung
Der Bereich der Photovoltaik gilt derzeit aufgrund der hohen Investitionskosten bei der Gestaltung von Bahnhöfen als unwirtschaftlich, wird jedoch in Hinblick auf den Fortschritt der Technologie und der Effizienz weiter evaluiert. Geothermie wird beim Projekt Wien Hauptbahnhof zum Einsatz kommen.
Frage 7:
Wie stellen sich im Bahnhofsbereich integrierte größere Glasflächen und -elemente im Hinblick auf die Erhaltungskosten – z.B. Reinigung, Ersatz wegen Vandalismus oder sonstiger Beschädigung – im Vergleich zu Massivbauten dar?
Antwort:
Im Hinblick auf wirtschaftliche Erhaltung, dauerhaft gepflegtes Aussehen, Brandschutz, Beständigkeit gegen Vandalismus und Sprayer, sowie leichte Reinigung (Nassreinigung für Innen- und Außenbereiche) werden bei der Gestaltung von Bahnhofgebäuden Materialien verwendet, mit denen in der Vergangenheit bereits positive Erfahrungen gemacht wurden.
Die Kosten für Glas- und Sonderreinigungen betragen im Durchschnitt:
· Glasreinigung bis 4 m: 2,20 €/m²
· Glasreinigung ab 4 m: 3,70 €/m²
· Glasreinigung ab 12 m: 4,80 €/m²
Im Vergleich dazu belaufen sich die Kosten für Sonderreinigungen von Fassaden in Bahnhöfen mit Massivbauweise auf 2,00 bis 3,80 €/m², je nach vorhandener Hydrophobierschicht.
Für die Beseitigung von Vandalismusschäden (im Speziellen Graffiti) ist die Art der Fassade von untergeordneter Bedeutung. Der Preis richtet sich vielmehr nach dem Ausmaß der Schäden, der zu entfernenden Menge, der Art des Farbauftrags, der zu leistenden Ausbesserungsarbeiten (Malerarbeiten) und der Art des prophylaktischen Graffitischutzes. Über erhöhte Vandalismusschäden an Glasfassaden (außer Graffiti) gibt es aufgrund sehr geringer Vorkommnisse keinerlei Aufzeichnungen.
Frage 8:
Wie stellen sich die Energiekennzahlen sowie der Heiz- und der Kühlaufwand bei den von ÖBB-Holding und ÖBB-Teilgesellschaften in Wien in den letzten Jahren bezogenen Bürogebäuden im Vergleich zu den zuvor von den entsprechenden Unternehmenseinheiten bzw. MitarbeiterInnen genutzten Gebäuden dar?
Antwort:
Die von den Konzerngesellschaften der ÖBB in den letzten Jahren bezogenen Bürogebäude entsprechen durchwegs dem Stand der Technik. Die Altgebäude waren hingegen zum Teil noch mit sehr veralteten Heizsystemen (Ölheizungen, Schwerkraftheizungen mit schlechten Wirkungsgraden) ausgestattet. Mit der Besiedelung der neuen Büroflächen wurde zudem der Flächenverbrauch pro Mitarbeiter erheblich gesenkt, womit auch der Energieaufwand pro Mitarbeiter durch die anteiligen geringeren Allgemeinflächen optimiert wurde.
Frage 9:
Beim Umbau/Neubau des Bahnhofs Wels wurde – anders als in Linz – nicht die vorhandene Unterführung mitrenoviert, sondern es wurden in dieser die Zugsanzeigen entfernt und der Aufgang zu Gleis 1 baulich blockiert, obwohl die betreffende Stelle nicht verbaut oder anderweitig genutzt wird. Dies verdoppelt für die Fahrgäste die Zeit des Gleiswechsels, weil die neue Überführung doppelt so viele Stufen im Auf- und Abstieg zählt wie die alte Unterführung.
Ist es nachhaltig, vorhandene Infrastruktur zu zerstören, umso mehr, wenn damit Nachteile für die NutzerInnen verbunden sind?
Antwort:
Das Projekt Bahnhofsoffensive Wels Hauptbahnhof ging im Sinne der Attraktivierung des öffentlichen Personenverkehrs von einer Verschiebung der Haupterschließungsachse in die Achse des Busterminals aus. Weiters wurde vom Sieger des Architekturwettbewerbes vorgeschlagen, die Bahnsteigerschließung mittels Steg zu realisieren. Diesem Konzept folgend wurde die Auflassung der bestehenden (nicht barrierefreien!) Unterführung im Rahmen des Behördenverfahrens beantragt. Auf Wunsch der Stadt Wels wird dieser Tunnel jedoch als weitere Fahrradabstellanlage offen gehalten.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Faymann