3952/AB XXIII. GP

Eingelangt am 28.05.2008
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0061-Pr 1/2008

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 3986/J-NR/2008

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Manfred Haimbuchner und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Angriffe durch Haftinsassen“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Am 19. August 2004 griff ein Insasse der Justizanstalt Stein mehrere Justizwachebeamte und einen Strafgefangenen mit einem Messer an. Der Insasse war mit dem HI-Virus (Humanes Immundefizienz-Virus) infiziert. Weder der Einsatz des Rettungsmehrzweckstockes noch von Pfefferspray oder Tränengas zeigten Wirkung. Der Insasse musste schließlich von den Beamten durch körperlichen Einsatz am Boden fixiert werden. Alle acht Justizwachebeamten wurden bei diesem Vorfall derart verletzt, dass eine Infektion mit dem Hepatitis- und dem HI-Virus nicht ausgeschlossen werden konnte. Die betroffenen Beamten mussten im pulmologischen Institut auf der Baumgartner Höhe behandelt werden. Zur Infektionsvorbeugung wurden sofort Infusionen verabreicht. Insgesamt mussten die Bediensteten über mehrere Monate intensiv medikamentös behandelt werden. Die Folgen dieser Behandlung waren neben physischen Beschwerden wie Haarausfall und Übelkeit auch psychische Stressreaktionen, die monatelange Betreuung und Unterstützung erforderte. Das familiäre Leben der – allesamt jungen – Bediensteten war erheblich gestört.

Zu 4 und 5:

Aufgrund des Datenschutzgesetzes 2000 und der ärztlichen Schweigepflicht werden medizinische Daten von Insassen – somit auch jene über ansteckende Krankheiten – nicht statistisch erfasst. Ausgenommen davon sind lediglich meldepflichtige Krankheiten wie etwa Tuberkulose. Es ist daher nicht möglich, die Anzahl der Insassen anzugeben, die an ansteckenden, gefährlichen Krankheiten leiden.

Da im Einzelnen nicht bekannt ist, ob ein Insasse bzw. eine Insassin an einer ansteckenden, gefährlichen Krankheit leidet, haben die JustizwachebeamtInnen bei ihrer Arbeit davon auszugehen, dass jeder infiziert sein könnte.

Bei Haftraumdurchsuchungen bzw. bei aggressiven Insassen stehen den Bediensteten folgende Hilfsmittel zur Verfügung:

·        Einweghandschuhe (jedem Bediensteten)

·        Einwegoveralls (jedem Bediensteten)

·        Schnittfeste Handschuhe (Einsatzgruppe)

·        Schutzhelme mit Gesichtsschutz (Einsatzgruppe)

Im Rahmen der Ausbildung werden die JustizwachebeamtInnen ferner über die Gefahren und den Umgang mit Infektionskrankheiten geschult.

Zu 6:

Es kam in diesem Zeitraum zu keinen Ansteckungen.

Zu 7 und 9:

Im Jahre 2007 wurden 57 Aggressionshandlungen gegen JustizwachebeamtInnen registriert, bei denen 19 JustizwachebeamtInnen verletzt wurden.

Zu 8 und 10:

Von 1. Jänner bis 1. März 2008 wurde ein Vorfall berichtet, bei dem es zu einer Körperverletzung eines Justizwachebeamten kam.

Zu 11:

Vorangestellt sei, dass eine durch einen Dienstunfall ausgelöste Abwesenheit vom Dienst grundsätzlich nicht zu einer Einstellung der Gehaltsauszahlung und der Auszahlung von pauschalierten Nebengebühren führt. Lediglich die im Hinblick auf den Schicht- und Wechseldienst zu erbringenden Mehrdienstleistungen können mangels Erbringung nicht mehr entgolten werden.

Die im Zusammenhang mit einem Dienstunfall entstandenen Schmerzengeldforderungen, Kosten von Heilbehandlungen etc müssen zunächst unmittelbar beim Schädiger geltend gemacht werden. Bei Vorliegen derartiger Anträge hat die Behörde den Bediensteten auf das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz (WHG) zu verweisen. Nach Vorliegen eines rechtskräftigen Urteiles und der Uneinbringlichkeit des Schadenersatzanspruchs beim Täter übernimmt der Bund nach den Bestimmungen des WHG vorläufig die Ansprüche des betroffenen Bediensteten und zwar durch die Gewährung eines Vorschusses in der Höhe des im Urteil festgesetzten Betrages. Der Bund leistet damit als Träger von Privatrechten an den Wachebediensteten einen Vorschuss, ein Anspruch auf die Leistung besteht gemäß § 9 Abs. 4 WHG aber nicht.

In Entsprechung dieser Vorgaben wurden Vorschüsse an drei Justizwachebedienstete ausbezahlt.

Zu 12:

Die Vorschüsse betrugen in den beiden ersten Fällen 2.091,40 Euro und 1.609,50 Euro. Die dritte Vorschusszahlung belief sich auf 5.000 Euro.

Zu 13:

Bezirksinspektor Wolfgang L. hat bisher keinen Vorschuss auf Basis des WHG erhalten. Vielmehr wurde er erstmals im Juli 2007 und noch einmal im März 2008 zur Geltendmachung seiner Ansprüche auf das WHG hingewiesen.

Zur Abfederung seiner ihm durch den Dienstunfall entstandenen finanziellen Mehrbelastungen wurde mit Bescheid vom 16. Februar 2008, BMJ-3000469/0002-VD4/2008, eine einmalige Geldaushilfe in der Höhe von 700 Euro zugesprochen. Derzeit wird auf die Klagseinbringung durch den Justizwachebeamten – als Voraussetzung für die Leistungen nach dem WHG – gewartet.

. Mai 2008

 

(Dr. Maria Berger)