4197/AB XXIII. GP

Eingelangt am 26.06.2008
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0098-Pr 1/2008

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4313/J-NR/2008

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Fichtenbauer und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „EM-2008“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Im Rahmen des Strafvollzuges gibt es einen detaillierten Einsatzplan für die Europameisterschaft 2008.

Zu 2:

Durch die zuständige Vollzugsdirektion wurden drei von ihr zu koordinierende Arbeitsgruppen eingerichtet und zwar:

Arbeitsgruppe Ost:
für die Justizanstalt Wien-Josefstadt, Justizanstalt Wien-Simmering, Justizanstalt Korneuburg und der Justizanstalt Wiener Neustadt;

Arbeitsgruppe Süd:
für die Justizanstalt Klagenfurt, Justizanstalt Graz–Jakomini und die Justizanstalt Leoben;

Arbeitsgruppe West:
für die Justizanstalt Innsbruck, Justizanstalt Salzburg, Justizanstalt Ried, Justizanstalt Wels und die Justizanstalt Linz.

Der Zusammenschluss dieser Justizanstalten dient zur gegenseitigen Unterstützung und Übernahme von Insassen aus den Anstalten der Spielorte für den Zeitraum der Europameisterschaft 2008. Die notwendige personelle Unterstützung wird insbesondere von Mitgliedern der Einsatzgruppen wahrgenommen. Die mit den Sicherheitsbehörden vereinbarte Kooperation und Koordination stellt eine für beide Seiten effiziente Vorgangsweise bei notwendigen (größeren) Einlieferungen sicher. In den Justizanstalten wurden für die Dauer der Europameisterschaft 2008 Rufbereitschaften eingerichtet; Urlaube werden nur eingeschränkt konsumiert.

Zu 3:

Entfällt.

Zu 4:

Ja, es gibt Absprachen mit dem Bundesministerium für Inneres.

Zu 5:

Mit dem Bundesministerium für Inneres bestehen intensive Kontakte. So sind auch die für die Europameisterschaft 2008 erforderlichen Absprachen auf allen Ebenen erfolgt. Zum Beispiel informierte das Bundesministerium für Inneres die Strafvollzugsverwaltung über Spiele mit besonders hohem Sicherheitsrisiko. Diese Prognosen können allerdings nur für die erste Turnierphase abgegeben werden und werden dann laufend - entsprechend dem Turnierverlauf - evaluiert. Seitens des Strafvollzuges wird der Polizei zeitweise ein Zellenbus zur Verfügung gestellt. Ferner wird das Bundesministerium für Inneres durch die Strafvollzugsverwaltung bei der örtlichen Unterbringung von Polizisten unterstützt.

Zu 6:

Entfällt.

Zu 7:

Grundsätzlich werden Bedienstete der Justizwache während der Europameisterschaft 2008 nicht vermehrt in den Dienst gestellt. Ein Abschätzen des tatsächlich anfallenden Personalbedarfs ist nicht möglich. Sollte sich durch aktuelle Entwicklungen in den Justizanstalten ein Mehrbedarf an Personal ergeben, wird dieser Bedarf durch jene Bedienstete abgedeckt werden, die Rufbereitschaft versehen. Mit dieser gewählten Vorgangsweise ist einerseits die Sicherheit und Ordnung gewährleistet, andererseits wird aber auch der geforderten Zweckmäßigkeit sowie Sparsamkeit Rechnung getragen.

Zu 8:

Die Kosten werden vom Budget des Strafvollzuges getragen.

Zu 9, 10 und 11:

Eine spezielle Ausbildung für die Justizwachebeamten im Hinblick auf die Europameisterschaft 2008 war nicht notwendig. Die Bediensteten der Justizanstalten haben im Zeitraum der Europameisterschaft keine anderen Aufgaben wahrzunehmen als sonst. Jeder Justizwachebedienstete in Österreich hat eine umfassende Grundausbildung absolviert und ist in laufende Schulungsprogramme eingebunden. Diese Bediensteten können daher für alle Tätigkeiten, die im Rahmen des Strafvollzuges bei der Europameisterschaft erledigt werden müssen, herangezogen werden. Neben den exekutiven Aufgaben umfassen die Tätigkeitsbereiche administrative sowie auch Betreuungsaufgaben. Es werden somit auch während der Europameisterschaft 2008 seitens der Justizwachbediensteten keine Aufgaben zu bewältigen sein, auf die sie nicht ohnedies entsprechend vorbereitet sind.

Zu 12:

Alle Einsatzgruppenmitglieder erhielten schnittfeste Handschuhe und bekamen einen neuen Schutzhelm mit verbessertem ballistischem Schutz. In einigen Justizanstalten wurden zusätzliche Ausrüstungsgegenstände für den Körperschutz angeschafft. Die alten Schutzschilde wurden durch besser auf die anstehenden Bedürfnisse der Justizwache abgestimmte ersetzt.

