4305/AB XXIII. GP

Eingelangt am 04.07.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für europäische und internationale Angelegenheiten

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen
haben am 6. Mai 2008 unter der Zl. 4220/J-NR/2008 an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend „Prügelvorwurf gegenüber MitarbeiterInnen der
chinesischen Botschaft“ gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 5:

Ich habe den chinesischen Botschafter am 20. März 2008 persönlich zu den
Misshandlungsvorwürfen, die ich aus den Medien erfahren hatte, befragt. Er hat diesen
Vorwurf ausdrücklich zurückgewiesen.

Zusätzlich wurde die chinesische Botschaft auch schriftlich um Stellungnahme zu den
Misshandlungsvorwürfen ersucht.


Zu den Fragen 6 und 7:

Die Rechte der Selbstverwaltung von Regionen mit nationaler Autonomie sind in der
chinesischen Verfassung geregelt. Im Fall der Region Tibet sind dies vor allem eine Reihe
legislativer und exekutiver Befugnisse im Bereich von Wirtschaft und Finanzen sowie Kultur
und Bildungswesen.

Wie für alle chinesischen Staatsangehörigen beschränken sich für TibeterInnen die politischen Teilhaberechte auf ein Engagement im Rahmen der alleinregierenden Kommunistischen
Partei beziehungsweise ihrer Blockparteien.

Zu Frage 8:

Generell hat sich in China durch die landesweite Abschaffung von Schulgebühren der Zugang
zu Bildung gerade im ländlichen Raum in den letzten Jahren verbessert. Im Gegensatz zur
Grundschule erfolgt der Unterricht an weiterführenden Schulen und Fachbereichen in Tibet
jedoch vor allem in Chinesisch. Für einen gewissen Ausgleich, was den Zugang zu höherer
Bildung betrifft, sorgen eine landesweite Quotenregelung für Minderheiten an großen
Universitäten sowie spezielle Stipendienprogramme.

Zu Frage 9:

Die Wirtschaft in der Region Tibet hat sich in den letzten Jahren durchaus positiv entwickelt.
Im Pro-Kopf-Einkommen liegt Tibet aber immer noch spürbar hinter anderen Provinzen und
Städten. Auch wird die wirtschaftliche Grundlage Tibets, nicht zuletzt wegen der
mangelhaften Infrastruktur, als schwach angesehen.


Zu den Fragen 10 und 11:

Nach den unwiederbringlichen Zerstörungen, insbesondere während der Kulturrevolution,
sind gewisse Bemühungen der chinesischen Behörden zur Erhaltung des tibetischen
kulturellen Erbes und zur Förderung von Schrift und Sprache der Tibeter feststellbar. In der
Praxis gibt es jedoch kaum Konsultationen zur Berücksichtigung der tatsächlichen
Bedürfnisse und Gewohnheiten der örtlichen Gemeinschaften. Die traditionelle nomadische
Lebensweise der Tibeter besteht zwar weiter, steht jedoch unter Modernisierungsdruck.

Zu Frage 12:

Die Hauptprobleme liegen in der freien Religionsausübung, namentlich in der Anerkennung
des Dalai Lama als geistliches Oberhaupt sowie in den - für ganz China - geltenden
Einschränkungen bei den Grund- und Freiheitsrechten. Die Menschenrechtslage in Tibet wird
bei jedem EU-Menschenrechtsdialog mit China - so jüngst erst bei dessen letztem Treffen am
15. Mai 2008 - angesprochen. Auch unter jenen Einzelfällen, die von der EU gegenüber
China beim Dialog aufgebracht werden, finden sich solche aus Tibet.

Zu Frage 13:

Nach dem Ausbruch der Unruhen in Tibet und den Nachbarprovinzen habe ich die
chinesische Regierung wiederholt zur Zurückhaltung im Umgang mit friedlichen
Demonstrationen und zur Beendigung der Gewaltanwendung aufgerufen. Darüber hinaus
habe ich - ebenso wie die meisten meiner KollegInnen aus den EU-Mitgliedstaaten - an
Peking appelliert, einen offenen und ergebnisorientierten Dialog mit Vertretern des Dalai
Lama aufzunehmen. Die Anfang Mai erfolgte Wiederaufnahme von Gesprächen ist in diesem
Zusammenhang ein ermutigendes Zeichen. Den weiteren Verlauf dieser Gespräche wird mein
Ressort genau verfolgen.