4055/AB XXIII. GP

Eingelangt am 09.06.2008
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-13.000/0004-I/PR3/2008     DVR:0000175

 

 

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a  Barbara Prammer

 

Parlament

1017   W i e n

 

Wien, am       . Juni  2008

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4055/J-NR/2008 betreffend den Verkehrsanstieg in Österreich seit EU-Beitritt, die die Abgeordneten Mag. Gerald Hauser und weiterer Abgeordneter am 9. April 2008 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

Welche Maßnahmen konnten in Tirol  erfolgreich zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs eingesetzt werden?

 

Antwort:

Im gesamten Landesgebiet Tirols ist der Verkehrsverbund Tirol eingerichtet. Dieser sorgt durch eine Abstimmung der Fahrpläne der einzelnen Verkehrsunternehmen sowie durch ein verkehrsträgerübergreifendes Tarifangebot für jene Bedingungen, die die Bevölkerung zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen soll. Der Verkehrsverbund Tirol wird mit ca. EUR 6,1 Mio. pro Jahr durch das BMVIT unterstützt.

 

Weiters wurden in vielen Bezirken Tirols regionale Verkehrskonzepte eingerichtet. Dabei wurden zusätzliche Verkehrsdienstleistungen bestellt und mit dem bestehenden Fahrplanangebot vertaktet. Diese zusätzlichen Verkehrsdienste wurden vom BMVIT mit rd. EUR 1,9 Mio. gefördert.

 

Grundsätzlich ist jedoch festzustellen, dass gem. § 11 Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz – ÖPNRV-G die Planung einer nachfrageorientierten Verkehrsdienstleistung in den Aufgabenbereich der regionalen Gebietskörperschaften (Länder und Gemeinden) fällt.

 

Fragen 2 und 3:

Gibt es tirolweite Konzepte die diese Entwicklungen einbremsen konnten bzw. welche Strategien sind in diesem Zusammenhang geplant?

 

Inwieweit gibt es Überlegungen entsprechende Förderungen in diesem Kontext zu erarbeiten, um etwa die Zahl der LKW- und Klein-Transporte in Tirol nicht weiter explodieren zu lassen?

 

Antwort:

Angesichts der wachsenden Verkehrsströme in und durch Österreich, insbesondere auf der Straße, hat Österreich Maßnahmen ergriffen, um umweltfreundliche Verkehrsarten wie den Kombinierten Verkehr zu fördern. Diese Maßnahmen zur Förderung des Kombinierten Verkehrs (d.h. Rollende Landstraße und unbegleiteter kombinierter Verkehr) umfassen finanzielle Förderungen (Investitionsbeihilfen, Finanzierung der Terminalinfrastruktur, Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen), steuerliche Maßnahmen (Begünstigungen bei der Kraftfahrzeugsteuer), ordnungspolitische Rahmenbedingungen zur Förderung des Kombinierten Verkehrs (zum Beispiel Liberalisierungen, Ausnahmen von temporären Fahrverboten für Vor- und Nachlauf) sowie Infrastrukturmaßnahmen (für den Schienenverkehr und den Kombinierten Verkehr).

 

Die Rollende Landstraße erfordert keinerlei Investitionen in kombifähiges Equipment, kann daher von den Frächtern jederzeit genutzt werden und wird erfahrungsgemäß auch gut angenommen. Die Rollende Landstraße leistet daher insbesondere auf wichtigen Transitrouten durch Österreich, wie z.B. auf dem Brenner, einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrsverlagerung weg von der Straße auf die Schiene. Es sind auf den Brenner-RoLas auch genügend freie Kapazitäten vorhanden bzw. werden diese geschaffen, um die vom sektoralen Fahrverbot betroffenen 190.000 – 195.000 LKW aufnehmen zu können. Zudem wird die Anzahl der tatsächlich betroffenen LKW voraussichtlich noch unter dieser Prognose liegen, da durch das Fahrverbot eine Rückverlagerung eines Teiles der gegenwärtig über den Brenner geführten Umwegverkehre auf die jeweils kürzesten Routen zu erwarten ist.

 

Die Fördermaßnahmen für den Kombinierten Verkehr umfassen jedoch selbstverständlich auch den unbegleiteten kombinierten Verkehr, z.B. in Form von Investitionsbeihilfen für Anschaffung von kombifähigen Sattelaufliegern bzw. Wechselaufbauten oder die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Einzelprojekte zeigen zudem, dass der Unbegleitete Kombinierte Verkehr (UKV) nicht nur auf Langstreckenverbindungen, sondern unter gewissen Voraussetzungen auch auf vergleichsweise kurzen Strecken wettbewerbsfähig sein kann. Somit ist auch der UKV ein wesentliches Element zur weitgehenden Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene – und zur erheblichen Einsparung von Schadstoffemissionen.

 

Darüber hinaus schafft der Bund durch den Ausbau der Bahninfrastruktur langfristig die Voraussetzungen, Verlagerungen des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene  realisieren zu können. Hier dürfen die Umfahrung Innsbruck, der derzeit in Bau befindliche viergleisige Ausbau der Unterinntalstrecke zwischen Kundl/Radfeld und Baumkirchen sowie die Planungen zum Brennerbasistunnel genannt werden.