Zu 13:

Die Anzahl der täglichen Neuzugänge kann aus der Sicht des Strafvollzuges im Voraus nicht benannt werden. Wie hoch die Zahl jener Personen sein wird, die in den Strafvollzug überstellt werden, ist von verschiedenen Faktoren abhängig, die nicht im Entscheidungsbereich der Justizanstalten bzw. des Strafvollzuges liegen. Erst die Praxis wird zeigen, in welchem Ausmaß von der Staatsanwaltschaft Haftanträge gestellt werden müssen und wie vielen davon dann von den Richtern entsprochen wird. Laut Auskunft der Polizei wird bei nicht österreichischen Staatsbürgern zudem die Möglichkeit einer Abschiebung geprüft.

Zu 14:

Zum Zeitpunkt der Erhebung zwecks Beantwortung der parlamentarischen Anfrage (Ende Mai 2008) standen dem Strafvollzug 667 (+ 15% das sind ca. 770) Haftplätze für solche Einlieferungen zur Verfügung. Insgesamt waren 7929 Personen in Justizanstalten untergebracht.

Zu bemerken ist, dass die Belagsfähigkeit nicht die tatsächliche Obergrenze von freien Haftraumplätzen darstellt. Die Belagsfähigkeit gilt als grobe Richtlinie und kann, was auch in der Vergangenheit schon erforderlich war, bei Bedarf notfalls (aber möglichst zeitlich beschränkt) – je nach Justizanstalt in sehr unterschiedlichem Ausmaß möglich - um bis zu 15% überschritten werden.

Gegenüberstellung des Insassenstandes und der Belagsfähigkeit der Justizanstalten am Abfragestichtag (26.05.2008):

Aktuell ist der Häftlingsstand ein wenig fallend. Ferner wurden durch Verlegungen - insbesondere von Strafgefangenen aus den gerichtlichen Gefangenenhäusern - entsprechende Haftplätze für Einlieferung in Verwahr-/Untersuchungshaft geschaffen.

Zu 15:

Der in der Präambel der parlamentarischen Anfrage wiedergegebene Zeitungsbericht des Schweizer Tagesanzeigers schildert offensichtlich die geplante Vorgangsweise der Schweizer Polizei im Falle von Massenverhaftungen. Diese Darstellung hat mit den gesetzlichen Vorgaben des Österreichischen Strafvollzuges zur Aufnahme von Insassen und den Organisationsstrukturen in Justizanstalten nichts gemein. Trotz aller zu erwartenden Belastungen für das Personal der Justizanstalten werden die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Es werden auch im Strafvollzug die entsprechend notwendigen Trennungen, die einerseits gesetzlich vorgesehen (nach Geschlecht, Alter, gesunde und kranke Insassen), andererseits aber auch für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung grundlegend (Trennung der Fangruppen) sind, vorgenommen werden.

Zu 16:

Es kann davon ausgegangen werden, dass während der Europameisterschaft 2008 ausreichend Justizwachebedienstete zur Verfügung stehen.

Zu 17:

Der Umgang mit gewalttätigen Häftlingen wird entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erfolgen. Das heißt, entsprechend dem Grad der Gewaltbereitschaft des Insassen gegen Personen oder Sachen wird jeweils das gelindeste Mittel Anwendung finden. Dies kann eine Belehrung durch den aufsichtführenden Justizwachebediensteten bis hin - im strengsten Fall - die Anordnung einer zeitlich limitierten Unterbringung in einer besonders gesicherten Zelle sein.

Zu 18:

Verwundet eingelieferte Häftlinge werden umgehend dem Anstaltsarzt vorgeführt. Behandlungen, die in der Anstalt durchgeführt werden können, sind vom anstaltseigenen fachkundigen Personal zu erledigen. Ist eine Behandlung in einer Krankenanstalt erforderlich, wird der Häftling dorthin ausgeführt. Falls es notwendig ist, ist bei stationärer Krankenhausaufnahme eine Bewachung durch Justizwachebeamte vorgesehen.

Zu 19:

Die Justizwachebeamten sind für ihre Aufgaben bestmöglich ausgebildet und vorbereitet. Seitens der verantwortlichen Behörde wird alles unternommen, um die Gesundheit der Beamten nicht zu gefährden. Alle Exekutivbeamten tragen ein nicht völlig auszuschließendes Restrisiko einer Gefährdung ihrer Gesundheit und ihrer körperlichen Unversehrtheit. Im Gehaltsgesetz wird dieses Restrisiko berücksichtigt.

Zu 20 und 21:

Es ist davon auszugehen, dass Überstunden im Rahmen der Europameisterschaft 2008 anfallen werden. Deren tatsächliches Ausmaß ist noch nicht abschätzbar.

Zu 22:

Es gibt für die Justizwachebediensteten keine außerordentliche Zulage für die Tätigkeit während der Europameisterschaft 2008. Mehrleistungen, die während der Europameisterschaft 2008 von Justizwachebeamten erbracht werden, werden durch entsprechende gesetzlich begründete Zulagen abgegolten (Überstunden, Sonn- und Feiertagzulagen, Nachtdienstzulage etc.).

. Juni 2008

 

(Dr. Maria Berger)