4348/AB XXIII. GP
Eingelangt am 08.07.2008
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer Wien, am 8. Juli 2008
Parlament
1017 Wien GZ: BMF-310205/0072-I/4/2008
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4289/J vom 8. Mai 2008, der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen, betreffend BAWAG, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen ist einleitend festzuhalten, dass die Mehrzahl der Fragen nicht in den unmittelbaren Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Finanzen fällt, sondern entweder Angelegenheiten des Bundesministeriums für Justiz (Frage 1) oder aber der Oesterreichischen Nationalbank (Fragen 2 - 11) tangiert, die gemäß § 79 Abs. 4 BWG in der seinerzeit geltenden Fassung „Prüfungen gemäß § 70 Abs. 1 Z 3 BWG in eigener Verantwortung und in eigenem Namen durchzuführen hatte“. Zu diesen Sachverhalten liegen meinem Ressort daher naturgemäß keine originären Informationen vor.
Aus diesem Grund wurde, um eine konkrete Anfragebeantwortung zu ermöglichen, eine Stellungnahme der Oesterreichischen Nationalbank eingeholt. Auf Grundlage dieser Stellungnahme beantworte ich die konkreten Fragen wie folgt:
Zu 1.:
Hinsichtlich der seinerzeit von der Staatsanwaltschaft geführten Verfahren liegen dem Bundesministerium für Finanzen keine originären Informationen vor. Das Bundesministerium für Finanzen hat die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) am 22.4.1994 mit der Prüfung der BAWAG gemäß §§ 70 und 71 BWG beauftragt. Das Prüfungsteam bestand aus Paul Maier als Prüfungsleiter sowie drei weiteren Mitgliedern – Mag. Helmut Hölzl, Georg Fuchs und Mag. Christoph Stoiber. Die Prüfung wurde vom 22.4.-1.7.1994 durchgeführt. Die vier Prüfer haben mit dem damals zuständigen Staatsanwalt Dr. Erich Müller weder im Jahr 1994 noch später ein Gespräch geführt. Sie haben ihn – wie die OeNB in ihrer Stellungnahme ausdrücklich festhält - zum ersten Mal am 14.9.2006 bei einer Gerichtsverhandlung vor dem Landesgericht Linz gesehen. Sie konnten Dr. Erich Müller daher auch nicht erklären, dass bei den Karibik-Geschäften keinerlei Verluste entstanden sind.
Zu 2.:
Gemäß § 79 Abs. 4 BWG in der seinerzeit geltenden Fassung hatte die OeNB Prüfungen gemäß § 70 Abs. 1 Z 3 BWG in eigener Verantwortung und in eigenem Namen durchzuführen und die Ergebnisse der Prüfung dem Bundesministerium für Finanzen unverzüglich mitzuteilen. Die Angemessenheit einzelner Prüfungshandlungen war damit in Anbetracht der der OeNB vom Gesetzgeber ex lege eingeräumten Fachkompetenz nicht zu hinterfragen, zumal auf Grund der seinerzeitigen Informationslage auch keine Hinweise vorlagen, dass die Prüfer nicht sämtliche, ihnen zum damaligen Zeitpunkt zu Gebote stehenden Mittel ausgeschöpft hätten.
Zu 3.-5.:
Entsprechend den mir von der OeNB zur Verfügung gestellten Informationen verfügten sämtliche Prüfer zu Beginn der BAWAG-Prüfung im Jahr 1994 über eine profunde, teilweise auf die Revision von Wirtschaftsunternehmen spezialisierte kaufmännische Ausbildung, eine jahrelange einschlägige Berufserfahrung sowie über detaillierte Erfahrungen in der Prüfung von Bankinstituten und sonstigen Unternehmen; diese Berufs- und Prüfungserfahrung wurde sowohl innerhalb als auch außerhalb der OeNB erworben. Die Berufserfahrung der Prüfer lag damals im zeitlichen Bereich zwischen 10 und 31 Jahren, die Erfahrung betreffend die Prüfung von Banken etc. auf Basis diverser gesetzlicher Bestimmungen (Aktien-, Genossenschafts- und Devisenrecht) zwischen 4 und 14 Jahren.
Zu 6.:
Wie die OeNB in ihrer Stellungnahme mitgeteilt hat, ist ihr nur ein einziges Schreiben bekannt. Dieses datiert vom 18.7.1994 und stammt nicht vom damaligen Generaldirektor der BAWAG, Walter Flöttl, sondern von seinen damaligen Rechtsvertretern, der Kanzlei Dr. Schuppich / Dr. Sporn. Der Endbericht datiert vom 4.7.1994. Schon auf Grund der zeitlichen Abfolge ist es daher denkunmöglich, dass seitens der OeNB mit diesem Prüfbericht diesem Schreiben Folge geleistet wurde.
Zu 7.-8.:
Die verantwortlichen Organe der OeNB haben in sämtliche Gerichtsprotokolle und Gerichtsentscheidungen Einsicht genommen und die Prüfer um eine Stellungnahme gebeten. Daraus ergibt sich nach Auffassung der OeNB, dass der gegen die vier Bankprüfer geäußerte Verdacht der falschen Zeugenaussage nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen zu Unrecht erhoben wurde. Die OeNB hat den vier Prüfern daher Rechtsschutz gewährt.
Aus derzeitiger Sicht besteht für die OeNB auch keine Notwendigkeit zu (dienstrechtlichen) Konsequenzen.
Zu 9.-11.:
Die OeNB hat lediglich die rechtsstaatlichen Möglichkeiten genützt, um den entsprechend dem derzeitigen Erkenntnisstand zu Unrecht der falschen Zeugenaussage geziehenen Prüfern Paul Maier, Georg Fuchs, Mag. Christoph Stoiber und Mag. Helmut Hölzl den ihnen zustehenden Rechtsschutz zu gewähren. Unter Berücksichtigung der Exponiertheit der einzelnen in der Bankenaufsicht tätigen Personen gegenüber oftmals undifferenziert erhobenen Anschuldigungen ist an dieser Vorgangsweise nichts zu kritisieren, zumal es national und international üblich ist, dass ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern Rechtsschutz gewährt, wenn man nach eingehender Prüfung zum Ergebnis gelangt, dass die erhobenen Vorwürfe unzutreffend sind.
Entsprechend den Ausführungen in ihrer Stellungnahme hat die OeNB an die Rechtsvertreter der Oberösterreichischen Nachrichten bisher € 8.028,69 überwiesen.
Zu 12.-13.:
Ausdrücklich möchte ich feststellen, dass die OeNB zu keinem Zeitpunkt Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien behindert hat. Davon unhabhängig hat der Oberste Gerichtshof im Verfahren 1 OB 251/05a festgestellt, dass „es nicht Zweck der Normen über die Bankenaufsicht ist, Bankunternehmer durch die Ergreifung bestimmter Aufsichtsmaßnahmen vor dem Eintritt eines Vermögensschadens infolge fehlerhafter Geschäftsführung zu schützen“ und in der Urteilsbegründung weiter ausgeführt, dass „auf Grund der Ausklammerung der – im Anlassfall erörterten – Vermögensinteressen der Bankunternehmer aus dem Schutzzweck der Normen über die Bankenaufsicht eine Amtshaftung des Bundes wegen Unterlassung bestimmter Aufsichtsmaßnahmen nicht eingreifen kann“ (RIS-Justiz RS 0049847).
Aufgrund des Sachverhaltes besteht kein Anlass für eine budgetäre Vorsorge seitens des Bundes.
Mit freundlichen Grüßen