4006/AB XXIII. GP

Eingelangt am 04.06.2008
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0075-Pr 1/2008

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4117/J-NR/2008

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Privatverschuldung“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Angeführt werden alle bei den Bezirksgerichten angefallenen Konkurseröffnungs- (SE) und Konkursverfahren (S,SA) [Quelle Betriebliches Informationssystem BIS]:

 

2003

2004

2005

2006

2007

Anfall SE

1.392

1.808

1.880

2.225

2.172

Anfall S, SA

4.157

5.159

5.926

6.862

7.984

Summe

5.549

6.967

7.806

9.087

10.156

 

Zu 2:

Ausgewertet wurden alle bei den Bezirksgerichten eröffneten Konkursverfahren [Quelle Verfahrensautomation Justiz]:

 

2003

2004

2005

2006

2007

Anzahl Konkurseröffnungen

3.788

4.669

5.351

6.315

7.361

 

Zu 3:

Ausgewertet wurden alle bei den Bezirksgerichten mangels Vermögen abgewiesenen oder aufgehobenen Konkursverfahren [Quelle Verfahrensautomation Justiz]:

 

 

2003

2004

2005

2006

2007

Anzahl "Abweisung mangels Vermögen"

n.v*.

1.006

1.193

1.255

1.387

Anzahl "Aufhebung mangels Vermögen"

n.v*.

72

81

74

85

Summe "mangels Vermögen"

n.v*.

1.078

1.274

1.329

1.472

*) Werte für 2003 sind nicht verfügbar, da noch teilweise auf der alten Plattform erledigt.

Zu 4:

Ausgewertet wurden alle bei den Bezirksgerichten erfassten Konkursverfahren mit Restschuldbefreiung [Quelle Verfahrensautomation Justiz]:

 

2003

2004

2005

2006

2007

Anzahl Restschuldbefreiung

n.v.*

29

45

62

46

*) Werte für 2003 sind nicht verfügbar, da noch teilweise auf der alten Plattform erledigt.

Nach Auskunft der Dachorganisation der Schuldenberatungsstellen, der ASB Schuldnerberatungen GmbH, endeten von den bis 2007 abgeschlossenen 2606 Abschöpfungsverfahren 1740 Verfahren (67 %) mit einer Restschuldbefreiung (331 nach § 213 Abs. 1 Z 1 KO vor und 1409 nach sieben Jahren). Endgültig ohne Restschuldbefreiung bzw. vorzeitig eingestellt endeten 644 Verfahren (25 %) (452 vor und 177 nach sieben Jahren, 15 Verfahren nach sieben Jahren und Verlängerung). In 161 Fällen (6 %) ist die Entscheidung über die Erteilung der Restschuldbefreiung offen. (61 Personen sind verstorben.)

Zu 5:

Angeführt werden alle Forderungsexekutionen [Quelle Betriebliches Informationssystem BIS]:

 

2003

2004

2005

2006

2007

Forderungsexekution

803.761

784.371

775.562

762.105

760.200

neuerliche Forderungsexekution

179.622

196.750

213.051

227.048

228.495

 

Zu 6:

Diese Frage kann von der Verfahrensautomation Justiz mangels einer eindeutigen Personenkennung nicht beantwortet werden. Aus der Zahl der erfassten Forderungsexekutionen kann nicht eindeutig auf die Zahl der davon erfassten Personen geschlossen werden, da unterschiedliche Exekutionsverfahren gegen die selbe Person unter mehreren Fällen eingetragen und dann inhaltlich verbunden werden.

Zu 7:

Angeführt werden alle Fahrnisexekutionen [Quelle Betriebliches Informationssystem BIS]:

 

2003

2004

2005

2006

2007

Fahrnisexekution

994.450

966.462

961.557

943.249

930.787

neuerliche Fahrnisexekution

491.146

430.290

458.351

468.164

473.016

 

Zu 8:

Bei Forderungsexekutionen auf beschränkt pfändbare Forderungen (Arbeitseinkommen etc.) hat dem Verpflichteten jeweils der unpfändbare Freibetrag („Existenzminimum“) zu verbleiben. Diese Exekutionsart geht daher grundsätzlich mit der Pfändung auf das Existenzminimum einher. Statistische Daten über die Anzahl der davon betroffenen Personen liegen mir nicht vor (vgl. Frage 6).

