3976/AB XXIII. GP
Eingelangt am 02.06.2008
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möglich.
BM für europäische und internationale Angelegenheiten
Anfragebeantwortung
Die
Abgeordneten zum Nationalrat Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen haben
am 8. April 2008 unter der Zl. 4041/J-NR/2008 an mich eine schriftliche
parlamentarische
Anfrage betreffend
die „Entführung und Ermordung von Bert Nussbaumer“ gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Das
Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten
(BMeiA) hat
sich gemeinsam mit unzähligen Partnern im In- und Ausland eineinhalb Jahre
lang für die
Befreiung des im
November 2006 im Irak entführten Österreichers Bert Nussbaumer
eingesetzt.
Wir haben alle nur
erdenklichen Kontakte genützt, um mehr über das Schicksal von Bert
Nussbaumer in Erfahrung zu bringen. Leider
wurde es im März 2008 zur traurigen Gewissheit,
dass unsere gemeinsamen Anstrengungen nicht zum erhofften Erfolg
geführt haben. Bert
Nussbaumer ist Opfer eines menschenverachtenden Verbrechens geworden.
Von Seiten der Entführer wurde nie eine Forderung an Österreich gestellt.
Zu Frage 1:
Das BMeiA hat
unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Entführung von Bert Nussbaumer
am 16. November 2006 einen Krisenstab unter dem Vorsitz des
Generalsekretärs im BMeiA
sowie unter Beteiligung des Bundesministeriums für Inneres (BMI) und des
Bundes-
ministeriums für Landesverteidigung (BMLV) eingerichtet. Insgesamt gab es
im Fall
Nussbaumer 77 Krisensitzungen und
unzählige ad hoc Treffen in unterschiedlichen Formaten.
Anlässlich der
ersten Sitzung wurden als Sofortmaßnahmen die Verstärkung der
österreichischen Botschaft (ÖB) Amman, in deren Amtsbereich der Irak
fällt, sowie der
ÖB Kuwait, dem Sitz von Cresent Security Group (CSG), dem Arbeitgeber von
Bert
Nussbaumer, beschlossen. Darüber hinaus wurde die sofortige
Kontaktaufnahme zu den
irakischen Behörden und die
vertrauliche Information der ÖB Washington, London, Berlin
und Rom angeordnet.
Unter Leitung des
Krisenstabes waren das BMeiA und die genannten Boschaften bemüht, ein
umfassendes Netzwerk an Kontakten sowohl im Irak selbst als auch in den
Ländern der
Region und mit anderen befreundeten Staaten
aufzubauen. Die Kontakte erstreckten sich nicht
nur auf staatliche Stellen sowie militärische und zivile Dienste,
sondern auch auf
Internationale Organisationen, Nichtregierungsorganisationen, Vertreter der Zivilgesellschaft,
Religionsgemeinschaften, Medien,
Privatpersonen und den Arbeitgeber von Bert Nussbaumer.
So
wurden im Irak u.a. Staatspräsident Dschalal Talabani, Premierminister
Nouri Al-Maliki,
Außenminister
Hoshayr Al- Zebari, Kurdenführer Masud Barzani, der nationale
Sicherheitsberater des irakischen
Präsidenten, der amerikanische Botschafter, das Office for
Hostage Affairs des US-State Departments, das FBI, das britische Liaison Office
zum Office
for Hostage Affairs sowie hochrangige irakische Familien und
Persönlichkeiten kontaktiert.
Zudem bestanden in
Basra Kontakte zum britischen Konsulat, zu diversen kirchlichen
Organisationen, zum Roten Halbmond, zum
Stadtrat, zur Polizei, zu CSG und zu den lokalen
Medien. In dieser Region wurde u.a. auch ein Aufruf in einer lokalen Zeitung,
bei dem auch
auf die humanitäre Hilfe Österreichs für die
Bevölkerung hingewiesen wurde, durchgeführt.
Im südlichen Irak wurde eine Informationskampagne der USA und
Österreichs über Plakate
und Radioaufrufe organisiert.