 

Von Seiten des Landes Tirol wurden das „Aktionsprogramm zur Verbesserung der Luftgüte“ (Beschluss der Tiroler Landesregierung vom  11.10.2005) sowie das „Programm nach § 9a IG-Luft für das Bundesland Tirol“ (Beschluss der Tiroler Landesregierung vom  06.11.2007) beschlossen, die ein umfangreiches Maßnahmenpaket, speziell auch für den Verkehrsbereich, beinhalten:

 

1)    Verringerung des Schadstoffausstoßes der Lkw durch bessere Motortechnologie:

Neben einem Verbot alter Fahrzeugtypen (Euro 0, 1, 2) wurde auch ein Anreiz zum forcierten Einsatz neuer Fahrzeuge geschaffen (befristete Ausnahmeregelung für Euro 4- und 5-Lkw vom Nachtfahrverbot).

2)    Verringerung der Lkw-Fahrten durch Verlagerung auf die Schiene:

Von Tirol wurde am 17.12.2007 ein Lkw-Fahrverbot für den Transport bestimmter bahnaffiner Güter auf der A 12 Inntalautobahn verordnet (so genanntes „Sektorales Fahrverbot“). Am 02.05.2008 trat die 1. Stufe des sektoralen Lkw-Fahrverbots in Kraft, von dem ca. 35.000 Lkw/Jahr betroffen sind (Abfall, Erde, Steine). Ab Jahresbeginn 2009 wird das sektorale Fahrverbot auf weitere bahnaffine Güter ausgedehnt, sodass dann insgesamt rund 190.000 – 195.000 Lkw-Fahrten/Jahr weniger den Brennerkorridor frequentieren werden.

3)    Förderung von Transportalternativen mit geringeren Schadstoffemissionen:

Neben den bereits oben genannten Maßnahmen des Bundes zum Ausbau der Eisenbahninfrastrukturen sowie der Stützung von Verkehren der Rollenden Landstraße werden im Personenverkehr ebenfalls in Zusammenhang mit den o.a. Programmen Maßnahmen gesetzt, wie z.B. Einführung eines verdichteten Taktangebotes auf der ÖBB, ÖV - Priorisierung bei den Verkehrslichtsignalanlagen, Radverkehrsförderung, Installierung einer Mitfahrbörse etc. Weiters wird im Zentralraum Innsbruck die Regionalbahn errichtet.

4)    Darüber hinaus beinhaltet das Maßnahmenbündel auch die Harmonisierung der Rahmenbedingungen bei den Verkehrsträgern Straße und Schiene. An den neu errichteten Kontrollstellen Kundl, Radfeld, Brenner, Musau und Nauders werden Kontrollen durchgeführt, bei denen u.a. auch die Einhaltung der Sozialvorschriften (Lenk- und Ruhezeiten) überprüft werden.

5)    Durch die Errichtung einer Verkehrsbeeinflussungsanlage (VBA) wird der Verkehrsablauf harmonisiert. Neben der Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit werden zudem die verkehrsbedingten Emissionen reduziert.

 

Frage 4:

Wie ist der momentane Verhandlungsstand der Alpenkonvention und gibt es neue Anläufe zu deren Umsetzung?

 

Antwort:

Ich möchte bekräftigen, dass das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention ein wichtiges Instrument für eine nachhaltige und umweltgerechte Verkehrspolitik im Alpenraum darstellt, welches die wirtschaftliche Interessen, gesellschaftliche Anforderungen und ökologische Erfordernisse im betroffenen Lebens- und Kulturraum miteinander in Einklang bringt.

 

Einen wesentlichen Mehrwert des Verkehrsprotokolls sehe ich vor allem darin, dass die bereits durch die Gesetzgebung der Europäischen Union festgeschriebenen Leitlinien und Zielsetzungen im Hinblick auf die Alpenregion unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieser sensiblen Region umfassend bestätigt werden.

 

In diesem Sinne war es auch stets ein Anliegen meines Ressorts, die Unterzeichnung und Ratifizierung des Verkehrsprotokolls durch alle am Alpenkonventionsprozess beteiligten Staaten, aber auch durch die gesamte EU voranzutreiben. Die diesbezüglich zuletzt unter österreichischer EU-Ratspräsidentschaft gestartete Initiative hat schließlich dazu geführt, dass das Verkehrsprotokoll im Dezember 2006 durch den Rat Verkehr und die Kommission im Namen der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet wurde.

 

Kommissar Barrot hat inzwischen mehrmals bestätigt, dass er sich persönlich für eine rasche Ratifizierung durch die Gemeinschaft einsetzt und die notwendigen internen Vorbereitungen hierfür in Gang gesetzt hat. Trotz seines Wechsels in das Justiz- und Innenressort ist mit einer Fortführung dieser Bestrebungen zu rechnen, wofür ich mich jedenfalls intensiv einsetzen werde.

 

Vor allem gehe ich unvermindert davon aus, dass die Ratspräsidentschaft von Frankreich in der Europäischen Union und der Alpenkonferenz im Jahr 2008 zu wichtigen weiteren Schritten in der Sache genutzt werden kann.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Werner Faymann