Zu 9:

Nach Untersuchungen der Dachorganisation der Schuldenberatungsstellen, der ASB Schuldnerberatungen GmbH, betrug die Median-Verschuldung jener Personen, die die Schuldenberatungen aufgesucht haben, im Jahr 2003 37.200,-- Euro, im Jahr 2004 35.800,-- Euro, im Jahr 2005 38.800,-- Euro, im Jahr 2006 38.038,-- Euro und im Jahr 2007 39.800,-- Euro. (Für die Berechnung der Median-Verschuldung werden alle Werte zwischen 1.000 und 700.000 Euro herangezogen. Damit werden fiktive und unvollständige Einträge im unteren und oberen Bereich ausgeschieden. Gegenüber dem Durchschnittswert hat der Median den Vorteil, stabiler gegenüber Ausreißern zu sein, die Durchschnittswerte zum Beispiel schnell in die Höhe treiben.)

Zu 10:

Nach Auskunft der Dachorganisation der Schuldenberatungsstellen, der ASB Schuldnerberatungen GmbH, waren im Jahr 2007 von den Personen, die die Schuldenberatungen aufgesucht haben, 49,2% erwerbstätig, 32,8% arbeitslos und 18,0% sonstige. (Selbständig Erwerbstätige gehören nicht zu den Klienten der Schuldenberatungsstellen).

Zu 11:

Nach Auskunft der Dachorganisation der Schuldenberatungsstellen, der ASB Schuldnerberatungen GmbH (betreffend jene Personen, die im Jahr 2007 die Schuldenberatungen aufgesucht haben),

o       waren 0,5% bis 19 Jahre, 26,7% 20-30 Jahre, 28,7% 31-40 Jahre, 26,2% 41-50 Jahre, 13,5% 51-60 Jahre, 4,3% über 60 Jahre,

o       waren 41,2% Frauen und 58,8% Männer,

o       hatten 2,0% ein Einkommen bis 250,-- Euro, 7,1% ein Einkommen von 251,-- bis 500,-- Euro, 18,3% ein Einkommen von 501,-- bis 726,-- Euro, 24,5% ein Einkommen von 727,-- bis 1.000,-- Euro, 32,4% ein Einkommen von 1.001,-- bis 1.500,-- Euro, 10,2% ein Einkommen von 1.501,-- bis 2.000,-- Euro, 5,5% ein Einkommen über 2.000 Euro,

o       hatten 40,2% Pflichtschulabschluss, 51,7% Berufsschulen und berufsbildende Schulen, 5,9% Matura, 2,2% eine Ausbildung über Maturaniveau.

Zu 12:

Vergleichsdaten anderer europäischer Länder liegen mir nicht vor.

Zu 13:

Nach Auskunft der Dachorganisation der Schuldenberatungsstellen, der ASB Schuldnerberatungen GmbH, haben Personen, die 2007 Erstberatungen in Anspruch genommen haben, folgende Gründe für die Überschuldung genannt:

22% Selbstständigkeit (bei Männern 27%, bei Frauen 16%),

19% Arbeitslosigkeit (bei Männern 19%, bei Frauen 19%),

18% Umgang mit Geld (bei Männern 18%, bei Frauen 19%),

8% Bürgschaften/Mithaftungen (bei Männern 4%, bei Frauen 14%),

8% Scheidung/Trennung (bei Männern 6%, bei Frauen 10%),

8% Wohnraumbeschaffung und Ausstattung (bei Männern 8%, bei Frauen 8%),

16% sonstige Gründe (bei Männern 18%, bei Frauen 14%).

Zu 14:

Das Exekutionsverfahren dient grundsätzlich der Eintreibung von Forderungen gegen zahlungsunwillige Schuldner. Diese Aufgabe erfüllt das Exekutionsverfahren auf sehr effektive Weise. Allerdings werden Exekutionsverfahren von den Gläubigern oftmals auch gegen Schuldner angestrengt, die nicht zahlungsunwillig, sondern bereits zahlungsunfähig sind, was zu unnötigen Kosten führt. Im Rahmen der geplanten Änderungen im Privatkonkursrecht plane ich daher, für offensichtlich zahlungsunfähige Schuldner mit gesetzlichen Maßnahmen sicherzustellen, dass keine sinnlosen Exekutionsverfahren mehr geführt werden. Vielmehr soll durch Überleitung in den Privatkonkurs die Voraussetzung für eine Schuldenregulierung geschaffen werden. Gleichzeitig ist es mir ein Anliegen, eine Restschuldbefreiung im Abschöpfungsverfahren allen redlichen Schuldnern zu ermöglichen.

 

. Juni 2008

 

(Dr. Maria Berger)