In die
Bemühungen zur Auffindung von Bert Nussbaumer waren weiters andere Staaten
der
Region wie Ägypten, Syrien, Katar, Libanon und der Iran durch Kontakte zu
verschiedenen
Stellen und
Persönlichkeiten wie z.B. den TV-Sender Al-Jazeera, eine in der Region
tätige
amerikanische Journalistin, der ehemalige
iranische Außenminister Ali Akbar Velayati und
der derzeitige Außenminister Manouchehr Mottaki eingebunden. Auch
mit dem Obersten
religiösen Führer des Irans, Ali Hosayni Khamene'i, wurde Kontakt
aufgenommen.
Regelmäßiger
Kontakt wurde mit den Krisenzentren der USA, Großbritanniens,
Dänemarks,
Italiens, Deutschlands und Frankreichs, zum „Situation Centre“
(SITCEN) der Europäischen
Union in Brüssel
sowie zum FBI in Washington und diversen Polizei- und Nachrichten-
diensten gehalten. Auch mit den Botschaften
der USA, Großbritanniens, des Iraks und Irans
in Wien bestand kontinuierlicher Kontakt.
Neben meinem Ressort,
dem Heeresnachrichtenamt (HNA) und dem Bundesamt für
Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) bemühten sich
Bundespräsident
Dr. Heinz Fischer, Bundesminister für Inneres Günther Platter,
Bundesminister a.D. Dr.
Alois Mock, Bundesminister a.D. Dr. Werner Fasslabend, Kardinal Christoph
Schönborn,
Staatssekretär Dr. Hans Winkler, die Österreichisch-Arabische
Gesellschaft, die Islamische
Glaubensgemeinschaft sowie österreichische JournalistInnen - um nur einige
zu nennen - um
die Freilassung von Bert Nussbaumer.
Zu Frage 2:
Bei allen meinen
Kontakten mit Regierungsmitgliedern, PolitikerInnen und anderen
Persönlichkeiten der Region,
insbesondere des Iraks und seiner Nachbarstaaten, der USA,
Großbritanniens und der Vereinten Nationen habe ich die
Entführung Bert Nussbaumers
angesprochen und wiederholt und nachdrücklich um Unterstützung der
österreichischen
Bemühungen gebeten:
- Wenige Tage nach der
Entführung richtete ich ein Schreiben an den irakischen
Präsidenten Dschalal Talabani,
Premierminister Nouri Al-Maliki und Außenminister
Hoshayr Al-Zebari mit der Bitte um Mithilfe bei der Suche nach Bert
Nussbaumer.
- In
Amman traf ich im Dezember 2006 den Chef des jordanischen Geheimdienstes
Generalmajor
Mohamed Dahabi.
- Im
Jänner 2007 habe ich ein persönliches Gespräch mit US-Außenministerin
Condoleezza Rice geführt, die ich
ebenfalls um Unterstützung bei der Suche nach Bert
Nussbaumer gebeten habe.
- Ein
Zusammentreffen mit der griechischen Außenministerin Dora Bakoyannis im
Jänner
2007 nützte ich
für einen Erfahrungsaustausch in Bezug auf Geiselnahmen im Irak.
- Während
meines Besuchs in der Golfregion im Mai 2007 besprach ich die Entführung
Bert Nussbaumers mit dem kuwaitischen
Premierminister Sheik Nasser Al Mohamed Al
Ahmed Al Sabah und dem kuwaitischen Innen- und Verteidigungsminister Sheikh
Jaber
Al Mubarak Al Hamad Al Sabah.
- Weitere
persönliche Gespräche zur Unterstützung der
österreichischen Bemühungen
führte ich insbesondere mit dem
Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki Moon,
dem iranischen Außenminister Manouchehr Mottaki, Staatssekretär Kim
Howells vom
britischen Außenministerium und dem amerikanischen Botschafter im
Irak Zalmay
Khalilzad.
Zu Frage 3:
Da
Österreich im Irak keine eigene Vertretungsbehörde unterhält,
ist die Zusammenarbeit mit
den USA und
Großbritannien wesentlich, um vor Ort tätig werden zu können.
Die USA und
Großbritannien haben auch unter
Einsatz des Lebens ihrer eigenen Staatsbürger -
Großbritannien hatte bei der
Suche nach den Entführten selbst Verluste an Menschenleben zu
beklagen - aktiv die Suche nach den
Entführungsopfern geführt.